Über Homohass nicht nur im Dancehall-Reggae

Stop Murder Music Bern 21.08.2008 12:21 Themen: Antifa Gender
Nicht nur in Deutschland - aktuellstes Beispiel sind die Konzerte in Berlin und Stuttgart sowie das nicht stattfindende Konzert in Hamburg (FC St. Pauli sei dank!) von Homohasser Beenie Man - auch in der Schweiz gibt es Konzerte von homohassenden "Killerqueens" aus der Dancehall-Reggae-Szene. Baby Cham (März 08), Bounty Killer (April 08) und Sizzla (Mai 08) gaben sich v.a. in Zürich die Ehre - aktuell sind Junior Reid (Aug 08), Vybz Kartel (Sept 08) und Anthony B (Okt 08) in Zürich angesagt(Hintergründe dazu siehe  http://ch.indymedia.org/de/2008/08/62546.shtml und  http://www.stopmurdermusic.ch).
Doch nicht nur Konzerte, sondern auch Parties mit Soundsystems, die "Battyman-Tunes" auflegen, sind ein Problem, zu dem es verschiedene Lösungsansätze gibt.

Allerdings wäre es verfehlt, die Kritik an Homophobie und Homohass nur auf Dancehall-Reggae und Jamaica zu reduzieren. Denn hinter und vor der eigenen Haustüre wäre nämlich auch noch das eine oder andere zu tun...

Im folgenden ein Text von Stop Murder Music Bern.
MURDA INNA DANCEHALL

Über Homophobie und Homohass nicht nur im Dancehall-Reggae

Was haben Neonazis, religiöse Fundis und um die 100 (Gangsta-) Dancehall-Reggae-KünstlerInnen und Tausende ihrer Fans in aller Welt gemeinsam? Den Hass und die militante Agitation gegen Schwulen und Lesben. "Punker, Schwule, Kommunisten - Stehen auf unseren schwarzen Listen. Am Tage X, zur Stunde Null - Da retten euch auch keine Bullen" sangen 1992 die braunen Jungs von Landser in „Arische Kämpfer", während drei Jahre später in „Eiermann" die Zillertaler Türkenjägern deutlicher wurden: "An alle Homos hier im Land, da hilft auch kein Gezeter, denn ihr wisst, wir kriegen euch früher oder später. Wir stürmen eure Tuntenbars und bringen euch zur Strecke, wir säubern unser schönes Land, Du schwule Sau verrecke!"
Mehr als 20 Jahre später versuchten die deutschen Rapper G-Hot & Die Kralle/Boss A. in „Keine Toleranz" mit ähnlichen Zeilen („Ich geh mit zehn MG’s zum CSD / Und kämpf für die Heten, die auf Mädchen stehn / Seid wie ein Mann und zeigt, dass Ihr keine Toleranz habt / haltet zusammen und schneidet ihnen den Schwanz ab.") ihre Hiphop-Karriere mit „Provokationen" in Gang zu bringen. Erfolglos: G-Hot wurde nach Protesten vom sonst nicht gerade zimperlichen Label Aggro Berlin fallen gelassen und sah sich gezwungen, sich mit einem Video auf Youtube halbherzig zu entschuldigen.

