Adorno Zitat reicht für den Verdacht der Volksverhetzung

Martin Behrsing 28.03.2008 20:23
Absurde Gerichtsposse um die Herausgabe von IP-Adressen an die Staatsanwaltschaft Aachen geht weiter. Erwerbslosen Forum Deutschland soll Daten herausgeben, dessen Erhebung nicht erlaubt ist und es auch nicht besitzt.
Bonn/Aachen – Eine vom Erwerbslosen Forum Deutschland eingereichte Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgericht Aachen (1, 2 ) zur Herausgabe von Daten einzelner Mitglieder an die Staatsanwaltschaft, wurde nunmehr vom Landgericht Aachen als unbegründet verworfen. Gegen die Mitglieder wird mit völlig absurden und überzogenen Verdächtigungen wegen Volksverhetzung, Verdachts der Belohnung und Billigung von Straftaten ermittelt. Hintergrund sind Leserbeiträge (3 ) von Mitgliedern, die nach einer versuchten Geiselnahme (5. September) in der Aachener ARGE einer offensichtlich zum Tatzeitpunkt verwirrten Person, ein gewisses Verständnis für derartige Vorfälle äußerten. Unter anderem wurden die häufig auftretenden willkürlichen Sanktionen und Leistungseinstellungen der Hartz IV-Behörden für derartige Vorfälle verantwortlich gemacht.

Besonders pikant an der Sache: Ein von der Staatsanwaltschaft verdächtigtes Mitglied hatte ein Zitat von Theodor W. Adorno in seiner Signatur stehen und erschien unter jedem seiner zahlreichen und verschiedenen Beiträge. »Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten». Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland sagte dazu: »Das Gericht hat sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, den Sachverhalt zu prüfen, sondern hat völlig unkritisch die von der Staatsanwaltschaft konstruierten Vorwürfe übernommen. Jeder, der einmal in Internetforen gelesen hat, wird feststellen, dass viele Menschen Zitate in ihrer Signatur stehen haben und diese regelmäßig unter jedem Beitrag erscheinen. Die Staatsanwaltschaft selbst hat sich hier ein Armutszeugnis ausgestellt und zeigt damit deutlich, dass es ihr um objektive Strafaufklärung überhaupt nicht geht, sondern sie will ein Strafvorwurf konstruieren. Eine Ermittlungsbehörde sollte schon in der Lage sein, dass es sich mit den Dingen auskennt, wo sie ermittelt«.

Die 5. große Strafkammer kam weiter zu der Auffassung, dass die Daten (IP-Adressen) herauszugeben seien, weil der Verein als Betreiber eines Internetforums angeblich »gehört demjenigen Personenkreis an, der wie vor § 100 g Abs. 1 stopp a.F. gefordert – geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste erbringt…..das Vorhalten des Internetforums durch ihn erfolgt geschäftsmäßig für Dritte, da sich der Forumsbetrieb als nachhaltiges Angebot von Telekommunikation darstellt, ohne dass es bei seinem Betrieb auf eine Gewinnerzielungsabsicht des Betreibers ankäme», so das Gericht in der Begründung.

»Das Gericht setzt uns hier gleich mit z.B. der Telekom und unterstellt uns Telekommunikationsdienste. Dabei ignoriert es völlig, dass wir als Forenbetreiber überhaupt keine Daten speichern durften und dürfen, die Rückschlüsse auf persönliche Daten geben. Dazu zählen unter anderem regelmäßig die IP-Adressen. Es gibt auch kein Gesetz, dass dies einem Meinungsforumsbetreiber vorschreibt. Ganz im Gegenteil, wir müssen für so etwas die ausdrückliche Genehmigung des jeweils einzelnen Mitglieds haben. Standardmäßig ist unsere Software auch für so etwas gar nicht ausgerüstet. Wir sollen also Daten herausgeben, die wir erst gar nicht besitzen. Absurder kann es kaum noch gehen«, so Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland.

»Wie es jetzt weiter geht bleibt abzuwarten. Wir können jedenfalls keine Daten herausgeben, die wir nie besessen haben. Sorge haben wir schon, dass wegen dieser albernen und absurden Vorwürfe die Staatsmacht unsere Arbeit behindern wird, indem versucht wird, per Zwangsmittel uns zur Herausgabe der Daten zu zwingen oder gar unsere Internetplattform lahm legt, um die vermeintlichen Daten zu finden«, so Behrsing in Bonn. Derartige Daten würden auch in Zukunft nicht gespeichert, so die Initiative.
Diskutieren Sie mit im Forum - Beschluss des LG Aachen ist dort ebenfalls zu lesen!!!

