FdV Pößneck - Chronologie

Franz Teppich 14.09.2009 15:18
Am 12. September protestierten in Pößneck knapp 1000 Menschen mit unterschiedlichsten Aktionsformen gegen das rechtsextreme Fest der Völker. Eine kleine Chronologie der Ereignisse des Tages, im wesentlichen aus Sicht der Blockadefinger. Nachbereitungstreffen heute um 19.00 Uhr am Glashaus im Jenaer Paradies.
7.00 Uhr Ca. 100 Leute am Jneaer Paradiesbahnhof nehmen um 7.25 Uhr Zug nach Pößneck

8.00 Uhr Ca. 450 Leute am Paradiesbahnhof. 8.28 Uhr Zug fällt aus wegen Bombendrohung. 50 Leute nutzen den Bus des DGB nach Pößneck

8.30 Uhr Demostart in Pößneck am Unteren Bahnhof 200-300 Leute. Personenkontrollen.

9.00 Uhr Der grüne Finger aus Weimar stößt mit 50 Leuten in Jena am Paradiesbahnhof dazu.

9.40 Uhr Demo kommt am Schützenhaus an. Neonazi Andre Kapke erleidet Steinschlag.

9.40 Uhr 450 Leute fahren vom Paradiesbahnhof mit Strassenbahnen zum Bahnhof Göschwitz.

9.50 Uhr 100 Antifas laufen lautstark durch die Innenstadt von Pößneck. Keine Polizeibegleitung.

10.00 Uhr Erster Blockadeversuch in der Poststrasse/Strasse des Friedens. Polizei löst auf.

10.05 Uhr Der DGB-Bus aus Jena trifft am Oberen Bahnhof ein und trifft auf den IG-Metall-Bus aus Halle an der Geschwister-Scholl-Strasse/Ecke Raniser Strasse. Bildung eines gemeinsamen IG-Metall-Fingers

10.10 Uhr 50 Leute werden in Göschwitz von einem DGB-Bus abgeholt.

10.20 Uhr Geschwister-Scholl-Strasse/Ecke Raniser Strasse wird durch IG-Metall-Finger blockiert.

10.30 Uhr Zug aus Göschwitz nach Pößneck mit 400 Leuten.

11.16 Uhr Zug aus Göschwitz kommt in Pößneck an. Personenkontrollen.

11.30 Uhr Zwei Finger (Orange und Weiß) gehen vom Unteren Bahnhof los und schlagen mit jeweils gut 200 Personen unterschiedliche Wege ein. Weiß bewegt sich Richtung Süden Orange in Richtung Westen.

11.35 Uhr Der weiße Finger dreht um, als er von der Polizei davon abgehalten wird, auf den Mittelweg in Richtung Süden zu gelangen. Der Finger dreht um und durchfließt 50 m weiter Polizei in Richtung Bodelwitzer Weg.

11.35-11.55 Uhr Der weiße Finger freut sich über den Erfolg. Die Stimmung ist prächtig. In raschem Tempo durchquert der Finger den Bodelwitzer Weg, passiert völlig unbehelligt die Bahnunterführung und schlägt seinen Weg Richtung Schützenhaus ein.

11.50 Uhr Der Orange Finger läuft vergnügt und zügig auf der Bundesstrasse. Die Polizei versucht vergeblich, den Finger zu stoppen.

11.55 Uhr Orange durchfließt eine dünne Polizeikette in der Straße des Friedens, eilt über einen Hinterhofdurchgang auf die Bahnhofstrasse und beginnt eine Sitzblockade. 20 BFEler stürmen heran und versuchen, die ersten Leute von der Strasse zu zerren, brechen aber ab, als es anderen Polizeieinheiten nicht gelingt, den stetigen Zustrom zu unterbinden.

11.50 Uhr Der weiße Finger ist auf der Friedrich-Engels-Straße. Die Thüringer Bereitschaftspolizei baut eine Doppelreihe auf, um ein Fortkommen zu verhindern. Beim Versuch des Durchfließens kommt es zum Pfeffersprayeinsatz gegen drei Personen, darunter zwei Schüler.

11.55 Uhr Nichts passiert – die Demosanis kümmern sich, die Lage beruhigt sich. Da der weiße Finger sowieso stoppt, wird beschlossen, sich hinzusetzen. Eine erste Sitzblockade ist errichtet nahe der Kreuzung zum Werneburger Weg.