Etwa zur gleichen Zeit als „Arische Kämpfer" die Nazi-Herzen zum Pochen brachte, machte der Dancehall-Reggae-Künstler Buju Banton mit „Boom Bye Bye" auch ausserhalb Jamaicas von sich reden: „Boom bye bye inna batty bwoy head. Rude bwoy no promote no nasty man. Dem haffi dead" was frei und grob übersetzt in etwa heisst „Peng und tschüss in den Kopf einer Schwuchtel. Echte Kerle unterstützen keine Schwulen. Sie müssen sterben."
Zu dieser Zeit waren „Battyman-Tunes" (Battyman ist eines von vielen Schimpfwörtern für Schwule) schon etwa seit 10 Jahren in der Dancehall-Reggae-Szene verbreitet. Shabba Ranks, ein „Altmeister" dieses Genres, der sich im Fahrwasser des Newcomers Buju Banton bewegte, sorgte für riesiges Aufsehen und das jähe Ende seiner Karriere, als er 1992 in einer britischen TV-Show zur Kreuzigung von Homosexuellen aufrief.
Gar zum Wahlkampfsong einer jamaikanischen Partei stieg 2001 der Song „Chi chi man" von T.O.K. auf: „If they’re hanging in a queer man’s car / Blaze the fire, let’s burn them! Burn them! / If they’re drinking in a queer bar / Blaze the fire, let’s finish them! Finish them!" (aus dem jamaicanische Patois ins Englische übersetzt). Songs gegen Schwule (Battyman, Babylon Bwoy, Chi Chi Man, Fags, Faggots, Fassies, Funny Man, etc.) und Lesben (Sodomite, etc.) hatten wieder mal Hochkonjunktur - nicht nur beim jamaicanischen Publikum, das z.T. vor oder nach Konzerten die Songinhalte auch mal handfest umsetzte. Und damit war auch die ca. dritte Dancehall-Reggae-„Killerqueens"-Generation aus Jamaica am Start, die auch dieses Jahr weltweit (v.a. in Zürich) Konzerte abhielt oder abhält (Sizzla, Bounty Killer, Vybz Kartel, Anthony B, Junior Reid, Baby Cham, etc.).

Schweizer Konzis, Schweizer Geld - hetzen mit in aller Welt

Und genau dies ist bei aller homophober Gemeinsamkeit der Unterschied zu Neonazi- und Gangsta-Hiphop-Bands: Während Neonazi-Bands wie Landser, Zillertaler Türkenjäger (oder Indiziert aus dem Raum Bern) klandestin Konzerte abhalten müssen, der Rapper G-Hot bestenfalls noch von halbmittelmässigen Konzertveranstaltern gebucht wird, können (Gangsta-)Dancehall-Reggae-ArtistInnen trotz oder vielleicht auch gerade wegen der brutalen homofeindlichen Songs (fast) ungestört international Karriere machen und auch in halbalternativen oder "linken" Kulturzentren wie Alte Kaserne Zürich, Frison Fribourg oder der Roten Fabrik Zürich fette Gagen abkassieren. Und werden sogar - wie das Beispiel Sizzla im Mai 08 in Zürich zeigte - von VertreterInnen der kommerziellen "Alternativkultur" als "Bob Marley" des 21. Jahrhunderts gelobhudelt.

Wer gegen die Auftritte der Dancehall-Reggae-"Killerqueens" protestiert - als Dancehall-Reggae-Fan und/oder als BetroffeneR - kriegt dann an Podien von hiesigen musikalischen heterosexistischen Gutmenschen mit Jamaica-Reise-Erfahrungen zu hören, Homohass und Homophobie seien halt Teil der "Kultur von Jamaica" und man müsse halt tolerant den Dialog suchen. Dass die VeranstalterInnen als Alternative auch KünstlerInnen ohne Homohassgewalt-Vergangenheit booken könnten oder vielleicht auch mal Opfer von Homohassgewalt in Jamaica und anderswo einladen könnten, wird konsequent ausgeblendet. Und es werden schamlos weiterhin kommerziell interessante Konzerte mit "Killerqueens" organisiert:

•21.08.08 JUNIOR REID, Alte Kaserne, Zürich ("In Sunday school they teach us about Adam and Eve, they never teach us about Adam and Steve.")
•20.9.08 VYBZ KARTEL, Alte Kaserne, Zürich ("Oral sexer, lesbian and queer must be assassinated (Yeah)")
•11.10.08 ANTHONY B, Rote Fabrik Aktionshalle, Zürich (Titel wie Chi chi man, etc.)