(1, 2)  http://www.elo-forum.org/news-diskussionen-tagespresse/17537-erwerbslosen-forum-mit-voellig-ueberzogenen-ermittlungen-der-staatsanwaltschaft-konfron.html

(3)  http://www.elo-forum.org/news-diskussionen-tagespresse/15912-aachen-geiselnahme-jobcenter-unblutig-beendet.html

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Ergänzungen

Zeitungsartikel - Adorno im Visier

Lesende 29.03.2008 - 06:31
 http://www.jungewelt.de/2008/03-28/015.php?sstr=jelpke%7Cadorno


28.03.2008 / Inland / Seite 4

Adorno im Visier

Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Nutzer eines Erwerbslosenforums im Internet. Betreiber soll Daten herausgeben, die er nicht besitzt
Ulla Jelpke
Als Betreiber eines Internetforums soll das Erwerbslosenforum Deutschland nach einem Beschluß des Landgerichts Aachen die IP-Adressen von Mitgliedern für strafrechtliche Ermittlungszwecke an die Staatsanwaltschaft herausgeben.

In dem Internetforum wurde von Mitgliedern die versuchte Geiselnahme durch eine offenbar geistig verwirrte Person im Aachener Jobcenter am 5. September 2007 kommentiert. Dabei sei laut Forums-Sprecher Martin Behrsing »ein gewisses Verständnis für derartige Vorfälle« geäußert worden. So hätten die Diskutierenden »die häufig auftretenden willkürlichen Sanktionen und Leistungseinstellungen der Hartz-IV-Behörden« für derartige Vorfälle verantwortlich gemacht. Für die Aachener Staatsanwaltschaft Grund genug, um wegen Volksverhetzung sowie Verdachts der Belohnung und Billigung von Straftaten gegen die Autoren der Leserbeiträge zu ermitteln.

Das Amtsgericht beschloß, daß das Erwerbslosenforum der Staatsanwaltschaft Daten einzelner Mitglieder zur Verfügung stellen müsse. Eine Beschwerde der Initiative hiergegen wurde zu Wochenbeginn vom Landgericht Aachen als unbegründet verworfen, weil das Forum »geschäftsmäßig« Telekommunikationsdienste erbringe und daher nach Paragraph 100 g Absatz 1 StPO die IP-Adressen herausgeben müsse. »Das Gericht setzt uns hier gleich mit der Telekom und unterstellt uns Telekommunikationsdienste«, kommentierte Forums-Sprecher Behrsing am Donnerstag. »Dabei ignoriert es völlig, daß wir als Forenbetreiber überhaupt keine Daten speichern durften und dürfen, die Rückschlüsse auf persönliche Daten geben.« Weder hätten die Forumsbetreiber die notwendige Genehmigung der einzelnen Mitglieder zur Speicherung der IP-Adressen noch die dafür benötigte Software. »Wir sollen also Daten herausgeben, die wir gar nicht besitzen. Absurder kann es kaum noch gehen«, so Behrsing.

Oder doch? Ein von der Staatsanwaltschaft verdächtigtes Forumsmitglied hat ein Zitat von Theodor W. Adorno in seiner Signatur stehen. Dieses ist nun ebenfalls zum Inhalt des Ermittlungsverfahrens geworden. »Ich fürchte mich nicht vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Faschisten, sondern vor der Rückkehr der Faschisten in der Maske der Demokraten«, lautete die Aussage des berühmten Frankfurter Mentors der 68er-Bewegung. Mit der Jagd auf das Adorno-Zitat habe sich die Staatsanwaltschaft endgültig ein Armutszeugnis ausgestellt, so Behrsing. Hier gehe es nicht um objektive Strafverfolgung, sondern um die Konstruktion eines Strafvorwurfs.

