Stadt Burgwedel ehrt SS-Männer

Lindener Butjer 26.10.2009 22:57 Themen: Antifa
Burgwedel ist eine Gemeinde mit ca. 22.000 EinwoherInnen ein paar Kilometer nordöstlich von Hannover die auch gerne Nazis ehrt. Die Kleinstadt ist neben dem Landkreis Harburg die reichste Gemeinde Norddeutschlands. Zu den illustren Bürgern gehört auch der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff. Der Rat der Stadt wird seit Jahrzehnten von der CDU mit absoluter Mehrheit regiert.
Seit gut zwei Jahren wird in der Großburgwedler Öffentlichkeit über ein Mahnmal für die im 2. Weltkrieg umgekommenen Großburgwedler Bürger gestritten. Nun wird am 15. November ein Mahnmal errichtet durch welches auch fünf SS - Männer und ein SD - Mann geehrt werden sollen. Anlass war das Bestreben der Großburgwedeler Soldatenkameradschaft ein „Ehrenmal“ für die im 2. Weltkrieg gefallenen und vermissten Großburgwedler Soldaten zu errichten. Federführend hierbei ist die "General-Wöhler Stiftung". Unterstützung findet sie hierbei bei dem Ortsbürgermeister, der selbst Vorstandsmitglied der ortsansässigen „General Wöhler Stiftung“ ist, die aus dem Erbe des 1948 in Nürnberg verurteilten Kriegsverbrecher Wöhler errichtet wurde.

64 Jahre nach Kriegsende offenbart die Diskussion in den Ratsgremien der Stadt Burgwedel die Weigerung der politisch Verantwortlichen sich damit auseinanderzusetzen, dass Großburgwedeler an Holocaust und deutschen Kriegsverbrechen beteiligt waren, dass in Großburgwedel selbst Säuglinge, den man ihren als Fremdarbeiter verschleppten Müttern genommen hatte, ums Leben kamen und auch jüdische Großburgwedeler Opfer des antisemitischen Mordgeschehens wurden. Stattdessen sollen SS-Angehörige, ohne auch nur nach individueller Verstrickung in Verbrechen zu forschen, zu Opfern erklärt werden, derer man zukünftig am Volkstrauertag offiziell gedenken will.

Am Beispiel wird die deutsche Kontinuität der Nichtbewältigung sichtbar. Deutsche Täter sollen mal wieder zu Opfern gemacht werden, während der industriell organisierte Massenmord an Millionen von Menschen einfach ausgeblendet wird.

Die Diskussion über ein „Ehrenmahl für Soldaten aller Waffengattungen“ führte zu Nachforschungen über die NS-Geschichte am Ort. Eine von der Verwaltung der Stadt und SPD initiierte Spurensuche einer SchülerInnen-Geschichts-AG des örtlichen Gymnasiums brachte in Großburgwedel selbst geschehene NS- Gewaltverbrechen zu Tage:
In einem „Fremdvölkischen Kinderpflegeheim“, dass sich in Großburgwedel (einem Ortsteil der Stadt Burgwedel) direkt hinter der Kirche in der Ortsmitte befand, wurden 28 polnische Säuglinge ermordet. Die Kinder waren ihren Müttern, polnischen Zwangsarbeiterinnen, kurz nach der Geburt weggenommen worden und starben nach Erkenntnissen des Historikers Dr. Reiter an Unterernährung und Vernachlässigung.
Weiterhin existierte am Ort eine Behinderteneinrichtung in die von den NS-Behörden über sechzig Behinderte eingewiesen wurden. Es konnte bisher nicht genau festgestellt werden, wie viele von ihnen tatsächlich der Euthanasie zum Opfer gefallen sind. In dieser Einrichtung wurden außerdem zeitweise vier Sintis untergebracht, die später in der Todesliste des Vernichtungslager Auschwitz als Opfer auftauchten. Bei einer weiteren Sintiza, Anna Adler, ist der Geburtsort Großburgwedel in der Opferliste in Auschwitz verzeichnet.
Der jüdische Arzt Dr. Albert David beging Selbstmord, als die Gestapo vor seiner Tür erschien, und ihn abzuholen. Eine ehemalige jüdische Großburgwedlerin erscheint auf der Todesliste von Theresienstadt ihre Tochter in Auschwitz. Bei beiden Personen ist als Geburtsort Großburgwedel aufgeführt, sie gehörten zu einer Familie, die seit 1795 in Großburgwedel ansässig war.