Homophobe Plattenteller - Das Problem Soundsystems

"Und jetzt bringen wir was gegen Schwule...!" - Mit ca. diesen Worten auf englisch leitete der MC des Zürcher Dubversive Soundsystems am 14. März 2008 den Abbruch ihres Acts und das vorzeitige Ende des "Culture Factory"-Reggae-Dancehall-Abends in der ifluss-Bar des autonomen Kulturzentrums Reitschule Bern ein. Denn weder der empörte Technikmensch noch die VeranstalterInnen hatten viel für Verständnis für das "Original- Jamaika-Soundsystem"-Getue der beiden Zürcher, auch nicht für deren Reaktion auf die erste Kritik: "Dann bringen wir halt was gegen Schwule von Bob Marley, den könnt ihr nicht verbieten..."
In der Schweizer Dancehall-Reggae-Soundsystem-Szene gibt es neben alternativen Gruppen, Original-Rastafarais und afrikanischen Reggaefans auch einige Möchtegern-Rastas aus dem Schweizer Mittelstand, die gerne den krassen Rude Boy raushängen möchten und ihre mangelnde "Ghetto-Coolness" mit teuren Jamaica-Reisen und eben auch dem Abspielen von "Battyman-Tunes" zu kompensieren versuchen.

Während hierzulande Konzerte mit den "Killerqueens" ca. ein Dutzend Mal im Jahr stattfinden, legen Soundsystems jedes Wochenende deren Sound auf - oft auch deren "Battyman-Tunes". Sie werden damit zum Werbeträger von sonst oft boykottierten KünstlerInnen und zu PropagandistInnen von homophoben Songs. Und sie suggerieren dem Publikum wie auch neuen Soundsystems, heteromackriger und homophober Dancehall-Reggae sei das "Normale" - so sei Jamaica, so sei Dancehall-Reggae, so müssten richtige Rastas und coole Dancehall-Jungs sein. Nur wenige verzichten bewusst auf Battyman-Tunes - einige nur an bestimmten Orten (z.B. in der Reitschule Bern).

Widerstand gegen und Umgang mit musikalischem Homohass

Seit 2004 gibt es die Stop Murder Music-Kampagne von OutRage! (UK). Andere Gruppen wie Stop Murder Music Kanada oder eben Stop Murder Music Bern, sind ebenfalls am Thema dran. Es gibt verschiedenste Widerstandsformen: Aktionen und Boykottaufrufe gegen Konzerten, Druck auf Labels, Plattenläden und Internetanbieter, Infoveranstaltungen und -sammlungen, Vernetzung und Austausch mit anderen "Anti-Unterdrückungs"-Gruppen.

Ein weiterer Versuch, das Problem anzugehen sind der Reggae Compassionate Act (RCA) und das DJ-Manifesto. Während sich das RCA an Dancehall-Reggae-MusikerInnen richtet (bisher haben nur 5 unterschrieben), hat das DJ-Manifesto Soundsystems und KonzertveranstalterInnen als Zielgruppe. Beide formulieren neben vielem anderem "One love" als Grundpfeiler von Reggae und verplichten die Unterzeichnenden dazu, auf "Battyman-Tunes" und andere Hasspropaganda zu verzichten. Auch Stop Murder Music Bern hat ein Manifest formuliert, dass sich an VeranstalterInnen, Soundsystems, Organisationen, Radiosendungen und Einzelpersonen richtet.
Das Problem bei allen drei ist die Praxis: Wer kontrolliert schon an jedem Konzert oder an jedem Dancehall-Reggae-Abend, ob die musikalisch Aktiven auch wirklich keine "Battyman-Tunes" spielen? Und wer würde Sanktionen aussprechen und durchsetzen?

Ein Ansatz zur Lösung dieses Problems sind aufmerksame VeranstalterInnen, die Homophobie und Homohass in den Veranstaltungsverträgen als Grund für den Wegfall der Gage und den Abbruch des Abends inkl. Schadenersatz festlegen.

Auch das Publikum kann aktiv werden: Wer nicht Lust hat, MCs bei jedem "Battyman-Tune" mit Flaschen zu bewerfen oder Radikaleres ("Du willst FreundInnen von mir verbrennen, dann verbrenne ich halt Deine Plattensammlung...") zu tun, kann auch schlicht und banal Anzeige wegen Öffentlichem Aufruf zu Gewalt und Mord machen - gegen die musikalisch Aktiven wie gegen die VeranstalterInnen.

