Bürgerliches Gedenken in Dresden gestört

aktion09 16.02.2009 21:09
Antifaschist_innen begleiteten kritisch das „Stille Gedenken“ auf dem Altmarkt am Vormittag des 14. Februar. Dabei wurde die Schweigeminute lautstark gestört.
Am 14. Februar fand auf dem Altmarkt in der Dresdner Innenstadt ein „Stilles Gedenken“ statt. In dessen Rahmen wurde zuvor in der Kreuzkirche und in der Frauenkirche mittels Friedensgebete den „Opfern“ der alliierten Bombardierung von Dresden vor 64 Jahre gedacht. Nach einem Gedenkgang der Bürgis von der Frauenkirche zum Altmarkt wurde dort durch die CDU-Politikerin und Oberbürgermeisterin Helma Orosz eine Inschrift an der Stelle enthüllt, an der ein Teil der „Opfer“ verbrannt worden sind.

Orosz nahm keine kritische Einordnung der Ereignisse vom 13./14. Februar 1945 vor. Ihre Randbemerkung, dass die Bombardierung von Dresden auch im Kontext des „Krieges“ zu sehen ist blendet den ideologischen Fanatismus der deutschen Volksgemeinschaft völlig aus. Ohne ihn wäre der deutsche Vernichtungskrieg und die Shoa im Nationalsozialismus nicht möglich gewesen. Indem nur von einem unbestimmten Krieg gesprochen wurde, blieben die spezifische Dimension und die drastischen Konsequenzen des NS nicht nur unberücksichtigt, sondern wurden dahingehend relativiert, dass sie unter die allgemeine Formel des Krieges subsumiert wurden. Hieran zeigen sich wieder einmal die deutschen Bemühungen, den NS in eine allgemeine europäische Geschichte einzubetten, um von der eigenen Täter_innengemeinschaft abzulenken. Der zelebrierte deutsche Opfermythos macht es möglich, sich wieder positiv auf das deutsche Kollektiv zu beziehen und einen Schlussstrich unter die Geschichte zu setzen, da ja alle nur „Opfer“ gewesen sind.
Da aber deutsche Täter_innen nun einmal keine „Opfer“ sind, wurden der Gedenkgang sowie der Gedenkakt auf dem Altmarkt mit einem Transparent kritisch begleitet. Das Transparent trug die Aufschrift „Jede Bombe war ein Stück Hoffnung für NS-Gegner_innen“ und zeigte das Bild der zerstörten Frauenkirche. Es sollte den Fokus vom imaginierten deutschen „Opferkollektiv“ zu den Betroffenen und den Gegner_innen des NS verschieben. Denn in zahlreichen Berichten von Überlebenden der deutschen Konzentrationslager wurden die Bombenblitze über den deutschen Städten als Hoffnungsschimmer auf die ersehnte Befreiung wahrgenommen. Die Aktion der Antifaschist_innen löste bei den Teilnehmer_innen der Gedenkveranstaltung zahlreiche Debatten aus, wobei die direkten Reaktionen von Kopfschütteln (Zitat: „Ihr gehört alle eingesperrt“) über Diskussionen mit den Antifaschist_innen bis hin zu kleineren Rangeleien reichten. Jedoch gab es auch vereinzelten Zuspruch zu der Aktion. Als die Teilnehmer_innen zu einer Schweigeminute verstummten, nutzen die Antifaschist_innen diese Gelegenheit, um lautstark ihre Kritik anzubringen. So war auf dem Altmarkt statt der erhofften Stille zu hören, dass Oma, Opa und Hans-Peter eben keine Opfer waren, sondern Täter
!

Nach wie vor kann nicht oft genug geschrieben, gesagt und geschrieen werden:

Deutsche Täter_innen sind keine Opfer!!!
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Ergänzungen

Was war den da los?

Peter 16.02.2009 - 21:54

natürlich

unwichtig 17.02.2009 - 12:12
war das eine gute Aktion! Nach 20 Jahren sollten die DresdnerInnen selber eine kritische Selbsthaltung entwickelt haben; dem scheint aber nicht zu sein, womit emanzipatorischer Protest dringend und notwendig ist!

Das hat alleine der Handschlag der Bürgermeisterin mit einer NPD-Abgeordneten auf dem Heidenfriedhof gezeigt; oder die vielen Kommentare von BürgerInnen aus Dresden, welche dem Naziaufmarsch zustimmten, wie u.a. mit "Das ist doch ok, was die machen. Lasst die Jugend doch laufen." Der andere Teil der DresdnerInnen ging lieber shoppen und lief durch die Nazidemo, als wäre es das normalste der Welt. So lange dieser "Opferkonsens" ohne kritisches Denken vorherrscht und die deutschen TäterInnen in widerlicher Weise zu alleinigen Opfern umgedeutet werden, muss solche Kritik radikal vorgetragen werden..!

