08.12.: Nazidemo in Bautzen//Gegenaktivitäten

Mensch aus Ostsachsen 27.11.2007 00:05 Themen: Antifa
Am 08. Dezember 2007 mobilisieren Neonazis aus dem Umfeld des ehemaligen „Lausitzer Aktionsbündnis“ zu einer Demonstration in das ostsächsische Bautzen unter dem Motto „Menschenrecht bricht Staatsrecht - Freiheit für alle nationalen Gefangenen“. Eine sächsische Antifavernetzung ruft zu einer Gegendemo auf.
Die sächsische Stadt Bautzen ist bekannt für ihre Senfspezialitäten und eine ausgeprägt gepflegte sorbische Kultur und Brauchtum. Die Altstadt mit ihrer bekannten Schloss-Silhouette ist ein Touristenmagnet. Malerische Kleinstadt-Idylle.

Bautzen ist aber auch eine Stadt in Ostsachen – und damit neben Hoyerswerda, Zittau und Görlitz Schwerpunkt der regionalen Neonaziaktivitäten. Am 08. Dezember steht aus Sicht der Neonazis der nächste Höhepunkt an: eine Demonstration in Bautzen unter dem Motto „Menschenrecht bricht Staatsrecht - Freiheit für alle nationalen Gefangenen!“


Verdrehte Opferrollen


In ihrem Aufruf zur Demonstration am 08. Dezember stellen sich die Neonazis als vermeintliche Opfer staatlicher Repression dar. Dies gehe bis zur Entziehung von Menschenrechten, wie bspw. der Meinungsfreiheit. Dabei würde gegen Personen und Gruppen vorgegangen, die fern ab einer nicht weiter konkretisierten „menschenverachtenden Ideologie“ der BRD „nach einer Zukunft suchen“. In dem Aufruf wird weiterhin Solidarität mit den „Kameraden“ gefordert, die als Opfer der Repression in Gefängnissen schmachten würden.

Auf der Mobilisierungsseite zum 08. Dezember ist eine Liste der rechtsextremen HNG (Hilfsgemeinschaft für Nationale Gefangene) von „politischen Gefangenen“ herunter ladbar. Auf der Liste finden sich einschlägige Nazis wie z.B. Ernst Zündel – ein unter anderem wegen Volksverhetzung verurteilter Holocaustleugner und Geschichtsrevisionist. Ebenso auf der Liste vertreten ist der bekennende Nationalsozialist und ebenfalls wegen Volksverhetzung verurteilte Axel Reitz aus Nordrhein-Westfalen.

Die Demonstration am 08. Dezember wird nicht die Erste ihrer Art sein. Bereits im Jahr 2005 fanden im brandenburgischen Senftenberg und 2006 in Lübben (Brandenburg) Demonstrationen unter dem gleichen Motto statt. Als Veranstalter war jeweils, wie auch in Bautzen, die „AG 'Repression' im freien Widerstand der Lausitz“ angegeben. Nach dem bisherigen Stand ist die Demonstration der Neonazis am 08. Dezember in Bautzen verboten – dagegen wurde jedoch Klage eingereicht. Dass diese durchaus erfolgreich sein kann, zeigt sich mit Blick auf Senftenberg 2005 und Lübben 2006. Auf den Mobilisierungs – Seiten zu den Demos ist als „Rechtsstatus“ „derzeit verboten“ angegeben, beide Aufmärsche fanden aber dennoch statt. Dass es für die Region um Bautzen durchaus Mobilisierungspotential gibt, zeigte ein unangemeldeter Fackelmarsch am 23. November im nur 40 Kilometer entfernten Hoyerswerda – ohne offene Mobilisierungsmöglichkeiten versammelten sich etwa 150 Neonazis in der ostsächsischen Kleinstadt ( http://de.indymedia.org/2007/11/200566.shtml).


Regionale Strukturen


Der Aufmarsch am 08. Dezember wird aus Sicht der Neonazis der Höhepunkt zahlreicher rechter Aktivitäten und Vorfälle in und um Bautzen sein. So wurden im Juli 2007 elf „Stolpersteine“ zum Gedenken an die Schicksale zweier jüdischer Familien, die im Nationalsozialismus ermordet wurden, bereits einen Tag nach ihrer Verlegung mit Teer übergossen. Plakate und Sprühereien zum Gedenken an den wegen Kriegsverbrechen verurteilten „Stellvertreter Adolf Hitlers“ Rudolf Heß sind in Bautzen genauso zu finden, wie Flugblätter der NPD Jugendorganisation JN.

Es ist davon aus zu gehen, dass die Demonstration in Bautzen organisiert wird vom ehemaligen „Lausitzer Aktionsbündnis“, welches inzwischen jedoch weitgehend in Strukturen der JN übergegangen ist. Dies geschah unter dem Druck von steigender Repression, außerdem wurde so einem möglichen staatlichen Verbot zuvorgekommen. Der ehemalige Führungskader des „Lausitzer Aktionsbündnis“ Sebastian Richter ist inzwischen Mitglied im JN-Bundesvorstand.

Von großer Wichtigkeit in der regionalen Neonaziszene ist die Informationsplattform lausitz-infos.net, welche unter dem Label „Nationale Sozialisten Lausitz“ betrieben wird, sowie die in Kooperation mit freie-offensive.net und antikap.de betriebene Internetseite „Jugendoffensive“.

