Bürgermeister arbeitet Hand in Hand mit Nazis

Antifa Höxter 12.02.2010 20:22
Mit einem Brief fing alles an. Der Bürgermeister der Stadt Steinheim im Kreis Höxter, arbeitet Hand in Hand mit Neonazis zusammen. Diese haben den Bürgermeister in einem Brief aufgefordert sich zur Ausländerkrimminalität zu äußern. Als er dieses nich tat, verteilten die Nazis ein Flugblatt in dem der Bürgemeister beschimpft wurde.Daraufhin lud er die Nazis zu zwei gesprächsrunden ein.Ein Skandal.
Westdeutscher Rundfunk - Studio Bielefeld, 12.02.2010: Mit Neonazis an einem Tisch

Lokalzeit OWL am Freitag, dem 12. Februar 2010

Rechtsextreme gemeinsam am Tisch mit dem Steinheimer Bürgermeister. Noch immer beschäftigt der 26. Januar 2010 die Gemüter in Steinheim. An diesem Tag hatte Bürgermeister Joachim Franzke zwei Mitglieder der so genannten Feien Kameradschaft Höxter zu einem Gespräch ins Rathaus eingeladen. Hätte Franzke wissen müssen, mit wem er dort an einem Tisch sitzt? Anwesende der Gesprächsrunde sagen: Ja! Außerdem fragen wir einen Experten, der die Neonazi-Szene beobachtet.

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NRW rechtsaußen, 10.02.2010: Nebenbei: Steinheim macht Karnevalspause

Steinheim. Wir würden uns ja gerne wieder intensiver anderen Themen widmen und weniger dem Durcheinander im Steinheimer Rathaus. Aber manchmal lässt es sich nicht vermeiden, doch (schon) wieder auf das Thema zurückzukommen.

Dreimal hat sich "NRW rechtsaußen" gestern und heute darum bemüht, jene Mitteilung zu erhalten, die Bürgermeister Joachim Franzke am Montagnachmittag in eigener Sache herausgegeben hatte und von der es im "Westfalen-Blatt" hieß, es handele sich um eine "Erklärung an alle Medien". Verschickt worden war sie freilich nicht an alle Journalisten, die sich in der letzten Zeit um Informationen über dem Umgang mit Neonazis in Steinheim im Rathaus hatten informieren wollen. "NRW rechtsaußen" blieb - bewusst oder unbewusst - ausgespart, trotz der zwei Wochen währenden Versuche, von Franzke eine Stellungnahme zum Thema zu erhalten.

Zweimal blieb die Bitte, seine Erklärung wenigstens nachträglich zu erhalten, gestern komplett unbeantwortet. Auf eine dritte Anfrage von heute teilte die Stadtverwaltung mit, die Fraktionsvorsitzenden der im Steinheimer Rat vertretenen Parteien und Bürgermeister Franzke hätten bei einem Treffen gestern Abend vereinbart, dass es nach Karneval eine gemeinsame Erklärung "zu den Vorkommnissen der letzten Tage" geben werde. "Darüber hinaus wurde verabredet, keine weiteren Stellungnahmen abzugeben. Diese Entscheidung umfasst auch bereits veröffentlichte Inhalte."

Also: Was längst in der Welt ist, woraus bereits ellenlang zitiert wird, was sogar auf Internetseiten im kompletten Wortlaut wiedergegeben wird, wird nicht mehr verbreitet. Ob es noch gilt, wäre die nächste Frage. Beantwortet wird sie nach Karneval.

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Blick nach Rechts, 10.02.2010: "Ordnungspartnerschaft"

Von Tomas Sager

Steinheimer Bürgermeister trifft sich mit Anhängern der "Freien Kameradschaft Höxter" - und will davon zunächst nichts gewusst haben.

Dass der Bürgermeister einer Kleinstadt mit Neonazis über deren Beschwerden zur angeblich bedrohten Sicherheitslage in seinem Sprengel spricht, dass er sie gar zum "Runden Tisch" der "Ordnungspartnerschaft" einlädt: Man würde das eher für eine Nachricht aus jenen, vornehmlich im Osten der Republik zu ortenden Landstrichen halten, in denen Neonazis akzeptierter Teil des Alltags sind. Doch auch in Ostwestfalen ist so etwas möglich.

Im 13.500-Einwohner-Städtchen Steinheim (Kreis Höxter) hatte sich im vorigen November ein Neonazi aus dem Umfeld der "Freien Kameradschaft Höxter" an Bürgermeister Joachim Franzke gewandt, um sich über Belästigungen und Sachbeschädigungen zu beklagen, für die er vor allem "russland-deutsche Jugendliche" verantwortlich machte. Anfang Januar dann verteilten Neonazis in Steinheim Flugblätter, auf denen sie Franzke beschimpften, weil dieser angeblich nichts gegen die Probleme unternommen habe. Daraufhin kam es zu einem ersten Treffen des Bürgermeisters mit dem Beschwerdeführer und einem weiteren Mitglied der FK Höxter. Es folgte ein zweites Gespräch am 26. Januar in größerer Runde: bei einer Sitzung der Ordnungspartnerschaft, in der sich Vertreter der Stadt, der Polizei, der Schulen, Kirchen et cetera austauschen.

"Die braunen Parolen über sich ergehen lassen"

Für Medien-Anfragen zum Thema war Franzke tagelang nicht erreichbar. Schließlich veröffentlichte er am 8. Februar eine Erklärung, in der er sich rechtfertigte. Dass es sich bei seinen Gesprächspartnern um Neonazis handelte, will Franzke zunächst nicht gewusst haben. Eine "rechtsradikale Ausrichtung" sei aus dem Schreiben des Beschwerdeführers "nicht erkennbar" gewesen. Auch beim ersten Gespräch in kleinerer Runde war aus seiner Sicht "eine politische Ausrichtung des Bürgers nicht erkennbar". Und zum Treffen der Ordnungspartnerschaft notiert der Bürgermeister: "Rechtsradikale Parolen hat es in meiner Gegenwart zu keiner Zeit gegeben." Ein Teilnehmer der Runde hat das einem Bericht der Tageszeitung "Neue Westfälische" (NW) zufolge ganz anders in Erinnerung. Man sei "völlig perplex" gewesen, als die beiden Neonazis erschienen. "Einige Anwesende, darunter vor allem die Polizei, hätten protestiert, doch dann habe man die braunen Parolen über sich ergehen lassen", wird dieses Mitglied der Ordnungspartnerschaft in der NW zitiert.