Ein fundierter Artikel mit Hintergründen zu dem Dresdner (und deutschen) "Opferkonsens" findet sich auf der Seite german foreign policy (wo sowieso mehr radikale Linke und LeserInnen dieser Seite öfters vorbeischauen sollten, bevor sie einfach emotional drauf los schreiben....):

 http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/57468

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Bravo

Klatsch Klatsch 16.02.2009 - 22:04
[ironie on] Ihr habt die beste Aktion des Wochenendes gerissen. Während der größte Naziaufmarsch der Nachkriegsgeschichte durch Dresden zieht, ärgert ihr die Bürger, anstatt mit ihnen etwas gegen die Neonazis zu unternehmen. Eine wahre Glanzleistung Adornoscher Dialektik. Besonders zu bewundern ist euer Mut an altbewährten Konzepten festzuhalten, die zwar in den letzten Jahren nie zum Stoppen der Nazis und dem Ausbreiten einer antifaschistischen Hegemonie in Dresden geführt haben, aber inhaltlich mindestens übermenschlich überlegen waren. Also scheisst bitte auch weiterhin darauf, dass die Dresdner Demokraten die Ursache und Wirkung der Bombardierungen garnicht mehr verläugnen und damit garkeine Täter-Opfer Umkehr mehr vornehmen. Dann werden die Bürger irgendwann schon kapieren, dass nur der heilige Israel sie vor weiteren Verfehlungen retten kann. Und mit den Panzern des IDF werden dann im nächsten Jahr auch die Neonazis gestoppt. Eure Weitsichtigkeit währt am längsten. [ironie off]

Echt weltfremd, dass ihr euch mit so einem Quatsch überhaupt noch zu Wort meldet, nachdem ihr über Jahre verkackt habt und am Wochenende deklassiert wurdet, als "No Pasaran" vorgemacht hat, dass auch nach Dresden tausende Antifas mobilisiert werden können, wenn man sich nicht zu bescheuert anstellt.

video

bla 16.02.2009 - 22:05
so oft wie's drunter steht... als .zip?
riecht irgendwie nach virus...

Kleine Korrektur

Antifa 16.02.2009 - 22:24
"Der zelebrierte deutsche Opfermythos macht es möglich, sich wieder positiv auf das deutsche Kollektiv zu beziehen und einen Schlussstrich unter die Geschichte zu setzen, da ja alle nur „Opfer“ gewesen sind."

Das "Besondere" am "neuen" deutschen Nationalismus und Erinnerungsdiskurs ist, dass eben kein Schlussstrich gesetzt werden will, wie bis Ende der 80er. Heute wird Auschwitz in das Selbstverständnis der Nation integriert, als etwas, aus dem man gelernt habe. Gerade wegen der Existenz von Auschwitz fühlt sich Deutschland heute berufen, wieder Großmacht zu sein.

Dass dieses Selbstverständnis auf Basis des Gründungsmythos der "Stunde Null" basiert, macht eben den mehrheitsfähigen Geschichtsrevisionismus aus. Es wird behauptet, dass die Nazis 1945 alle verschwunden waren und die Deutschen der Demokratie zujubelten, wobei mehrheitliches Schweigen zum und Mitwirken am Massenmord der Volksgemeinschaft ausgeblendet wird. Die Grundlage von Auschwitz im deutschen Nationenverständnis wird komplett negiert und alle, die zwischen 33-45 Leid erlitten haben, werden kontextunabhängig unter dem Begriff Opfer zusammengefasst, egal ob Juden, Kommunisten, Bürokraten oder Wehrmachtsangehörige.

Aber ansonsten: Gut gemacht! Keine Versöhnung mit Deutschland!

ergänzung

ffff 16.02.2009 - 22:37
"Eine wahre Glanzleistung Adornoscher Dialektik. Besonders zu bewundern ist euer Mut an altbewährten Konzepten festzuhalten, die zwar in den letzten Jahren nie zum Stoppen der Nazis und dem Ausbreiten einer antifaschistischen Hegemonie in Dresden geführt haben, aber inhaltlich mindestens übermenschlich überlegen waren."

>> zwei sachen: a) du hast keinen begriff von der "adorneschen dialektik". und wenn man keine ahnung hat.. du weißt sicher wie es weiter geht. ;)
b) defacto haben die antifa-aktionen der letzten jahre den naziaufmarsch mehr gestört als die ach so grandiose mobilisierung von "no pasaran", deren demo bekanntlich im wanderkessel und ohne wirkliches konzept mit ihren 4000 leuten durch dresden latschte. auch hier geilt: wenn man nix zu sagen hat, einfach mal... ;)


@Klatsch klatsch

Antifa 16.02.2009 - 22:37
"Echt weltfremd, dass ihr euch mit so einem Quatsch überhaupt noch zu Wort meldet, nachdem ihr über Jahre verkackt habt und am Wochenende deklassiert wurdet, als "No Pasaran" vorgemacht hat, dass auch nach Dresden tausende Antifas mobilisiert werden können, wenn man sich nicht zu bescheuert anstellt."