Die Perversion der konstruierten deutschen Volksgemeinschaft, die längst bittere Realität ist wird in der Auseinandersetzung um das Mahnmal für die "deutschen Opfer" sichtbar. Die polnischen Säuglingen sollten einer nach Entscheidung der Ortsratsmehrheit zunächst auf eine Extrastele in eine Friedhofsecke gesetzt werden, nicht aber auf dem eigentlichen Mahnmal gemeinsam mit den deutschen Opfern. Der evangelische Pastor und der katholische Pfarrer erklärten hierzu gemeinsam: „Die deutschen Opfer sind uns näher, die anderen dürfen nicht vergessen werden."

Alle von den Burgwedeler SchülerInnenn ermittelten Opfer erfüllten, zwar die vom Ortsrat zuvor vereinbarten Kriterien, scheiterten aber an den von der CDU und FDP dominierten Mehrheitsverhältnissen. Daher beschloss der Ortsrat Großburgwedels am 24.08.2009 mit großer Mehrheit, keine Sinti- und Euthanasieopfer auf dem geplanten „Mahnmal für die Opfer von Krieg und nationalsozialistischer Gewaltherrschaft von 1933-1945“ aufzunehmen, das am Volkstrauertag Mitte November auf dem Großburgwedler Friedhof feierlich eingeweiht werden soll. Nachforschungen bei der Wehrmachtsauskunftsstelle (WAST) in Berlin haben ergeben, dass unter den Soldaten, die auf der Gedenktafel geehrt werden sollen, mindestens fünf SS-Angehörige sind, ohne das eine individuelle Überprüfung hinsichtlich ihrer Verwicklung in Kriegsverbrechen vorgesehen ist. Bei einer weiteren Person handelt es sich um ein Mitglied des SD „Sicherheitsdienstes“, der unmittelbar für die Organisation des Holocaust verantwortlich war.

So zeigt das Ergebnis einer zweieinhalbjährigen Debatte über die Errichtung einer örtlichen Gedenkstätte für die Gefallenen des Ortes, für die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft zwischen 1933 und 45 sowie für die Opfer von Flucht und Vertreibung wie die Uhren in Burgwedel ticken. Schon vor Monaten hatte sich die Ortsratsmehrheit geweigert, einer bewussten Geste der Versöhnung zuzustimmen und die beiden am 30.Oktober 1943 über Großburgwedel abgeschossenen britischen Piloten auf die Gedenktafel der militärischen Opfer dieses Ortes aufzunehmen. Auch 64 Jahre nach Kriegsende scheint sich in den Köpfen der politisch Verantwortlichen nichts grundlegend geändert zu haben!

Es ist an der Zeit diesem rechtsoffenen Treiben der Burgwedeler Spießgesellschaft ein Ende zu bereiten. Deutsche Täter sind keine Opfer! Nieder mit dem Denkmal für Nazis! Kommt am 15.11.09 zum Großburgwedeler Friedhof! Kein vergeben-kein vergessen!

Bitte leitet diese Informationen weiter! Beschwert euch bei der Stadt Bugwedel, hier die Nummer des Bürgertelefons: 05139-8973500 oder 05139-8973313 (e-mail wird angezeigt)

mehr Infos zu General Wöhler:  http://de.wikipedia.org/wiki/Otto_W%C3%B6hler
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

interessierte

interessierte 27.10.2009 - 01:22
Gibt's dazu ne ausführliche Dokumentation? Presse? Internetseite? Kontaktadresse - würde mich interessieren, bitte posten!

Gedenktafel für Briten

Zappa 27.10.2009 - 12:33
Gehörte Norddeutschland nicht zur "Britischen Zone"? Demnach sollte es doch dort eine britische Kaserne gegeben haben? Falls dem so ist, sollte sich doch dort auch eine Gedenktafel finden. Falls es die Kaserne gab, und dort keine Gedenktafel von den Briten selber angebracht wurde....

britische zone?

