Anmerkung der Moderationsgruppe: Trotz der Bitte, de.indymedia.org zum Veröffentlichen von eigenen Berichten und selbst recherchierten Reportagen zu nutzen, wurde hier ein Text aus einer anderen Quelle, ein Flugblatt, eine Presseerklärung oder eine Stellungnahme einer Gruppe reinkopiert.
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Erste Pressemitteilung von Tag 1. Uni Köln

AK Pressegruppe BS Uni Köln 15.06.2009 17:19
Pressemitteilung der freien Pressegruppe der Bildungsstreikinitiative an der Uni Köln:
Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit möchte Sie die heute gegründete Pressegruppe der Bildungsstreikinitiative an der Uni Köln darüber informieren, daß der „Bildungsstreik 2009“ mit Vollversammlungen (VV) in allen Fakultäten und Fachbereichen (bis auf die Medizin, deren StudentInnen morgen tagen) begonnen hat.
Eine zentrale VV wurde im Anschluß an die Fakultätsvollversammlungen, im Rahmen des zentralen Aktionstages, im Hörsaal B des Hörsaalgebäudes der Uni Köln veranstaltet.

Aus dieser VV wurde eine Resolution verabschiedet und es hat sich eine symbolische Hörsaalbesetzung ergeben. (Sit In) Dies geschah um den Raum zu nutzen, um sich über die Forderungen und Ziele, sowie die weitere Mobilisierung zu verständigen und einen Freiraum „für freie Bildung“ zu schaffen.

Auf dem Albertus-Magnus-Platz (AMP) ist der „Aktionstag“ mit drei Infoständen eröffnet worden.

Vor der Uni-Mensa (Zülpicherstr.) befindet sich ein „Protestcamp“ unabhängiger Widerstandsgruppen, von Menschen aus vielen Fachbereichen der gesamten Uni.

Momentan rollt eine Welle der Mobilisierung durch die Seminare, Vorlesungen und sonstigen Veranstaltungen. (Go In)

Die StudentInnen fordern mit ihrer Resolution (dem Beschluß der zentralen VV) „freie Bildung für alle“, u.a. die Abschaffung der Studiengebühren. Diese wurde mehrheitlich angenommen.

Die allgemeinen Gründe für den Streik und die Forderungen des lokalen Aktionsbündnisses, (bestehend aus; siehe die Seite des Bündnisses) sind: …...............

Alle bisher öffentlich formulierten Forderungen finden sich online unter der Seite des lokalen Bündnisses:  http://bildungsstreik2009koeln.wordpress.com

Sie unabhängige Eigenitiative der StudentInnen wird momentan zentral aus dem Hörsaal B im Hörsaalgebäude an der Uni Köln organisiert.

Das Seminarprogramm der „Freien Uni“ wird weitestgehend dorthin verlegt und so eingerichtet, daß möglichst viele Menschen gemeinsam daran teilnehmen können.

Dazu haben sich verschiedene Arbeitskreise und Projektgruppen gegründet. (Z.B.: Zum Camp, Pressegruppe, Mobilisierungsgruppe, Offene Austausch und Diskussionsgruppe.)

Eine Solidaritätserklärung wurde von einigen StudentInnen der parallel stattfindenden Demo der ErzieherInnen und Gewerkschaften auf dem Heumarkt überbracht und dort mit großer Resonanz aufgenommen.

Die nächste VV der StudentInnen ist am Mittwoch um 16 Uhr, im Anschluß an die große Stern-Demo der SchülerInnen, Auszubildenden und StudentInnen. Sollte die Demonstration länger gehen oder sich etwaigige Verzögerungen nach der Demo ergeben wird darüber noch an Ort und Stelle informiert.

Öffentliche Plena der Aktionsinitiativen an der Uni Köln finden ab 19 Uhr im Camp und im Hörsaal B statt.

Wir versuchen mit der Infogruppe ständig News auf Indymedia zu posten.

