Würzburg: Geschichtsrevisionismus und Protest

TeilnehmerIn 15.10.2008 12:55 Themen: Antifa
Am 10. und 11. Oktober traf sich die bayerische Landesgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Veitshöchheim bei Würzburg. Unter dem Motto "Aus der Geschichte lernen" fand dort die Jahreshauptversammlung des mitgliederstärksten Landesverbandes der so genannten Sudeten statt.
Am Samstag veranstaltete der "AK Kritik des Geschichtsrevisionismus" eine Kundgebung gegenüber des Veranstaltungsortes, auf der in Reden die kritikwürdige Tradition der deutschen Volkstümler angegriffen wurde.
Am 10. und 11. Oktober traf sich die bayerische Landesgruppe der Sudetendeutschen Landsmannschaft in Veitshöchheim bei Würzburg. Unter dem Motto "Aus der Geschichte lernen" fand dort die Jahreshauptversammlung des mitgliederstärksten Landesverbandes der so genannten Sudeten statt.
Am Samstag veranstaltete der "AK Kritik des Geschichtsrevisionismus" eine Kundgebung gegenüber des Veranstaltungsortes, auf der in Reden die kritikwürdige Tradition der deutschen Volkstümler angegriffen wurde.


Scheinbar haben selbst Vertreter der Sozialdemokratie keine Berührungsängste mehr, sich mit der Sudetendeutschen Landsmannschaft zu solidarisieren. Denn die SL hatte geladen und Peter Wesselowsky, langjähriger SPD-Bürgermeister und wichtige Person für die Sozialdemokraten in Unterfranken, sprach bei der Eröffnungsveranstaltung der Volkstümler.
Aufgrund dieser Kritiklosigkeit im öffentlichen Diskurs formierte sich der "AK Kritik des Geschichtsrevisionismus". Er versteht sich als Arbeitskreis, der auf einer emanzipatorischen Grundlage die Konstruktion von Nationen im Allgemeinen und die der deutschen im Speziellen ablehnt und Kritik an den völkischen Grundlagen von geschichtsrevisionistischen Verbänden wie der Sudetendeutschen Landsmannschaft übt.
Am Samstag meldete der AK daher eine Kundgebung mit dem Namen "Gegen den Geschichtsrevisionismus der Sudetendeutschen Landsmannschaft" an. Im Vorfeld hatte man befürchtet, bereits die Auswirkungen des neuen bayerischen versammlungsgesetzes zu spüren. Das Ordnungsamt und auch die Polizei vor Ort verhielten sich jedoch konfliktarm, so dass es zu keinen Reibereien mit den Ordungshüter kam.
Zur Kundgebung selbst kamen ca. 20 Teilnehmer. Los ging es mit einer Rede des AKs. Darin ging es zuerst um die Rolle der Sudeten während der Besetzung des heutigen Tschechiens und der heutigen Slowakei durch die Deutschen. Die Formierung der sogenannten Sudetendeutschen Volksgruppe und die Kontinuität der Agitation von NS-Kadern nach dem Weltkrieg wurden anschließend thematisiert. Am Ende ging es um die marxistische Kritik der völkischen Grundlage der SL von heute.
Nach Musikeinspielungen ging es weiter mit einer Rede der Gruppe Psssionierte Nestbeschmutzung. In ihr ging es vor allem um den Geschichtsrevisionismus des BdV, sowie um die Verdrehung der Geschichte und eine Täter-Opfer-Verkehrung im Geschichtsdiskurs.
Die Sudeten standen der Kundgebung natürlich ablehnend gegenüber. Von Missachtung bis Foto fürs sudetendeutsche Album über Diskussionen war alles dabei, wobei bei den Diskussionen mit so genannten Sudeten klar zum Ausdruck kam, dass die Verwurzelung mit dem deutschen Boden, mit der "Heimat" fundamental für die Sudeten ist.