Die propagierte ideologische Perspektive dieser Zusammenhänge ist dabei der „Nationale Sozialismus“. Auf Plakaten werden auch weniger klassisch rechts erscheinende Themen wie Castortransporte, Wasserprivatisierung und Polizeigewalt aufgegriffen. Argumentiert wird jedoch immer mit einem offenen oder teilweise verborgenen völkischen, nationalistischen, antisemitischen oder rassistischen Hintergrund. Die namentliche Ähnlichkeit der Forderungen nach „Nationalem Sozialismus“ und dem historischen Nationalsozialismus ist damit kein Zufall, sondern vielmehr politische Strategie.


Ostsächsischer Alltag//Neonazigewalt in Bautzen


Neben politischen Aktivitäten von Seiten der Neonazis wurden von der Antifa Bautzen 2007 bereits zahlreiche rechts-motivierte Übergriffe und Pöbeleien registriert, wobei die auf der Internetseite der Bautzener Antifa abrufbare Chronik rechter Aktivitäten und Übergriffe keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt.

Vorallem beteiligt an Gewalttaten in und um Bautzen sind die Mitglieder der lokalen Kameradschaft „Sturm 24“. Sie bedrohten z.B. bei einem Gerichtsverfahren im Februar 2007 wegen eines Übergriffs auf eine Gruppe Punker Zeugen des Überfalls noch im Gerichtssaal. UnterstützerInnen wurden vor Beginn der Verhandlung derart von den Neonazis eingeschüchtert, dass sie nicht mehr der Verhandlung beiwohnten. Eine Revisionsverhandlung im Juni 2007 wurde nach Drohungen auf offener Straße und Drohanrufen gegen Zeugen des Übergriffes nur unter umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen abgehalten. Der Angeklagte Neonazi Sandro Ronneburger bedrohte samt Begleitung anschließend ProzessbeobachterInnen vor dem Gerichtssaal. Später jagten Neonazis eine Prozessbesucherin in der Stadt.

Darüber hinaus entwickelt sich in Bautzen eine vielseitige Neonazi-Subkultur, von Musik (z.B. von der Bautzener Naziband ASATRU) über Tattooshops bis hin zu Bekleidungsgeschäften und Verbindungen ins Türstehermilieu.


Aktivitäten gegen den Naziaufmarsch//Antifagruppen mobilisieren zu Gegendemo


Ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus Parteien, Verbänden und Gewerkschaften plant für den 08. Dezember ein Bürgerfest gegen den Neonaziaufmarsch unter dem Motto „Bautzen bleibt bunt“.

Eine sächsiche Antifavernetzung mobilisiert dagegen zu einer Gegendemo unter dem Motto „Let's do it here – Let's do it now. Naziaufmarsch stoppen“. In Aufruf zur Gegendemo kritisieren die beteiligten Antifa-Gruppen, dass am 08. Dezember durch die Neonazis für eine Meinungsfreiheit geworben werden solle, „in der Antisemiten, Holocaustleugner und auch gewalttätige Neonazis unbehelligt propagieren und agieren können.“ In provinziellen Regionen in denen in der Auseinandersetzung mit Neonazis kaum Antifa- oder zivilgesellschaftliche Strukturen bestehen, wäre damit „eine totale Neonazihegemonie hergestellt. Denn in zivilgesellschaftlich strukturarmen Regionen gelten juristische Mittel oft als die letzte verbleibende Möglichkeit, um gegen zumindest einzelne Neonaziumtriebe vorzugehen.“

Mit der Demo in Bautzen solle ein klares Zeichen gegen eine sich „fortschreitenden Ausbreitung einer völkischen und rassistischen Jugendsubkultur“, sowie rechtsmotivierter Gewalt gesetzt werden.

Die Auseinandersetzung mit Neonazis könne darüber hinaus nicht losgelöst betrachtet werden von „antisemitische(n), rassistische(n) und nationalistische(n) Tendenzen auch in den Teilen der Gesellschaft, die gemeinhin als die 'Mitte' bezeichnet werden“ - „die Auseinandersetzung muss demzufolge auch dort angesetzt werden, wo der stumpfe Nationalismus in bürgerlichen deutschen Wohnstuben seinen Anfang nimmt.“
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Ergänzungen

Ergänzung

ErgänzerIn 27.11.2007 - 13:15

für t-shirts

stencilmaker 27.11.2007 - 18:07
für eure t-shirts, oder auch nicht

und noch eins

nochmal 27.11.2007 - 18:24
und noch eine

Antifademo

in Bautzen 27.11.2007 - 22:58
Antifademo - Let's do it here!Let's do it now!Den Naziaufmarsch in Bautzen stoppen

Treffpunkt: Bautzen / 13.00 Uhr - Theaterplatz


Magenschmerzen

Magen 01.12.2007 - 20:26
Zitat 1:
In ihrem Aufruf zur Demonstration am 08. Dezember stellen sich die Neonazis als vermeintliche Opfer staatlicher Repression dar. Dies gehe bis zur Entziehung von Menschenrechten, wie bspw. der Meinungsfreiheit. Dabei würde gegen Personen und Gruppen vorgegangen, die fern ab einer nicht weiter konkretisierten „menschenverachtenden Ideologie“ der BRD „nach einer Zukunft suchen“.

Zitat 2:
Dies geschah unter dem Druck von steigender Repression, außerdem wurde so einem möglichen staatlichen Verbot zuvorgekommen.

Also hat die Fascho-Demo schon ihre Berechtigung, oder etwa nicht?

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