Lüneburg : Nazis greifen Spontandemo an

(muss ausgefüllt werden) 29.11.2007 21:12 Themen: Antifa
Am Nachmittag des 21. November fand in der Lüneburger Innenstadt eine spontane Solidaritätsdemonstration für den am 11. November in Madrid ermordeten spanischen Antifaschisten Carlos P. statt.
Nachdem sich ca. 30 jugendliche AntifaschistInnen auf dem Platz “Am Sande” versammelt hatten, startete die Demonstration und es wurden Flugblätter verteilt. (Text ist unter dem Artikel zu finden) Durch eine von Lüneburgs Einkaufsstraßen ging es in Richtung "Temple of Football", einem der beiden Lüneburger Geschäfte, dessen Inhaber in der rechten Szene aktiv sind. Das Geschäft betreibt auch einen Online-Mailorder , u.a mit Artikeln der Marken “Thor Steinar”, “Einherjer” und “Maximum H8”. Während die Demo vor dem “Temple” einen kurzen Zwischenstopp gemacht hatte und die Nachbarschaft beschallte, begaben sich drei bis vier Herrschaften inklusive Kampfhund aus dem Laden, darunter auch der Inhaber Christian Sternberg, der in einem folgenden Wortwechsel seine rechte Gesinnung dementierte. Einer der herausgestürmten Kameraden drohte einer Person Schläge an, weil diese versuchte Fotos von den Beteiligten zu machen, wurde dann aber von einem anderen Kameraden zurückgehalten.
Durch das Blockieren der Straße wurden einige Passanten auf den Vorfall aufmerksam und warteten das Geschehn ab. Nach ein paar weiteren Wortgefechten zogen die AntifaschistInnen weiter in Richtung Innenstadt, zum zweiten Geschäft der Lüneburger Naziszene. Die Route verlief quer durch die Innenstadt, wo weiterhin Flyer verteilt werden konnten und Passanten auf die Demo aufmerksam wurden. Selbst hier schien die Demonstration noch niemanden zu stören, die Polizei war weit und breit nicht zu sehen. So zogen die AntifaschistInnen bis in das “Stint-Viertel” von Lüneburg.
In der Straße des Tattoostudios "Black Crow", dessen Besitzer Paul Plagemann neben einem rechten Klientel auch gute Verbindungen zur NPD Niedersachsen unterhält, angekommen und mittlerweile in Begleitung von zwei Polizisten, zeigte mensch demonstrativ seine Anwesenheit und hielt Transparente vor die Schaufenster des Studios. Plötzlich begaben sich unerwartet 3-4 Personen aus dem Laden heraus und ein bekannter Naziskin sprühte ohne jede Vorwarnung Reizgas/Pfefferspray in die Menge der jugendlichen Antifaschisten und traf ebenfalls die zwei Polizisten.
Die Situation wurde glücklicherweise dank eines engagierten Bürgers auf Video festgehalten und ist fast mit den Szenen aus Wismar, als Nazis eine antifaschistische Demonstration mit Baseball-Schlägern angreifen wollten und nur von Polizisten mit gezückten Waffen aufgehalten werden konnten, zu vergleichen. Ob es zu einer Veröffentlichung des Videos kommen wird, wird sich noch zeigen.
Das versprühte Reizgas/Pfefferspray brannte den AntifaschistInnen sofort in den Augen, der Nase und auch auf den Lippen, sodass die Demo sich zur nächsten Straßenkreuzung zurückzog. Nachdem alle Reizungen notdürftig behandelt wurden, meldeten sich auch schon die beiden Polizisten, die inzwischen auf der Suche nach einem Veranstalter für die Demonstration waren, diesen jedoch nicht finden konnten. Mit dem Konsens das Vorgefallene mit Hilfe des aufgenommenen Videos zur Anzeige zu bringen, wurde diese Nichtveranstaltung beendet und mensch besuchte den Augenarzt, um sich ein Attest zu den entstandenen Augenreizungen aushändigen zu lassen oder ging seine Wege.