12.00 Uhr Durch den WAP-Ticker informiert, strömen immer mehr Leute zur orangen Blockade.

12-13 Uhr Der weiße Finger verhandelt intensiv mit der Polizei. Wir erklären immer wieder: Wir sind friedlich, aber wir werden uns den Nazis in den Weg setzen. Blockadenachrichten von anderen Fingern werden freudig aufgenommen.

12.10 Uhr Polizei zieht sich von der orangen Blockade in Höhe der Bahnhofstrasse 13 zurück.

12.30 Uhr 30 Nazis sammeln sich 100 m nördlich der orangen Blockade.

12.35 Uhr orangefarbener Finger gruppiert sich auf der gesamten Strassenbreite, bildet Ketten und kündigt an, nicht freiwillig zu gehen.

12.45 Uhr Die 30 Nazis werden zurück zum Aldi-Parkplatz geführt.

13.00 Uhr Die weiße Blockade sitzt inzwischen im Kessel. Der weiße Finger will trotzdem Richtung Schützenhaus weiter – darf das auch, aber: Setzt sich schon nach 20 m wieder – jetzt ist zumindest die Brücke an der Friedrich-Engels-Straße komplett dicht – hier kommt kein Nazi mehr durch.

13.20 Uhr Widersprüchliche Meldungen kursieren: Polizei schickt Nazis zurück, da Schützenhaus total blockiert/Polizei schickt Nazis über Ranis/Polizei hält letzten Weg über Kleingartenanlage-Bahnhofsgelände offen.

13.00 Uhr Auf der Kreuzung Bahnhofstrasse/Wilhelm-Külz-Strasse sammeln sich 50 Antifas.

13.45 Uhr Ein Flugzeug mit „Nazis raus aus der Stadt“ kreist über Pößneck. Willkommene Abwechslung und Grund zum Jubeln für den weißen Finger. Die Blockade ist in friedlicher Stimmung. Lieder werden gesungen, Luftballons, Snacks und Wasser gehen durch die Reihen. Zwischendurch immer wieder Deliplena. Auch die Polizisten können wieder lächeln, nur bei der Suche nach der kleinen Charlotte werden sie wohl nicht mehr helfen.

13.50 Uhr 5 Autos mit Nazis fahren ohne Polizeibegleitung durch die Poststrasse über die Kreuzung Bahnhofstrasse in die Wilhelm-Külz-Strasse und werden von Antifas angegriffen.

14.00 Uhr Delegiertenplenum des orangefarbenen Fingers. Diskussion über Verlegung.

14.10 Uhr Der Orange Finger verlagert seinen Blockadepunkt auf die Kreuzung Bahnhofstrasse/Wilhelm-Külz-Strasse. Der Blockadekonsens des Netzwerks (keine Gewalt, keine freiwillige Räumung, keine Entsolidarisierung) wird per Megaphon erläutert und um Respektierung gebeten.

14.15 Uhr Delegiertenplenum des IGM-Fingers.

14.20 Uhr Ein Teil des IGM-Fingers startet über die Bahnhofstrasse in Richtung Oberer Bahnhof, um einen der letzten Zugänge dicht zu machen. Nach 200 m werden sie von einem massiven Polizeiaufgebot gestoppt.

14. Uhr Die Sambagruppe kommt von der Meile der Demokratie mit auf die Kreuzung Bahnhofstrasse/Wilhelm-Külz-Strasse. Fast 500 Menschen unterschiedlichster politischer Spektren blockieren mit einer gewaltfreien Sitzblockade die Kreuzung.

14.45 Uhr Da es unmöglich ist, die Blockade wegen grundlegender menschlicher Bedürfnisse aufrecht zu erhalten, beschließt das Deli-Plenum einen freiwilligen Abzug. Kontakt zur Polizei wird wieder aufgenommen, die ist etwas misstrauisch, willigt aber schließlich ein.

15.05 Uhr Der weiße Finger geht geschlossen und guten Mutes den Weg Richtung Unterer Bahnhof. Solidarität wird praktisch umgesetzt: Wir gehen nicht ohne eine Gruppe Antifas, die durch die Polizei festgehalten wurde.

15.15 Uhr an der Kreuzung zur Meile der Demokratie löst sich der weiße Finger auf.

15.30 Uhr Demo zur Gefangenensammelstelle wird vom orangenen Finger angemeldet. Versammlungsbehörde verwehrt den Zugang. Gemeinsame Demo bis zur Meile der Demokratie.