"Inzwischen" lägen auch ihm Erkenntnisse vor, dass die beiden Personen der rechtsextremen Szene angehören würden, ließ Franzke verlauten. Doch das hätte ihm schon vor Wochen klar sein können. Aus dem Anfang Januar verteilten Flugblatt ging bereits hervor, wo der Autor des Beschwerdebriefs politisch zu verorten ist; mindestens drei Einträge auf den Internetseiten der regionalen Neonazis lieferten seither weitere Hinweise; am 14. Januar berichtete zudem die "Neue Westfälische" ausführlich über das Thema. Die SPD im Kreis Höxter wirft Franzke nun vor, in seiner Stellungnahme gelogen zu haben. Er habe spätestens am 14. Januar gewusst, "um welche braune Gruppierung" es sich gehandelt habe. Es gebe "einen Konsens aller Demokraten, dass die Umtriebe von Nazis öffentlich diskutiert und bekämpft werden müssen. Verschweigen und vertuschen hilft nicht."

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Radio Hochstift, 10.02.2010: Scharfe Schüsse auf Steinheims Bürgermeister

"Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke hat die Öffentlichkeit belogen": Mit dieser Aussage reagiert die Höxteraner Kreis-SPD auf die Einlassungen des Stadtoberhaupts über zwei Treffen mit einer rechtsradikalen Kameradschaft. Franzke hatte nach eigenen Aussagen vorher nicht gewusst, dass seine Gesprächspartner Neonazis waren. Die SPD listet dagegen jetzt minutiös die Vorgeschichte auf. Danach gab es schon vor dem ersten Treffen eine Ausschusssitzung und einen Zeitungsartikel zu den Aktionen der Rechten. Es sei daher eindeutig, dass Franzke genau Bescheid wusste.

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Höxtersche Zeitung / Westfalen-Blatt, 10.02.2010: Bürgermeister: "Klarheit erst in der Sitzung" / Franzke sieht sich von Rechten "gelinkt

Von Michael Robrecht

Steinheim (WB). Die Fraktionsvorsitzenden der im Steinheimer Rat vertretenen Parteien haben sich gestern Abend mit Bürgermeister Joachim Franzke (CDU) getroffen, um über die Vorgänge vor und in der jüngsten Sitzung des Arbeitskreises "Ordnungspartnerschaft" zu sprechen.

Franzke war in die Kritik geraten (wir berichteten gestern), weil in jener Runde am 26. Januar während des ersten Tagesordnungspunktes zwei Männer mit am Tisch saßen, von denen später bekannt wurde, dass es sich um Vertreter aus dem rechten politischen Spektrum handelte. Schon zuvor hatte Franzke diese beiden Personen bei einem Bürgergespräch im Rathaus getroffen.

Der Bürgermeister sieht sich von den Personen "gelinkt", was ihre politische Identität angeht. Franzke wies gegenüber dem Westfalen-Blatt gestern darauf hin, dass der Beschwerde führende Bürger, dem es um Graffitis und Beschädigungen an Blumenkübeln gegangen sei, sich auf Nachfrage beim ersten Gespräch im Rathaus als Privatperson ohne politische Funktion bezeichnet habe. Auch im Ordnungs-AK habe er seine Position, die ohne rechte Parolen vorgetragen worden sei, ausdrücklich als Privatperson abgegeben und sei nach kurzer Zeit mit seinem Bekannten auch wieder gegangen. "Erst zu diesem Zeitpunkt hat die im Arbeitskreis anwesende Polizei darauf hingewiesen, welchen politischen Hintergrund die beiden Personen haben", sagte der Bürgermeister.

Vorpreschen der Kreis-SPD

Die Vorwürfe der Kreis-SPD, er hätte nach den Presseberichten in den Tagen vor dem 26. Januar über ein in Steinheim verteiltes rechtes Flugblatt jene "Bürger2, die von ihm in den Arbeitskreis eingeladen worden seien, als Rechte hätte zuordnen müssen, weist Franzke zurück. "Auf Gerüchte kann ich nichts geben. Wenn der Bürger beteuert, er sei Privatperson, dann heißt das im Zweifel für den Angeklagten", so der Bürgermeister. Nach Vorliegen des Flugblattes habe der eine oder andere im Arbeitskreis vielleicht einen Zusammenhang zwischen der rechten Freien Kameradschaft, dem Flugblatt und den Leuten in der Sitzung für sich hergestellt, wirklich schlauer seien alle 15 Teilnehmer des Arbeitskreises aber erst nach der Information durch die Polizei gewesen. Mit Blick auf das Flugblatt mit Brief an den Bürgermeister sagte Franzke, dass dies dem Bürger, der mit einem konkreten Anliegen bei ihm im Rathaus gewesen sei, nicht zugeordnet werden konnte. Im Beisein des Ordnungsamtsleiters habe der Mann verneint, in politischer Funktion vorzusprechen.

Bürgermeister Franzke schilderte, dass er viele Formen der Solidarität per E-Mail nach den Vorwürfen, er habe zweimal Neonazis im Rathaus empfangen, erhalten habe. Viele seien empört über die Thematisierung durch die SPD gewesen. Ihn ärgere, dass die Braunen sich darüber freuten, dass sie in allen Medien seien.

Die Kreis-SPD, die die Debatte durch ihren Vorsitzenden Johannes Reineke losgetreten hatte, legte gestern nach. Reineke verlangte von Franzke, die Wahrheit zu sagen, alles andere wäre Vertuschung. Durch Veröffentlichungen hätte er am 26. Januar wissen müssen, welche braune Gruppierung in Steinheim agiere. Es gebe einen Konsens aller Demokraten, dass die Umtriebe von Nazis bekämpft werden müssten.

Teile der Steinheimer SPD sind verärgert über das unabgesprochene Vorpreschen der Kreis-SPD. Fraktionschef John Meyer stellte grundsätzlich fest, dass man Rechten keinerlei Forum geben dürfe. Er habe als einziger in der Sitzung des Arbeitskreises Protest gegen die beiden "Bürger" erhoben. Alle anderen Teilnehmer hätten während des zehnminütigen Vortrages geschwiegen. Man habe sich überfahren gefühlt. Im Nachhinein hätte man aufstehen und gehen sollen. "Aber wir haben leider nicht die richtige Reaktion gezeigt - ich auch nicht", sagte Meyer. Die Erklärungen des Bürgermeisters nannte er "nicht sehr hilfreich".