Das regionale Tagesblatt “Lüneburger Landeszeitung”, an dessen Pressestelle die Demonstration auch vorbeigelaufen war, berichtete einige Tage später ohne die Inhalte der Aktion anzusprechen in folgender Weise :

“Streit zwischen Rechts und Links – Mitglieder der rechten und linken Szene gerieten sich am Mittwochnachmittag in die Haare. Die Polizei bestätigt, dass mehrere Demonstranten vor einem Tattoo-Laden in der Lüner Straße protestiert haben. Daraufhin kamen mehrere Männer heraus, einer soll mit Pefferspray in die Gruppe gesprüht haben. Die Polizei ermittelt wegen des Verdachts auf gefährliche Körperverletzung. Der Betreiber des Geschäfts soll nach Informationen der Antifa kürzlich auf dem NPD-Parteitag in Hannover als Redner aufgetreten sein.”
(LZ vom Freitag, den 23.11.07)



Text des Flugblattes :

KEIN VERGEBEN ! KEIN VERGESSEN !
- Jugendlicher Antifaschist in Madrid ermordet -

Am Morgen des 11.11.2007 fand in Madrid eine Demonstration der neofaschistischen „Democratia National“ statt. Gegen diesen Aufmarsch von Rechtsextremisten protestierten viele Menschen, so auch der 16jährige Carlos P. Gemeinsam mit FreundInnen machte er sich auf den Weg, um an einer Gegenkundgebung teilzunehmen, doch kam er dort nie an. In der Metrostation Legazpi kam es zu einer Auseinandersetzung mit Neonazis. Einer von ihnen, ein 24jähriger Ex-Soldat, stach mit einem Messer auf die Antifaschisten ein. Der junge Carlos erlitt einen Stich ins Herz und starb ca. 2 Stunden später am Ort des Geschehens. Andere AntifaschistInnen wurden schwer verletzt, u.a. durch Lungendurchstich, und lagen tagelang im Krankenhaus. Anschließende Proteste, auch spontan angemeldete Trauerveranstaltungen wurden von der Polizei gewaltsam aufgelöst und teilweise mit Gummigeschossen angegriffen, sodass weitere Antifaschisten verletzt wurden.

Die spanische Presse verschleiert den politischen Hintergrunddes Mordes und bezeichnet die Vorfälle als „Bandenauseinandersetzung“. Internationale Presseagenturen berichten kaum oder gar nicht über die Vorfälle, so auch in Deutschland. Es sind nur sehr vereinzelt Pressemeldungen über den Mord von Madrid zu finden.

Wut und Trauer zu Widerstand !
Kampf dem Faschismus – immer und überall !

(Quelle :  http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26597/1.html und andere)
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Ergänzung

Lüneburg 30.11.2007 - 08:27
Es ist erst einmal positiv zu bewerten, dass junge Leute sich engagieren und etwas gegen Nazis unternehmen.
Allerdings ist die Anzeige gegen die Nazis absolut falsch gewesen. Zum einen wird etwas an die Polizei delegiert, die ja nun nicht zu den antifaschistischen Vorkämpfer_innen gehören. Das sollte die Antifa schon selber erledigen. Auch kann Polizei und Staatsanwaltschaft gegen die Demoteilnehmer_innen ermitteln. Ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz liegt durchaus vor. Das Flugblätter und ein Transparent mitgeführt wurden, spricht gegen eine "spontane" Aktion. Auch werden die Nazis jetzt die Namen und Adressen der beteiligten Demoteilnehmer_innen bekommen. Trotz der Anzeige gegen sie, werden sie sich sehr über diese Infos freuen. Bei einer vernünftigen Vorbereitung hätte im vornherein geklärt werden müssen, das in einer brenzlichen Situation sich entsprechend gewehrt oder einfach weiter gegangen werden sollte.

Weiterer Zeitungsartikel aus LG

Informantin 30.11.2007 - 08:35
Landeszeitung (Lüneburg), 28. November 2007

Zentrum der Rechten
Neonazis und NPD arbeiten in der Region eng zusammen

ca Lüneburg. Für den Verfassungsschutz gilt Roman Greifenstein als "überzeugter Neonazi". Der Ultra soll für die NPD als Kandidat für Lüneburg in den Landtagswahlkampf ziehen. Er ist der Anführer einer Truppe, die sich "Freie Kräfte Munster" nennt und immer wieder bei Aufmärschen der rechten Szene dabei ist. Die Antifa behauptet, dass Greifenstein wegen Gewaltdelikten einschlägig bekannt ist. Er ist kein Einzelfall, die NPD und die als militant und gefährlich geltende Kameradschaftsszene machen seit geraumer Zeit gemeinsame Sache.