15.45 Uhr Blockaden werden beendet. 500 Leute mit IGM-Lautsprecherwagen auf der lautstarken Demo zur Meile der Demokratie.

16.30 Uhr Abschluss auf der Meile der Demokratie.

17.20 Uhr Alle aus der Gefangenensammelstelle entlassen.

17.48 Uhr Rückfahrt nach Jena.
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Ergänzungen

Zur Wirksamkeit der Aktionsformen

hotzenplotz 14.09.2009 - 17:09
nach den Diskussionen hier auf Indy, besonders unter dem Bericht: "Scheiß auf Pößneck und Alibidemokraten" ( http://de.indymedia.org/2009/09/260589.shtml)scheint ein ganz schönes Frustpotential unter den An- und Hingereisten vorhanden zu sein.

Meiner subjektiven Meinung nach (war selbst Teil der Blockadeaktionen), wärs wirklich an der Zeit über Aktionsform, Außenwirkung, Radius und Wirkung von bisherigen Antifa-Aktionen nachzudenken. Mal abgesehen davon, dass "Otto-Normalbürger" sich gern vom Äußeren auftreten abschrecken lässt (Vgl.: die Kommentare von Meile-Vertretern), verstehe ich nicht ganz, wo denn konkret in Pößneck Diskussionen um den Rassissmus in der Mitte losgetreten bzw. weitergeführt wurden. Das war immerhin Ziel (Vgl.: Aufruf) und Grund der Distanzierung von quasi "bürgerlichen" Konzepten (sprich den von Jena ausgehenden Blockaden).

Eine weitere Schwäche der Pößneckaktion war auch das Fehlen von bundesweitem Mobilisierungspotential. Mit nur rund 200 Antifas vor Ort läßt sich wahrscheinlich nicht viel anfangen (BFEs konzentrieren sich drauf, kaum dezentrale Aktionen möglich). Immerhin war für die frühe Uhrzeit noch ein extra Wagon gebucht - Platz gewesen wäre somit genug für eine größere Gruppe. Das wie es auf Indy wieder durchscheint, die Aktiven alle vorrangig nach Hamburg (100 Nasen) oder Hannover (300 Rassisten) gefahren sind, leuchtet mir nicht ganz ein, immerhin war im Vorfeld klar, dass rd. 1000 Nazis aus ganz Europa in die Thüringer Provinz mobil machten. War das in den städtischen Gruppen nicht angekommen? (Gerade nach Gera im Juli: über 4000 Nazis). Wird die Provinz mit Absicht links (oder besser rechts) liegen gelassen.

Warum über ein abgestimmtes Blockadekonzept nachdenken?

Bester Beweis ist wohl die Aussage des Nazi-Tickers gegen Mittag: "Die Polizei ist mittlerweile dazu übergegangen, anreisende Teilnehmer abzuweisen, mit der Begründung es wären überall Blockaden." - Auch wenn man der Polizei damit sozusagen Schützenhilfe zugestehen muss - damit wurden effektiv Leute an Anreise, Vernetzung, Selbststilisierung und Propaganda gehindert. Zudem gab es mindestens drei verschiedene Blockadefinger - damit wurden Zufahrten dichtgemacht, Polizeikräfte gebunden und mehr getan, als nur den Lippenbekenntnissen der Politiker zu lauschen. Über die Wirkung der Antifa-Blockade kann ich mir kein Urteil erlauben - Vielleicht kann ja jemand ergänzen?

Was bleibt?

Erst mal: Solidarität ist gefordert? Warum wird sich so wehement gegen zivilgesellschaftliches Vorgehen gewehrt? Weder sind Blockaden mit der Polizei ausgekaspert, noch ist es ein reines fröhliches Hinsetzen was von den Blockierenden durchgeführt wird (es gab auch genug Polizeiknüppel und Pfefferspray in diese Richtung). Wenn die Blockaden helfen so ein Drecks-Nazievent zu behindern (wie gesagt: ziemlich effektiv), dann sollte das auch als Teil von antifaschistischem Widerstand akzeptiert werden! Schön wärs, wenn auch "traditionellere Teile" (sprich: Antifa-Gruppen) der linken Bewegung mal überlegen könnten, ob sie nicht über ihren Schatten springen können - zumindest an so einem Termin, wie in Pößneck. Wielange muss man sich noch in linker Selbstzerfleischung ahlen, bis da mal Bewegung reinkommt. Damit wir uns nicht falsch verstehen, welche Aktionsform wer wann durchzieht, das bleibt jeder Gruppe überlassen, doch ein gegenseitiges Abwerben oder sogar gegeneinander Arbeiten ist kontraproduktiv und lächerlich. Zudem erklärt das m. M. nach das hohe Frustpotential (zu wenig Erfolge vorzuweisen auf dezentraler Wandertour?).