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Neue Westfälische, 10.02.2010: Bürgermeister Franzke der Lüge bezichtigt / SPD: Rechtsextreme Gesinnung war bekannt

Steinheim (gär). Der Bürgermeister der Stadt Steinheim, Joachim Franzke (CDU), gerät wegen seines Umgangs mit Vertretern der rechtsextremen Freien Kameradschaften stark unter Druck. Die SPD im Kreis Höxter wirft Franzke vor, in seiner offiziellen Stellungnahme gelogen zu haben. Wie berichtet, hatte Franzke mehrere Gespräche mit Rechtsradikalen geführt. Diese durften ihre Positionen auch auf einer nichtöffentlichen Sitzung der Steinheimer Ordnungspartnerschaft am 26. Januar erläutern. Franzke hatte erklärt, er habe von der politischen Ausrichtung seiner rechtsradikalen Gesprächspartner nichts gewusst; diese hätten sich nicht zu erkennen gegeben. "Das ist nicht wahr" erklärte gestern der SPD-Vorsitzende des Kreises Höxter, Johannes Reineke. Bürgermeister Franzke habe "spätestens am 14. Januar ... gewusst, um welche braune Gruppierung es sich handelte". Am 18. Januar habe es dazu eine Information des Hauptausschusses gegeben, und am 26. Januar sei dann das Gespräch in der Ordnungspartnerschaft geführt worden. Franzke müsse "die vollständige Wahrheit sagen, alles andere wäre Vertuschung", fordert der SPD-Kreisvorsitzende. Franzke war gestern erneut nicht zu erreichen. Nach eigenen Angaben hat er nun alle Kontakte zu den Neonazis abgebrochen. Diese Zeitung hatte bereits am 14. Januar über die Agitation der Rechtsextremisten in Steinheim ausführlich berichtet.

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NRW rechtsaußen, 09.02.2010: Höxter: "Rechtsradikale Ausrichtung nicht erkennbar"

Steinheim. "Zu keinem Zeitpunkt ist eine 'Neonazi-Abordnung' vom Bürgermeister empfangen worden, ebenso wenig hat es Gespräche mit einer Abordnung gegeben, die sich als solche zu erkennen gegeben hat." Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke nahm gestern doch noch Stellung zu den Vorwürfen, mit zwei Neonazis auf seine Einladung hin über die Sicherheitslage in der Stadt gesprochen und sie auch zu einem Treffen der lokalen Ordnungspartnerschaft eingeladen zu haben. Seine Stellungnahme klingt deutlich, lässt aber einige Fragen offen.

Seine Darstellung in Kurzfassung (der komplette Text ist inzwischen auf der Internetseite der Neuen Westfälischen www.nw-news.de/owl/?em_cnt=3374548&em_cnt_page=2 nachzulesen): Aus dem Schreiben des "Steinheimer Bürgers", der sich über Sachbeschädigungen und Gewalt unter Jugendlichen beklagt habe und der später zum Gespräch im Rathaus eingeladen wurde, sei "eine rechtsradikale Ausrichtung nicht erkennbar" gewesen. Auch bei jenem Gespräch in der Stadtverwaltung, zu dem der Bürger "in Begleitung eines Bekannten" erschien, sei "eine politische Ausrichtung nicht erkennbar" gewesen. Bei der Gesprächsrunde im Rahmen der Ordnungspartnerschaft am 26. Januar sei es lediglich um die konkreten Beschwerden des Mannes gegangen: "Rechtsradikale Parolen hat es in meiner Gegenwart zu keiner Zeit gegeben." "Inzwischen" lägen auch ihm, Franzke, "Erkenntnisse vor, dass die beiden Personen, insbesondere der Begleiter, der rechtsextremen Szene angehören und über die Gespräche auch öffentlich berichten. Seitdem mir dies bekannt ist, wurden von meiner Seite alle Kontakte abgebrochen." Schließlich weist der Bürgermeister darauf hin, dass der städtische Hauptausschuss am 18. Januar und der Stadtrat am 1. Februar "über die Vorgänge unterrichtet" worden seien.

Bleiben noch einige Widersprüche. Während der Bürgermeister den Ablauf des Gesprächs in der Ordnungspartnerschaft als völlig normal darstellt, vermittelt ein Teilnehmer der Runde, den die Neue Westfälische zitiert, ein anderes Bild: "Wir waren völlig perplex", schildert er die Reaktion auf das Auftauchen der Neonazis. "Einige Anwesende, darunter vor allem die Polizei, hätten protestiert, doch dann habe man die braunen Parolen über sich ergehen lassen", zitiert die NW diesen Teilnehmer.

Offen lässt der Bürgermeister mit seiner Formulierung ("Inzwischen liegen auch mir Erkenntnisse vor ... ") die Frage, seit wann genau ihm der politische Hintergrund seiner beiden Gesprächspartner bekannt ist. Aus dem Gesamtzusammenhang seines Textes ist zu vermuten, dass er einen Zeitpunkt nach dem Treffen der Ordnungspartnerschaft meint. Doch bereits Anfang Januar verteilten Neonazis ein Flugblatt, auf dem ihre "Freie Kameradschaft Höxter" sich der Autorenschaft des Briefs an Franzke rühmte. Am 7. und am 10. Januar erschienen Einträge auf den Internetseiten der FK Höxter und einer mir ihr verbandelten Neonazi-Gruppe, wonach die Neonazi-Kameradschaft nach dem Brief nun "erneut aktiv" werde. Am 14. Januar berichtete die Neue Westfälische ausführlich und machte deutlich, dass es sich bei dem Verfasser keinesfalls um einen "normalen" Bürger handelte. Noch am Tag vor der Sitzung der Ordnungspartnerschaft reklamierten die Neonazis aus Höxter im Internet erneut die Autorenschaft für sich. Hinweise auf eine "rechtsradikale Ausrichtung" des Briefeschreibers gab es also rechtzeitig und zuhauf.

Weitere Fragen bleiben offen. Zum Beispiel die, über was genau der Hauptausschuss am 18. Januar informiert werden musste, wenn doch der Bürgermeister bis zu diesem Datum womöglich nicht einmal Verdacht geschöpft hatte. Auf zweimalige Nachfragen reagierte die Steinheimer Stadtverwaltung heute nicht - so wie sich "NRW rechtsaußen" seit zwei Wochen erfolglos um eine Stellungnahme Franzkes bemüht hat.

"NRW rechtsaußen" hat sich in den letzten eineinhalb Wochen nicht deswegen vier Mal und relativ ausführlich mit den Steinheimer Vorgängen beschäftigt, weil wir Franzke für einen Sympathisanten der extremen Rechten halten würden. Sondern, weil der Fall Steinheim ein Musterbeispiel dafür ist, wie Kommunen mit dem Thema gerade nicht umgehen sollten und in welches Dilemma Stadtobere geraten können, wenn dort die Sachkenntnis fehlt und sie sich womöglich externer Sachkenntnis nicht bedienen.

Und schließlich und nicht zuletzt, weil wir es bedenklich finden, wenn ein Bürgermeister den Kontaktabbruch unter anderem damit begründet, dass die Neonazis "über die Gespräche auch öffentlich berichten". Auch ganz ohne solche öffentliche Berichte war er auf dem Holzweg.

