Offener Brief an Generalbundesanwaltschaft

ErstunterzeichnerInnen 16.08.2007 00:43
Offener Brief an die Generalbundesanwaltschaft gegen die Kriminalisierung von kritischer Wissenschaft und politischem Engagement
Am 31. Juli 2007 wurden die Wohnungen und teilweise auch die Arbeitsplätze von Dr. Andrej Holm und Dr. Matthias B. sowie von zwei weiteren Personen durchsucht. Dr. Andrej Holm wurde festgenommen, mit einem Hubschrauber zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe geflogen und dort dem Haftrichter vorgeführt. Seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft in Berlin. Der Vorwurf lautet bei allen, “Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung gemäß § 129a StGB”. Sie sollen Mitglieder einer “militante gruppe” (mg) sein. Wie im Rahmen der Hausdurchsuchungen bekannt wurde, läuft das Ermittlungsverfahren unter diesem Vorwurf gegen die vier bereits seit September 2006 – und sie wurden seitdem rund um die Uhr observiert.

Wenige Stunden vor den Hausdurchsuchungen wurden in Brandenburg Florian L., Oliver R. und Axel H. festgenommen. Ihnen wird versuchte Brandstiftung auf vier Fahrzeuge der Bundeswehr vorgeworfen. Andrej Holm soll einen der drei im ersten Halbjahr 2007 zweimal unter angeblich konspirativen Umständen getroffen haben.

Die Bundesanwaltschaft geht deshalb davon aus, dass sowohl die vier oben Genannten als auch die drei in Brandenburg Festgenommenen Mitglieder einer “militanten gruppe” seien und ermittelt gegen alle sieben wegen des Verdachts der “Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung” (§129a StGB).

Der Vorwurf gegen die vier Erstgenannten wird laut Haftbefehl gegen Andrej Holm derzeit so begründet:

* Dr. Matthias B. habe in seinen wissenschaftlichen Abhandlungen “Phrasen und Schlagwörter” verwendet habe, die auch die “mg” verwende;

* Dr. Matthias B. sei als promovierter Politologe intellektuell in der Lage, “die anspruchsvollen Texte der ‘militanten gruppe’” zu verfassen. Darüber hinaus stünden ihm “als Mitarbeiter eines Forschungsinstituts Bibliotheken zur Verfügung, die er unauffällig nutzen kann, um die zur Erstellung der Texte der ‘militanten gruppe’ erforderlichen Recherchen durchzuführen”;

* Ein weiterer Beschuldigter habe sich mit Verdächtigen konspirativ getroffen: “So wurden regelmäßig Treffen vereinbart, ohne jedoch über Ort, Zeit und Inhalt der Zusammenkünfte zu sprechen”; er sei zudem in der “linksextremistischen Szene” aktiv gewesen.

* Bei einem dritten Beschuldigten sei eine Adressenliste gefunden worden, auf der auch die Namen und Anschriften der anderen drei standen;

* Dr. Andrej Holm, der als Stadtsoziologe arbeitet, habe enge Kontakte zu allen drei in Freiheit befindlichen Beschuldigten,

* Dr. Andrej Holm sei “in dem von der linksextremistischen Szene inszenierten Widerstand gegen den Weltwirtschaftsgipfel 2007 in Heiligendamm aktiv” gewesen.

* Als konspiratives Verhalten wird u.a. gewertet, dass er angeblich absichtlich sein Mobiltelefon nicht zu einem Treffen mitnahm

Andrej Holm sowie Florian L., Oliver R. und Axel H. sind seit dem 01.08.2007 unter sehr rigiden Bedingungen in Berlin-Moabit inhaftiert: Sie sind 23 Stunden am Tag in einer Einzelzelle und haben eine Stunde Hofgang. Sie können alle 14 Tage für insgesamt eine halbe Stunde besucht werden, Kontakte sind nur mit Trennscheibe erlaubt. Auch die Anwälte können mit ihren Mandanten nur mit Trennscheibe sprechen, die Verteidigerpost wird kontrolliert.

Aus den Vorwürfen in den Haftbefehlen wird ein Konstrukt deutlich, dass auf abenteuerlichen Analogieschlüssen basiert. Es ist von vier grundlegenden Hypothesen getragen, die alle von der Bundesanwaltschaft (BAW) [Attorney of the Federal Supreme Court] nicht genauer belegt werden können, aber durch ihre Zusammenstellung den Eindruck einer “terroristischen Vereinigung” hinterlassen sollen.

