300 auf Freiraumdemo in Wittenberg

Squat Wittenberg 21.09.2009 13:48 Themen: Antifa Freiräume
NPD-Direktkandidat Thomas Lindemann und seine Adjutanten: Bombenbauer und Gewalttäter „gegen Linke Gewalt“ ausgelacht – wenig später ziehen mehr als zehnmal so viele Teilnehmer_Innen auf linker Freiraumdemo friedlich aber stimmungsgeladen durch Wittenberg
NPD-Direktkandidat Thomas Lindemann und seine Adjutanten: Bombenbauer und Gewalttäter „gegen Linke Gewalt“ ausgelacht – wenig später ziehen mehr als zehnmal so viele Teilnehmer_Innen auf linker Freiraumdemo friedlich aber stimmungsgeladen durch Wittenberg

Der NPD Kreisverband Wittenberg hatte für gestern 9.00 bis 14.00 Uhr einen „Infostand“ unter dem Motto „Weltkulturerbestadt schützen – linke Gewalt beenden – Sozial geht nur National“ für etwa 50 Teilnehmer angemeldet. So fanden sich natürlich mehrere junge Antifaschisten gegen 9.00 Uhr in der Innenstadt ein und warteten. Als gegen 9.30 Uhr immer noch niemand von der „Nationalen Opposition“ zu sehen war, dachte mensch sich schon fast, dass sich NPD und Gefolge wie am 1. Mai 2008 in Wittenberg gar nicht erst sehen lassen werden. Doch gegen 9.45 Uhr wurden nun doch plötzlich etwa 25 Neonazis mit NPD Wahlplakaten auf den Markt „marschierend“ gesichtet. Witzig anzuschauen war wie Carola Holz (ehem. NPD-Landesvorsitzende Sachsen-Anhalts) ihre doch noch sehr müden Kameraden zur Haltung und Formation bewegte und jedem von ihnen seinen Platz zuwies. Nun stellten sich also die 25 Pappnasen in Reih und Glied auf, um ihr Kundgebung gegen Linke Gewalt abzuhalten, an einem Redebeitrag ist anscheinend gar nicht zu denken gewesen von Seiten der Neonazipartei. Bei Kompetenzproblemen müssen halt Prioritäten gesetzt werden. Direktkandidat Thomas Lindemann und Herr Wessel schnappten sich dann lieber ein Paar NPD-Zeitungen, um zu versuchen sie an Passanten zu verteilen. Die Betonung liegt hierbei auf „versuchen“. Von den in mehreren Stunden verteilten drei Zeitungen landeten zwei in den Müllsäcken die extra von NPD-Gegnern für die Nazipropaganda mitgebracht worden sind.

Herr Lindemann hat es nicht einmal auf die Reihe bekommen, „Erstwähler“ aufzuklären, was die NPD denn überhaupt erreichen will. Eine ziemlich peinliche Vorstellung, die die NPD an diesem Tag in Wittenberg wieder abgeliefert hat.

Spaßig anzuschauen war auch, dass Touristengruppen in gänzlicher Ignoranz den Nazis gegenüber direkt durch die „Kundgebung“ gelaufen sind. Belustigt anzuschauen waren auch, Bürger die auf Fahrrädern, die im Vorbeifahren die Wahlplakate umgetreten haben. Aber da es ja einen Laufburschen für solche „Zwischenfälle“ gab war das alles nicht so schlimm aus Sicht des NPD-Kreisverbandes Wittenberg. Leider bekam dann doch noch ein couragierter Bürger, eine Strafanzeige wegen mutmaßlicher Sachbeschädigung.

Lindemann wagte es ernsthaft umstehende Antifaschisten anzupöbeln, dass sie Gewalttäter wären, und man sich nicht an Gesetze halten würde. Selbst jedoch hatte er bei etwa 21 Grad schwarze Lederhandschuhe in seiner Hosentasche, und von den 25 Anwesenden, die an seiner Kundgebung teilnahmen hatten etwa dreiviertel ihr Kleidung oder Körperteile abkleben müssen weil diese Verfassungswidrige Symboliken vorwiesen. Für uns sah es nicht so aus, als wenn man sich da an geltende Gesetze hält. Dann auch noch der unter dem Synonym bekannten „Bombenbauer von Wittenberg“ (Andreas Mattheus), welcher 1994 vor hatte eine PDS-Veranstaltung in die Luft zu jagen, die Partei-Fahne tragen zu lassen, ist schon ziemlich widersprüchlich.