Infotelefon der freien Info- und Pressegruppe an der Uni Köln: 01577 / 396262

Anschrift zur Aufnahme in den offenen E-Mail-Verteiler der Pressegruppe:
 bskoeln-pressegruppe@riseup.net


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Demoaufruf:

Gemeinsamer Aufruf
zur Kölner Bildungsstreik-Demo am 17. Juni

Der Zustand des deutschen Bildungssystem ist nicht weiter hinnehmbar! In den letzten Jahren haben wissenschaftliche Studien jeglicher Couleur die hohe soziale Selektivität und die systematische Unterfinanzierung festgestellt. Die neoliberale Bildungspolitik als Ursache u.a. dieser Übel wollen wir bekämpfen. In einer Stadt wie Köln, in der Zehntau­sende Studierende, Schülerinnen und Schüler, Auszubildende und Angestellte unter den Gegebenheiten des Bildungssystems zu leiden haben, ist es wichtig, gegen die derzeiti­gen Zustände zu protestieren.
Die bundesweite Aktionswoche „Bildungsstreik 2009“ vom 15.-19.06.2009 bietet auch für alle Kölnerinnen und Kölner die Möglichkeit, über den eigenen Tellerrand hinaus und im Bündnis mit vielen gesellschaftlichen Gruppen, wie Gewerkschaften und sozia­len Be­wegungen zu protestieren. Denn wir sind überall mit der gleichen Politik konfron­tiert: An der Hochschule, in den Schulen und im Betrieb.
Alle Reformversuche der letzten Jahre – egal ob Schulzeitverkürzung, Studiengebüh­ren oder Bachelor/Master – haben den Druck auf Lernende extrem erhöht. Dies führt aller­dings nicht zu einer aufgeklärteren und gebildeteren Gesellschaft, sondern dazu, dass immer mehr junge Menschen ihren Bildungsweg/Ausbildungsweg abbrechen oder mit Burn-Out-Syndrom psychologische Beratung suchen. Gegen diese Fehlentwicklun­gen werden wir am 17.06.2009 gemeinsam in Köln auf die Straße gehen und für ein besse­res, gerechteres Bildungssystem kämpfen.
Wir fordern, die derzeitige Ökonomisierung des Bildungssektors umgehend zu stop­pen, und setzen uns unter anderem für die Realisierung dieser Punkte ein:
Selbstbestimmtes Lernen und kostenfreier Zugang zu Bildung für alle
Öffentliche Finanzierung des Bildungssystems ohne Einflussnahme der Wirtschaft
Demokratisierung und Stärkung der Mit- und Selbstverwaltung in allen Bildungseinrichtungen
Erhöhung der Ausbildungs- und Studienplätze, so dass jede/r Jugendliche ihre/seine Berufswahl frei treffen kann
Eine Schule, die auf die individuellen Bedürfnisse der SchülerInnen eingeht und Chancengleichheit garantiert: Kleinere Klassen, mehr Lehrpersonal, Abschaffung jeglicher selektiver Strukturen, wie dem mehrgliedrigem System
Abschaffung von prekären Arbeitsverhältnissen, sowie von Zeit- und Leiharbeit
Unbefristete Übernahme von Auszubildenden nach Beendigung der Lehre in ein Vollzeitarbeitsverhältnis im erlernten Beruf
Auch in Köln – einer Stadt mit über 300 Schulen aller Schulformen, elf Hochschulen und zahlreichen Auszubildenden – ist es bitter notwendig, auf den bundesweiten Bildungs­notstand aufmerksam zu machen und endlich notwendige Verbesserungen einzufor­dern.
Wir rufen deshalb alle auf, sich an den Demonstrationen am 17. Juni zu beteiligen!

Die Vollversammlung unterstützt den gemeinsamen Aufruf zur Kölner Bildungsstreikdemo am 17. Juni,
fordert das Rektorat sowie die DekanInnen der Universität Köln auf, den Studierenden für die Zeit der Demonstration veranstaltungsfrei zu geben bzw. fordert die eben genannten und die Lehrenden auf, die Studierenden von ihrer Anwesenheitspflicht zu befreien
und fordert alle Mitglieder der Hochschule auf, sich an der Demonstration und damit am Kampf um die gemeinsamen Belange zu beteiligen


Mitaufrufende
BezirksschülerInnenvertretung Köln
DGB-Jugend Köln
AStA der Universität zu Köln
AStA der Fachhochschule Köln
AStA der Katholischen Hochschule NRW in Köln
Studierendenparlament der Fachhochschule Köln
Studierendenparlament der Hochschule für Musik und Tanz Köln
Arbeitskreis Studiengebührenboykott der Uni Köln
Wendepunkt - Junge Sozialisten an der Uni Köln
Neue Liste für mehr Demokratie (FH Köln)
Kritische Medizinstudierende (Uni Köln)
Die Unabhängigen an der Uni Köln
LiLi Uni Köln
NOYA Köln (network of young altermondialists)
LUST - die FachschafterInnenliste der Universität zu Köln
Fachschaft Biologie & Biochemie der Universität zu Köln
Juso-Hochschulgruppe Köln
campus:grün köln - Grüne Hochschulgruppe der Universität Köln
Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend Köln
Fachschaft Medizin an der Universität zu Köln
Fachschaft Konstruktionstechnik (FH Köln)
Liste freier Fachschaften (FH Köln – Standort Gummersbach)
Alternative Liste (Uni Köln)
Die Linke.SDS Köln
Prof. Dr. Norbert Finzsch
Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken
...die Liste wird auf der Internetseite noch erweitert:

 http://bildungsstreik2009koeln.wordpress.com/


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Bisher bekannte weitere Daten & Termine:

 http://bildungsstreik2009koeln.wordpress.com/

 http://bildungsstreik2009koeln.wordpress.com/choreografie-der-protestwoche/

 http://bildungsstreik2009koeln.wordpress.com/alternative-veranstaltungen/
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Ergänzungen

Bochum: Blockaden, Bauzäune und Seminarausfal

streik-bo 15.06.2009 - 17:38
Pressemitteilung des Bochumer Streikkomitees:

Erfolgreicher Startschuss zum Bildungsstreik in Bochum - Eine Gruppe von ungefähr 500 Studierenden blockierte die Zugangsbrücke zur Ruhr-Universität, stattete dem Rektorat einen Besuch ab und sprengte zahlreiche Vorlesungen und Seminare.

Blockaden, Bauzäune und Seminarausfall - Auf dem Campus der Ruhr-Universität wurde heute der Auftakt zur bundesweiten Streikwoche gesetzt. Bereits um 8:00 Uhr morgens standen die ersten Streikposten an der Universität bereit.

Studierende errichteten Materialblockaden an den Zufahrtsstraßen der Parkhäuser, stapelten Stühle in den Seminarräumen und motivierten mit dem zentralen Streikpunkt auf der Brücke zwischen U-Bahn und Universitätscampus immer mehr Studierende zu streiken. Ab 10 Uhr bildete sich auf der Brücke eine Menschenblockade, welche die Ankommenden über den Ablauf und die Forderungen des Streikes informierte. Die Blockade hielt ihren Posten für ungefähr eine Stunde aufrecht und formierte sich anschließend zu einem Demozug, welcher durch zahlreiche Seminare und Vorlesungen gezogen ist. Viele Professorinnen und Professoren unterstützten die Streikenden, brachen ihre Veranstaltungen ab und forderten die Teilnehmer auf, an den Aktionen teilzunehmen. Der Protestzug besuchte zwischenzeitlich auch das Rektorat und forderte Rektor Elmar Weiler dazu auf, mit den Studierenden in einen Dialog zu treten. Dieser stand jedoch heute nicht zur Verfügung, um zu den Forderungen der Studierenden Stellung zu beziehen. Der AStA-Vorsitzende Karsten Finke zieht eine positive Bilanz des ersten Aktionstages. “Ich finde wir haben heute einen guten Start hingelegt und rechnen auch in den nächsten Tagen mit einer regen Beteiligung”, so Finke.

Volles Programm an der Ruhr-Universität

Auch in den nächsten Tagen ist mit einigen Turbulenzen in Bochum zu rechnen. Dienstag, den 16.06.09, geht es weiter mit einem inhaltlichen Schwerpunkt. Nachdem die Bildungsstreikwoche erfolgreich eingeläutet wurde, soll es am Dienstag um die ganz konkrete Kritik und Forderungen gehen. Überall auf dem Campus werden verteilt Diskussionsrunden und alternative Veranstaltungen zu verschiedenen Themen stattfinden.

Außerdem plant das Bochumer Streikbündnis für Mittwoch eine gemeinsame Demonstration von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden. Die Demo der Bildungsaktivisten trifft gegen zwölf Uhr mit den streikenden Erzieherinnen von ver.di vor dem Rathaus zusammen. Dort ist eine gemeinsame Abschlusskundgebung geplant. Samstag, den 20.06.09, findet die Abschlussdemonstration der bundesweiten Bildungsstreikwoche in Düsseldorf statt. Schulen, Universitäten und Fachhochschulen haben gemeinsam mit Gewerkschaften zu der landesweiten Demo mobilisiert. Startpunkt ist am Samstag um 10 Uhr am Düsseldorfer Hauptbahnhof.

Nie wieder (Schul-)Klassen!

saz 15.06.2009 - 22:23
Nie wieder (Schul-)Klassen!