Die Sozialwissenschaftler seien wegen ihrer wissenschaftlichen Tätigkeit, ihrer intellektuellen Fähigkeiten und dem Zugang zu Bibliotheken die geistigen Köpfe der angeblichen “Terror-Organisation”. Denn eine Vereinigung “militante gruppe” soll laut BAW dieselben Begriffe verwenden wie die beschuldigten Sozialwissenschaftler. Als Beleg dafür gilt ihr der Begriff “Gentrification”, einer der Forschungsschwerpunkte von Andrej Holm und Matthias B. in den vergangenen Jahren, zu dem sie auch international publiziert haben. Ihre Forschungsergebnisse haben sie dabei nicht im ivory tower gelassen, sondern ihre Expertise auch Bürgerinitiativen und Mieterorganisationen zur Verfügung gestellt – so wird eine intellektuelle Urheberschaft konstruiert.

Da Andrej Holm Freunde, Bekannte und Kollegen hat, geraten diese nun ebenfalls in Verdacht, “Terroristen” zu sein, denn sie kennen Andrej Holm. Einem anderen Beschuldigten wird vorgeworfen, dass in seinem Adressbuch die Namen von Andrej Holm und zwei weiteren Beschuldigten stehen (sie sind nicht in Haft, gelten nun aber ebenfalls als “Terroristen”) – so wird eine Kontaktschuld eingeführt.

Einigen Beschuldigten wird vorgeworfen, sich “konspirativ” verhalten zu haben: Sie hätten Gespräche geführt, ohne ihr mobile phone dabei zu haben; sie hätten sich am Telefon verabredet, ohne Uhrzeit und Treffpunkt zu nennen. Kriminalisiert wird also der Versuch, seine Privatsphäre zu schützen – so wird als weiterer “Beweis” für die Mitgliedschaft in einer “terroristischen Vereinigung” ein konspiratives Verhalten unterstellt.

Der 1976 in Deutschland eingeführte § 129a macht es möglich, unsere Kollegen als “Terroristen” zu kriminalisieren – so wird eine “terroristische Gruppe” nach § 129a behauptet.

Mit diesen Konstrukten wird jede wissenschaftliche Tätigkeit und politische Arbeit als potentiell kriminell dargestellt – insbesondere wenn es sich um politisch engagierte Kollegen handelt, die auch in gesellschaftliche Auseinandersetzungen eingreifen.– damit wird kritische Forschung, und gerade die, die mit politischem Engagement verbunden ist, zur ideologischen Rädelsführerschaft und “Terrorismus”.

Wir fordern die Bundesanwaltschaft auf, umgehend das § 129a-Verfahren gegen alle Beteiligten einzustellen und Andrej Holm sowie die anderen Inhaftierten sofort aus der Haft zu entlassen. Wir verwahren uns aufs Schärfste gegen den unglaublichen Vorwurf, die wissenschaftliche Tätigkeit und das politische Engagement von Andrej Holm sei als intellektuelle Mittäterschaft in einer angeblichen “terroristischen Vereinigung” zu bewerten. Aus der wissenschaftlichen und politischen Arbeit von Andrej Holm lässt sich kein Haftbefehl herleiten – vielmehr wird hier von der Bundesanwaltschaft mit dem § 129a die Freiheit von Forschung und Lehre ebenso bedroht wie gesellschaftspolitisches Engagement.

15. August 2007

ErstunterzeichnerInnen:

* Prof. Dr. Manuel Aalbers (Universiteit van Amsterdam),

* Prof. Dr. Elmar Altvater (Freie Universität Berlin),

* Prof. Dr. Rowland Atkinson (University of Tasmania, Australien),

* Prof. Dr. Lawrence D. Berg (Canada Research Chair in Human Rights, Diversity & Identity, University of British Columbia),

* Prof. Dr. Neil Brenner (New York University, Sociology),

* Prof. Dr. Craig Calhoun (President, Social Science Research Council, and University Professor, Sociology, NYU),

* Prof. Dr. Mike Davis (Prof. of Urban History, Irvine/USA),

* Prof. Dr. Michael Dear (Professor of Geography at the University of Southern California/Los Angeles),

