Kirchheim (Thüringen): NPD-Landesparteitag

Antifaschistische Gruppe Südthüringen (AGST) 08.02.2009 13:57 Themen: Antifa
In einem kleinen Dorf in der Provinz, geheim organisiert, unter massivem Polizeischutz, mit Schleusungspunkten, denn selbst die Delegierten dürfen im Vorfeld nicht wissen, wo das wichtigste Treffen der Landes-Partei stattfinden soll und trotzdem immer wieder von Protesten begleitet - das sind die Bedingungen unter denen gegenwärtig Landesparteitage der nach eigenen Angaben fünftgrößten Partei des Landes stattfinden können. Und das ist gut so, aber nicht genug.
Am vergangenen Samstag, den 7. Februar fand der Landesparteitag der neonazistischen NPD in Kirchheim, einem 700-Einwohner_innendorf nördlich von Arnstadt, statt. Er wurde erst 5 Tage zuvor von der NPD angekündigt. Aus Angst die Location würde vorher von Antifaschist_innen entdeckt und unbrauchbar gemacht werden, legte die NPD bewusst eine Finte und schrieb auf ihrer Homepage der Parteitag werde im Osten Thüringens stattfinden. Dass Kirchheim keineswegs im Osten des Landes liegt, dürfte den Organisator_innen bewusst gewesen sein.

Trotzdem sickerte einen Tag zuvor der Tagungsort durch. Es war die Puszta-Scheune / Hotel Romantischer Fachwerkhof in Kirchheim, ein ungarisches Restaurant mitten im Ort. Der Chef des Lokals leugnete, dass sich die NPD bei ihm eingenistet hat und log sogar bezüglich der Kapazitäten seines Ladens. Er behauptete das Lokal könne nur 30 Menschen bewirten, dabei stand auf seiner Homepage, dass Veranstaltungen bis 300 Leute ausgerichtet werden können. Von einer Anwohnerin erfuhr man, dass das Restaurant in der Gemeinde durchaus umstritten ist.

Gegen 11.30 Uhr fuhren ca. 20 Antifaschist_innen in den Ort und wurden erstmal ausgiebig von der anwesenden Polizei durchsucht und schikaniert. Ein Beamter zog es sogar kurzzeitig in Erwägung eine Israel-Fahne zu beschlagnahmen, da er sie erstmal nicht von der Hamas-Fahne unterscheiden konnte und danach immer noch nicht wusste, ob die Fahne des Staates Israel legal sei. Glücklicherweise gab es dann doch noch einen gescheiteren Vorgesetzten, der wusste, dass das Beschlagnahmen von Israel-Fahnen irgendwie blöd ankommen würde in der Öffentlichkeit. 30 Minuten und ein beschlagnahmtes Hundeabwehrspray später, durften die Antifaschist_innen passieren und protestierten eine gute Stunde lang vor der Puszta-Scheune gegen den Parteitag der NPD.

Auf dem Parteitag beschloss die NPD die Listen für die Landtags- und Bundestagswahl am 30. August und 27. September 2009.
Als Spitzenkandidat zur Landtagswahl 2009 wurde der Landesvorsitzende Frank Schwerdt, der in Kreisen seiner Kritiker in Verbindung zum Verfassungsschutz gebracht wird, vom Landesvorstand vorgeschlagen. Listenplatz 2 soll Uwe Bäz-Dölle von der DVU bekommen. Dass Bäz-Dölle diesen im Falle des Sprungs über die 5% sicheren Listenplatz bekommt ist Teil des Kompromisses mit der neonazistischen DVU, die ursprünglich in Thüringen antreten sollte. Auf der Homepage von Kai-Uwe-Trinkaus, dem ehemligen NPD-Kreisvorsitzenden von Erfurt, der im letzten Jahr aus der NPD ausgeschlossen wurde ( http://agst.antifa.net/archiv/text164.htm), wird außerdem gemutmaßt, dass Sebastian Reiche aus Gotha und Tobias Kammler aus Bad Salzungen mit weiteren sicheren Listenplätzen ausgestattet werden sollen.

Als Spitzenkandidat für den Bundestagswahlkampf soll Peter Nürnberger ins Rennen geschickt werden. Aus Trinkaus-Kreisen wird kolportiert, dass auf der Bundestagswahlliste die Nazikader vertröstet werden sollen, für die die Landesliste keinen Platz bietet. Im Gegensatz zur Landtagswahl tendieren die Aussichten für die NPD zur Bundestagswahl ins Parlament einzuziehen gegen null. Nürnberger wird zudem aus Trinkaus-Kreisen vorgeworfen eine Stasi-Vergangenheit zu haben.

