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Ende des Oury-Jalloh-Prozess

Kellnerstr. e.V. 18.12.2008 21:24
und Aufruf zur Demo am 07.01.09

Institutioneller Rassismus und organisierte Verantwortungslosigkeit


Am Montag, dem 8. Dezember, wurden vom Dessauer Landgericht die beiden angeklagten Polizisten freigesprochen. Der Vorsitzende Richter Steinhoff erklärte, es hätte keinen rechtsstaatlichen Prozess gegeben, der Prozess sei eine Farce gewesen, da Polizeizeugen im Prozess viele widersprüchliche Aussagen gemacht haben und logen.
Am 7. Januar 2005 verbrannte Oury Jalloh qualvoll in der Zelle Nr. 5 im Dessauer Polizeigewahrsam, in der knapp drei Jahre zuvor Mario Bichtermann, ein Obdachloser, starb. Oury Jalloh war verhaftet worden, weil er Frauen belästigt haben soll. Die Polizeidirektion verbreitete die Behauptung des Dienstgruppenleiters (DGL) Schubert, er habe sich selbst angezündet, nachdem er verhaftet worden war, er sei betrunken gewesen und habe zudem Marihuana und Kokain konsumiert. Es wurde der Eindruck erweckt, dass Oury Jalloh sterben wollte. Obendrein bediente sich die Polizeidirektion der rassistischen Klischees, dass alle Schwarzen mit Drogen dealten und sie besonders triebhaft seien. Obwohl nicht einmal eine Anzeige erstattet worden war, galt und gilt für Oury Jalloh die Unschuldsvermutung nicht, üble Nachrede und Verunglimpfung des Todesopfers sind erlaubt. Der rassistische Unterton war, Oury Jalloh sei ein Wirtschaftsflüchtling, der das Asylrecht missbrauche und abgeschoben gehöre - und obendrein noch obiges tue, selbst schuld.
Dieses rassistische Verhalten wurde nicht geahndet, das Innenministerium übernahm die abenteuerliche Behauptung des DGL Schubert. Der DGL ist für den Gewahrsamsbereich verantwortlich. Unter Schuberts Verantwortung war bereits Mario Bichtermann gestorben. Die Aufgabe der Staatsanwaltschaft ist es, bevor sie eine Anklageschrift verfasst, Ermittlungen anzustellen. Aber in diesem Fall legte sie einen Zeitablauf zugrunde, der nur auf DGL Schuberts Aussage beruhte. In diesem Prozess basierte die Anklage auf Aussagen des Hauptangeklagten.
Das Landgericht Dessau folgte diesem Konstrukt. Im Prozess konnten die Polizisten ungestraft lügen und ihre Aussagen mit Hilfe des Justiziars der Polizeidirektion Dessau absprechen. Die Aufgabe eines Justiziars ist es, darauf zu achten, dass in seinem Aufgabenbereich keine Rechtsbrüche passieren. Die Aufgabe eines Richters ist es, einen rechtsstaatlichen Prozess zu führen, Zeugen zu vernehmen und Falschaussagen zu unterbinden. In diesem Prozess wurde nur ein einziger Polizist als Zeuge vereidigt, bei einem weigerte sich der Richter Steinhoff, ihn als Zeugen zu vereidigen. Außerdem behinderte er die Befragung der Zeugen durch die Nebenklage.

Diese wissentlichen Pflichtverletzungen aller Beteiligten machten einen rechtsstaatlichen Prozess unmöglich. Der Verdacht liegt nahe, dass dieser Prozess geführt wurde, um die Polizei rein zu waschen.

Während im Landgericht der Freispruch für die angeklagten Polizisten verkündet wurde, griff die Polizei die Demonstration der Initiative „in Gedenken an Oury Jalloh“ vor der Polizeidirektion Dessau an, kesselte sie ein und drohte die Demonstration aufzulösen. ProzessbeobachterInnen, die davon erfuhren, verlangten eine Unterbrechung des Prozesses und zeigten ihre Trauer und ihre Wut über das Urteil. Dies wurde später von der Presse als „Tumulte“ und „Emotionen“ abqualifiziert. Ein Aktivist wurde brutal im Gerichtssaal verhaftet. Vor dem Landgericht wurde die Demonstration nochmals angegriffen.

Konsequenzen:
Der Rechtsstaat hat sowohl im Prozess um den Tod von Laye-Alama Condé (gestorben am selben Tag in Bremen durch gewaltsame Verabreichung von Brechmitteln) als auch im Prozess um den Tod von Oury Jalloh versagt. Dies ist nur die Spitze der Rechtlosigkeit. Seit 1993 starben durch deutsche Polizisten 128 Menschen. Keiner der tatbeteiligten Polizisten ist zu mehr als 1 Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Wir fordern eine unabhängige Kommission, die den Tod von Oury Jalloh untersucht. Dies kann aber nur der Anfang einer Aufarbeitung der Polizeigewalt in der BRD sein. Des Weiteren müssen Kontrollstellen für Polizeigewalt, die unabhängig von den Innenministerien sind, in den Bundesländern eingerichtet werden. Der permanente sog. Polizeiskandal in Sachsen-Anhalt ist kein isoliertes Phänomen, sondern zeigt, dass der Rechtsstaat weder bei Polizeigewalt noch bei Gewalt von Nazis gegen Unbequeme, MigrantInnen und AsylbewerberInnen funktioniert.

Beteiligt Euch an der Demonstration am 7. Januar 2009 in Dessau!
Oury Jalloh – das war Mord! Gegen Polizeigewalt und Rassismus!
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Ergänzungen