* Prof. Dr. Frank Deppe (Universität Bremen),

* Prof. Dr. Michael Edwards (The Bartlett Centre for Architecture and Planning, UCL, London),

* Prof. Dr. Geoff Ely (University of Michigan, Karl Pohrt Distinguished University Professor),

* Prof. Dr. John Friedmann (University of California, Los Angeles), Prof. Dr. Herbert Gans (Columbia University, New York),

* Prof. Dr. Alan Harding (University of Salford, UK), Prof. Dr. Michael Harloe (University of Salford, Vice-President),

* Prof. Dr. David Harvey (Distinguished Professor of Anthropology, Graduate Center of the City University of New York, New York),

* Prof. Dr. Joachim Hirsch (Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt/M.),

* Prof. Dr. Andreas Huyssen (Villard Professor of German and Comparative Literature at Columbia University),

* Prof. Dr. Martin Jay (Sidney Hellman Ehrman Professor of History, University of California Berkeley), Prof. Dr. Bob Jessop (Lancaster Universtiy),

* Prof. Dr. Roger Keil (York University, Toronto, Canada),

* Prof. Dr. Rianne Mahon (Carleton University, Ottawa, Canada),

* Prof. Dr. Peter Marcuse (Columbia University, New York),

* Prof. Dr. Margit Mayer (Freie Universität Berlin),

* Prof. Dr. Philipp Oswalt (Universität Kassel),

* Prof. Dr. Frances Fox Piven (President of the American Sociological Association, Distinguished Professor of Political Science and Sociology, City University New York),

* Prof. Dr. Andrew Ross (New York University, New York),

* Prof. Dr. Roland Roth (Hochschule Magdeburg/Stendal),

* Prof. Dr. Dieter Rucht (Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin)

* Prof. Dr. Saskia Sassen (Columbia University, New York, and London School of Economics)

* Prof. Dr. Andrew Sayer (Lancaster University, Sociology),

* Prof. Dr. Richard Sennett (Professor of Sociology at the London School of Economics, Bemis Professor of Social Sciences at MIT, Professor of the Humanities at New York University),

* Prof. Dr. William Sewell (The Frank P. Hixon Distinguished Service Professor of Political Science and History Emeritus, University of Chicago),

* Prof. Dr. Neil Smith (Distinguished Professor of Anthropology and Geography, Director of the Center for Place Culture and Politics, Graduate Center of the City University of New York),

* Prof. Dr. Michael Storper (Centennial Professor of Economic Geography, London School of Economics, and Professor of Economic Sociology, Science Po, Paris), Prof. Dr. Erik Swyngedouw (University of Manchester, UK),

* Prof. Dr. Peter J. Taylor (Loughborough University, UK), Prof. Dr. John Urry (Lancaster University, Sociology),

* Prof. Dr. Jennifer Wolch (Professor of Geography at the University of Southern California/Los Angeles).

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Mediennachfragen an die Solidaritätsgruppe in Berlin:  einstellung@so36.net

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Medienkontakt für Internationales:

* Prof. Dr. Neil Brenner (New York University, fon: USA-212-998 8349)

* Prof. Dr. Margit Mayer (Freie Universität Berlin, fon: 030-8385-2875)
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Ergänzungen

Verbesserung

Haarspalter 16.08.2007 - 00:59
Sorry wegen der Besserwisserei, aber es zwar eine Generalbundesanwältin, derzeit Frau Harms, ihre Behörde aber heißt "Bundesanwaltschaft" - ohne "General". Sollte man beachten, wenn man die anschreibt, sonst gibt's Verwirrung ;-).

Der Terror aus der Bibliothek

http://www.berlinonline.de/ 16.08.2007 - 07:39
Wissenschaftlich arbeiten ist wieder gefährlich und wird, ehe man sich versieht, mit Freiheitsentzug bestraft. Das befürchten Wissenschaftler der Humboldt-Universität, vorneweg der bekannte Stadtsoziologe Hartmut Häußermann, der zusammen mit rund sechzig Stadtplanern, -soziologen und -theoretikern aus verschiedenen Städten in einem offenen Brief an die Bundesanwaltschaft gegen die Inhaftierung ihres Berliner Kollegen Andrej H. protestiert. Andrej H., Lehrbeauftragter für Stadt- und Regionalsoziologie an der HU, wird verdächtigt, eine terroristische Vereinigung namens "Militante Gruppe" unterstützt zu haben, die in Berlin und Brandenburg zahlreiche Autos angezündet haben soll.