Im Rückblick muss man sagen, dass es bei der geringen Mobilisierungsfähigkeit der Radikalen Linken in Unterfranken und trotz einer spontanen Anmeldung als Erfolg zu werten ist, dass ca. 20 Leute zur Kundgebung kamen. Die Außenwirkung war, wie zu erwarten war, sehr klein, aber zumindest ich war mir schon vorher bewusst, dass man mit einem solchen Thema in einem Kaff wie Veitshöchheim kaum auf Verständnis stoßen wird und dass man eine solche Kundgebung eher aufgrund des eigenen Bedürfnisses der Ablehnung besucht.
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Ergänzungen

Keine Ahnung von nix

Franzl 15.10.2008 - 13:17
Erstens hat die Slowakei sich von der Tschechoslowakei losgesagt, und da war dann eine eigene faschistische Regierung an der Macht auch ohne das zutun der Deutschen, und zweitens haben die Sudetendeutschen mit der Slowakei auch überhaupt nichts zu tun. Vielleicht erstmal ein Geschichtsbuch in die Hand nehmen, bevor man sich in geschichtspolitische Diskurse einmischen will.

@FranzI

@Franzl 15.10.2008 - 15:09
Die Sudetendeutschen haben durchaus etwas mit der Slowakei zutun, lieber Franzl:

1. waren sie die Speersitze Hitlers zur Zerschlagung der CSR und damit auch zur Errichtung des deutschen Vasallensstaates namens Solwakische Republik.
2. Gibt es bei der Wahl von Posten bei der Landsmannschaft noch immer die dritte Liste. Auf ihr stehen KandidatInnen gemäß ihrer ursprünglichen Heimat. Dabei gibt es auch die "Sprachinseln", die sich nicht im offiziellen Sudetendeutschen Gebiet befanden. Die nicht näher bestimmt werden, aber eben irgendwoauf dem Gebiet der alten CSR liegen.

Alaso lieber Franzl, mal Ball flach halten.

Franzl 15.10.2008 - 17:02
Die Slowaken wurden ebenso wie die Sudetendeutschen von den Ententemächten in den tschechoslowakischen Staat unter tschechischer Führung gezwungen. Sicherlich haben die Slowaken die Gelegenheit genutzt als der Staat schon geschwächt war und von Frankreich und England im Stich gelassen wurde, aber die Sudetendeutschen haben mit der Slowakei nichts zu tun. Kann natürlich sein, dass auch Deutsche aus der Slowakei in der sudetendeutschen Landsmannschaft organisiert sind, das macht die Aussage aber nicht richtiger.

Es stimmt auch nicht, dass die Sudetendeutschen als ganzes die Speerspitze Hitlers darstellten. Sie waren ein willkommener Anlass, für Hitler den Nachbarstaat zu destabilisieren und sich einzuverleiben und viele Sudetendeutsche haben mitgemacht. Dafür gabs verschiedene Gründe, man versprach sich wirtschaftliche Verbesserung der eigenen Situation und als Trotzreaktion auf die versuchte Tschechisierung der überwiegend deutschsprachigen Gebiete, was dann schnell in übersteigerten deutschen Nationalismus überging, der natürlich auch teilweise vorher schon da war, aber dadurch Auftrieb erfahren hat. Es gab aber auch Deutsche, die sich als deutsche Bürger der Tschechosslowakei gesehen haben, und auch aktiv für den Staat eingetreten sind. Das waren zum einen die Kommunisten, aber auch Sozialdemokraten und einige kirchliche Kreise. Die Sozialdemokraten haben auch einen paramilitärischen Verband die Republikanische Wehr gegründet, die aktiv gegen die Faschisten und das sudetendeutsche Freikorps vorgegangen sind und die tschechische Polizei unterstützt hatten. Das war nicht die Mehrheit der Bevölkerung, aber sie gab es. Das ist auch kein Aufruf dazu, die Landsmannschaft nicht zu kritisieren, dort sind auch keine Widerstandskämpfer organisiert, aber man sollte sich schon in der Rhetorik um ein klares Bild bemühen, und nicht so eine schwarzweiß-Malerei betreiben, weils der eigenen Identitätsbildung gerade in den Kram passt.

Fakten

Franzl 15.10.2008 - 20:47
@hühnlein & Co

Wenn ihr euch schon weigert Bücher zu dem Thema zu lesen, hättet ihr wenigstens einen Blick auf wikipedia werfen können. Da ist das Gröbste zusammen gefasst.