Eine dreiviertel Stunde vor Ende der Veranstaltung kamen dann noch ein paar Kameraden zur Unterstützung, unter anderem Henry Behr aus Gräfenhainichen.
Dieser wurde aber kurzerhand sofort von Einsatzkräften der Polizei einkassiert um zu überprüfen was er alles hätte abkleben müssen. So stand er schon mit abgeklebten Hals – und T-Shirt vor den Beamten, was aber scheinbar den Auflagen nach noch nicht genügt haben soll. Nach etwa einer viertel Stunde verließ Behr den Veranstaltungsort mit seinen extra zur Unterstützung angereisten Kameraden. Ihm blieb die Unterstützung der Parteirecken um Bundestagskandidaten Lindemann versagt.

Gegen 13.00 Uhr erklärte Lindemann seine Kundgebung dann für beendet, und die Pappnasen wurden von etwa 30 Antifaschisten und einem Aufgebot der Polizei zum Bahnhof begleitet. Nunja am Bahnhof angekommen, wurde man von den Beamten aufgehalten, damit eine sichere Abreise für die Neonazis gewährleistet ist.

Nun war freie Fahrt für die Freiraumdemo, gegen 14.30 Uhr versammelten sich die ersten Antifas, Linken, Alternativen und andere Unterstützer_Innen am Hauptbahnhof. Nachdem auf mehrere Züge gewartet wurde, ging es gegen 16.00 Uhr los.

Erfreulich war, dass die Demo mit etwa 300 Teilnehmern von Anfang an lautstark und entschlossen auftrat. Da auch die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Ost gleich vor Beginn selbst die ersten Auflagen brach, indem sie entgegen der schriftlichen Verordnung und vorheriger Absprachen die Personalien aller Ordner_Innen schriftlich protokollierte, sprach nichts dagegen, den Verstoß der Polizei von unserer Seite her gegenzurechnen. Somit wurden wohl die Seitentransparente zu Beginn gleich erst einmal verknotet, um sich vor eventuellen Übergriffen zu schützen.

Als die Demo an der Ecke Annendorfer Straße, Kreuzstraße ankam, erblickte man ca. 6- 7 Möchtegern-Ghetto-Nazis. Anstatt dass die Cops die Gruppe schon im Vorfeld vertreiben, ließen sie sie da stehen und warteten was passiert. Ein Teil der Demo war natürlich „not amused“ über die Neonazis und versuchte sich diesen kritisch zu widmen. Die Cops machten aber sofort dicht und schickten die Leute zurück. Für die Veranstalter kam es so rüber als versuche man die Demo zu provozieren damit man die Jugendlichen, die sich seit einiger Zeit für ein Autonomes Zentrum in Wittenberg einsetzen zu kriminalisieren. Dennoch sammelte sich die Demo ziemlich schnell wieder und lief weiter, wo es an der nächsten Querstraße die erste Kundgebung gab. Dort wurde ein Redebeitrag von der „Soligruppe für Alex und Christoph“ aus Berlin und ein Redebeitrag von dem Alternativen Bündnis Sachsen Anhalt Süd über die Situation vor Ort verlesen.

Als die Demo, die Berliner Straße entlang lief, gab es noch ein paar Spaßaktionen, so zählten die Demoteilnehmer einen Countdown runter und setzten sich im Anschluss einfach hin. Die Beamten der Einsatzhundertschaft welche die Demo begleiteten waren sichtlich verwirrt, so zogen sie bei „Eins“ ihren Knüppel, welchen sie aber rasch wieder wegstecken konnten.

Auf dem Markt gab es dann die nächste Zwischenkundgebung, wo auf die Situation in Wittenberg aufmerksam gemacht wurde, auch kam man mit manchen interessierten Bürgern ins Gespräch, die sich zum Teil solidarisch mit dem Vorhaben aussprachen, auch wenn sie meinten, das man nicht immer in schwarzen Sachen rumlaufen solle, weil man damit Bürger verschreckt. Vom Markt ging es dann auf der Collegienstraße Richtung Bahnhof zurück. Am Bahnhof angekommen, wurde die Demonstration aufgelöst, und sich bei allen Teilnehmern für die Teilnahme und die Solidarität bedankt.Erhobene Vorwürfe gegen Polizeibeamte, dass diese rechtlich nicht zulässige Ausrüstung im Einsatz mit sich führen würden, wurde seitens der Polizeidirektion hingegen nicht angemessen verfolgt. So wurde mutmaßliche Handschuhe mit unerlaubten Protektoren (Quarzsand- oder Stahlschrot-Füllung) eines Polizeibeamten nicht konkret überprüft, um dem Sachverhalt auf den Grund zu gehen. Vielmehr verwehrten sich Einsatzbeamte vehement, fast ausfallend dagegen, ihre Ausrüstung auf Anregung von DemonstrationsteilnehmerInnen hin vorzeigen zu müssen.