Die Wissenschaftler sind alarmiert, weil sich die gegen Andrej H. sprechenden Indizien hauptsächlich auf seine wissenschaftliche Arbeit beziehen. Zwar soll sich Andrej H. zweimal mit einem mutmaßlichen Mitglied der "Militanten Gruppe" getroffen haben, ohne dass die Staatsanwaltschaft weiß, was dort besprochen wurde. Die übrigen Verdachtsmomente liegen aber in der Forschungsarbeit begründet. In den wissenschaftlichen Texten des promovierten Soziologen fänden sich laut Bundesanwaltschaft "Schlagwörter und Phrasen", die in den Texten der "militanten Gruppe" gleichfalls verwendet würden, darunter der in der Stadtforschung gebräuchliche Begriff der "Gentrification". Gemeint ist damit die schrittweise Veränderung ganzer Stadtteile durch den Zuzug von Studentenszene und Kunstboheme, denen im zweiten Schritt gutverdienende etablierte Familien folgen, wodurch die ärmeren Schichten nach und nach verdrängt werden - ein sozialer Entmischungsprozess, der im Prenzlauer Berg bestens zu studieren ist.

Andrej H. veröffentlichte zuletzt das Buch "Die Restrukturierung des Raumes - Machtverhältnisse in der Stadterneuerung im Ostberlin der 90er-Jahre." Er arbeitet intensiv an einem europäischen Netzwerk von Stadtforschern namens "The urban experience". Die Wissenschaftler der Humboldt-Universität vermuten besorgt, dass ihn gerade diese Tätigkeit in den Augen der Bundesanwaltschaft verdächtig macht. Deren Ermittler argumentieren nämlich, Andrej H. stünden "als Mitarbeiter eines Forschungszentrums Bibliotheken zur Verfügung, die er unauffällig nutzen kann, um die zur Erstellung der militanten Gruppe erforderlichen Recherchen durchzuführen". Verdächtig mache ihn auch seine Intelligenz. Er verfüge über die "intellektuellen und sachlichen Voraussetzungen, die für das Verfassen der vergleichsweise anspruchsvollen Texte der militanten Gruppe erforderlich sind". Vielleicht ist es wirklich sicherer, doof zu sein.

Stellungnahme von FelS

Ergänzer 16.08.2007 - 17:52
FelS meint auch ihren Senf dazugeben zu müssen:  http://www.nadir.org/nadir/initiativ/fels/de/2007/08/428.shtml

Zu den Unterzeichnern R. Roth und D. Rucht

Zerfallsphänomen 05.12.2009 - 01:49
In jüngster Zeit sind die Bewegungsforscher Roland Roth und Dieter Rucht in einer Reihe von Medien zu gefragten Experten in Sachen Protest aufgestiegen. Das ist sicher auch auf ihr Buch »Die sozial­en Bewegungen in Deutschland seit 1945« zurückzuführen. Es erschien im Frühling 2008 und ist fast 800 Seiten dick. Die Süddeutsche Zeitung erklärte es zum »Standardwerk«. Dieses »Handbuch« wurde nicht nur allein mit Unterstützung des Wissenschaftszentrums Berlin realisiert, das Landesamt für Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen hat auch geholfen. Einem seiner Angestellten, Thomas Grumke, haben es Roth und Rucht hinter dem Rücken aller anderen Autoren ermöglicht, Neonazi-Terror als »Aktionsrepertoire« und als »Streben nach grundlegendem sozialen Wandel« zu bagatellisieren. Energischen Protest gegen die verdeckte Präsenz eines Subalternen der Staatssicherheit West in einem Projekt zur Erforschung sozialer Bewegungen, sind Roth und Rucht mit gelassener Souveränität begegnet: Private Briefe eines entfernten Projektbeteiligten haben sie einfach an das Landesamt weitergeleitet.