Auch der musikalische Totalboykott von "Killerqueens", also nicht nur keine "Battyman-Tunes", sondern gar keine Musik der entsprechenden KünstlerInnen an Partys oder im Radio spielen, kann sehr effektiv sein. Keine Gewaltpropaganda ist ja eigentlich das Minimum, nett wäre ja auch mal eine glaubwürdige Distanzierung von der eigenen Homohassgewalt-Propaganda-Vergangenheit (Bsp.: "Do you still care" von Tanya Stephens).

Homohass und Homophobie weltweit

Wer sich mit Kritik an Dancehall-Reggae und Jamaica zufrieden gibt, liegt falsch. Reggae-Dancehall ist nur eine Strophe im weltweit zu hörenden homophoben Lied und Jamaica nur eine Insel auf unserem heterosexistischen Planeten:
Wo heute Schwulen und Lesben einmal im Monat am "Tollerdance" tanzen (ISC Bern), wurden sie noch Mitte der 1970er Jahre hochkant hinausgeschmissen. Bis Ende der 1970er existierten in fast allen Schweizer Städten polizeiliche Schwulenkarteien. In den 1990ern versuchten evangelische FundamentalistInnen in Bern Schwule und Lesben "gesund" zu beten, 2001 scheiterte die Gay Pride Sion fast am Widerstand von Walliser Fundikatholen. Auch 2008 haben junge Schwulen und Lesben in der Schweiz v.a. auf dem Lande Mühe, ohne soziale Diskriminierung sich selber zu sein.

Auf dem Internet sind bei "christlichen" Anbietern homophobe Accesoires erhältlich (T-Shirts, Boxer-Shorts, Kinderlätzchen, Taschen, Tassen, etc.). 7 Staaten kennen für Homosexualität die Todesstrafe, 76 Haftstrafen. In 49 Staaten gibt es Anti-Diskriminierungsgesetze, 19 anerkennen gleichgeschlechtliche Partnerschaften.
Heterosexismus, Verachtung, Hass, historische Mythen und Verschwörungstheorien gegen Schwulen und Lesben kursieren auf den Homepages von Neonazis, FaschistInnen, religiösen FundamentalistInnen - in der Schweiz, in Osteuropa, in Jamaica und anderswo.

Fazit: "Sozialismus der dummen Kerls”

Homohass und Homophobie sind verbreitet auf Jamaica und in gewissen Sparten des Dancehall-Reggae. Aber genausowenig wie Reggae sind Homohass und Homophobie ein rein jamaicanisches Phänomen. Die Naziangriffe auf Gay Prides in Osteuropa, die geplante heterosexistische "Straight Pride Parade" am 31.8.08 in New York, verschwörungsfantastische Bücher wie "Pink Swastika" oder das auch hierzulande verbreitete allsommerliche Gay-Bashen zeigen dies deutlich. Homophobie ist genauso wie Antisemitismus der "Sozialismus der dummen Kerls".
Wie beim Kampf gegen Rassimus und Sexismus, fängt der Kampf gegen Homophobie und Homohass bei uns selber an. In unseren Köpfen, in unserem sozialen Umfeld, in unserer Stammbeiz, an unseren Parties, am Punk- oder Reggae-Abend im Lokal um die Ecke. Und in der eigenen Platten- und mp3-Sammlung.
Die VeranstalterInnen der grossen Dancehall-Reggae- und Reggae-Events tun sich selber einen Gefallen, wenn sie ihre Konzerte und Parties endlich/wieder auf inhaltliche Qualität statt auf kommerziell-homophobe Quantität ausrichten. Denn "blutiger" Dancehall-Reggae ist ein ungerechtes Produkt und hat keine Zukunft.

Auf dass es bald mal heisst: Wo man singt, da lass Dich nieder - nette Menschen kennen keine homophoben Lieder...