Wenn tausende Antifas nach Dresden mobilisiert werden konnten, dann können dir doch ein paar "Antideutsche" egal sein. Warum regst du dich also so auf? Vielleicht weil das krasse "No Pasaran"-Konzept irgendwie doch nicht so dolle war? Vielleicht weil der Naziaufmarsch trotz 1000er Antifas nicht mal ansatzweise gestört werden konnte? Oder glaubste, dass die Bürger nix gerockt haben, weil se vorher provoziert wurden und beleidigt waren?

Nimm es den paar "Antideutschen" nicht übel, dass sie dem deutschen Konsens etwas Kritik entgegen gebracht haben, sondern frage dich: Was hat "No Pasaran", was hast du, erreicht? Und nenn jetzt bitte kein "autonomes Gemeinschaftsgefühl" oder 20 kaputte Bullenautos, sondern antworte auf Basis des selbsterklärten Ziels: No Pasaran - Sie kommen nicht durch. Ziel meilenweit verfehlt.

@ klatsch

egal 16.02.2009 - 23:03
achte mal auf das datum([antifa].[indymedia].[indypeer.org].Dresden.12.Februar.2005.avi)

diskutieren mit den adi`s hatt doch keinen sinn,du siehst es ist ihnen wichtiger mit israelgfahnen bürgerschreck zuspielen als gegen die nazis auf die straße zu gehen.

damit haben sie sich entgültig vom antifaschistischen wiederstand verabschiedet.
angesichts von der rapiden zunahme von neonazigruppen in israel eigentlich folgerichtig.
was in deutschland noch unmöglich scheint ist bei den europäischen nazis schon gang und gebe.
spanische,griechische und auch italienische nazigruppen unterhalten schon regelmäßige kontakte zu den israelischen neonazigruppen und unterstüzen sie beim aufbau ihrer strukturen.von russischen ganz zu schweigen da kommen die meisten her



lol

ra0105 16.02.2009 - 23:06
Super, jetzt wirft man 'No Pasarán' vor, dass sie im ersten Jahr nicht das erreicht was ihr in 10 Jahren nicht hinbekommen habt? Mit 4000 Leute die sie mobilisiert bekommen haben, haben sie zumindest mehr Handlungsspielraum als die Leute in den Vorjahren. Der wurde in diesem Jahr nicht genutzt, mag sein - aber man sollte nicht mit Steinen mit werfen, wenn man im Glashaus sitzt, auch wenn der Mobilisierungserfolg den einen oder anderen auch sehr schmerzen mag...

grande

action 17.02.2009 - 11:07
was der hammer die aktion. damit habt ihr euch in die herzen der dresdner bürger gezaubert.

Respekt

sankara 17.02.2009 - 13:28
wundervolle aktion... spalten spalten spalten... jeder für sich statt alle zusammen... und immer schön untereinander aufreiben, so werden wir es bestimmt schaffen!

@unwichtig + ffff

only white shoes 17.02.2009 - 22:21
@unwichtig: die cdu rechtsaussen bürgermeisterin mit "die dresdnerinnen" gleichzusetzen und zur verstärkung deiner these irgendwelche ominösen, nichts nachzuprüfenden zitate heranzuziehen ist einfach schwach. da könnten viel eher der großteil der 8.000 demokratinnen als repräsentativ herangezogen werden, die gegen die nazis auf die straße gegangen sind.

die kritik am konsens der victimisierung der deutschen bevölkerung mag seine berechtigung gehabt haben, als dieser konsens noch zwischen nazis und dresdner zivilgesellschaft bestand. die zeiten haben sich aber geändert, da sollte eine "emoanzipatorische" politik sich drauf einstellen können.

@ffff: woher willst du wissen, dass "klatsch klatsch" keinen begriff von adornoscher dialektik hat, er/sie nimmt doch nur die intellektuelle selbstzuschreibung der ultradeutschen aufs korn. du hast offensichtlich keinen begriff von ironie.

und ausserdem gilt auch bei dir, wie bei unwichtig: es kommt darauf an die dinge ins verhältnis zu setzen: gegen diesen polizeiapparat hätten auch in den letzten jahren keine wirksamen störaktionen stattfinden können. und ausserdem, wie sehr könnt ihr die nazis schon gestört haben, als ihr euch jahr für jahr vor die synagoge zurück gezogen habt.

sportgruppen antifas, die trotz euch nach dresden gekommen sind, haben zwar zeitgleich immer versucht die nazis zu ärgern. aber die solltet ihr jetzt nicht heranziehen um eure misere schönzuschreiben. das ging nicht auf eure kappe und lief zudem auch in diesem jahr. aber woher sollt ihr das schon wissen!?

in diesem sinne: sport frei (und die pseudointellektuellen ultradeutschen wieder hop hop in die bibliothek)