Es wurde keinE AutorIn angegeben! 27.10.2009 - 14:03
britische zone?

ich sehe hier in hamburg nur nazi-scheiße, aber nix von irgendwelchen alliierten. das einzigste, was ICH an "erinnerung" an die alliierten habe ist das, was meine oma mir erzählt hat und was natürlich den medien von buch über internet bis fernsehen zu entnehmen ist. aber ein denkmal für gefallene britische soldaten oder us-amerikaner, franzosen, sowjets und andere menschen suche ich hier vergebens. es gibt nur diese scheiß 2 dinger, die man jede woche mindestens einmal zu gesicht bekommt. aufm rathausmarkt für die toten des 1.wk und dann dieses soldatendenkmal am grindel. von bismark bei den landungsbrücken und dem anderen gewichse mal ganz zu schweigen. und in bremen gibts da diese hässlichen luftschutzbunker um den bürgerpark zu betrachten, wo jetzt gartengeräte drinne sind. die konnte man nicht sprengen, zu hart - aber so hässlich wie sie sind haben sie wenigstens einen mahnenden charakter.

klasse ist ja auch diese figur in sankt georg vorm hinz und kunzt gebäude.

Weiterführende Infos

Lindener Butjer 27.10.2009 - 15:06
Gibt es z.B. hier:  http://de.wikipedia.org/wiki/Prozess_Oberkommando_der_Wehrmacht

Sehr zu empfehlen ist das Buch von Jörg Friedrich: Das Gesetz des Krieges. Das deutsche Heer in Rußland 1941 – 1945. Der Prozeß gegen das Oberkommando der Wehrmacht. München 1993, ISBN 3-492-03116-1

Da sind zum Teil Auszüge aus Protokollen. Der genannte General Wöhler z.B. sprach nie von Juden, sondern immer von "Kreaturen". Auch die mörderische Vorgehensweise der Einsatzgruppen in Südosteuropa wird dort beschrieben. General Wöhler hat bewisenermaßen 120 Uhren von so genannten "umgesiedelten Juden" persönlich in Empfang genommen. Ein kleines Ergebnis der systematischen Ausplünderung ganzer Landstriche...

Ein Hinweis zu den Aufdeckenden

ß 27.10.2009 - 18:42
Ist vielleicht sinnvoll, mal darauf hinzuweisen, was den Anstoß zum hier dokumentierten Text gegeben hat - da gibt es sicherlich auch noch mehr Hintergrundinfos. Die Deutsch-Israelische Gesellschaft Hannover hat dazu eine Pressemitteilung verabschiedet, deren Inhalt sich teilweise wortgleich auch im hiesigen Text wiederfindet.
Auch der DGB (Region Hannover) ist mittlerweile mit dem Thema befasst, was für die weitere politische Arbeit ja von Interesse sein könnte.
In Burgwedel mal ein bißchen Unruhe zu stiften, ist höchste Zeit! In der CDU- und FDP-Hochburg wohnt ja wie erwähnt auch Christian Wulff, der ja nach seinem skandalösen Ausrutscher in einer N24-Sendung bei Moderator Friedmann Kreide gefressen zu haben schien. Dürfte ihm alles sehr unangenehm werden...

Ratsbeschluss der Stadt Burgwedel

Wedemark 27.10.2009 - 19:48
Sachverhalt/Begründung:

Um das geplante Mahnmal noch rechtzeitig zum Volkstrauertag 2009 fertig stellen zu können, sind nunmehr Entscheidungen über folgende Punkte zu treffen:

1. Beschluss über die Anordnung des Mahnmals
Hierzu hat der Ortsbürgermeister mit Schreiben vom 20.07.2009 eine Skizze eingereicht, über die zu entscheiden ist.

