Lüneburg: Antifa-Aktion wegen Faßberg

Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen 04.08.2009 17:36 Themen: Antifa
Heute fand am Landgericht Lüneburg das einstweilige Verfügungsverfahren gegen den Nazi und Rechtsanwalt Jürgen Rieger statt. Die 3. Zivilkammer des Landgerichts hat Rieger auf Räumung des Hotels Gerhus in Faßberg und Herausgabe des Objekts an den Zwangsverwalter verurteilt.
Vor dem Gericht versammelten sich gemeinsam einige Antifaschist_innen aus Lüneburg sowie Anwohner_innen aus Faßberg.
Nachdem die "Besetzung" des Landhotels in Faßberg in den letzten Wochen für Schlagzeilen sorgte, machte nun das Gericht den Weg frei für die Räumung. Das Gericht entschied, dass die Neonazis um Rieger den ehemaligen Gasthof rechtswidrig in Besitz genommen haben. Eventuelle Ansprüche aus einem Pachtvertrag zwischen Rieger und den Besitzern des Hotels stünden nicht über dem Besitzanspruch des Zwangsverwalters, der zurzeit eingesetzt ist. Auf dessen Antrag erließ das Gericht jetzt die einstweilige Verfügung zur Räumung des Gebäudes.

Die im Hotel verbliebenen acht Neonazis verließen am Nachmittag freiwillig das Gelände. Rieger kann nun binnen eines Monats Beschwerde gegen den Beschluss beim Oberlandesgericht einlegen. Dann käme es es zu einem Hauptverfahren am Oberlandesgericht in Celle.

Schon am frühen Morgen durchsuchte die Polizei das Gelände in Faßberg. Nachdem Polizeibeamte ein Schuss auf dem Gelände gehört haben wollen, beantragte die Polizei die Durchsuchung und setzte dann dafür auch ein Spezial-Einsatz-Kommando ein.

Lüneburger Antifaschist_innen wollten mit ihrer Aktion zum einen die Proteste der Bürger_innen in Faßberg unterstützen und ihre Solidarität zeigen, zum anderen sollte einem möglichen größeren Auftritt von Neonazis in Lüneburg entgegengetreten werden.
Nachdem die Polizei aber am Morgen das Hotel in Faßberg durchsuchte und die anwesenden Neonazis dort festhielt, war schnell klar, dass es zu keinem Auftritt der Nazis in Lüneburg kommen würde.
Außer dem Lüneburger Neonazi Christian Sternberg und dem Nachwuchsnazi Felix Quade aus Neetze tauchte kein weiterer Neonazis am Landgericht auf. Während Sternberg im Gerichtsgebäude verschwand, traute sich Quade erst gar nicht dorthin und versteckte sich in einem Cafe.

Rings um das Landgericht postierten sich Polizeibeamte. Insgesamt war ein Einsatzzug vor Ort und mehrere Polizeibeamte in Zivil hielten sich im und am Gericht auf. U.a. waren auch Beamte der Staatsschutzabteilung der Polizei Celle anwesend.
Im Gerichtsgebäude wurden zudem mehrere Justizbeamte eingesetzt. Alle Besucher_innen der Verhandlung und zum Teil auch Pressevertreter_innen mussten sich einer Leibesvisitation unterziehen lassen und Taschen wurden durchsucht.

Rieger selbst ist erst gar nicht nach Lüneburg gekommen und hält sich zurzeit in Schweden auf. Er ließ sich durch den Rechtsanwalt Corvin Fischer vertreten. Fischer war nicht nur Rechtsanwalt des ehemaligen Hamburger Innensenators Roland Schill, sondern unterhält auch enge Kontakte zu Rieger. Fischer hat eine Kanzlei in Itzehoe und gleichzeitig eine Adresse in der Hamburger Auguste-Bauer-Straße, in dem Haus, wo Rieger lebt und seine Kanzlei führt.

Die Lüneburger Antifas und Bürger_innen aus Faßberg nutzen die Gelegenheit, um auf die Situation in Faßberg und im Landkreis Celle hinzuweisen und es wurden mehrere hundert Flugblätter an Passant_innen verteilt.
Nachdem die Entscheidung des Gerichts gefallen war, wurde die Aktion gemeinsam beendet. Einige Menschen fuhren dann noch nach Faßberg, um der Räumung des Hotels und dem Abgang der Nazis beizuwohnen.

 http://www.ndr.de/nachrichten/niedersachsen/fassberg150.html
 http://www.cellesche-zeitung.de/index.php/cz/content/view/full/16452
 http://www.abendblatt.de/region/article1123764/Neonazis-raeumen-besetztes-Hotel-in-Fassberg.html
 http://www.stern.de/panorama/:Fa%DFberg-Polizei-Neonazis-Hotel-/708042.html
 http://www.zeit.de/online/2009/32/hotel-neonazis-raeumung
 http://www.bnr.de/content/ae-riegers-vorposten-ae

Und nun?

Auch wenn die Nazis jetzt das Gelände verlassen mussten, muss davon ausgegangen werden, dass Rieger sich weiterhin um das Hotel bemühen wird, um dort ein Nazizentrum einzurichten. Zum einen steht noch eine endgültige Regelung aus, ob der Pachtvertrag zwischen Rieger und den Besitzern rechtsmäßig ist und zum anderen ob es nicht doch noch zu einer Zwangsversteigerung kommt, wo Rieger mitbieten könnte.


Erst das Land, dann die Städte...

