Freiräume erhalten - neue Welten gestalten

Malah Helman 07.10.2007 14:56 Themen: Freiräume Kultur
Köpi, Schwarzer Kanal, Rigaer94, Liebigstr. 34: Die Liste lässt sich fortsetzen. Immer mehr alternative Kultur- und Wohnprojekte sind durch Räumung und Profitinteressen bedroht.
Während der Hochzeiten des Kreuzberger Häuserkampfs in den 80ern waren 165 Häuser besetzt. 1996 gab es in Berlin um die 700 Bauwagen. In der Wendezeit und danach nutzten Viele - vor Allem aus West-Berlins - den hohen Leerstand in unsanierten Altbauten des Ostens, um Häuser zu besetzen. Die Besetzungswelle endete mit Straßenschlachten in der Mainzer Straße - vorläufig. Viele der Häuser wurden durch die Polizei geräumt. Die verbliebenen Freiräume in Crossmountain und Fredericksgrove sind durch die neoliberale Stadtumstrukturierung bedroht.

Die Geschichte zur Versteigerung der Köpi liest sich wie ein zweitklassiger Krimi, der alle Abgründe des Immobiliengeschäfts erahnen lässt. Auch der Frauen-Lesben-Transgender-Wagenplatz Schwarzer Kanal, der 2002 der neuen ver.di-Bundeszentrale weichen und umziehen musste, ist bedroht. Dort und in der Köpi finden regelmässig unkommerzielle Veranstaltungen statt. Wer einmal dort war, weiß welch wunderbare Abende und Nächte man dort verleben kann, abseits von Konserve und Mainstream. Nachbarn wie das Deutsche Architektur Zentrum (DAZ) beklagen die mangelnde Verwertungslogik. Sie können mit alternativer Stadtplanung offenbar nichts anfangen. Im März wurde die Räumungsaufforderung für den Schwarzen Kanal vorm Oberverwaltungsgericht bestätigt. Immer wieder wird ein Ersatzgelände gefordert, bislang ohne Erfolg. Vor Kurzem wurde daher ein Grundstück an der Cuvrystraße symbolisch besetzt. Aufgrund der „Berliner Linie“ kam es sofort zu einem großen Polizeiaufgebot.

Weitere Wohn- und Kulturprojekte in Friedrichshain und Mitte sind bedroht. In der Rigaer 94 sind die Legalisierungsbemühungen gescheitert. Ein zugesprochener Rahmenmietvertrag wurde im Nachhinein durch ein Gericht aberkannt, im November 2000 wurde das Haus verkauft, im Juni 2007 Räumungsklagen durchgesetzt. Eine baldige Räumung wird befürchtet. Noch finden in der „Kadterschmiede“ des Hauses unkommerzielle Parties, Informationsveranstaltungen und Volksküchen statt. Auch die Projekte Liebigstr. 14, Liebigstr. 34, Rigaer Str. 78 und Brunnenstr. 183 (mit Umsonstladen) sind von Räumung und Vertreibung bedroht. Die Widerspenstigkeit der linken, autonomen Hausprojekte ist eine große Hürde für Investoren und Spekulanten. „Wir sehen Wohnraum als elementares Grundbedürfnis eines jeden Menschen, der genau wie Bildung, Kultur und medizinische Versorgung, jedem Menschen gleichermaßen zur Verfügung zu stehen hat, ohne das daran Kapital geschlagen wird. Wir gehen kein Schritt weiter zurück! (Max Klee)“ Berlin bleibt Risikokapitale! Weitere Infos:  http://squat.net
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zu viele Neider

sterbender Schan 07.10.2007 - 15:53
Die Besetzerszene die immer wieder neu Häuser und Waagenplätze besetzt, kämpft mit Immobilienhaien und Stadtspekulanten. Aber der interne Kampf ist auch der mit den Neidern aus der selben Szene, die sich nicht genau umreißen lässt.

Es bleibt nur weiter, zur Not alleine zu kämpfen, weil die Grundideen oft nicht begriffen werden. Das gefährdet wirklich. Die Toleranz durch den "Polizeistaat" und die herrschende Politik muss immer wieder neu erstritten werden. Studies zersetzen und haben all zu oft bürgerliche Träume in ihrem Gepäck.

Komischer Weise finden besetzte Häuser und Projekte bis dato kaum eine Reflektion in der »Geschichtsschreibung«. Komischer Weise werden auch keine Fehler, trotz des jahrzehntelangen Häuserkampfes, durch die Politik eingestanden. Komischerweise gilt der Kampf immer noch den den schemenhaften Kapitalisten und Miethaien, obwohl eine Ursache oft im unsolidarischen Miteinander zu finden ist.

Keine Räumung autonomer Projekte!
Keine Verdrängung der Bevölkerung!
Schluß mit dem Hauptstadtwahn!
Ende aller größenwahnsinnigen Bauvorhaben!
Weg mit den Subventionen für Spekulanten und Aufschneider!
Sofortige Beendigung der Sozialen Repression!
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Seltsam...

Frager 08.10.2007 - 00:29
...war mal mit einer ausgesprochen linken Geschichtsstudentengruppe mit ihrem linken 68er-Prof. zu Gast in einem etablierten Szenegästehaus als Übernachtungsgelegenheit während einer Lehrveranstaltung im Haus der Wannseekonferenz. Weiß nicht mehr, wo das Haus ist, hörte aber davon, dass das mal von Hausbesetzern war, die sich "etabliert" haben und damit offiziell anerkannt sind. Ist das jetzt schlimm??? Und wenn ja, warum??? Muss man immer irgendwie anti sein???

Fragezeichen

ich 08.10.2007 - 17:44
who the hell ist "Max Klee", wenn der hier schon zitiert wird?!

köpi sf 2. stock manchmal mit mütze.

schnurzi. 12.10.2007 - 13:19
...sagt mal, könnte man der öffentlichkeit nicht trotzdem ein wenig ... erläuternd nachhelfen, wie es um die köpi derzeit genauer steht? sonst bleibt die meinung von diesen TVleuten, die bei den letzten plenastreitigkeiten [deren zeuge die leute schließlich waren] (und zwar nur zeugen) stehen - während auch der rest gerne erfahren hätte, ob es diese gründe für die überspannten nerven wirklich gibt - es gab neulich ganz schön erschrockene aussagen von diesen tv-leuten dort. (nicht wirklich nach dem motto "na dann packen wir mal besser ein" - was auch schade wäre - sondern eher "merde, wohin dann?")

und währenddessen könnte man doch mal sagen, wie es um die mietverhandlungen derzeit wirklich steht....