Auszug aus Wikipedia:

arsch 29.03.2008 - 13:20
Die Frist für die Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung ist gemäß Artikel 15 Absatz 1 der Richtlinie am 15. September 2007 abgelaufen, darf allerdings für die Dienste Internetzugang, Internet-Telefonie und E-Mail bis längstens zum 15. März 2009 aufgeschoben werden. Hierzu ist eine besondere Erklärung der Mitgliedsstaaten notwendig. Eine solche Erklärung haben 16 der 25 Mitgliedsstaaten abgegeben, darunter Deutschland und Österreich.

Der Gesetzestext nimmt auch Privatpersonen von der Pflicht zur Speicherung nicht aus, etwa wenn sie kostenlos einen öffentlichen WLAN-Zugang oder einen E-Mail-Dienst anbieten. Dagegen sind Anbieter von Webseiten, Webspace (Hosting), Foren und Chat-Diensten nicht betroffen. Anbieter von Internetzugängen, Internet-Telefonie und E-Mail sind erst ab dem 1. Januar 2009 zur Speicherung verpflichtet; mehrere Provider haben angekündigt, diese Übergangsfrist wahrzunehmen.[12] Alle anderen Anbieter können erst ab dem 1. Januar 2009 wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt werden, wenn sie der Speicherpflicht nicht nachkommen (§ 150 Abs. 12b TKG).

Meinungsfreiheit war gestern

Sandkastengorilla 29.03.2008 - 14:07
Das Adornno-Zitat stammt aus einer Zeit, in der der §130 (Volksverhetzung) noch nicht so schwammig gefasst war, wie heute.
Wieso dieses Zitat den Sraftatbestnd erfüllen soll, erschliesst sich mir zwar trotzdem nicht, das bedeutet aber nichts.
Der Paragraf ist auslegungsfähig und sehr dehnbar, weshalb die derzeitige Fassung auch unter Juristen umstritten ist.
Selbst wenn es für eine Verurteilung am Ende nicht reicht, für Ermittlungen langt es allemal.

gulli.com bericht

bösewicht 29.03.2008 - 14:23
 http://www.gulli.com/news/volksverhetzung-im-internet-2008-03-26/

schaut euch sonst mal auf der seite um. ich denke gulli.com und das forum muss man kennen. in etwa so etwas, wie die "linken internetpiraten" deutschlands

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Absurdistan

A. Bsurd 29.03.2008 - 13:17
Da sind wir also endlich in der Bananenrepublik Absurdistan angekommen. Etwas derart lächerliches habe ich noch nie gelesen. Wegen eines Kommentares in einem Forum sollen Menschen angeklagt werden, und das gleich wegen Volksverhetzung. Wie wäre es denn, wenn mal unsere Herren Richter und Staatsanwälte sich auf bestimmten Seiten des rechten Sprektrums umschauen würden. Da gibt es mehr als genug zu holen. Aber nein, stürzen wir uns auf die Hartz 4 Empfänger. Ich glaube die Meinungsfreiheit ist damit tot. In zukungt wird man für alles was man sagt verurteilt werden.
Übrigens, also so wie ich es verstanden habe müsst noch keine Daten sammeln. Es gibt doch diese Übergangsfrist für Firmen bis ich glaube 2009. Die muss natürlich auch für andere gelten.
Außerdem wird im Moment noch von den Verfassungsrichtern geprüft, ob die Sammelwut überhaupt mit dem Grundgesetz vereinbar ist.
Also lasst euch da mal nicht einschüchtern.

So, und nun lass ich es auch gerne drauf ankommen.
Scheiß Staat, ihr könnt mich mal, Vorratsdatenspeicherung, ihr habt wohl den Arsch offen.
Verständnis für alle Amokläufer in Hartz IV Ämtern. Solidarität mit den Opfern des Merkel-Regimes!

Der deutsche Staat - Nazifreund!

auslaender 29.03.2008 - 15:41
Wurden nicht schon seit dem Wiederaufkommen der Nazis in Deutschland gerade die Antifas wegen Darstellung zerbrochener oder durchgestrichener Hakenkreuze verfolgt?

Passt alles schön zusammen. Von Nazifreunden und NPD-Helfern wegen Volksverhetzung angeklagt zu werden, das ist schön. Irgendwann werden sogar die deutschen Linken merken, dass mit der staatlichen Gesellschaftsordnung, mit der Staatlichkeit, grundsätzlich etwas nicht stimmt!

Bitte Überschrift ergänzen:

Ich 29.03.2008 - 18:09
Adorno Zitat reicht für den Verdacht der Volksverhetzung