Als Sudetendeutsche (auch: Deutschböhmen, deutsche Sudeten-Altösterreicher) wird der ehemalige deutschsprachige Bevölkerungsteil in den als Sudetenland bezeichneten Gebieten der tschechischen Länder Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien bezeichnet.
Mit der Slowakei haben die Sudetendeutschen einfach mal nichts zu tun. Da könnt ihr umdeuteln wie ihr wollt. Übrigens steht in dem Wikipedia-Artikel noch etwas Interessantes. Die Sudetendeutsche Landsmannschaft vertritt nicht mal annähernd die Interessen aller Sudetendeutscher. Nur eine Minderheit sind in dieser Landsmannschaft organisiert und teilen deren Ziele.

Neonazis wollten Traditionshotel kaufen

http://www.br-online.de 17.10.2008 - 19:21
Die NPD hat offensichtlich versucht, in der Würzburger Innenstadt das Traditionshotel "Stadt Mainz" zu kaufen. Das wäre der rechtsextremen Partei auch fast gelungen - wenn nicht zwei Schwestern Verdacht geschöpft hätten.

Die Geschichte des Hotels "Stadt Mainz" reicht zurück bis ins 15. Jahrhundert. Seit 100 Jahren ist das renommierte Haus in Familienbesitz. Doch nun wollen die Schwestern Schwarzmann und ihre Mutter das Hotel verkaufen - aus Altersgründen. Das hat offenbar die Rechtsradikalen auf den Plan gerufen: Zwei Strohmänner seien gekommen und hätten einen Termin vereinbart, um die Veranstaltung eines Liederabends für 100 Teilnehmer zu besprechen, berichtete die 65 Jahre alte Anneliese Schwarzmann. Beim Rundgang hätten die Männer dann die Räumlichkeiten gelobt und erwähnt, dass sich daraus schöne Schulungs- und Tagungsräume machen ließen. Schließlich unterbreiteten sie der Familie ein Kaufangebot und fügten hinzu, Geld spiele keine Rolle.


"Unsere Seelen nicht verkaufen"

Als die beiden Schwestern ein Gespräch zwischen den beiden Männern verfolgten und darin der Name "Jürgen Rieger" fiel, schöpften sie jedoch Verdacht und recherchierten im Internet. Der rechtskräftig wegen Volksverhetzung verurteilte Anwalt ist in den vergangenen Jahren mehrfach als Immobilienkäufer für die Rechtsextremen aufgetreten. Bei einem erneuten Treffen sprachen die Geschwister Schwarzmann die Kaufinteressierten direkt darauf an, ob sie von der NPD beauftragt seien - die räumten das ein. Obwohl der Preis verlockend gewesen sei, lehnten die Frauen schließlich ab. "Wir können doch unsere Seelen nicht verkaufen", sagte Anneliese Schwarzmann und erzählte von ihrem Vater, der von den Nazis wegen kritischer Flugblätter verfolgt worden sei.
Oberbürgermeister ist erleichtert

Mit Erleichterung hat Würzburgs Oberbürgermeister Georg Rosenthal (SPD) den gescheiterten Kauf zur Kenntnis genommen. "Dies wäre ein schlechtes Signal für Würzburg gewesen und hätte für einen Imageschaden gesorgt, der nur sehr schwer wieder gutzumachen gewesen wäre", so das Stadtoberhaupt. Man werde aber weiterhin wachsam sein müssen, um zu verhindern, dass die NPD über andere Projekte in der Domstadt Fuß fasse. Das Hotel "Stadt Mainz" ist in Würzburg bekannt für seine Internationalität. Zu seinen besten Zeiten hatte das Haus jährlich rund 20.000 japanische Gäste.

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sudetInnen in bayern

tobi 15.10.2008 - 15:11
war eine gelungene aktion. antifas greifen viel zu wenig die kritik an den vertriebenenverbänden auf.
schade!

Sudetendeutsche jammerlappen

Hühnlein 15.10.2008 - 20:09
über 90% (aller) Deutschen in der damaligen CSR haben bei der letzten Wahl in der CSR Henlein's Nazi-Partei gewählt. von daher: alle selber Schuld

und bevor hier jemand über den Begriff "Sudetendeutsche" streitet: Der Begriff "Sudetendeutsche" umfasst seit der Vertreibung alle Deutschen, die auf ehemal CSR gebiet lebten. egal wo. das eigentlich "Sudetenland" ist nur ein mickrig kleiner Teil des gesamten Gebietes das ehemals von Deutschen besiedelt wurde.