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Deutscher Depeschendienst, 09.02.2010: Steinheim - CDU-Bürgermeister wehrt sich nach Treffen mit Neonazi

09.02.10 - 11.35 Uhr

Steinheim/Bielefeld (ddp-nrw). In Steinheim (Kreis Höxter) gibt es eine Debatte über ein Gespräch zwischen dem Bürgermeister und einem Neonazi. Er sei von Rechtsextremisten "gelinkt" worden, sagte Bürgermeister Joachim Franzke (CDU) am Dienstag auf ddp-Anfrage zu Medienberichten, wonach er Neonazi-Abordnungen offiziell empfangen haben soll.

Tatsächlich habe sich ein Bürger in einem Brief über Graffiti-Schmierereien und Gewalt unter Jugendlichen in der Kommune beschwert, sagte Franzke. Daraufhin habe er den Bürger, "der in keinem Fall wie ein Neonazi wirkte", zu Gesprächen im Rahmen eines lokalen Arbeitskreises "Ordnungspartnerschaft" geladen. Auch bei diesem Treffen seien "keine rechten Thesen" vorgetragen worden. Später sei er über den rechtsextremistischen Hintergrund informiert worden und habe den Kontakt abgebrochen, sagte Franzke weiter.

Laut einem Bericht der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen" handelte es sich bei dem Bürger um einen Aktivisten der "Freien Kameradschaft Höxter". Später hätten sich Neonazis mit dem Termin beim Bürgermeister im Internet gebrüstet.

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Neue Westfälische, 09.02.2010: Franzke will Neonazis nicht erkannt haben

Steinheim (gär). Der Bürgermeister der Stadt Steinheim, Joachim Franzke (CDU), hat nach eigenen Angaben "zu keinem Zeitpunkt eine Neonazi-Abordnung empfangen". Aus einem Brief, den ein Bürger im November 2009 an ihn gerichtet habe, sei eine rechtsradikale Ausrichtung "nicht erkennbar" gewesen. Dies gelte ebenfalls für ein erstes gemeinsames Gespräch in der Stadtverwaltung. Auch bei einer nichtöffentlichen Sitzung der Ordnungspartnerschaft Ende Januar habe sich niemand durch Parolen als Vertreter der Freien Kameradschaften zu erkennen gegeben. "Inzwischen liegen auch mir Erkenntnisse vor, dass die beiden Personen ... der rechtsextremen Szene angehören", schreibt Franzke. Seither "wurden von meiner Seite alle Kontakte abgebrochen".

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Höxtersche Zeitung / Westfalen-Blatt, 09.02.2010: Radikale sitzen im Arbeitskreis / Steinheims Bürgermeister in der Kritik: Franzke trifft Rechte gleich zweimal

Von Michael Robrecht

Steinheim (WB). Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht: Weil der Steinheimer Bürgermeister zweimal Gespräche mit "Bürgern" geführt hat, die sich später als Mitglieder der rechten Szene entpuppten, ist Joachim Franzke (CDU) stark in die Kritik geraten.

Dass da "Wölfe im Schafspelz" in Kontakt mit dem Stadtoberhaupt getreten waren, hatte Franzke erst sehr spät bemerkt. Ein Steinheimer Bürger hatte sich im November 2009 in einem persönlichen Anliegen an Franzke gewandt. In seinem Schreiben weist er auf einige Sachbeschädigungen und Gewalt unter Jugendlichen in der Emmerstadt hin. "Eine rechtsradikale Ausrichtung war nicht erkennbar", so Franzke in seiner gestrigen Stellungnahme zu den Vorgängen. Das Schreiben wurde von ihm an Polizei und Ordnungsamt weitergeleitet.

In einem Gespräch hat der Bürgermeister dann mit dem ordnungsliebenden Steinheimer und dessen Bekannten am 11. Dezember im Rathaus verabredet, dass über den Brief bei der nächsten nicht öffentlichen Sitzung des Arbeitskreises "Ordnungspartnerschaft" gesprochen werden solle - mit dem Beschwerdeführer mitten am Tisch.

In der Sitzung des Arbeitskreises mit Politik, Kirchen, Verwaltung und Polizei sind die Themen Gewalt und Beschädigungen dann am 26. Januar auch besprochen worden: "Rechtsradikale Parolen hat es in meiner Gegenwart nicht gegeben", stellte Bürgermeister Franzke gestern fest. Auch beim ersten Rathausgespräch sei eine politische Ausrichtung des Bürgers und seines Bekannte nicht erkennbar gewesen.

Franzke erklärte, dass ihm inzwischen Erkenntnisse vorlägen, dass die beiden Personen der rechtsextremen Szene angehörten und über die Gespräche mit ihm im Rathaus auch öffentlich auf Internetseiten berichteten. "Seitdem mir dies bekannt ist, wurden von meiner Seite alle Kontakte abgebrochen", erläuterte Franzke. Er habe den Hauptausschuss am 18. Januar und dem Rat Steinheim am 1. Februar über die Vorgänge informiert.

Die rechte "Freie Kameradschaft" protzt inzwischen auf ihrer Internetseite - entgegen der Absprache, die Gespräche nichtöffentlich zu behandeln - mit dem Bürgermeister-Termin und diffamiert Franzke sogar als "Chaosbürgermeister".

Franzke weist die Kritik - besonders aus der SPD - zurück. Er habe keine "Neonazi-Abordnung" empfangen, und es habe auch keine Gespräche mit einer Gruppe gegeben, die sich als solche zu erkennen gegeben habe.

CDU-Stadtverbandsvorsitzender Peter Lipka stellte sich hinter Franzkes Aussagen in der gestrigen Erklärung an alle Medien. Er kritisierte die SPD, die die Thematik öffentlich gemacht und breitgetreten habe. Jetzt hätten die "Braunen", dank der SPD, ihre Öffentlichkeit, die sie stets suchten. Man hätte das alles intern klären sollen.

Unglücklich sei aber, "dass die Rechten beim Arbeitskreis am Tisch saßen". SPD-Kreisvorsitzender Johannes Reineke wies auf den Grundkonsens aller Demokraten hin: Null Toleranz bei Rechtsradikalen.

Es gelte zu klären, warum Bürgermeister Franzke die autonomen Rechten am Runden Tisch überhaupt zugelassen habe.

Bildunterschrift: Bürgermeister Franzke steht in der Kritik.