Interessieren würde mich, wie ihr das seht - und damit meine ich nicht eine Auseinandersetzung mit den Aktionsformen der Parteien und Vereine (Meile der Demokratei - die find ich auch äußerst fragwürdig - zudem da wohl kaum Pößnecker waren).

Ich häng mal noch ein paar Fotos dran, die recht eindeutig zeigen, dass Blockaden kein bloßes Ablenkungsmanöver darstellen... sondern lange geplant, trainiert und besprochen werden müssen - quasi Basisdemokratie in Reinform.

alles schön bunte Finger

nicht hotzenplotz 14.09.2009 - 18:36
Effektiv wurden in 2 Blockaden 2 Kreuzungen auf einem Straßenzug teilweise dicht gemacht. Nazis fuhren unmittelbar bei der Blockade in der Nähe des Kauflandes durch die Leute und es wurden auch welche angefahren. Als es zu Gegenaktionen kam, standen die Leute auf der Kreuzung alleine da und mussten sich von den Cops prügeln lassen. Die Aktionsnetzwerkblockade, die wohl etwas falsch saß um Nazi-Autos an der Druchfahrt zu hindern, kam erst rüber als der Tanz vorbei war, Leute von den Cops krankenhausreif "fixiert" wurden.
Ansonsten wurde anreisende Nazis einfach umgeleitet oder über Schleichwege beim oberen Bahnhof geleitet. Die Demokraten-Show war perfekt aber relativ nutzlos. Noch nen bischen Samba und dann mit gutem Gewissen ab nach hause.

Ist der "Zivilgesellschaft" des Aktionsnetzwerks schon mal aufgefallen, dass ein Blockade-"Finger" von 50-100 Leuten für die Einsatz-Polizei vor Ort kein wirkliches Hindernis ist? Diese Blockaden des Aktionsnetzwerks werden definitiv geduldet und von der etablierten Politik instrumentalisiert. Wenn dann einem bei jeder Ansage das Wort "friedlich" eingehämmert wird, während um die Ecke Polizei-Einheiten grinsend Leute verprügeln, so ist das ein Farce. Wenn obendrein das Aktionsnetzwerk im Vorfeld ankündigt, so lange Nazi-Kundgebungen zu blockieren, bis diese verboten werden (im Klartext wird hier die Verschärfung des Versammlungsrechts gefordert), dann ist es Zeit, Kritik zu üben. Dass der Jenaer OB wohlwollend die guten kompetenten Aktionsnetzwerker von den bösen Autonomen unterscheidet, rundet dieses komische Bild einfach nur ab. Die "Zivilgesellschaft", die angeblich "alle" Aktionsformen gegen Nazis begrüßt, schweigt sich ob so einer Lobhudelei von der Obrigkeit aus.

Das einzig hoffnungsvolle: die Nasen haben auch nicht gerade viel gebacken bekommen.
Das besondere Schmankerl des Tages: Pöbeleien und Handgreiflichkeiten seitens der Pößnecker Bevölkerung

Pößnecker Brauerei unterstützte Nazifest

Einheimischer 14.09.2009 - 20:38
Heute konnte mensch beobachten, wie die Brauerei "Rosenbräu" Fässer und Technik im Schützenhaus abholte.

Das ist dann schon das zweite Nazifest, dass sie unterstützen. Bereits am 28./29. August 2009 machten sie Werbung für ein Open Air mit Kategorie C nahe Pößneck.

Dabei hatte die Rosenbrauerei die sogenannte Pößnecker Erklärung mit Logo unterschrieben, ein bürgerliches Pamphlet gegen den "Rechtsextremismus"!
Das zeigt, wie viel diese "Erklärungen" bewirken: Nichts!

Boykottiert dieses Bier, das eh nicht schmeckt!