Einen Überblick über den rechtsextremen Rand und die Landtagswahl geben die Antifaschistische Aktion, das AStA-Politikreferat und das Netzwerk gegen Rechtsextremismus morgen, Donnerstag, von 20 Uhr an im Hörsaal 3 der Uni.

Referent Olaf Meyer berichtet, dass die Region ein Schwerpunkt des Rechtsextremismus sei. In Handorf wohnt Bauunternehmer Manfred Börm, der den bundesweiten Ordnerdienst der NPD koordiniert. Der Amelinghausener Malte Holzer engagiert sich in der Landesgeschäftsstelle der NPD. In Schneverdingen musste die Polizei am Montagabend gegen Mitglieder der rechten Szene Platzverweise aussprechen, sie hatten eine Info-Veranstaltung zum Thema "Was tun gegen Neonazis?" gestört. In dem Heideort sorgen die rechtsextremen Snevern Jungs für Aufsehen. Es gibt beste Verbindungen der Rechten nach Mecklenburg. Zwischen Neuhaus und Hagenow agieren etwa Thomas "Steiner" Wulff, ein Kopf der braunen Aktivisten, und Udo Pastörs, der für die NPD im Schweriner Landtag sitzt.

Die lokale NPD gibt sich bürgerlich. Christian Berisha, der eine Skinhead-Karriere hinter sich hat, sitzt für die UWL im Lüneburger Kreistag. Die Antifa will ihm bei der Heimattreuen Deutscher Jugend gesehen haben. Die HDJ hält Feldlager ab. Im Sommer trafen sich Kinder in der Heide, mit dabei war auch Manfred Börm.

Der Verfassungsschutz hat auch Paul Plagemann im Visier. Der betreibt in Lüneburg ein Tätowierstudio. Behördensprecherin Maren Brandenburger sagt: "Auch er ist ein Beispiel für das Zusammenspiel zwischen NPD und Neonaziszene." Plagemann durfte beim NPD-Parteitag in Hannover mit auf die Bühne. Meyer sagt: "Er stand da mit Leuten wie Molau, Worch und Riefling." Molau ist NPD-Spitzenkandidat, Christian Worch hat Neonaziaufmärsche in Lüneburg organisiert, und Dieter Riefling wurde unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilt.

Nachfrage Plagemann

Ian Derrik Meller 30.11.2007 - 13:53
... meint ihr den Plagemann der ursprünglich aus Banzin (Mecklenburg-Vorpommern) kommt? Siehe Foto im Antifaschistischen Infoblatt Nr. 57 Seite 33, unten rechts?

Den mit dem Pfefferspray

Thorsten 30.11.2007 - 14:47
würde ich anzeigen; die Beweislage gegen ihn scheint ja wie Ihr es schildert erdrückend zu sein! Holt doch einfach mal juristischen Rat ein und dann macht Nägeln mit Köpfen! Auch die Justiz ist eine wirksame Waffe!

Zu Paul - Pauli - Plagemann

Kalle Blomquist 30.11.2007 - 14:56
Plagemann ist seit Mitte der 1980er Jahre in der Lüneburger Naziszene aktiv. Er gehörte zunächst zur Skinheadszene und unterhielt Kontakte zur FAP. Seit mehreren Jahren betreibt er seinen Tattooladen "Black Crow" in der Lüner Str.. Ob er in Banzin (Meck-Pom) lebte ist nicht bekannt, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Auf dem Foto im AIB Nr. 57 (Seite 33) ist er zu sehen.
Paul Plagemann ist am 11.01.1971 in Neu Guinea geboren und ist gelenter Gas- und Wasserinstallateur.

Lob und Kritik

Antifa aus der Umgebung 30.11.2007 - 15:42
Die Aktion in Lüneburg ist ausdrücklich zu begrüßen und es ist gut, wenn sich jugendliche Antifas selbstorganisiert gegen die Nazis stellen. Das dabei auch Fehler passieren ist leider nicht immer zu vermeiden. Hier bedarf es einer solidarischen Kritik von "älteren" Antifas, die mehr Erfahrung haben und gewisse Aktionen besser einschätzen können.