Roth und Rucht sind also institutionell außerordentlich gut vernetzt. Sie stehen für fachgutachterliche Stellungnahmen aller Art gern zur Verfügung. Wenig überraschend ist es dabei, daß Roth und Rucht in der stets unruhigen Mai-Zeit auch zu den Autonomen befragt werden. Klar, daß die Bewegungsforscher mit den Autonomen nicht sehr viel anzufangen wissen, lehnen diese doch die von Roth und Rucht in ihrem Handbuch explizit geltend gemachte Perspektive eines »aktiven Verfassungsschutzes« in der aktiven Bürgergesellschaft schon deshalb ab, weil sich damit weder in Gegenwart noch in Zukunft ein glückliches Leben beschreiben läßt.

Kurz vor dem Kreuzberger »Revolutionären 1. Mai« verneinte Roth in einem Interview mit der taz die Polizeifrage, ob denn nun »am 1. Mai der Aufstand« beginne, um den Autonomen den vieldeutigen Begriff »Rächer der Enterbten« unterzuschieben. Damit entwirft er eine Klischeefolie, gemixt aus Hollywood-Western und der Märchenfigur Robin Hood. Seine Entscheidung, auf eine dumme Frage eine dumme Antwort zu ergänzen, speist sich aus seinem kühl kalkulierten Interesse, das politische wie soziale Anliegen von Autonomen gar nicht erst zur Sprache zu bringen.

Anläßlich der Berliner »Action Days« stand dann Rucht einem Moderator des Deutschlandradios Rede und Antwort. Rucht wußte im Grunde Beruhigendes mitzuteilen. Gefragt, »welche Zukunft« er denn den Autonomen gebe, verwies der aktive Verfassungsschützer auf »Zahlen«, die wohl gegenüber früheren Zeiten »nachgelassen« haben sollen. Schlußfolgerung Rucht: Die Autonomen sind »ein Zerfallsphänomen, würde ich sagen, Zerfallsprodukt der 80erJahre, das aber eine gewisse Zählebigkeit noch aufweist.«

Ich persönlich habe es zeit meines außerinstitutionellen politischen Engagements seit dem Ende der 70er Jahre gelernt, mit Prognosen wie diesen umzugehen, ja sie zu überleben. Deshalb soll ihnen auch gar nicht erst widersprochen werden. Die Frage muß aber erlaubt sein, ob denn die Professoren Roth und Rucht mit dem den Autonomen zugeschriebenen bösen Begriff des »Zerfallsphänomens« unzulässig von sich auf andere schließen? Gewiß ist hier jedenfalls nur, das sich diese beiden Mitglieder im ATTAC-Wissenschaftsrat einerseits auf den Slogan: »Eine andere Welt ist möglich« verpflichtet haben und andererseits mit den Institutionen zusammenarbeiten, deren Auftrag nun mal darin besteht, genau die »alte Scheiße« (Marx) mit allen regulären und irregulären Gewaltmitteln aufrechtzuerhalten. Wenigstens das muß als intellektuelles Zerfallsphänomen gelten.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 3 Kommentare

er hat die dreistigkeit besessen sein

specialagent kellerman 16.08.2007 - 01:07
mobiltelefon zu hause zu lassen. böse böse

Wehe dem armen Schwein das die Verantwortung

scheiße 16.08.2007 - 08:11
Wehe dem armen Schwein, dass die Verantwortung für irgendeinen Scheiß in deutschen Breitengraden trägt. Denn ihr könnt sagen was ihr wollt, die Verantwortung in Deutschland für irgendwas zu tragen ist wie ein ungeduldiger Betonklotz. Es ist ein unfruchtbares lukratives Geschäft das die Skrupelosigkeit längst mitinbegriffen hat.

Habt doch mal ein bisschen Färständnis für die Amts und WürdenträgerInnen. Sie verstossen gegen keine Verfassung, weil sie die Verfassung selber sind, sollange sie im Amt sind und die "gaaaanze Verantwortung gaaanz alleine tragen".

Stellenangebot: »Verantwortungsträger«

An die Bundesanwaltschaft appellieren?

Genossin 16.08.2007 - 15:30
Offene Briefe an die Generalbundesanwaltschaft zu schreiben, die unsere Genossen einknastet, haben wenig Aussicht auf Erfolg. Ich würde auch nicht an die Generalbundesanwaltschaft appellieren und nach Mao einen klaren Trennungsstrich zwischen uns beiden ziehen. Hoffentlich kommt es auch noch zu anderen Initiativen für die vier gefangenen Kriegsgegner.