Potsdam: Nicht weg- sondern hinsehen

[a] antifaschistische linke potsdam 27.05.2010 09:48 Themen: Antifa
Nicht weg- sondern hinsehen - Es gibt ein Problem

Bereits zu Beginn des Jahres veröffentlichten wir eine Mitteilung bezüglich der Ansichten des Potsdamer Polizeichefs Ralf Marschall auf den Grad der Organisierung der Potsdamer Neonaziszene.(1) In dieser ging es um unsere Einschätzungen und Analysen zu dem Thema mit dem wir den Auffassungen der Potsdamer Polizei deutlich widersprachen. Nun sehen wir uns dazu veranlasst dies erneut zu tun.
Grund hierfür sind die Aussagen vom Leiter des Potsdamer Schutzbereiches der Polizei, Ralph Marschall, am Mittwoch Abend im Hauptausschuss.

Insgesamt gebe es „weniger politisch motivierte Gewalt in Potsdam“. Die Straftaten in diesem Bereich hätten sich 2009 im Vergleich zum Vorjahr verringert und die Befürchtung, dass „sich rechte Gruppen mit der Neugründung eines NPD-Stadtverbandes neu aufstellen“ sei bislang auch nicht eingetroffen. (2)

Dies sehen wir anders. Denn unserer Ansicht nach kann von „eine[r] erneute[n] Beruhigung der Lage“, wie es weiter in den PNN heißt, nicht die Rede sein. Eher ist nach unseren Einschätzungen eine Zunahme der Aktivitäten zu verzeichnen. Auch den Grund, warum „die rechten Bündnisse ohne Struktur […] bislang nicht auf die Parteistrukturen der NPD aufgesprungen“ sind, sehen wir nicht in der fehlgeschlagenen Neuaufstellung der Potsdamer Neonaziszene sondern in eben deren Selbstbewusstsein und Möglichkeiten die sie in einem außerparteilichen Kontext haben. Denn sowohl die „Freien Kräfte Potsdam“ (FKP) als auch die „Alternative Jugend Potsdam“ (AJP) waren und sind auch von der NPD unabhängig aktiv.

Ebenfalls interessant, was das Verhältnis der „Freien Nationalist_innen“ zur NPD angeht, war der diesjährige erste Mai. Hier war zu beobachten, dass die „AJP“ zusammen mit der Potsdamer NPD Struktur auf dem Neonaziaufmarsch in Berlin präsent war. Die „FKP“ hingegen, zumindest in Form ihrer beiden Protagonisten Carsten S. und Thomas P., demonstrierten in Hoyerswerda zusammen mit den sogenannten „Spreelichtern“ (verlinken mit (3) und weiteren „Freien Kräften“. Dabei traten die beiden Potsdamer, in der für die „Spreelichter“ mittlerweile typischen Kluft als „Sensenmänner“ auf, die somit den vermeintlich nahenden „Volkstod“ symbolisieren wollten. Auch Daniel H., der Schlagzeuger der Potsdamer Neonaziband „Preussenstolz“, beteiligte sich an der Demo in Hoyerswerda und trug eine schwarze Potsdam Fahne. Dadurch wurde offensichtlich was bereits in der letzten Zeit zu beobachten war. Die Zusammenarbeit zwischen den „FKP“ und den im südlichen Teil Brandenburgs ansässigen „Spreelichtern“. Insgesamt waren am ersten Mai 2010 ungefähr 30 Potsdamer Neonazis in Berlin und Hoyerswerda unterwegs.

Die Brandenburgweite Vernetzung der Potsdamer Neonaziszene war zuletzt am Beispiel einer Plakataktion zum achten Mai leicht zu erkennen. Dabei wurden hunderte blaue A2 Plakate mit der Aufschrift „8. Mai wir kapitulieren nie!“, den Angaben der Neonazis zufolge brandenburgweit, plakatiert. Zumindest für den Großraum Potsdam, genauer in Fahrland, Marquardt, Satzkorn, Groß-Glienicke, Drewitz, Schlaatz, Waldstadt, Rehbrücke und dem Stern sowie der Stadt Brandenburg können wir dies bestätigen.