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Westfalen-Blatt, 09.02.2010: Treffen mit Rechten / Kritik an Politiker

Steinheim (WB/rob). Weil er zwei Gespräche mit Mitgliedern der rechten Szene geführt hat, wird Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke (CDU) von der SPD kritisiert. Zu dem Kontakt war es während eines Bürgergesprächs gekommen, in dem es um zunehmende Sachbeschädigung und Gewalt unter Jugendlichen in Steinheim ging. Im Arbeitskreis "Ordnungspartnerschaft" wurde das Thema zusammen mit Polizei, Politik, Verbänden - und den beiden Bürgern aus der rechten Szene - dann vertieft. Er habe keine "Neonazi-Abordnung" empfangen, erklärte Franzke gestern. Die beiden Personen hatten sich erst später als Rechte zu erkennen geben, worauf er den Kontakt sofort abgebrochen habe.

Die "Freie Kameradschaft" wirbt nun mit den Bürgermeistertreffen auf ihrer Homepage. SPD-Kreisvorsitzender Johannes Reineke kritisiert, dass das Gespräch am Runden Tisch überhaupt stattgefunden hat. Für CDU-Stadtverbandsschef Peter Lipka ist die Sache unglücklich gelaufen. Er stellte sich aber hinter Franzke. Nicht gut sei, dass die SPD durch die Veröffentlichung der Gespräche den Rechten die gesuchte Öffentlichkeit verschafft habe.

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NRW rechtsaußen, 08.02.2010: Höxter: Gespräche mit Neonazis beschäftigen jetzt auch Steinheimer Kommunalpolitiker

Steinheim. Die Gespräche, die Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke mit Neonazis führte (wir berichteten am 29. Januar und 1. Februar), beschäftigen jetzt auch die Kommunalpolitik.

Die Neue Westfälische (NW) berichtet heute (www.nw-news.de/owl/3374548_CDU-Buergermeister_empfaengt_Neonazis.html?em_index_page=1), der SPD-Vorstand des Kreises Höxter habe sich entsetzt über Franzkes Verhalten gezeigt. Er habe Rechtsextremen "eine Plattform" geboten. Franzke führe "Gespräche mit einer Abordnung der Freien Kameradschaft". Das sei "ein Skandal, der dem Image der Stadt weit über die Grenzen hinaus schaden wird".

Franzke, der schon gegenüber "NRW rechtsaußen" nicht bereit war, auf Fragen zum Thema zu antworten, sei am Wochenende trotz mehrfacher telefonischer Anfragen nicht zu erreichen gewesen, meldete die Neue Westfälische.

Statt des Bürgermeisters meldete sich gegenüber dem Lokalsender Radio Hochstift der Steinheimer CDU-Vorsitzende Peter Lipka zu Wort. Der CDU-Stadtverband lehne Gespräche mit Rechtsradikalen rundheraus ab, zitiert ihn der Lokalsender.

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Radio Hochstift, 08.02.2010: Franzke wehrt sich gegen Vorwürfe

Auch Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke weist Vorwürfe, er habe Neonazis offiziell empfangen, jetzt zurück. Als er zwei Bürger zu einem Treffen einlud, habe er nicht gewusst, das sie zur rechten Szene gehören. Als er davon erfuhr, brach Franzke nach eigener Aussage alle Kontakte ab.

Hintergrund: Die rechtsradikale Freie Kameradschaft Höxter rühmt sich damit, bei Franzke angehört worden zu sein. Dafür war der Steinheimer Bürgermeister von der SPD heftig kritisiert worden. CDU-Stadtverbandsboss Lipka hatte Franzke schon am Vormittag in Schutz genommen.

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WDR-Nachrichten aus Ostwestfalen-Lippe, 08.02.2010: Bürgermeister soll Neonazis empfangen haben

Der CDU-Bürgermeister der Stadt Steinheim, Joachim Franzke, soll Mitglieder der "Freien Kameradschaft Höxter" zu einem Gespräch ins Rathaus eingeladen haben. Franzke wehrt sich in einem Brief. Er habe zu keiner Zeit gewusst, dass seine Gesprächspartner der rechtsextremen Szene nahe stehen. Die SPD im Kreis Höxter ist empört.

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Neue Westfälische Online, 08.02.2010: CDU-Bürgermeister empfängt Neonazis / SPD im Kreis Höxter empört über Joachim Franzke / Bürgermeister gibt Erklärung ab

08.02.2010 - 15.13 Uhr

Von Hubertus Gärtner

Steinheim. Joachim Franzke, CDU-Bürgermeister der Stadt Steinheim (Kreis Höxter), hat Neonazi-Abordnungen offiziell empfangen. Über den Inhalt der Gespräche wurde Geheimhaltung vereinbart. Deshalb steht das Stadtoberhaupt nun massiv in der Kritik. Die Neonazis brüsten sich bereits mit ihrem Coup im Internet. Der SPD-Vorstand des Kreises Höxter zeigt sich entsetzt über Franzkes Verhalten. Dieser habe Rechtsextremen "eine Plattform" geboten.

Bürgermeister Franzke wollte bereits "vor zwei Jahren eine Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Wirken der Nationalsozialisten in der Gegenwart nicht in städtischen Räumen aufstellen lassen", erinnert sich der SPD-Kreisvorsitzende Johannes Reineke. Jetzt führe Franzke "Gespräche mit einer Abordnung der Freien Kameradschaft". Das sei "ein Skandal, der dem Image der Stadt weit über die Grenzen hinaus schaden wird".

Was war geschehen? Vor einigen Wochen schrieb ein Mitglied der "Freien Kameradschaft Höxter" einen Brief an den Bürgermeister Franzke, wonach die Straftaten in Steinheim in den letzten Jahren angeblich stark zugenommen hätten. Bei den "Freien Kameradschaften" handelt es sich um autonome rechtsextreme Gruppen, die untereinander stark vernetzt sind. Nach Einschätzungen des Verfassungsschutzes gibt es in Deutschland etwa 150 Gruppen.

Bürgermeister persönlich angegriffen

Nachdem Franzke auf den ersten Brief nicht reagierte, verteilte die "Freie Kameradschaft Höxter" zahlreiche Flugblätter, auf denen der Bürgermeister persönlich angegriffen wurde. Franzke, so der Vorwurf der Rechtsextremen, unternehme nichts gegen die Zerstörung in seiner Stadt und lasse "Ausländerbanden frei gewähren".

Franzke leitete den Brief an die Polizei weiter. Sodann lud er zu einem ersten Gespräch, woran er selbst, der Leiter des Ordnungsamtes sowie ein Vertreter der "Freien Kameradschaft" teilnahmen. Doch damit nicht genug: Auch bei einem turnusgemäßen Treffen der Steinheimer Ordnungspartnerschaft am 26. Januar durften die Rechtsextremen nach Recherchen dieser Zeitung noch einmal ihre Positionen ausführlich darlegen.