Auch ein Becks-Stand war auf dem FdV... na dann Prost...

ich frag mal zurück

hotzenplotz 14.09.2009 - 22:55
wie effektiv wurden denn von antifaseite zufahrten blockiert? lose auf der kreuzung rumstehen, ohne konzept und handlungsstruktur? freut sich denn keiner auf eurer seite, dass es zumindest leute auf der "bürgerlichen" seite gibt, die nicht gleich schreiend vor den antifas wegrennen, sondern sich auch offen solidarisieren? sorry, aber ich glaube da gibts gewisse selbstwahrnehmungs- und analyseprobleme. dass das friedliche aktionskonzept immer wieder hochgehalten wird, ist genau unser schlüssel zum erfolg - und: by the way: es gab drei funktionierende finger - und damit auch blockaden... grün, weiß, orange - wenn sich ein paar andere diesem konzept anschließen, gibts beim nächsten nazievent vllt. vier oder fünf und schon geht noch mehr.. darum hier der denkanstoß. ich meine, dass spätestens seit dem g8 gipfel auch der härteste antifa-betonkopf kapiert hat, dass da in der richtung was geht und gehen muss.
ums mal offen zu sagen: wieviel schlechte presse, frust und konfuse organisation brauchts noch, damit die mitteldeutsche antifa von ihrem elitären alleinvertretungsanspruch runterkommt und sich eingesteht, dass eine breite basis nicht verkehrt ist - eben mit auch friedlichen kräften und nicht dagegen.

andere gruppen sind da schon weiter, ich zitiere kurz aus einer schrift von avanti (2009):

"Brennende Autos dagegen und Wasserwerfereinsätze führen regelmäßig dazu, dass über Demonstrationen berichtet wird - nur, dass es dann schon gar nicht mehr um den Inhalt geht, sondern Antifaschismus zu einer Auseinandersetzung von Jugendgruppen degradiert wird.

Die Lösung hierfür: nicht aufgeben, gemeinsame Aktionen mit Vertrauen in die eigene Kraft organisieren und durchführen. Häufig bleibt auch keine andere Möglichkeit, als zu Mitteln des zivilen Ungehorsams zu greifen, um den Nazis etwas entgegenzusetzen.

Aber man muss nicht alles alleine machen! Bündnisarbeit.

Allerdings: Neonazis und extreme Rechte bleiben weiterhin ein politisches, kein juristisches Problem. Es ist wichtig, den Kampf gegen Nazis und Rassismus gemeinsam und überall fortzusetzen. Dabei kann es in Bündnissen und insgesamt unter Antifaschist_innen durchaus zu völlig unterschiedlichen Einschätzungen darüber kommen, was sinnvolle Aktionsformen sind. Unsere Vorschläge:

Von vornherein möglichst wenige Ausschlusskriterien festlegen. Gegen Nazis zu sein, kann ein kleinster gmeinsamer Nenner sein, unter dem sich die unterschiedlichsten Leute und Gruppierungen zusammenfinden - je nach Anlass.

In Bündnissen immer wieder darauf drängen, dass Aktionen gewählt werden, die anschlussfähig sind - d.h. dass möglichst viele Leute möglichst niedrigschwellig mitmachen können. Gleichzeitig darauf drängen, dass Aktionen so effektiv wie möglich angelegt sind und Konfrontationen nicht aus dem Weg gehen: Oftmals fühlen sich die Nazis durch Proteste und Blockaden an ihren Aufmarschrouten am meisten gestört.

Ganz wichtig: Unterschiedliche Aktionsformen anerkennen und sich solidarisch dazu verhalten. Eine Spaltung in "gute" und "böse" Antifaschistinnen liegt im Interesse der Nazis und von politischen Kräften, die den Protest diskreditieren und kriminalisieren wollen. Menschen, die ein gemeinsames Ziel teilen - den Nazis etwas entgegensetzen wollen - haben oft unterschiedliche Vorstellungen, auf welchem Niveau sie agieren möchten, inwieweit sie sich direkten Konfrontationen aussetzen wollen und können, und entsprechend sollten unterschiedliche Aktionsformen möglich sein."

dass von seiten der antifa immer wieder auf den ob rekuriert wird, ist ein wenig, nunja, kurzsichtig. denn, erstens: er ist kein sprecher, mitglied, zuträger des aktionsnetzwerkes. dann: die interpretation von wegen gute/böse antifaschisten stammt von euch (ich kann auch OTZ lesen - aber habe mir einen anderen Reim darauf gemacht). hätte nicht gedacht, dass so kritische leute einen schlecht recherchierten printmedien (dazu noch ne lokalzeitschrift... aber nun gut) eins zu eins übernehmen und nicht mal nach den kontext fragen. (es ging um eine podiumsdiskussion - und ziel des ob's war es den pößneckern die panik vor den jenaer netzwerkern zu nehmen - nicht andere aktionsformen zu diskreditieren, das schafft ihr in regelmäßigen abständen nämlich selbst!)