Warum müssen wir uns eigentlich fünf Tage die Woche mit Dingen beschäftigen, die uns weder großartig interessieren, noch außerhalb von Schule und späterem Beruf jemals gebraucht werden? Sinnlose, für mich und dich sowohl uninteressante als auch unwichtige Fakten auswendig lernen, nur um diese dann in der Klausur hinzuschreiben und anschließend wieder vergessen zu können. Selbst Themen, die einen sonst interessieren, werden, wenn sie in der Schule behandelt werden, aufgrund des Zwanges sich mit ihnen zu beschäftigen zur Hölle. Erst recht unter ständigem Notendruck und zu absurden Uhrzeiten wie 8 Uhr in der Früh. Wenn du Montagmorgen in der Klasse hockst und bereits über die Freitagabendgestaltung nachdenkst, denkst du dir da nicht auch gelegentlich: Irgendwas stimmt mit diesem Leben doch nicht?!

Wer? Wie? Was?
Aber warum existiert eine Institution wie Schule überhaupt in unserer Gesellschaft? Man könnte meinen, um den Menschen ein Allgemein- und Fachwissen zu vermitteln, damit man im Alltag möglichst gut zurechtkommt. Für grundlegende Dinge (Grundrechenarten, Lesen/Schreiben, zentrale historische Zusammenhänge usw.) erscheint dies auch logisch. Jedoch stellt sich die Frage, inwiefern z.B. die Fähigkeit, Algorithmen auszurechnen und Kenntnis über die verschiedenen Monosacharidketten zu besitzen, mir bei meiner Alltagsbewältigung helfen soll. Außerdem: Angenommen, das oft gepredigte, zynische Motto „Fürs Leben lernen wir“ wäre tatsächlich Grundlage des staatlichen Schulbetriebs, wäre es dann nicht sinnvoller, viel mehr alltagstaugliches Wissen wie Kochen oder Sozialverhalten zu vermitteln? Die Annahme, dass Schule existiert, damit jede_r Einzelne in der persönlichen Entwicklung und im Alltag unterstützt wird, scheint somit vollkommen naiv und absurd.
Andere, die sich vielleicht politisch in der linken Ecke verorten würden, meinen, Schule sei deshalb so langweilig und „ineffektiv“, weil „die Politiker und die Reichen“ „das Volk“ dumm halten wollen, damit diese nicht auf revolutionäre Gedanken kommen. Ergo werden dann Forderungen wie etwa nach einem höheren Bildungsetat und besserem deutschen Abschneiden bei den PISA-Tests laut, oder, wie zuletzt bei den bundesweiten Schulstreiks, es wird sich darüber beschwert, dass so viele Schulstunden ausfallen. Komisch, dass wäre tatsächlich das Letzte, was ich an der Schule zu kritisieren hätte, im Gegenteil: Ich freue mich über jede Schulstunde, die ausfällt und in der ich mich statt mit den Funktionen der verschiedenen Organe des Luchses mit anderen, sinnvolleren Sachen beschäftigen oder einfach ausschlafen kann. Mal ganz abgesehen davon, dass es absurd ist, davon auszugehen, dass ein höherer Bildungsgrad einen Menschen zwangsläufig dazu bringt, über die Gesellschaft nachzudenken, bewusster zu leben und so vielleicht auch irgendwann auf wie auch immer geartete „revolutionäre Gedanken“ zu kommen, ist diese Annahme schlicht selbstüberschätzend; hier wird der Einfluss der politischen Linken auf die Gesellschaft und die Bevölkerung der BRD leider maßlos übertrieben.

Wieso? Weshalb? Warum?
Vielleicht ist es für die Suche nach Sinn und Zweck von Schule in unserer Gesellschaft sinnvoller, wenn man nicht von „Schule im luftleeren Raum“ ausgeht, sondern sich die Funktionsweise unserer Gesellschaft anschaut und anschließend überlegt, welche Rolle die Schule bzw. Bildung generell in dieser einnimmt. Dann kommt man nämlich schnell zu der Erkenntnis, dass ohne Menschen, die (fast) jeden Tag arbeiten gehen und um die verfügbaren Arbeitsplätze konkurrieren, hier so gut wie nichts funktioniert. Das Prinzip Lohnarbeit scheint zentral wichtig und damit auch die Eignung der Menschen für die verschiedenen Arbeiten. Um bei Siemens irgendwelche Staubsauger zu entwickeln, braucht man eine Ausbildung in Elektronik und als Architekt_in sollte man über Grundwissen in mathematischer Statik verfügen. Langsam wird es offensichtlich: Eine Hauptaufgabe des staatlichen Bildungsbetriebs im Kapitalismus ist die Ausbildung von „Menschenrohmaterial“ zu fähigen Arbeitskräften, damit diese anschließend möglichst fachkundig für die verschiedenen Unternehmen oder auch für den Staat selber schuften können. Für uns alle konkret heißt das, dass nach den vielen Jahren Schule (plus eventuell Uni oder Ausbildung) noch viele Jahrzehnte Lohnarbeit anstehen, bevor wir dann Ende 60 endlich in Rente gehen und mit dem Leben anfangen können. Irgendwas stimmt hier nicht.