Am achten Mai selbst war ein großer Teil der Potsdamer Neonaziszene – sowohl der „AJP“, „FKP“ und der NPD – in Brandenburg an der Havel um für „Freiheit, Frieden und Selbstbestimmung“ zu demonstrieren. Die von der NPD angemeldete Demonstration wurde von rund 200 Neonazis besucht. Unter den gut zwanzig Teilnehmenden aus Potsdam befanden sich unter anderen Marcel Guse, Benjamin Oe., Paddy B., Patrick D., Steffen M., Mirko K., Thomas P., Carsten S. und Olaf E. Letzterer ist zusammen mit dem ehemals in Potsdam wohnhaften Tobias M. auch bei den „Freie Kräfte Teltow Fläming“ (FKTF) aktiv. Dennoch sind beide immer wieder in Potsdam anzutreffen und weiterhin in die örtlichen Neonazistrukturen eingebunden.

Die oben benannten Plakate der „FKP“ zum achten Mai, welche auch entlang der Marschroute zu finden waren, wurden neben ihrer eigenen Internetadresse zusätzlich noch mit denen der „AJP“, „FKTF“, „Freie Kräfte Königswusterhausen“ und der „Kameradschaft Märkisch Oder Barnim“ (KMOB) unterzeichnet. Bei letzterer handelt es sich um eine Neonazigruppierung die aktuell durch eine Vielzahl angemeldeter Demonstrationen auffällt. Das Bündnis BRANDENBURG NAZIFREI (verlinken!) mobilisiert gerade gegen die geplanten Aufmärsche der „KMOB“. Der erste aus einer Reihe von insgesamt Sieben soll am 29.05.2010 in Bernau stattfinden und die restlichen an den darauffolgenden Samstagen bis einschließlich dem 10.07.2010. Auch wir können hier nicht deutlich genug für die Gegenproteste werben und euch alle dazu aufrufen die örtlichen Gegenaktivitäten zu unterstützen.(4)

Antifaschistisches Engagement ist und bleibt in Potsdam und darüber hinaus unerlässlich. Dies zeigten uns wieder ein Mal die jüngsten Propagandaaktionen. Am 11.05.2010 entfernten Antifaschist_innen über einhundert Schablonensprühereien der „AJP“ in Potsdams Norden.(5) Betroffen waren wieder die üblichen Gegenden im Einzugsgebiet der „AJP“. Fahrland, Neu-Fahrland Marquardt und Groß-Glienicke.

Am darauffolgenden Wochenende wurde dann das Bürgerbüro des Potsdamer Linke-Politikers Hans-Jürgen Scharfenberg mit Hakenkreuzen und Doppelsiegrunen beschmiert. Dieser meinte gegenüber den PNN dazu: „Der Vorfall zeigt, dass man sich nicht in trügerischer Sicherheit wiegen und die Verbreitung rechtsextremistischer Haltungen in Potsdam nicht unterschätzen darf“.(6)

Die jüngsten Vorfälle können nicht als Einzeltaten abgetan werden sondern betten sich ein in eine Reihe von Aktionen der Potsdamer Neonaziszene. Wir stellen uns gegen jegliches Herunterspielen und Kleinreden des Problems, wie der Leiter des Potsdamer Schutzbereiches der Polizei es tut. Das mindeste was wir tun können ist, das Problem nicht zu ignorieren und uns laut und deutlich dagegen zu äußern. Wir dürfen rechten Strukturen keinen Raum geben, sich zu etablieren!

[a] antifaschistische linke potsdam – Mai 2010

(1)  http://inforiot.de/artikel/leidige-thema-neonazis-potsdam
(2)  http://www.pnn.de/potsdam/292063/
(3)  http://www.inforiot.de/artikel/spreelichter-aus-schatten-ziehen
(4)  http://www.brandenburg-nazifrei.de/
(5)  http://www.pnn.de/potsdam/291124/
(6)  http://www.pnn.de/potsdam/292993/
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Ergänzungen

Naziaufmärsche in Brandenburg stoppen!

Mensch 27.05.2010 - 13:36
Vom 29. Mai bis 10. Juli 2010 will die "Kameradschaft Märkisch Oder Barnim" sieben mal in unseren Städten ihre menschenverachtende Propaganda verbreiten. Wir stellen uns ihnen in den Weg. Informiert euch unter  http://brandenburg-nazifrei.de

Der erste von sieben Aufmärschen findet am kommenden Samstag, dem 29. Mai, in Bernau (bei Berlin) statt.

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"Wo liegt das Problem?" — antifaschistische linke potsdam