nungut, genug gekotzt, kann mir denn nicht jemand mal ein paar sachliche gründe (oder auch erfolge) von dezentralen aktionen angeben, bzw. auskunft darüber geben, warum sitzblockaden als bloßes staatliches feigenblatt dienen sollten? (in anderen städten bedient sich die antifa ja auch dieser methode, sobald das normale bürger tun, die nicht unter linker paranoia leiden, ist die aktionsform auf einmal out und ineffektiv? - check ich nicht...)

p.s.: was ist denn mit der kritik aus den eigenen reihen - habe kaum statements gefunden, die darauf hinwiesen, dass antifa-aktion am samstag irgendwo erfolgreich war, habe viele sachen gelesen wie: hätte gern - weiß nicht warum nicht, kindergarten, zu wenige, keine städtische unterstützung... etc. etc. wird das bei der nachbesprechung und nabelschau einfach ausgeblendet?

Erfolgserlebnis?

auszufüllen 15.09.2009 - 01:32
Werter Herr der oberhalb so schön seine (einseitigen) Ansichten preisgibt,

Inwieweit ist es den sinnvoll sich über andere Aktionsformen auszulassen wenn man selbst keinerlei Einblick in diese hat und den höchstwahrscheinlich auch nie kriegen wird (da es hierzu anscheinend an Inhaltlicher/Objektiver Auseinandersetzung fehlt)
Erfolgserlebnisse aufwiegen bzw. Vermutungen anstellen über Aktionsformen und deren Erfolgsquote und diese als Grund zu nehmen kritische Auseinandersetzungen oberflächlich abzuwürgen finde ich mehr als fragwürdig.
Da das Ziel an einem solchen Tag verbindet sollte man eine Trennung tunlichst vermeiden und
sich nicht außschließlich in seiner Aktionsform sonnen und andere herabwerten.
Allgemein:
Wer sich bei Sachen wie "Wir greifen jede Ideologie der Ungleichwertigkeit an - auf dem Nazifest, in der "Mitte der Gesellschaft", überall! oder „Gegen Rechte Zentren und bürgerliche Ignoranz“ angesprochen fühlt bzw. persönlich nimmt und den einzigsten Schluss daraus zieht sich "angepisst" zu fühlen ohne für eine Inhaltlichen Auseinandersetzung offen zu sein bzw. sich einfach mal selbst damit zu beschäftigen hat auf jeden Fall noch viel Nachholebedarf. "Alltagsrassismus" sowie verankerung rechter Parolen in der Mitte der Gesellschaft gibt es nicht erst seit gestern.

Fehleinschätzung

Z 15.09.2009 - 12:44
Ich würde auch sagen, das es eine Fehleinschätzung war die Sitzblockade nicht auf die Kreuzung Wilhelm-Külz/ Bahnhoftrasse zu verlegen.

Auf der Kreuzung hatten sich 50-100 Antifas gesammelt und offenbar gab es die Einschätzung aus der Sitzblockade, die würden das hin bekommen zu verhindern das sich Nazis über die Kreuzung bewegen.

Versuche vor Ort Ansprechpartner bei den Antifas für Absprachen zu finden, scheiterten wie immer an dem völligen Fehlen ansprechbarer Strukturen. (geht ja auch nicht wegen konspiration)

Naja entschlossen wirken und entschlossen sein, sind dann eben doch sehr unterschiedliche Sachen, wie zu sehen war, als die Autos zwischen den Antifas hindurchrollten ohne das sich ihnen in den Weg gestellt oder gesetzt wurde.

Die Antifa hat also keinen ernsthaften Versuch gemacht die Kreuzung zu blockieren. Die Schuld dafür tragen natürlich die Netzwerker die weiter unten die Strasse blockierten.

Vor allem war es total neu und überraschend, das die Polizei brutal gegen Antifas vorgeht. Das konnte man vorher nicht ahnen und musste sich deshalb für militante Aktionen auch nicht unauffällig sondern auffällig schwarz kleiden. Da fehlt ja sonst auch der Kick gefährlich auszusehen, ohne es wirklich zu sein.