STOP MURDER MUSIC BERN, August 2008


Links:

Stop Murder Music Bern (Hintergrund-Infos, Killerqueen-Liste, etc.)
 http://www.stopmurdermusic.ch

Stop Murder Music OutRage! (UK)
 http://www.petertatchell.net/popmusic/popmusicindex.htm

Murder inna Dancehall (Hintergrundinfos, Songliste)
 http://www.soulrebels.org/dancehall.htm

Stop Murder Music Canada
 http://www.egale.ca/index.asp?lang=E&item=1374

J-Flag (Jamaican Forum of Lesbians, All Sexuals and Gays)
 http://www.jflag.org

eQual! Halle (D) (Infos zu Hiphop, v.a. G-Hot)
 http://www.gleich.tk

DJ-Manifesto
 http://www.soulrebels.org/dancehall/r_manifesto.htm

Reggae Compassionate Act
 http://www.soulrebels.org/dancehall/w_compassionate_001.htm

Berner Reggae-Manifest
 http://www.stopmurdermusic.ch/reitschule/stopmurdermusic/manifest.html

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Dieser Artikel erschien in etwa so im Romp Nr. 28 (Polit Punk Undrground Zine aus Luzern,  http://www.romp.ch)
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Ergänzungen

konzert in Berlin

homo 21.08.2008 - 12:54
wo ist den nun das anfangs erwähnte konzert in berlin?
davon steht ausser am anfang im gesamten text leider nichts.

Berlin war - Hamburg soll kommen

Zecke 21.08.2008 - 13:25
Das Konzert in Berlin hat leider (schon) stattgefunden und zwar am Dienstag im Kesselhaus. Auftretender Künstler war Beenie Man.

Schön dass das mit dem absagen von Beenie Man geklappt hat, dennoch macht es
mich echt sauer, daß das Knust noch ein Konzert mit einem homophoben Künstler
veranstalten will/wird.
Gerade nach der Diskussion/Aktion um/gegen Beenie Man, hätte ich erwartet, das gleich und sofort auch das Konzert von Elephant Man im Oktober abgesagt wird, alles andere ist wischiwaschi.
Aktueller Batty Man Tune von Elephant Man: Lef Them To Time (Oktober 2007)

One Love - Stoppt homophobe Tunes

Beennie Man-Konzerte in Deutschland

Stop Murder Music Bern 21.08.2008 - 13:40
19.8.08 Berlin - Kesselhaus der Kulturbrauerei
20.8.08 Hamburg - Knust (abgesagt)
21.8.08 Stuttgart - Zapata

Beenie Man in Deutschland

mehr 21.08.2008 - 15:06
Noch 1 Termin in D-Land:

22.08.2008 - Chiemsee Reggae Summer (Beenie ist Headliner, am gleichen Tag spielen z.B. auch Deichkind. Sizzla sollte ebenfalls auftreten, durfte jedoch nicht einreisen).

Bereits stattgefunden hat:

13.08.2008 - Wuppertal U-Club (da hat im Mai Sizzla trotz Einreiseverbot gespielt)

mal ein bisschen tiefgreifender bitte!

und eine whitelist 21.08.2008 - 21:14
oh mein güte. tut mir leid, aber an manchen stellen ist dieser text einfach viel zu stumpf. von leuten, die sich mit jamaica und dancehall, bzw. reggae überhaupt nicht befasst haben. ihr holt hier einfach mit der holzkeule aus und fegt einmal über jamaica, während ihr die jamaicanischen artists dann auch noch mit neonazis vergleicht. herrlich!

alleine das wort "gutmensch" disqualifiziert schon. wer wissen will, wo dieses wort eigentlich seine verwendung findet, darf einmal auf die leserschaft der "welt" oder "pi-news" schauen.

mir ist klar, dass in jamaica ein großer homosexuellen-hass herrscht, der auch in morde mündete. doch ihr könnt hier nicht einfach eine ganze insel verunglimpfen. diese schwanz-ab geschichte höre ich auch schon oft genug im "emanzipierten" deutschland, wenn es z.b. um kinderschänder o.ä. geht. und mal ehrlich, auch in der "linken" bewegung gibts einige ziemliche spinner. wenn ich hier serviert bekomme, dass bullen und nazis z.b. aufgehängt werden sollten etc. dann ist das keinen deut besser als zu mord an homosexuellen auf zu rufen. "ein baum ein strick ein nazigenick"