In der Steinheimer Ordnungspartnerschaft arbeiten Vertreter der Politik, der Kirchen, der Polizei und der Jugendämter zusammen. "Ohne vorherige Absprache" habe Franzke eine Abordnung der "Freien Kameradschaft Höxter" zu der Sitzung am 26. Januar eingeladen, berichtet ein Teilnehmer. "Wir waren völlig perplex", sagt er. Einige Anwesende, darunter vor allem die Polizei, hätten protestiert, doch dann habe man die braunen Parolen über sich ergehen lassen. Es sei "Stillschweigen vereinbart" worden. Doch wie zu erwarten hielt sich die "Freie Kameradschaft" daran nicht. "Bürgermeister und Co. haben die Rechnung ohne die Courage der Aktivisten gemacht", heißt es nun triumphierend auf einschlägigen Internetseiten. Man sei "bereit für die nächste Runde". Bürgermeister Franzke war am Wochenende trotz mehrfacher telefonischer Anfragen nicht zu erreichen.

Zu dem vorliegenden Presseartikel gab Steinheims Bürgermeister Joachim Franske am Montagnachmittag folgende Erklärung ab:

1. Ein Steinheimer Bürger hat sich im November 2009 in einem persönlichen Anliegen an den Bürgermeister gewandt. In diesem Schreiben weist er auf einige Sachbeschädigungen und Gewalt unter Jugendlichen hin. Eine rechtsradikale Ausrichtung dieses Bürgers war aus diesem Schreiben nicht erkennbar.

2. Dieses Schreiben wurde an die Polizei und das Ordnungsamt weitergeleitet. In einem Gespräch am 11.12.2009 wurde verabredet, dass dieses Schreiben auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung der Ordnungspartnerschaft kommen soll.

3. Mit dem betreffenden Bürger, der in Begleitung eines Bekannten erschienen ist, hat es zwei Gespräche gegeben. Das erste Gespräch fand in der Stadtverwaltung statt. Auch hier war eine politische Ausrichtung des Bürgers nicht erkennbar. Ein zweites Gespräch wurde dann im Rahmen der Ordnungspartnerschaft im Beisein der Polizei geführt. Diese Gesprächsrunde fand wie in der Vergangenheit nicht öffentlich statt. In dem Arbeitskreis wurde nochmals und ausschließlich auf die im November-Schreiben gemachten Hinweise eingegangen. Rechtsradikale Parolen hat es in meiner Gegenwart zu keiner Zeit gegeben.

4. Die Gespräche haben inhaltlich keine neuen Erkenntnisse gebracht. Entweder waren die Vorfälle der Polizei bereits bekannt und die Strafverfolgung wurde aufgenommen oder es lagen keine Anzeigen vor bzw. die Informationen waren so vage (Zitat: "Von Dritten gehört"), dass konkrete Maßnahmen nicht ergriffen werden konnten.

5. Inzwischen liegen auch mir Erkenntnisse vor, dass die beiden Personen, insbesondere der Begleiter, der rechtsextremen Szene angehören und über die Gespräche auch öffentlich berichten. Seitdem mir dies bekannt ist, wurden von meiner Seite alle Kontakte abgebrochen.

6. Der Hauptausschuss und der Rat der Stadt Steinheim wurden über die Vorgänge am 18.01. bzw. 01.02.2010 unterrichtet.

7. Zu keinem Zeitpunkt ist eine "Neonazi-Abordnung" vom Bürgermeister empfangen worden, ebenso wenig hat es Gespräche mit einer Abordnung gegeben, die sich als solche zu erkennen gegeben hat.

Steinheim, den 08.02.2010

gez. Joachim Franzke
Bürgermeister

Bildunterschrift: In der Kritik.

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Radio Hochstift, 08.02.2010: CDU Steinheim: Keine Gespräche mit Rechten

Der CDU-Stadtverband in Steinheim lehnt Gespräche mit Rechtsradikalen rundheraus ab. Das sagte der Vorsitzende Peter Lipka auf Anfrage von Radio Hochstift. Hintergrund sind zwei Treffen von Steinheims CDU-Bürgermeister Joachim Franzke mit einem Vertreter der Neonazi-Gruppe "Freie Kameradschaft Höxter". Nach Angaben von CDU-Chef Lipka war dem Bürgermeister zunächst aber nicht bekannt, dass er es mit einem Neonazi zu tun hat. Der eingeladene Mann sei beim ersten Mal als Privatperson aufgetreten. Später wollte man den Neonazis keine Angriffsfläche durch eine Absage bieten.

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Radio Hochstift, 08.02.2010: Steinheims Bürgermeister spricht mit Neonazis

Der Steinheimer Bürgermeister Joachim Franzke steht in der Kritik. Nach Informationen der Neuen Westfälischen hat er zweimal Vertreter einer rechtsextremen Kameradschaft zu Gesprächen empfangen. Die Neonazis hatten Bürgermeister Franzke zuvor persönlich angegriffen, weil er aus ihrer Sicht nichts gegen angebliche Zerstörungen in Steinheim tue. Über die Inhalte der Gespräche wurde Stillschweigen vereinbart, dennoch brüsten sich die Neonazis mit den Treffen. Die SPD in Steinheim spricht von einem Skandal, der dem Image der Stadt schade.

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Neue Westfälische, 08.02.2010: CDU-Bürgermeister empfängt Neonazis / SPD im Kreis Höxter empört über Joachim Franzke

Von Hubertus Gärtner

Steinheim. Joachim Franzke, CDU-Bürgermeister der Stadt Steinheim (Kreis Höxter), hat Neonazi-Abordnungen offiziell empfangen. Über den Inhalt der Gespräche wurde Geheimhaltung vereinbar. Deshalb steht das Stadtoberhaupt nun massiv in der Kritik. Die Neonazis brüsten sich bereits mit ihrem Coup im Internet. Der SPD-Vorstand des Kreises Höxter zeigt sich entsetzt über Franzkes Verhalten. Dieser habe Rechtsextremen "eine Plattform" geboten.

Bürgermeister Franzke wollte bereits "vor zwei Jahren eine Ausstellung der Friedrich-Ebert-Stiftung zum Wirken der Nationalsozialisten in der Gegenwart nicht in städtischen Räumen aufstellen lassen", erinnert sich der SPD-Kreisvorsitzende Johannes Reineke. Jetzt führe Franzke "Gespräche mit einer Abordnung der Freien Kameradschaft". Das sei "ein Skandal, der dem Image der Stadt weit über die Grenzen hinaus schaden wird".