Zur Kommunalwahl am 7. Juni 2009 zeichnet sich die erste kleine Enttäuschung für die NPD ab. Nachdem sie lange großspurig verkündete zur Kommunalwahl flächendeckend anzutreten, rudert sie nun zurück und schreibt am 22. Januar auf ihrer Homepage, dass sie hier nur in rund der Hälfte der Kreise, dafür aber in fast allen kreisfreien Städten und einigen Stadt- und Gemeinderäten antreten werde.

Dass es nicht bei dieser ersten Enttäuschung bleibt, dazu wollen wir als Antifa in den nächsten Monaten beitragen und der NPD die Wahlen zu einem Desaster machen.
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Ergänzungen

Na Respekt!

Siegfried 08.02.2009 - 17:48
"Nach Polizeiangaben nahmen an einer Demonstration gegen Rechts in Pössneck etwa 20 Personen teil. Zuvor war angenommen worden, dass der NPD-Parteitag dort in einer Immobilie von Neonazi-Anwalt und NPD-Bundesvorstandsmitglied Jürgen Rieger stattfinden sollte. In Kirchheim fanden sich dann nach Polizeiangaben 14 Teilnehmer zu einer spontanen Demonstration gegen Rechts zusammen." Quelle: http://www.linie1-magazin.de/linie1/news/Politik/artikel.php?id=46967 Respekt, für die kurze Mobiliserungszeit 14 Leute zusammen zu bekommen, während die Landeshauptstadt Erfurt inkl. "Besetzten Haus" gerade mal 10km entfernt ist. Auch das die Falschmeldung mit Pößneck von mehreren Antifa-Seiten übernommen wurde, zeigt wie selten Meldungen auf Richtigkeit überprüft werden. Dass da dann noch 20 Leute eine Kundgebung gegen NIX abhalten, ist an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten. Und wer hat die beiden Sachen organisiert bzw. verbreitet? Die Linke.! Genau aus diesem Grund sollte über eine weitere Zusammenarbeit mal ernsthaft nachgedacht werden, denn schließlich betreibt man Wahlkampf auf den Schultern des antifaschistischen Widerstands.

Kritik muss es geben

s.g. 08.02.2009 - 18:46
Der Aufruf nach Pößneck war leider etwas verfrüht.So etwas kann passieren und wenn es glaubwürdige Informationen gibt sollte man auch darauf reagieren.Für Pößneck haben fast nur Gruppen aufgerufen, für die Pößneck gut und schnell erreichbar ist, Mobilisierung braucht auch Vorlaufzeit. Natürlich hätte man auch bis Freitagabend warten können, aber ob dann eine erfolgreichere Mobilisierung für Kirchheim stattgefunden hätte, ist zu bezweifeln.
Vor allem wenn man sieht, dass sich zur gleichen Zeit in Erfurt rund 60 Menschen versammelt haben um für das Besetzte Haus zu demonstrieren.
Richtig war, dass sich die Leute nicht von den Nazis die Wichtigkeit einer geplanten Veranstaltung haben diktieren lassen, daher ist es gut, dass beide Veranstaltungen (Pößneck und Erfurt) stattgefunden haben.

NO respect for nazis!

Friedsieg 08.02.2009 - 19:22
Es stimmt, die NPD kann ihre Parteitage in Thüringen nicht ohne "Ablenkung" durchführen. Und das ist schon etwas peinlich für eine Partei mit dem Anspruch das "deutsche Volk" zu vertreten.
Die Menschen in den Orten, die mit solchen "Veranstaltungen" stark rechnen müssen, sind wachsamer geworden und jeder Zeit bereit Protest zu organisieren. So zum Beispiel auch in Pößneck.

@siegfried (erik)

Eine "Falschmeldung" aus Pößneck hat es nicht gegeben. Die Nutzung des Schützenhauses wird in naher Zukunft sicher erfolgen, da ja auch schon inoffizielle Parteitreffen stattfanden und es laut Rieger eine braune "Tagungsstätte" ist. Hier war es also notwendig schnell zu reagieren und eine Kundgebung sicherheitshalber anzumelden. Es folgte der Aufruf über die Presse und somit die Gelegenheit eine Protestkundgebung gegen das Schützenhaus durchzuführen.
Es war also keine "Kundgebung gegen NIX"!!!

Aber vielleicht zeigst du dich in nächster Zeit kooperativer und gibst uns die Infos, die wir brauchen - lieber Siegfried.


Auf der Kundgebung in Pößneck wurde unter anderem auch die Kampagne "Deine Stimme gegen Nazis" vorgestellt, die im Wahljahr jeglichen NPD-Erfolg aufhalten will.

 http://profile.myspace.com/index.cfm?fuseaction=user.viewProfile&friendID=435947219


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