2. Festlegung der Namen auf dem Mahnmal

a) Militärangehörige
Die zwölf von der Bevölkerung Großburgwedels genannten zusätzlichen Militärangehörigen befanden sich bereits auf der Liste, die der Ortsrat in der Sitzung vom 11.05.2009 und der Verwaltungsausschuss in seiner darauffolgenden Sitzung beschlossen hat. Der Ortsbürgermeister hat lediglich zur Sicherheit diese Namen noch einmal durch die WAST im Hinblick auf die angegebenen Daten bestätigen lassen. Diese Bestätigung ist hier am 05. August 2009 eingegangen. In einem Fall führten die Ermittlungen zu keinem Ergebnis, in weiteren vier Fällen steht das Ergebnis noch aus und wird in der Sitzung mündlich vorgetragen.

b) Im Hinblick auf die jüdischen Opfer hat der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Hannovers, Herr Fürst, trotz ausdrücklicher Anerkennung der Bemühungen des Ortsrates Großburgwedel darum gebeten, von einer Nennung der jüdischen Opfer abzusehen. Auch wenn es keinerlei Anhaltspunkte für eine Verstrickung von Militärangehörigen trotz intensiver Recherche der Verwaltung im Hinblick auf Verbrechen gegen die Menschlichkeit gibt, bittet die jüdische Gemeinde, diese Entscheidung zu respektieren (Anlage). Die Verwaltung empfiehlt daher, die Großburgwedeler Opfer jüdischen Glaubens nicht mit auf das Mahnmal zu nehmen.

c) Im Hinblick auf die Nennung dreier Sinti-Kinder, die kurzzeitig in der Pestalozzistiftung untergebracht waren und nach weiteren Stationen ca. drei Jahre später ermordet worden, liegt ein Antrag auf Aufnahme des Ortsratsherrn Gutte vom 21.07.2009 vor.
Es wird darauf hingewiesen, dass der Ortsrat Großburgwedel in seiner Sitzung vom 11.05.2009 und darauffolgend ebenfalls der Verwaltungsausschuss aufgrund der nur kurzen Verweildauer in Burgwedel (6 Monate) beschlossen hat, von einer namentlichen Nennung abzusehen. Sollte der Ortsrat nunmehr anders entscheiden, wäre eine erneute Befassung des Verwaltungsausschusses notwendig.

3. Anträge des Ortsbürgermeisters und des Ortsratsherrn Gutte im Hinblick auf weitere Gedenksprüche

a) Antrag des Ortsbürgermeisters vom 29.04.2009
Nachdem vom Volksbund kurzzeitig 60 Namen von Kindern aus den Aufnahmebüchern der Pestalozzi-Stiftung genannt worden waren, deren weiteres Schicksal ungeklärt war, fand daraufhin auf Bitten des Ortrates ein Gespäch zwischen Ortbürgermeister und Bürgermeister mit dem Vorstand der Pestalozzistiftung statt. Dieser hat einen Historiker mit weiteren Recherchen beauftragt, in denen sich jedoch kein einziges späteres Opfer nachweisen ließ. Deshalb sieht die Pestalozzi-Stiftung keine Notwendigkeit, dass ihr Name auf dem Mahnmal im Rahmen eines Gedenkspruches erscheint.

b) Antrag des Ortsratsherrn Gutte vom 17.07.2009, den Sinti und den Opfern der Euthanasie gesondert zu gedenken.
Die Verwaltung empfiehlt hier Ablehnung, da bereits ein allgemeiner Gedenkspruch erarbeitet worden ist, in dem alle Opfergruppen sich wiederfinden.

4. Reihenfolge der militärischen Opfer auf dem Gedenkstein „Tor der Erinnerung“
Es wird empfohlen, ohne Nennung von Dienstgraden die Militärangehörigen in alphabetischer Reihenfolge aufzuführen.

5. Reihenfolge der zivilen Opfer auf der Gedenkstele „Haus der Erinnerung“
Es wird empfohlen, alle Opfer in alphabetischer Reihenfolge ohne Nennung von Über- schriften zu nennen. Es ist überlegenswert, die polnischen Säuglinge nach einem kleinen Absatz gesondert aufzuführen, um so noch stärker auf ihren gemeinsamen Leidensweg hinweisen zu können.

6. Antrag des Ortsratsmitgliedes Gutte vom 15.07.2009, die beiden Schülergruppen des
Gymnasiums Großburgwedel an der Einweihung des Mahnmals zu beteiligen. yx