Gedenkveranstaltung in Eschede

Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen 10.08.2009 07:52 Themen: Antifa
Am gestrigen Sonntag (09.08.09) versammelten sich rund 40 Menschen zu einer Gedenkveranstaltung im niedersächsischen Eschede. Unter dem Motto "Gegen das Vergessen", sollte an Peter Deutschmann erinnert werden, der dort vor 10 Jahren von zwei Neonazis totgeprügelt wurde.
Zur Gedenkveranstaltung rief das Celler Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus sowie der regionale DGB auf. Die Teilnehmer_innen der Veranstaltung kamen nicht nur aus Eschede selbst, sondern auch aus Faßberg, Celle und Lüneburg.

In den letzten Wochen geriet der Landkreis Celle, aufgrund der Auseinandersetzung um die Kaufabsichten des Rassisten Jürgen Riegers und der "Besetzung" des Faßberger Landhotels "Gerhus" durch Celler Neonazis, erneut in die medialen Schlagzeilen.
Auch in Eschede finden seit Jahrzehnten Nazitreffen statt. Auf dem Hof des NPD-Mitglieds Joachim Nahtz versammeln sich mehrmals im Jahr Neonazis, um dort Sonnenwendfeiern und andere Treffen abzuhalten.

Vor zehn Jahren wurde der damals 44jährige Peter Deutschmann von den beiden Escheder Nazi-Skinheads Marco Siedbürger und Johannes K. getötet.
Am frühen Morgen des 9. August 1999 drangen die beiden Täter in die Wohnung von Peter Deutschmann ein, zerrten ihn aus seinem Bett, traten und schlugen auf ihn ein und traktieren ihn mit Glasscherben. Er erlitt schwere Schlag- und Schnittverletzungen und sein Kehlkopf wurde zertrümmert. Das Blut spritze bis an die Decke. Die Nazis ließen ihr Opfer schwerverletzt, stark blutend und hilflos zurück. Außerdem stahlen sie das Telefon, damit keine Hilfe gerufen werden konnte. Stunden später hörten Nachbarn seine Hilferufe und fanden ihn blutüberströmt in seiner Wohnung. 24 Stunden später erlag er im Krankenhaus seinen schweren Verletzungen.

Peter Deutschmann kannte seine beiden Mörder schon lange, er war mit dem Vater von einem der beiden Beteiligten lange befreundet. Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Reibereien zwischen ihnen, weil das Opfer die rassistischen und faschistischen Äußerungen seines späteren Mörders nicht widerspruchslos hinnehmen wollte. Offensichtlich nahmen die Mörder die Kritik zum Anlass für ihren brutalen Überfall.

Peter Deutschmann ist eines der vielen Opfer rechter Gewalt. Seit 1990 sind in Deutschland über 140 Menschen von Rassisten und Neonazis ermordet worden. Viele von ihnen, weil sie sich nicht dem "normalen" Werdegang anpassen, nicht gesellschaftlichen Normen entsprechen, als "Asoziale" stilisiert, weil sie an den Rand der Gesellschaft gedacht worden: Obdachlose bzw. Wohnungslose sind als Opfergruppe von extrem Rechten nicht neu. Im Jahr 2008 starben mindestens drei als wohnungslos geltende Menschen durch Gewalt durch Neonazis.
Die Abwertung von Menschen, die alkoholabhängig und vielleicht auch noch obdachlos sind, ist nicht nur Teil extrem rechter Ideologie, sondern in der Gesellschaft breit etabliert.
Peter Deutschmann galt in Eschede als "Hippie" und lebte auf Grund seiner Wohnungslosigkeit, in einer Sozialwohnung der Gemeinde am Ortsrand.

Die beiden Todschläger erhielten fünfjährige Haftstrafen. Marco Siedbürger schloss sich nach seiner Haftentlassung der Schaumburger Naziszene an und es zog ihn immer wieder in seine alte Heimat zurück. Er war regelmäßiger Besucher der Nazitreffen auf Hof Nahtz. Vor kurzen wurde er zu einer erneuten Haftstrafe verurteilt.

Der Mord an Peter Deutschmann und andere neofaschistische Gewalttaten und Morde sind die Konsequenz einer extrem rechten Ideologie, in der die soziale Gleichheit der Menschen verneint und in der den Menschen, die nicht in das Weltweltbild der Neonazis passen, dass Recht auf Leben nicht nur theoretisch aberkannt wird. Diese menschenverachtende Ideologie wird auch während der Veranstaltungen auf Hof Nahtz propagiert.

Der Regionsvorsitzende des DGBs erinnerte nicht nur an Peter Deutschmann, sondern wies noch mal eindringlich auf die regelmäßigen Nazitreffen in Eschede hin. In Bezug auf den erfolgreichen Widerstand gegen die Nazis in Faßberg, rief er dazu auf, auch in Eschede nicht nachzulassen und sich weiterhin gegen die Nazitreffen zu engagieren. Im Anschluss an den Redebeitrag wurde ein Kranz am ehemaligen Wohnhaus von Peter Deutschmann niedergelegt.

Für Antifaschist_innen muss es eine Aufgabe sein, das Schweigen und Verdrängen - nicht nur in Eschede - zu beenden. Die Motive der Täter müssen thematisiert werden, um damit zu versuchen, zukünftig solche Taten zu verhindern und die Nazis - ob in Eschede oder sonstwo - zurückzudrängen.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 2 Kommentare an

Naja — 321

o nein — muenger