Im Laufe der Abreise kam es am Bahnsteig dann noch zu kleinen Zwischenfällen mit auf Rückreise befindlichen „Vorwärts Dessau“-Fans, unter denen teils Neonazis aktiv sind. Neben „Wir sind die berühmte ASG!“ und anderen „ASG Vorwärts Dessau“-Fangesängen kamen aus der Gruppe von Fans und Mitgliedern des Fußballvereins auch unmissverständliche Neonaziparolen wie: „Hier marschiert der nationalen Widerstand!“, „Hey was geht ab – wir hassen das Zeckenpack!“ oder auch „Frei – Sozial – National!“. Die Polizei war natürlich zur Stelle damit es zu keinen Ausschreitungen kommt, dabei wurde vereinzelt handgreiflich gegen Nazigegner vorgegangen.

Am Hauptbahnhof in Dessau wurden dann noch mehrere alternative Jugendliche von der selben Gruppe „Vorwärts Dessau“-Fans versucht anzugreifen. Die herumstehenden Beamten welche mit mehreren Einsatzwagen vor Ort waren sollen dabei nicht eingegriffen haben. Auch verwunderlich, aber doch bezeichnend für die hiesige Polizei, ist, dass die im Zug mitgereisten Beamten keine ausreichenden Maßnahmen zur Verhinderung des versuchten Angriffes getroffen haben. Mehr ist zur Zeit dazu allerdings nicht bekannt.

Noch einmal vielen Dank an alle die uns an diesem Tage unterstützt haben. Und freut euch auf weitere Aktionen in Wittenberg.

Bilder Findet ihr demnächst hier:  http://squatwittenberg.tk
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Ergänzungen

Weitere Bilder

... 21.09.2009 - 23:32
...auf Flickr:

 http://www.flickr.com/photos/35403562@N07/sets/72157613814848947/

Neue Uploads bitte ergänzen!

Bericht & Bilder...

... 22.09.2009 - 19:36
Ein Bericht und Bilder auch auf:

 http://antifaburg.blogsport.de/2009/09/22/179/

dessau!

AAD 23.09.2009 - 13:25
Dessauer Jugendliche waren wohl in Wittenberg! wir waren eine gruppe von gut 15 leuten! Am HBF in dessau sind lediglich 4 jugendliche von vorwärts hooligans belästigt worden. zu einem angriff kam es nicht da eingesetzte beamten die hools abdrangen!!!

auch

auch 23.09.2009 - 14:33
Die Gruppen die 19:11Uhr Richtung Dessau fahren wollten,durften wegen den Nazi-Hools erst 20:11Uhr fahren,die Nazi-Hool Gruppe ist also vor den Antifaschisten in Dessau gewesen.
Die Unterstützer aus Dessau konnten also erst 20:11 Uhr fahren.
Es waren Unterstützer aus Dessau in Wittenberg,aber darauf kommt es bei dieser Geschichte doch garnicht an.
Die Jugendlichen ,"die nicht in Wittenberg waren", am Bahnhof, haben dort friedlich beieinander gesessen und wurden von den Nazi-Hools,die dort gegen 19:40Uhr ankamen, angegriffen.

"Am HBF in dessau sind lediglich 4 jugendliche von vorwärts hooligans belästigt worden. zu einem angriff kam es nicht da eingesetzte beamten die hools abdrangen!!!"

Diese peinliche Rumlaberei sollte eine Ende nehmen!
Dadurch wird ein ernstzunehmender Angriff auf Linke heruntergespielt und die Linken als Lügner diffamiert .

03.10.Naziaufmarsch Bitterfeld verhindern!

A-Town Antifascist 25.09.2009 - 12:55

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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alles klar — hamburger

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Dessau- — Wittenberg

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guter bulle — böser bulle