Es gibt also überhaupt keinen Grund darüber nachzudenken warum das Konzept der dezentralen Unverbindlichkeit in den letzen 20 Jahren in Thüringen überall gescheitert ist und sich Antifa-Gruppen auf lebensweltliche Kleinstzusammenhänge beschränken, die sich spätestens nach drei Jahren wieder auflösen. Identitätsbildung durch Abgrenzung und Machtlosigkeit als Selbstbestätigung runden das ganze dann ab und man fühlt sich wohl in seiner Kuschelgruppe.

Gesellschaft verändern geht anders!


@hotzenplotz & andere

jaja 16.09.2009 - 14:15
wenn die welt doch nur so einfach wäre und niemand aktionsformen hinterfragen würde.

Seit Heiligendamm ist der Polizei die sogenannte 5-Finger-Taktik bekannt.
Das gilt auch für Pößneck und andere Städte.
Nun muss die Frage erlaubt sein, inwieweit diese Sitzblockaden mit direkten oder indirekten Wissen der Polizei stattfinden oder böse gesagt, inwieweit es der Polizei sogar ganz recht ist, eine oder mehrere Blockaden zu haben, von denen nichts außer Friedfertigkeit ausgeht, Blockaden, welche die Leute an 1 - 3 Stellen sammeln und bündeln und es der Polizei einfach machen, alle Gegner_Innen im Blick / kontrolliert zu haben.
Insbesondere dann, wenn nicht alle Zuwege blockiert sind muss man sich fragen: Wem nützt es?

Ich würde sagen

der Polizei - sehr einfach alles unter Kontrolle zu haben & zu wissen, wo man Nazis langleiten kann

den Medien - sehr schöne orange friedfertige Bilder & Texte

den Parteipolitikern - optimale Präsenz- und Bilddarstellung wird gewährleistet, positive Resonanz inbegriffen

Zuletzt: ich war auf der Antifa-Demo und Antifa-Kundgebung, wir sind vom Delegiertenplenum

1. zu euren Blockaden als Verstärkung geschickt wurden & auch zu euch gestoßen

2. mag ich es nicht, wenn wir von euch mehrfach die Ansage bekommen, wir sollen friedlich bleiben

3. mag ich es noch weniger, wenn so ein kleiner Brillenträger mit Megafon mir was von friedlich bleiben erzählt & paar Meter weiter werden leute von Bullen angemacht

4. am wenigsten mag ich es aber, wenn mir mitgeteilt wird, auf uns könne man verzichten, da unsere Kleidung die Friedfertigkeit der Blockade gefährden würde & es durch unsere Kleidung zu Übergriffen durch die Polizei kommen könne

5. registriert irgendjemand, dass durch die Antifa-Kundgebung 2 der Zufahrten und
Zugangswege zum Schützenhaus "blockiert" waren?

kontraproduktiv

war auch dort 18.09.2009 - 20:00
Diese Diskussion ist kontraproduktiv. Hier wird, ohne die Wirklichkeit am 12.09. in Pößneck zu beachten, abstrakt über "Konzepte" und "Aktionsformen" diskutiert (und man kotzt sich vor allem bei dieser Gelegenheit mal so richtig aus).

Tatsächlich ist die Sache ganz einfach:

a) Die Bürger *können* nicht einfach Steine werfen.

b) Die Antifas *können* sich nicht einfach hinsetzen.

Der entscheidende Punkt in Pößneck war m.E. nicht, dass es zuwenig Einigkeit über Pläne und Mittel, zuwenig Organisation gegeben hätte, sondern dass *insgesamt* zuwenig Leute unterwegs waren.

Es führt auch nicht weiter, diese simple Tatsache "auf höherer Stufe" zu ignorieren:

a) Es sind nicht deswegen so wenige Bürger gekommen, weil zu befürchten war, dass dort viele Steine geworfen werden.

b) Es sind nicht deswegen so wenige Antifas gekommen, weil sie Angst haben mussten, auf einem Foto mit dem zukünftigen Ministerpräsidenten abgebildet zu werden.

Dasselbe noch etliche Stufen weiter auszuführen, spare ich mir. Für mich stellt sich dringender die Frage, was beide Parteien bei solchen Gelegenheiten eigentlich wollen:

a) Weder stellt ein unbehelligtes Nazi-Fest die von den Bürgern hoch geschätzte Demokratie in Frage,

b) noch stellt ein großer Riot zu solchem Anlass einen Schritt zur Überwindung des von der Antifa gehassten Systems dar.