Der

Kommunismus 15.10.2008 - 20:18
den ihr fordert ist selber eine Scheußlichkeit!

»Die sind doch selber schuld«

http://www.jungewelt.de 16.10.2008 - 23:28
Attacken gegen Jugendzentrum im mittelfränkischen Langenzenn. CSU- Bürgermeister sieht keinen Zusammenhang mit »Bunt statt Braun«-Transparent

Bereits zum dritten Mal wurde Mitte dieser Woche das Jugendzentrum »Alte Post« im mittelfränkischen Langenzenn mit Farbbeuteln beworfen. Der vermutliche Auslöser: Ein »Bunt statt braun«-Transparent, das im bayerischen Landtagswahlkampf angebracht worden war, um NPD-Plakaten zu trotzen. Ein Mitarbeiter des Bauhofs der Stadt in grellorangefarbenem Anzug, der am Donnerstag zufällg an der »Alten Post« vorbeikam, kommentierte: »Die sind doch selber schuld, wenn die ein Plakat raushängen, wo einer ein Hakenkreuz in den Mülleimer wirft.« Die Anschläge reihen sich ein in eine Vielzahl neonazistischer Umtriebe in der Region um Fürth.

Das Haus, das an einer vielbefahrenen Straße liegt, wurde erstmals im September durch Farbeierwürfe verschandelt. Das Transparent »Bunt statt braun« wurde in der gleichen Nacht geklaut. Die Jugendlichen, die sich hier treffen, wollen das Plakat nicht abnehmen und sich nicht aus der Politik raushalten, wie bürgerliche Stimmen immer wieder forderten. Sie positionieren sich bewußt gegen rechts und organisieren zum dritten Mal das jährliche Open Air »Bunt statt braun«. Das wurde ins Leben gerufen wurde, weil Neonazis Schulhof-CDs verteilten und Aufkleber klebten. Carsten Kurtz, der Sozialarbeiter der »Post«, sagt: »Wir wollen diesen Hohlschädeln nicht Recht geben, indem wir das Plakat abhängen«. So kam ein neues Banner an die Wand, das dort hing, bis es vom Wind eingerissen wurde. Auch Sabine Gillinger vom Vorstand des Fördervereins der »Post« will »aufgrund der Geschehnisse nicht klein beigeben.«

Von Stadt und Polizei werden politische Hintergründe negiert. Bürgermeister Jürgen Habel (CSU) denkt nicht, daß die Farbwürfe politisch motiviert waren: »Einige Jugendliche nehmen die Post nicht an«, sagt er. Da ist er einer Meinung mit der Polizei, die gegen unbekannt ermittelt. Habel sieht auch keinen Zusammenhang zwischen den Anschlägen und den Schmierereien in der Stadt. Erst auf Nachfrage ordnet er den im Juni mit Hakenkreuzen und den Worten »Autonome Nationalisten« besprühten Bahnhof und weitere beschmierte Mauern als politisch ein. »Es gibt Ausreißer nach rechts und links«, so Habel. Die Hakenkreuze waren eine knappe Woche zu sehen, zwei sind immer noch vorhanden, weder Bahn noch Stadt haben sie entfernt. Unbekannte übersprühten die Hakenkreuze schließlich.

Im vergangenen Jahr war der »Weltladen« im Visier. Dessen Scheibe wurde eingeworfen, Mitarbeiter wurden beschimpft, fühlten sich bedroht, die Wände wurden mit NPD-Aufklebern verunstaltet. Nach wie vor wird die Scheibe bespuckt. Die Nachbarn, so der Vorsitzende des Weltladens Volker Rücker, »machen die Augen zu, um keinen Ärger zu haben.«

Die Region Nürnberg/Fürth ist seit Jahren Zentrum neofaschistischer Aktivitäten: Unter anderem wurde das Haus einer couragierten Familie in Fürth zweimal in Folge verunstaltet, und die Reifen ihres Pkw wurden zerstochen. Die Urheber einer mittlerweile gestoppten Anti-Antifa-Website bekannten sich zu der Tat. Die Nürnberger Polizei identifizierte mit auf der Neonazihomepage veröffentlichten Fotos zwei Antifaschisten und nutzte die Bilder für ihre Ermittlungen. Erst nach massiven Protesten Betroffener wurde die Seite geschlossen.