Was war geschehen? Vor einigen Wochen schrieb ein Mitglied der "Freien Kameradschaft Höxter" einen Brief an den Bürgermeister Franzke, wonach die Straftaten in Steinheim in den letzten Jahren angeblich stark zugenommen hätten. Bei den "Freien Kameradschaften" handelt es sich um autonome rechtsextreme Gruppen, die untereinander stark vernetzt sind. Nach Einschätzungen des Verfassungsschutzes gibt es in Deutschland etwa 150 Gruppen.

Nachdem Franzke auf den ersten Brief nicht reagierte, verteilte die "Freie Kameradschaft Höxter" zahlreiche Flugblätter, auf denen der Bürgermeister persönlich angegriffen wurde. Franzke, so der Vorwurf der Rechtsextremen, unternehme nichts gegen die Zerstörung in seiner Stadt und lasse "Ausländerbanden frei gewähren".

"Wir waren völlig perplex"

Franzke leitete den Brief an die Polizei weiter. Sodann lud er zu einem ersten Gespräch, woran er selbst, der Leiter des Ordnungsamtes sowie ein Vertreter der "Freien Kameradschaft" teilnahmen. Doch damit nicht genug: Auch bei einem turnusgemäßen Treffen der Steinheimer Ordnungspartnerschaft am 26. Januar durften die Rechtsextremen nach Recherchen dieser Zeitung noch einmal ihre Positionen ausführlich darlegen.

In der Steinheimer Ordnungspartnerschaft arbeiten Vertreter der Politik, der Kirchen, der Polizei und der Jugendämter zusammen. "Ohne vorherige Absprache" habe Franzke eine Abordnung der "Freien Kameradschaft Höxter" zu der Sitzung am 26. Januar eingeladen, berichtet ein Teilnehmer. "Wir waren völlig perplex", sagt er. Einige Anwesende, darunter vor allem die Polizei, hätten protestiert, doch dann habe man die braunen Parolen über sich ergehen lassen. Es sei "Stillschweigen vereinbart" worden. Doch wie zu erwarten hielt sich die "Freie Kameradschaft" daran nicht. "Bürgermeister und Co. haben die Rechnung ohne die Courage der Aktivisten gemacht", heißt es nun triumphierend auf einschlägigen Internetseiten. Man sei "bereit für die nächste Runde". Bürgermeister Franzke war am Wochenende trotz mehrfacher telefonischer Anfragen nicht zu erreichen.

Bildunterschrift: In der Kritik: Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke.

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Höxtersche Kreiszeitung / Neue Westfälische, 08.02.2010: "Bürgermeister Franzke hat Neonazis aufgewertet"

Steinheim. Joachim Franzke (CDU), Bürgermeister der Stadt Steinheim, gerät wegen seines Umgangs mit der "Freien Kameradschaft Höxter" unter Druck. Der SPD-Kreisvorstand ist empört, weil Franzke den Rechtsextremen offiziell Gelegenheit gegeben hat, ihre Positionen darzulegen. Nach Recherchen der Neuen Westfälischen ist das auch auf einer Sitzung der Steinheimer Ordnungspartnerschaft geschehen. Die SPD sieht in Franzkes Verhalten "einen Skandal". Der Bürgermeister habe die Neonazis "aufgewertet".
Seite OWL

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NRW rechtsaußen. 01.02.2010: Höxter: Steinheimer Dialog mit Neonazis (Teil 2)?

Steinheim. Nach dem ersten Zusammentreffen von Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke mit Mitgliedern der neonazistischen "Freien Kameradschaft Höxter" hat es offenbar noch eine zweite Gesprächsrunde gegeben.

Nachdem beim ersten Anlauf der Bürgermeister, ein Vertreter des Ordnungsamtes und zwei Neonazis beisammen saßen (www.nrwrex.wordpress.com/2010/01/29/hx-neonazis-akzeptierte-gesprachspartner-fur-burgermeister/), habe es eine "mündliche Einladung zum zweiten Treffen" gegeben, heißt es auf Internetseiten von Neonazis. Anwesend gewesen seien "Vertreter von Kirche, Polizei, Schuldirektoren sowie Parteivorständen". Offenbar wurde dabei verabredet oder dekretiert, nichts über Gesprächsthemen oder Ergebnisse verlauten zu lassen.

Die Frage, ob sich Bürgermeister Franzke von der Überlegung leiten lässt, per Dialog hinter verschlossenen Türen zu einem irgendwie gearteten Konsens mit Mitgliedern einer Neonazi-Kameradschaft gelangen zu können, lässt sich nicht abschließend beantworten. "NRW rechtsaußen" fragte bei ihm nach, wie die neuerliche Gesprächsrunde zustande kam, wer daran teilnahm, was der Zweck des Treffens war, welche Ergebnisse es hatte und welche Erwartungen in ein solches Treffen gesetzt worden sind. Die Antwort aus der Steinheimer Stadtverwaltung war kurz und knapp: "Herr Franzke wird sich dazu nicht äußern."

Die Neonazi-Kameradschaft Höxter denkt derweil gar nicht daran, auf die Beschimpfungen des Bürgermeisters zu verzichten. Zugleich nennen die Neonazis den Dialogversuch einen "lächerlichen Versuch der Stilllegung", der sie nicht beeindrucken werde.

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NRW rechtsaußen. 29.01.2010: Höxter: Neonazis akzeptierte Gesprächspartner für Bürgermeister?

Steinheim. Neonazis aus Ostwestfalen behaupten, mit dem Bürgermeister der Kleinstadt Steinheim (Kreis Höxter) über die Zunahme von Straftaten und Gewaltdelikten in der Stadt beratschlagt zu haben. Ob diese Darstellung richtig ist, wissen wir nicht - unter anderem, da Bürgermeister Joachim Franzke auf wiederholte Nachfragen von "NRW rechtsaußen" lediglich wissen ließ, dass er sich zu dem Thema nicht äußern wolle.

Begonnen hat alles offenbar mit einem Brief, den ein Mitglied der Neonazi-Gruppe "Freie Kameradschaft Höxter" an den Bürgermeister richtete und in dem er sich über Belästigungen und Sachbeschädigungen in der Stadt beklagte. Verantwortlich machte er dafür vor allem "russland-deutsche Jugendliche". Eine Flugblattaktion folgte. Angeblich "zu Tausenden" verteilten die Neonazis die Flyer, auf denen Franzke beschimpft und aufgefordert wurde, "sich für sein Handeln zu verantworten". Der Flugblatt-Text endete mit der "Ankündigung": "Sollte keine Reaktion vonseiten des Bürgermeisters kommen, werden wir weitere kreative Aktionen ausarbeiten um auf jeden Missstand in dieser Stadt aufmerksam zu machen."