@ jaja

oranger spießbürger 19.09.2009 - 08:06
5-Finger-Taktik: Wie toll sich die Polizei darauf eingestellt hat, konnte man am besten sehen, als sie geschaut haben wie die Sau ins Uhrwerk, sobald die Blockaden standen. Natürlich lag es auch an der geringen Polizeipräsenz, dass es diesmal recht einfach war, Blockadepunkte zu erreichen.

Medienresonanz: Die war und ist erfahrungsgemäß ziemlich mager, was Blockaden angeht. Viel lieber haben es die Herrn Journalisten, wenn Horden von vermummten durch die Gassen rennen und Autos anzünden.

Parteipolitiker: Die sind nunmal ein notwendiges Übel, wenn man den Rechtsextremismus auf breiter Ebene bekämpfen will. Man darf sich nur nicht von ihnen instrumentalisieren lassen.


Zu deinen Punkten:
(1) Dass die Demo und Kundgebung der Antifa eine organisationsstruktur aufweisen, ist ja selbstverständlich. Jedoch war bei den ca. 100 Antifas auf der fraglichen Kreuzung so etwas anscheinend nicht vorhanden.

(2) Was ist das Problem an Friedlichkeit? Zum einen wollen wir einfach nicht in Straßenaschlachten verwickelt werden, zumal auch Kinder dabei waren. Zum anderen stellt sich die Frage, warum nichtfriedliche Aktionsformen an einem Punkt gebraucht werden sollten, der auch so schon dicht ist. Das Resultat wäre eine gewaltsame Räumung *aller* Demonstranten gewesen, und die Nazis hätten einen direkten Weg in ihr Scheißhaus gehabt.

(3) Wenn du dich erinnerst, hat der "kleine Brillenträger" auch die Bullen aufgefordert, mit dem Scheiß aufzuhören. Unabhängig davon muss man sich eben entscheiden: Entweder man bevorzugt militante Aktionen, dann gibts natürlich Stress mit der Bullerei. Oder man will keinen unnötige "Anmache" seitens der Bullen, dann darf man eben keine Steine werfen oder am hellichten Tag Autos demolieren - auch wenn Faschos drinsitzen.

(4) hast du vollkommen falsch aufgefasst. Worauf wir "verzichten" können sind Aktionen, die Unmengen von Leuten binden, aber dennoch nichts bewirken oder gar kontraproduktiv sind. Weiterhin: die Kleidung, an der du so sehr hängst, ist natürlich cooler als als so buntes Zeug, aber markiert dich eben auch als *das* Ziel für die Bullen. Dass die mit Vorliebe den schwarzen Block ins Visier nimmt, schikaniert und provoziert, ist hinlänglich bekannt.

(5) Dieser glückliche Zufall ist uns durchaus aufgefallen. Zufall deshalb, da die Kundgebung nur durch die kurzfristige Verlegung in der Nähe des Nazistandortes lag. Weniger glücklich war, dass die Leute, die diese Kundgebung mangels Action verlassen haben, total wirkungslos herumliefen (zB. Autos über die Kreuzung ließen!!) anstatt wirklich was zu reißen, wie bei vorheriger Koordination möglich gewesen wäre. Die war aber natürlich nicht vorhanden, da man ja nicht mit den bürgern reden konnte - das sind ja alle Rassisten und weißderteufelwas.


Insgesamt muss man sich also fragen, was man will. Um nur seine politische Position auszudrücken, eignen sich Latschdemo und Laberkundgebung hervorragend (siehe Meile der Demokratie sowie leider auch die Antifa-Kundgebung). Will man Action und dabei cool aussehen, dann der schwarze Block. Oder will man wirklich was erreichen, dann muss man sich koordinieren! Eben auch mit den Vertretern des "Bürgertums", zumal wenn absehbar ist dass die den überwiegenden Anteil der Demonstranten stellen werden. Basis dafür sind Solidarität und gegenseitiger Respekt - und an beidem mangelte es im Vorfeld leider sehr.

Fakt ist, dass friedliche Sitzblockaden sich als wirksames Mittel gegen Nazifeste bewährt haben - nicht trotz, sondern gerade wegen ihres offenen Konzepts und der breiten Anschlussfähigkeit. Andere Aktionsformen haben selbstverständlich auch ihre Berechtigung. Nur ist es eben wichtig, sich zu koordinieren und darauf zu achten, dass die Mobilisierungen sich nicht gegenseitig gefährden - sei es durch Konkurrenz, oder durch übertriebene Rhetorik auf Kosten der Mitstreiter.

Auf dass es das nächste Mal besser klappt!

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Mal nachdenken — Lisa