und dann, werte/r verfasser/in, wäre es angebracht sich mit jamaica selbst zu befassen und zu informieren. jamaica hat die höchsten mordraten auf der welt. es herrscht ein wahnsinniges maß an kriminalität, weil es dort eine sozial total schwache struktur gibt. das ist geschichtlich und politisch bedingt. wusstet ihr denn, dass die beiden vorherrschenden politischen partein ein besonderes maß an wichtigkeit inne haben? erst einmal ist in jamaica homosexualität vom gesetz her strengstens verboten!!
und wie dort politik gemacht wird ist echt hart. die beiden partein jedenfalls kämpfen auf der straße mit der waffe um die macht. die partein sind dort eigentlich wie es die gangs aus l.a. bekannt sind aktiv. da kommen die leute kaum herum. das leben in jamaica ist wirklich ein hartes stück, zumal das kokain billig ist und überall irgendwelche kriminellen sich organisieren. schussgeräusche beispielsweise auf jamaicanischen cds sind oftmals aus versehen auf die platte gekommen, weil wieder einmal eine schiesserei am laufen war, während aufgenommen wurde... arbeit haben in den armen bezirken kaum menschen. wenn überhaupt scheint es so, dass dort sowieso nur frauen arbeit haben! den leuten geht es dort so verdammt beschissen und die homophobie ist nun mal leider das ventil des daily struggle. ich möchte euch einfach mal einen text, den ich aus einer diskussion im internet entnommen habe präsentieren. die rede stammt von einem berliner dj.



...well, within that whole discussion nobody should forget the jamaican real-life circumstances, the sufferation of the people, u know.
and its the dancehall where all that struggeling and sufferation comes out, its a kind of newspaper for the poor, the uneducated folks.
so we should be careful to judge them and the dancehall scene, it isnt our life, its not our struggle.
on the other hand, indeed me agrees totally ctbreaker, i dont like that "burn down all" and "bun down di battyman" it has absolute nothing to do with european life-circumstances (or the U.S. for instance) but we should never forget one important thing, homosexuality is forbidden in jamaica by law, strictly !!! and the gaybashing in the ja-dancehall scene or from some of dem bobo dreads is a product of that, u know. they dont know it better, these guys never learned anything else than battyboy = babylon and so dem reproducing what they have learned on the streets.

so what does it means for us ?
well at least to me it means i ve to listen their lyrics carefully, have to sort out for myself what i like and to what i dont agree within the lyrics.
maybe one improtant thing are the soundsystems, world wide. to speak of myself and friends who are working for sound systems we 've decided not to play any gay-bashing tunes or stuff like dat. me also tried to use no gay bashing stuff within my mixes, i dont want to support these hater lyrics. to me one of the worst thing in dances in europe is to see kids, jumping around with big spliffs in their mouth and dancing and singing to hater lyrics they even dont understand.
that culture-transfer doesnt works and is foolish...

so i would say, it shouldnt be an issue to upload such stuff here but everybody should be aware of what is going on there in the lyrics

oder Sean Paul: Die Menschen in Jamaika sind homophob. Die Leute hier wurden jahrhundertelang unterdrückt, dementsprechend hat sich auch eine sehr raue Kultur etabliert. Dancehall reflektiert unser gesellschaftliches Leben, ist die musikalische Entsprechung unserer Kultur. Es ist ein rough game, in dem es schwer ist, sich einen Namen zu machen und dauerhaft Erfolg zu haben. Deshalb sind die Texte der Künstler oftmals sehr krass und beleidigen manchmal Leute, die nicht in dieses Bild passen, zum Beispiel Homosexuelle. Es ist natürlich ein schmaler Grat zwischen künstlerischem Ausdruck und persönlichen Beleidigungen. Das kann man bedauern, aber ich liebe Dancehall in erster Linie für das, was er hier geleistet hat. Er holt die Kids von der Straße.



und bitte fasst das jetzt nicht falsch auf. ich verurteile diesen hass an schwulen und lesben. ich möchte auch, dass diese menschen sich sexuell entfalten können, wie sie es wünschen.


