Toilettentrouble in Rostock

Rudi Kallinsky 12.02.2009 11:26 Themen: Gender
In Rostock werden Forderungen nach Unisexklos laut.
Wem in den letzten Tagen in Rostock die Blase drückte sah sich an vielen Orten mit Verwirrungen konfrontiert. Hier waren seit etwa zwei Wochen auf Toilettentüren in öffentlichen Räumen die Symbole für die geschlechtliche Zuordnung überklebt mit einem Piktogramm, dass eine geschlechtliche Zuordnung der abgebildeten Person nicht ermöglicht. „Was haben Geschlechterrollen und Klorollen gemeinsam? - Sie sind beide für'n Arsch!“ war darüber zu lesen, darunter die Forderung, die geschlechtliche Zweiteilung von Toiletten aufzulösen und stattdessen Unisex-Toiletten zu schaffen.

Wer sich nun trotz der Ungewissheit das „richtige“ Klo zu benutzen in die Toilette wagte, fand hier einen Flyer, der diese Aktion auf sokratische Art und Weise erklärte. So war auf dem Flyer Folgendes zu lesen:

„Was haben Geschlechterrollen und Klorollen gemeinsam?
Sie sind beide für den Arsch!!

Ist Dir das auch schon mal passiert: Du bist auf Klo und eine Person kommt rein, die scheinbar zu einem anderen Geschlecht gehört. Bist Du verwirrt, erschrocken, verärgert, entzückt? Wie reagierst Du?

Viele Leute glotzen, bringen blöde Sprüche, schmeißen raus, manche werden sogar handgreiflich. Warum denkst Du ist das so?

Kannst Du Dir vorstellen, wie es sich anfühlt, angeglotzt, dumm angemacht oder rausgeworfen zu werden, obwohl Du eigentlich nur auf Toilette musst?

Ist es schlimm, wenn in der abschließbaren Kabine neben Dir ein Mensch anderen Geschlechts ist oder sich neben Dir die Hände wäscht?

Wie wäre es mit Unisex-Klos? Keine lange Schlange vorm Klo, kein Suchen nach dem „richtigen“ Klo und freier Zugang für alle zu Kondomen, Wickeltischen, Tampons und Klosprüchen.
Deshalb: Unisex-Klos!!
queerforum rostock


Die Gruppe queerforum rostock, die hinter der Aktion steckt, beschreibt hier eine Situation, in der sich Menschen, die optisch nicht eindeutig einem Geschlecht zuzuordnen sind, wiederfinden, wenn sie öffentliche Klos benutzen möchten. Eine eigentlich banale Angelegenheit, über die sich mensch häufig keine Gedanken macht, wird für viele Leute zum Spießrutenlauf, sofern sie nicht auf den ersten Blick in die Kategorien „Mann“ oder „Frau“ passen.

Besonders die gestellten Fragen sind meiner Ansicht nach echt mal ein paar Überlegungen wert. Wieso reagieren Leute so krass wenn sie das Gefühl haben, es befindet sich eine Person auf der Toilette, die „nicht dorthin gehört“? Und wieso gibt es überhaupt die Vorstellung, dass manche Menschen nicht an einen Ort gehören, den doch alle so bitter nötig haben? Denn es gibt viele Leute, für die es dann keinen Ort (oder Örtchen) gibt. Wenn ein sehr androgyner Mensch eine öffentliche Toilette aufsuchen möchte, gibt es, wie im Flyer beschrieben, kein richtiges oder falsches Klo. Egal ob er oder sie nun männliche oder weibliche Genitalien hat, hinter allen Klotüren lauert die Gefahr, für „falsch“ gehalten zu werden. Und es ist ein echt beschissenes Gefühl, dauernd angeglotzt, dumm angemacht oder rausgeworfen zu werden, obwohl mensch eigentlich nur auf Toilette muss.