Das hier aber eine Anzeige bei den Bullen als richtige Verhaltensweise und gar als "Waffe" gegen Nazis propagiert wird, geht doch entschieden zu weit und hat mit antifaschistischer/linksradikaler Theorie und Praxis gar nichts zu tun.

Die in diesem Fall beschriebenen Ereigisse indizieren einmal mehr die Notwendigkeit einer kritischen Auseinandersetzung um den Umgang mit dem staatlichen Repressionsapparat. Dabei zeichnet sich leider auch in einigen - zumeist unorganisierten - Antifa-Zusammenhängen ein ambivalentes Verhältnis zu den Verfolgungsbehörden ab. Während sie einerseits wegen der Verfolgung von MitstreiterInnen abgelehnt und verachtet werden, ist anderseits eine teilweise sehr unreflektierte Nutzbarmachung der Justitz zu verzeichnen, wenn es bzw. darum geht, eine Verurteilung von Neonazis zu erwirken. Diese Instrumentalisierung des Systems zeugt von einer zu engen Betrachtungsweise, die den Hintergrund völlig außer acht läßt unter dem juristische Abläufe von statten gehen. Es mag verständlich sein, "Gerechtigkeit" zu suchen. Bedient sich mensch zu diesem Zweck aber der Mühlen der herrschenden Gerichte, brechen unweigerlich Widersprüche zum eigenen linksradikalen Selbstverständnis auf, weil die Berufung auf geltende Gesetze die bestehenden Verhältnisse anerkennt, bestätigt und verfestigt - und das will ja hoffentlich niemand von uns!
Antifa sollte anders aussehen!

@ Antifa aus der Umgebung 30.11.2007 - 14:4

egal 30.11.2007 - 18:41
du hast geschrieben:
"Bedient sich mensch zu diesem Zweck aber der Mühlen der herrschenden Gerichte, brechen unweigerlich Widersprüche zum eigenen linksradikalen Selbstverständnis auf, weil die Berufung auf geltende Gesetze die bestehenden Verhältnisse anerkennt, bestätigt und verfestigt - und das will ja hoffentlich niemand von uns!"
ich sehe das überhaupt nicht so, wie kommst du auf dieses schmale brett???
das bestehende system kann einem sehr wohl zu nutze gemacht werde. ich kenne derzeit nicht zwingend bessere systeme, du vielleicht?
alles was irgendwie mal von linker politik geprägt war, ist vor die hunde gegangen.

Auch in Amelinghausen betreibt

ein Nazi 01.12.2007 - 16:07
seinen neuen Fahrradladen.Der Dicke arbeitete vorher in Lüneburg und betreibt nun seit einem guten Jahr sein eigenes Geschäft.Er pflegt ebenfalls sehr gute Kontakte zur Lüneburger Naziszene und arbeitet auch aktuell im Wahlkampf der NPD mit.Das Geschäft nennt sich übrigens
Zweiradsport Meine.Also auch auf dem Lande die Augen auf!!

Kneipenbesucher aus

Lüneburg 09.12.2007 - 11:07
In der vergangenen Nacht hat eine kleinere Gruppe von Nazis in der Innenstadt randaliert,es wurden Leute angegriffen und Hetze von den Nasen verbreitet.Unter den Faschos war auch ein stadtbekannter Nazi aus Vögelsen bei Lüneburg!!!!Fight back Zu Zweit hatten wir leider keine Möglichkeit

Zweiradsport Meine hat wieder geöffnet

und der Nazi 14.01.2008 - 11:00
macht keinen entspannten Eindruck! Auch auf dem Lande keine Ruhe den Faschisten,wir haben dich auf dem Schirm.Augen auf in Amelinghausen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 12 Kommentare an

Solidarität — mit den

... man man man leute! ;) — Subcomandante Marcus

Relativierung... — Mein Name

Manmanman! — xStraight-Edgex

@ Ian Derrik Meller — mensch

oh man — jup

naja — captain blaubär

ja immer — weiter so...

??? — anmerckung

antifa heißt kluger angriff — das krokodil