diese form von kritik jedoch, die hier gepflegt wird, ist einfach unangebracht.
ich möchte, dass sich mit diesem thema ein bisschen tiefgreifender befasst wird. es ist einfach eine ganze gruppe von menschen für etwas zu verurteilen. aber bitte einfach mal an der oberfläche kratzen und schauen woran das liegt. ihr könnt mir doch nicht im ernst verkaufen, dass eine ganze insel vollkommen bekloppt ist. außerdem ist es so, dass viele europäerInnen, die dancehall und reggae hören, nun mal das patois kaum verstehen und somit teils über lange zeiträume diese musik hören, ohne dass sie überhaupt genau verstehen, was in den texten reproduziert wird.


und hier mal beispiele für reggae und dancehall, in dem es ganz ohne schwulenhass herkommt. neben "blacklists" sollten auch "whitelists" geführt werden.



ganjaman
irie revoltes
dub incorporation
bob marley
sean paul
seeed
nosliw
nattyflo
culcha candela
mono&nikitaman
peter tosh
israel vibration
damian marley
babylon circus
d-flame
iriepathie
jammin inc
jan delay
martin jondo
sam ragga band

@tiefgründiger

hippiekacke 22.08.2008 - 13:29
" Deshalb sind die Texte der Künstler oftmals sehr krass und beleidigen manchmal Leute, die nicht in dieses Bild passen, zum Beispiel Homosexuelle. Es ist natürlich ein schmaler Grat zwischen künstlerischem Ausdruck und persönlichen Beleidigungen."

Du hast sie ja nicht mehr alle: Aufrufe zum Mord sind keine künstlerische Freiheit! Mir völlig egal ob der Sänger eine schwere Kindheit oder sonstiges hatte...
Wo tauchen bei euch Jamaikophilen eigentlich irgendwann mal die Lebensumstände von jamaikanischen Schwulen und Lesben auf? Stattdessen muss man sich ständig irgendwelchen Scheiß über das ach so schwere leben irgendwelcher faschistoider Macker anhören die auf Vollassi und dicke Hose machen. Echter Jamaika Lifestyle ist Underground und Schwul!


whitelist und blacklist

anarchosyndikalistin 22.08.2008 - 23:58
aus der "großen zeit" der jamaikanischen musik, so ca. 1963-85, ist mir kein einziger homophober tune bekannt. allerdings kam über die rastareligion etwa ab 1970 trotz revolutionärem gehabe teilweise ein konservativer und bisweilen sexistischer ton in den reggae.
die jamaikanischen eliten haben über lange zeit den leuten die homophobie gepredigt, homophobie ist gesetzlich legitimiert. ich möchte nicht wissen, wie hierzulande die ganzen homophoben wixer abgehen würden, bekämen sie dermaßen rückenwind vom staat wie auf jamaika.
zum kommentar von "geheim": schon wieder infostefan, oder?

@tiefgründiger

nonazinnowhere 27.08.2008 - 23:39
ich muss sagen, ich find die ergänzung sehr sinnvoll, natürlich können die wirklich üblen lebensumstände der menschen auf jamaika keine entschuldigung sein, aber so etwas muss mensch nunmal beachten, statt einfach mit einer verurteilung aller jamaikaner loszulegen!

aber was mir mehr als übel aufstösst, ist die aussage, das aufrufe zum töten von bullen (wobei ich da sogar noch partiell zustimmen würde) und vor allem aufrufe zum töten von nazis mit aufrufen zum töten von homosexuellen gleichzusetzen. was für ein grober unfug. das ist nichts anderes als die logische fortführung der "gewalt von links ist gleich gewalt von rechts" argumentation. es ist nämlich verdammt nochmal ein meilenweiter unterschied, ob ein arschloch einen menschen aus homophoben, rassisitschen, antisemitischen etc gründen umbringt, oder ob jemand einen nazi umbringt. so etwas gleichzusetzen, finde ich einfach nur übel.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 6 Kommentare an

whitelist ergänzung — Jud(A)z

Ubase auch auf Whitelist — Uhlenrasta

was geht — egal

tiefgründiger 2 — abc123