Einem Bericht der "Neuen Westfälischen" (NW) zufolge (www.nw-news.de/lokale_news/hoexter/hoexter/3332039_Rechte_beschimpfen_Franzke.html) erklärte Franzke daraufhin, er wolle den Rechtsextremen keine Plattform bieten und lehne eine öffentliche Debatte über die Angriffe gegen seine Person ab. Weiter zitierte ihn die NW dann wörtlich: "Ich biete mehrmals im Monat eine Bürgersprechstunde an, in der jeder mit seinen Anliegen zu mir kommen kann - auch diese Menschen. Dann versuchen wir, Lösungen zu finden."

Ob es bei dieser indirekten Einladung geblieben ist oder ob eine direktere gefolgt ist? Wir wissen es nicht, da der Bürgermeister auf diese Frage nicht antworten mochte. Bei den Neonazis heißt es, Franzke habe sich nach den Flugblattaktionen "im Zugzwang" gesehen: "Er lud uns also zu einem Gespräch ins Rathaus ein." Daran teilgenommen hätten "zwei Aktivisten", der Bürgermeister und ein Vertreter des Ordnungsamtes.

Herausgekommen ist bei dem Gespräch offenbar wenig. Zu den Vorschlägen der Neonazis gehörte unter anderem - neben der allgemeinen "Stärkung der Volksgemeinschaft“ -, "einen Nachmittagsspaziergang durch die Stadt Steinheim zu organisieren. Hierbei wäre jeder Bürger aufgefordert daran teilzunehmen und ein klares Zeichen gegen Gewalt zu setzen". Klar zu deutende Antworten habe Franzke nicht gegeben, meinen die Neonazis. "Allerdings sicherte uns der Bürgermeister zu, die Zusammenarbeit mit uns zu intensivieren und sprach uns sein vollstes Verständnis aus." "Ein weiteres Treffen" sei am 26. Februar geplant, "bei dem nicht nur Herr Franzke, sondern auch Vertreter anderer Parteien sowie Kirche und der Gewerkschaftsvorsitzende der Kreispolizei Höxter" teilnähmen.

Was an jenem 26. Februar konkret geplant ist; wer zu dem "Treffen" einlädt; wer daran teilnimmt; was das Thema sein wird und was der Anlass ist; ob schließlich Überlegungen angestellt werden, wie bei dieser Veranstaltung auf das Auftreten von Neonazis reagiert werden könnte, falls diese gar nicht willkommen sein sollten: Auch diese Fragen mochte Franzke nicht beantworten.

So bleibt vorerst offen, ob tatsächlich Neonazis für Steinheims Bürgermeister akzeptierte Gesprächspartner sein können, wenn es um lokale Probleme geht. Dass dieser Eindruck entstehen kann, hat er zumindest durch seine Nicht-Reaktion auf die Veröffentlichung der Neonazis ermöglicht.

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Höxtersche Kreiszeitung / Neue Westfälische, 14.01.2010: Rechte beschimpfen Franzke / Staatsschutz warnt vor Agitationsversuchen der Extremisten

Von David Schellenberg

Steinheim. Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke (CDU) wird von der rechtsextremistischen Vereinigung "Freie Kameradschaft Höxter" beschimpft. In einem Brief, der der Neuen Westfälischen vorliegt, und auf einem Flugblatt wird der Verwaltungschef persönlich angegriffen. Auf rechtsextremen Internetseiten wird der Bürgermeister als "Chaosbürgermeister" diffamiert. Franzke informierte den Staatsschutz.

"Sollte jetzt immer noch einer glauben, wir wären nur ein kleiner Verein von Verwirrten, den werden wir in den nächsten Monaten eines besseren belehren. Dies war nicht die letzte Aktion seitens der FK-Höxter", heißt es in einer Mail der Braunen.

Was war geschehen? Die vom Verfassungsschutz beobachteten Rechtsextremisten werfen dem Bürgermeister in einem Brief vor, nichts gegen eine angeblich sinnlose Zerstörungswut in Steinheim zu unternehmen. Viele Plätze in Steinheim würden in den Abendstunden für "normale Deutsche" zu so genannten "No-Go-Areas". Franzke würde "Ausländerbanden frei gewähren lassen" und die Taktik des Totschweigens fahren. "Vielleicht ist es ja sogar so, dass es dem Bürgermeister scheißegal ist, was mit seiner Bevölkerung passiert", schreiben die Braunen.

Franzke gab das Schreiben und das Flugblatt an die Polizei weiter. Auch der Staatsschutz Bielefeld, der die Extremisten genau beobachtet, warnt vor deren Aktivitäten. "Die Gefahr, die von ihr ausgeht, ist in erster Linie darin zu sehen, dass durch diese Formation junge Leute im Geiste zum rechtsextremen Gedankengut verführt werden", erklärte Kriminalhauptkommissar Andreas Maringer. Straftaten wie Sachbeschädigungen und Schmierereien seien der Gruppe zuzurechnen, ergänzt sein Kollege Dirk Sander. Einzelne Mitglieder seien auch gewalttätig geworden.

Ziel der Gruppe sei es, so Sander, in der Öffentlichkeit bekannter zu werden. Die Rechtsextremen versuchen vor allem 16- bis 20-Jährige mit ihrem ausländerfeindlichen Gedankengut zu beeinflussen. Zur Zeit würden sie mit Aufklebern und Flyern vor allem in Steinheim für rechtsradikale Veranstaltungen werben. Sander rät, gegenüber den Rechten nicht wegzuschauen und mögliche Vorkommnisse in jedem Fall der Polizei zu melden.

Deshalb will Bürgermeister Franzke den Rechtsextremen keine Plattform bieten und lehnt eine öffentliche Debatte über die Angriffe ab. "Ich biete mehrmals im Monat eine Bürgersprechstunde an, in der jeder mit seinen Anliegen zu mir kommen kann - auch diese Menschen. Dann versuchen wir, Lösungen zu finden. Mit anonymen Vorwürfen werde ich mich nicht beschäftigen", erklärte Franzke gegenüber der Neuen Westfälischen. Bedroht fühlt er sich von den Rechten nach eigener Aussage nicht.

Fehlende Angebote

Nach Auffassung des Staatsschutzes Bielefeld werden die Bestrebungen der Rechtsextremen, ihr Gedankengut unter Jugendlichen zu verbreiten, durch die ländliche Struktur, mangelnde Freizeitangebote und fehlende berufliche Perspektiven begünstigt. Über erlebnisorientiertes Freizeitverhalten sollen sie an die rechte Ideologie herangeführt werden.

Bildunterschrift: Lehnt öffentliche Debatte ab: Steinheims Bürgermeister Joachim Franzke.
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Ergänzungen