Dass es die Neonazis aufs Land zieht, ist sicherlich keine neue Erkenntnis. Festzustellen ist, dass Immobilien ein sehr wichtiger Teil neofaschistischer Infrastruktur geworden sind. Eigene Immobilien sind wichtige Elemente des Konzepts der so genannten "National befreiten Zonen". Mit diesem Konzept verfolgen Neonazis das Ziel, u.a. durch den Aufbau eigener Strukturen, wie politischer Zentren, Wohnhäuser, Lokale oder Handwerksbetriebe, von ihnen dominierte "Freiräume" zu schaffen, in denen sie ihre "Gegenmacht" etablieren können. Langfristig erhoffen sie sich, so die "kulturelle Hegemonie" in bestimmten Regionen erlangen zu können.
Der millionenschwere Nazi-Anwalt Jürgen Rieger dürfte auch diese Aspekte in seine Überlegungen beim Kauf z.B. des Heisenhofs in Dörverden, dem Schützenhaus in Pößneck oder jetzt dem Hotel Gerhus mit einbezogen haben, verfolgt doch auch er das Ziel, bundesweit "nationale Gemeinschaftsstätten" zu errichten. Zu diesem Zweck hat er sich in den letzten Jahren einige Immobilien gekauft. Dazu zählen außerdem noch Immobilien in Hummelfeld und in der Nähe von Tostedt, ein baufälliges Kino in Hameln sowie ein Gehöft in Schweden.
Zuletzt pachtete Rieger in Wolfsburg ein ehemaliges Möbelgeschäft, in dem er ein Museum zur NS-Organisation "Kraft durch Freude" einrichten möchte.


Braune Heide - Nazizentren im Landkreis Celle

In Hetendorf existierte von 1979 bis Februar 1998 ein Neonazi-Schulungszentrum. Auf einem größeren Grundstück, welches den Vereinen Jürgen Riegers gehörte, trafen sich jahrzehntelang verschiedenste Naziorganisationen. U.a. führte die 1994 verbotene "Wiking Jugend" ihre Lager dort durch. Nach antifaschistischen Protesten und vielen Medienberichten über das Treiben in Hetendorf, wurden zwei Vereine von Jürgen Rieger verboten und das Nazizentrum geschlossen.

In Eschede finden auf dem Hof des NPD-Mitglieds Joachim Nahtz seit Jahren Nazitreffen statt. In den letzten Jahren hat dort die "Kameradschaft 73 Celle" immer wieder Sommer- und Wintersonnenwendfeiern und andere Veranstaltungen durchgeführt. Das Gelände hat sich zum bedeutendsten Nazitreffpunkt in Norddeutschland entwickelt.

Die "Kameradschaft 73 Celle" ist eine der größeren neofaschistischen Kameradschaften in Niedersachsen. Sie ist Teil des Verbundes "Nationale Sozialisten Niedersachsen", dem zurzeit wichtigsten Netzwerk gewaltbereiter und offen nationalsozialistisch auftretender Kameradschaftsgruppen in Niedersachsen. Enge Verbindungen unterhält sie auch zur NPD, deren Aktivitäten die Kameradschaft in der Region übernimmt. So traten die beiden Kameradschaftsanführer Dennis Bührig und Klaus Hellmund als Direktkandidaten für die NPD zur letzten Landtagswahl in Niedersachsen an.
Wichtigste Figur der "Kameradschaft 73" ist Dennis Bührig, der nicht nur deren Anführer darstellt, sondern auch zur Führungsriege der niedersächsischen Neonaziszene zählt. Bührig ist seit Mitte der 1990er Jahre in neonazistischen Kreisen aktiv. Zunächst trat der Nazi-Skinhead im Zusammenhang einer Gruppierung mit dem Namen „"Arische Front Celle" in Erscheinung. Ende der 1990er Jahre war er kurzfristig bei den "Jungen Nationaldemokraten", der Jugendorganisation der NPD, aktiv. Später schloss er sich dann der "Kameradschaft 73" an. Heute beteiligt er sich am Aufbau der parteiunabhängigen Nazi-Kameradschaften und tritt regelmäßig als Ordner und Redner bei Naziaufmärschen auf.


Den Nazis die Räume nehmen!

Mit einem Nazizentrum in Faßberg wäre neben einer Heimstätte für die regionalen Neonazis ebenso ein größeres faschistisches Veranstaltungszentrum geschaffen, in dem von Grill- und Sonnenwendfeiern, über Schulungen, Tagungen und Zeltlagern bis hin zu Nazirockkonzerten mit mehreren hundert Teilnehmern alles möglich wäre. Darüber hinaus muss auch mit einer starken Zunahme neonazistischer Aktivitäten gerechnet werden. Regelmäßige Aufmärsche größeren Stils in der Region sowie die Rekrutierung von Nachwuchs aus der örtlichen Jugend durch ein rechtes Erlebnisangebot sind vorprogrammiert, genauso wie Übergriffe seitens der Neonazis gegen alle, die nicht in ihr Weltbild passen.
Damit dieses Szenario nicht Wirklichkeit wird, muss das Nazizentrum in Faßberg mit allen Mitteln verhindert werden.
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Ergänzungen

NDR Fernsehen

Ich glotz Tv 04.08.2009 - 17:45

Bilder Nazis Faßberg

Bert 04.08.2009 - 18:53

Eine weitere Nazi Dummbacke

Sven Bergmann 10.08.2009 - 11:29
Auch Sven B. aus Thomasburg hielt sich als Späher der Faschos in der Nähe des Gerichts auf! Sven arbeitet zur Zeit als Auszubildender in der Lüneburger Firma BBL.BBL ist die Abkürzung für Bahn Bau Lüneburg.Der Nazi Sven B. war auch an der Störaktion der Nazis beim Hotel Bergström beteiligt,wo er auf Bildern sehr gut zu erkennen ist.Übrigens der sitz der Fa.BBL in Lüneburg ist in der Zeppelinstr.30

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