Leider haben einige Leute sich nicht die Zeit genommen, mal ein paar Gedanken an die im Flyer gestellten Fragen zu verschwenden. Ich habe öfter beobachtet, dass die Aufkleber abgerissen wurden oder die Flyer in den Mülleimer gewandert sind. Es kamen Sprüche wie „Sollen wir uns jetzt als Frauen Bärte machen, oder was?“ oder die Leute beglückwünschten/bestärkten sich gegenseitig, Frauen/Männer zu sein. Das zeigt leider, dass der Beweggrund hinter dieser Aktion oftmals nicht verstanden wurde. Dem queerforum ging es darum darauf aufmerksam zu machen, dass es Menschen in unserem Umfeld gibt, die nicht in das Schema Mann-Frau passen (wollen) und dadurch bei Alltäglichkeiten enorme Probleme bekommen. Probleme, die z.B. durch Unisextoiletten ein Stück gelöst werden könnten.

Zwar ist es gesetzlich vorgeschrieben, getrennte Klos für Männer und Frauen bereitzustellen. Aber diese Aktion zeigt, dass es sich dabei um ein Gesetz (unter vielen) handelt, durch das Menschen diskriminiert werden.

Deshalb: Unisexklos!
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Ergänzungen

Ich als "Frau"....

Kim 17.02.2009 - 12:10

...muss doch ein bißchen schmunzeln über die Postigs meiner Vor-sprecher.
Ich, biologisch 100% Frau; gehe oft auf Männertoiletten. Weil: Selten eine Schlange, mir egal wo ich mein Geschäft hinterlasse, oder es ist eben das nächste Klo am Platze.
Jungs, ich kann Euch verstehen: Schamgefühl ist doof. Und kacken in der Öffentlichkeit für viele unangenehm. Aber im wesentlichen tuen wir- egal ob Frau, Mann, Intersexuell- auf dem Klo alle nur das gleiche. Und das mit der Hygiene: Wart ihr schonmal auf Frauenklos? Also: Auf mehr als einem im der Not? Da sieht es oftmals nicht anders aus als auf Euren Männerklos. Außer, dass es keine Pissoirs gibt.
Also: Geteilte Scham ist halbe Scham! Wir sollten hinnehmen, dass wir in dem Bereich alle gleich sind: Wir müssen. Und das hat nichts, aber auch gar nichts mit meinem biologischen Geschlecht zu tun.


Schutzräume

dein name 25.02.2009 - 11:00
du hast recht, schutzräume sind superwichtig. Aber die frage ist, finde ich, was einen schutzraum ausmacht und ob das klo ein solcher schutzraum ist.
ist ein schutzraum ein solcher, weil leute eines bestimmten geschlechts dort nicht reinkommen? weil ich eine winzige kabine habe, in die ich mich einschließen kann? und hält es eine person wirklich davon ab, leute zu verletzen, weil eine männlein/weiblein-plakette an der tür hängt?
ist ein schutzraum nicht vielmehr ein ort, an dem die menschen solidarisch miteinenander umgehen und sich helfen? ich habe zum beispiel auf einer öffentlichen toilette, sei es an der uni oder auf party, nicht das gefühl, dass die menschen da solidarisch füreinander da sind, falls mal was passiert. da sind sich alle fremd und es geht keinen was an, wenn etwas passiert, egal welchen chromosomensatz die leute haben.

auf jeden fall ist es wichtig, schutzräume zu reflektieren und nicht einfach davon auszugehen, dass alles in ordnung ist, solange menschen zweigeschlechtliche klos benutzen.

Von wegen "Biologisches Geschlecht"

Kim (noch eine) 03.03.2009 - 21:40
" nein 21.02.2009 - 08:28
Scheisse das die Natur 2 Geschlechter eingeführt hat. Aber gleich sind wir lange nicht. Gleichwertig - keine Frage aber gleich? Niemals. Wer bekommt Kinder? Frauen . Wer stillt diese? Jede normale Frau. Wer kann das definitiv nicht? Männer. Da geht es schon los. "

Es gibt Mädchen, die mit Penis und Hoden geboren werden, und es gibt Männer, die mit Vagina und Gebärmutter auf die Welt kommen. Diese Menschen sind transsexuell.... transsexuelle Männer können daher auch Kinder bekommen. ... wie wär's mal damit, diese biologischen Tatsachen ersteinmal zu registieren?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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So ein Unfug. — Heterrorist

@ Heterrorist — Gentlemensch

§§§ — Nixpeil

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omg — Nixpeil

oh — nein

binar is reaktionär — intersex

Antisexismus - Schutzräume — Valerie Solanas

Schämt Euch — U.Schimanowski

traditionelle denkweisen — heinz haberland