Zurück zur Schule…
Neben einer derartigen ökonomischen Funktion kommt Schule in der bürgerlichen Gesellschaft auch eine ideologische zu. Warum wird in Geschichte zum Beispiel immer nur die deutsche bzw. die als „deutsch“ konstruierte, sprich die Geschichte der Gebiete der heutigen BRD behandelt? Wenn’s hoch kommt, ist auch mal die französische oder die englische Revolution Thema; durch diese hauptsächlich auf Deutschland und Europa gerichtete Fokussierung des staatlichen Geschichtsunterricht wird uns Schüler_innen vermittelt, dass die vor 2000 Jahren lebenden Germanen in irgendeiner Hinsicht mehr „zu uns gehören“ als zum Beispiel die Mongolen oder die alten Chinesen. Somit soll auch in Hinblick auf aktuelle politische Debatten die konstruierte deutsche Nation gerechtfertigt und pseudowissenschaftlich erklärt werden.
Ein anderes Beispiel für die ideologische Funktion der Schule im Kapitalismus ist neben dem Deutsch- oder dem Religions- bzw. Ethikunterricht die „Politische Wissenschaft“. Alle vier Semester der Oberstufe bauen nämlich auf dem staatsbürgerlichen Irrglauben auf, der Staat wäre als Ausdruck des „Allgemeinwillens“ der Bevölkerung in der Lage, die Gesellschaft wesentlich alleine zu gestalten. Aber kein_e PW-Lehrer_in kann leugnen, dass es in der bürgerlichen Gesellschaft sich widersprechende Interessen, etwa zwischen Arbeitnehmer_in und Chefetage, gibt und die Idee des „Allgemeinwillens“ somit komplett irrsinnig ist. Außerdem werden die unserer Gesellschaft zugrunde liegenden ökonomischen Prinzipien, die den Alltag hauptsächlich bestimmen, so gut wie gar nicht behandelt.

…und zur Gesellschaft
Jetzt da wir sowohl die ökonomische als auch die ideologische Aufgabe von Schule im Kapitalismus grob erfasst haben, wird auch klarer, was ein „erfolgreiches“ Schulsystem ist. Nämlich keineswegs, wie das weiterhin von einigen naiven Gutgläubigen behauptet wird, die Vermittlung von möglichst viel Wissen für Alle – denn dann wäre der Großteil der Arbeitskräfte nämlich überqualifiziert und wer soll dann noch bei Kaisers an der Kasse sitzen?! Aber auch kein „Dummhalten“ der Bevölkerung: Deutsche Unternehmensvertreter beschweren sich regelmäßig über die schlecht ausgebildeten Arbeiter_innen, die das deutsche Schulsystem produziert, woraufhin Politiker_innen schnell verlauten lassen, dass alles Mögliche für eine Besserung der Lage getan würde. Ein erfolgreiches Schulsystem im Kapitalismus sorgt neben der ideologischen Formung der Schüler_innen vielmehr für eine möglichst optimale Befriedigung der unternehmerischen Anforderungen an „deren“ Lohnarbeiter_innen. In Nationalökonomien, in denen wenig Facharbeiter_innen, dafür viel körperliche Arbeitskraft gebraucht wird, ist es also durchaus gewollt und auch innerhalb kapitalistischer Logik notwendig, dass ein Großteil der Bevölkerung keinen guten Bildungsgrad besitzt, weshalb das Abschneiden bei den internationalen PISA-Studien kein Indikator für ein „gutes“ oder „schlechtes“ Bildungssystem ist.
Forderungen nach „besserer Bildung für alle“, Lernmittelfreiheit oder kleineren Klassen machen die Schulzeit für die_den Einzelne_n vielleicht teilweise erträglicher, greifen aber zu kurz, da sie den dummen Zweck von Schule im Kapitalismus überhaupt nicht in Frage stellen bzw. sich diesem oft gar nicht bewusst sind. Somit wird auch beim Thema Schule/Bildung ein weiteres Mal deutlich, dass die Lösung von gesellschaftlichen Problemen und damit auch eine wesentliche Besserung unserer individuellen Situation nur erreicht werden können, wenn das große Ganze, die derzeitige nationalstaatlich-kapitalistische Organisierung der Gesellschaft überdacht und letztlich durch Alternativen ersetzt wird.