Kiel: Ermittlungen und Anklage gegen Antifas

Antirepressionsgruppe 1. April 19.07.2007 12:21 Themen: Antifa
Solidarität gegen Repressionswellen – in Kiel und allerorts!
Der aktive Widerstand gegen Neonazis ist richtig und wichtig!
Repressionsflut von Bayern bis Schleswig-Holstein

Ein alter Klassiker linksradikaler Politikfelder erlebt in den letzten Monaten erzwungenermaßen zusehend an Aktualität: Der Umgang mit staatlicher Repression. Diese hat in der BRD derzeit viele Ausdrucksformen und findet sowohl in den großen Städten wie Hamburg und Berlin als auch vor der eigenen Haustür statt. Sie zeigt sich in den willkürlichen 129a-Razzien vor und nach dem G8-Gipfel und den Hausdurchsuchungen bei kurdischen GenossInnen in München, oder aber in den Verboten antifaschistischer Veranstaltungen in Eckernförde und den derzeitigen Ermittlungen und bevorstehenden Prozessen gegen kieler Antifaschisten wegen des Vorwurfs der gefährlichen Körperverletzung.


Neonazischläger und deutsche Polizei gemeinsam gegen wehrhafte Antifa

Zurück gehen diese Ermittlungen auf eine Auseinandersetzung vor einem Supermarkt in Kiel-Gaarden am 1. April letzten Jahres. Hier kam es zu Einschüch-terungsversuchen und Angriffen von stadtbekannten kieler Nazischlägern gegen eine Gruppe Antifas, die sich dagegen zur Wehr setzte. Einer der Neonazis zückte dabei ein Messer und verletzte einen der Antifas schwer.

Am 11.5.06 kam es daraufhin bei einem kieler Antifaschisten zur polizeilichen Durchsuchung seiner Privatwohnung. Außerdem wurde der PKW einer weiteren Person durchsucht. Für diese, bei unpolitischen Körperverletzungsdelikten absolut unübliche Ermittlungsmaßnahme, unter dem Vorwand vermeintliche Tatwerkzeuge sicher stellen zu wollen, genügten der Staatsanwaltschaft die Zeugenaussage von einem der Neonazis, der den Antifa als einen der Beteiligten vom 1. April wieder erkannt haben will. Gegen ihn wurde nun Anfang Juni dieses Jahres Anklage erhoben. Darüber hinaus wird weiterhin gegen mindestens zwei weitere Menschen aus den gleichen Gründen ermittelt. Auch hier ist in einem Fall die absolut willkürliche Identifizierung eines Antifas, der dabei gewesen sein soll, durch einen Neonazi Grund für die Ermittlungen.


Image und Gewaltmonopol vs. selbstbestimmter Antifaschismus

Anhand dieses Umgangs mit Antifas in der Bundesrepublik Deutschland, die sich trotz alledem ja nur all zu oft anmaßt zu glauben, einen Schlussstrich unter ihre NS-Vergangenheit ziehen zu dürfen, um im gleichen Zuge dann in Person des amtierenden baden-württembergischen Ministerpräsidenten Oettinger sogar einen Nazirichter Filbinger zum antifaschistischen Widerstandkämpfer umzulügen, wird einmal mehr beispielhaft deutlich, was denen blüht, die auch nur in Verdacht stehen, sich tatsächlich gegen die alltägliche Bedrohung durch Neonazigewalt zur Wehr setzen und sich nicht einschüchtern lassen: Nämlich staatliche Verfolgung.
Demnächst sitzen Antifaschisten, die von Neonazi-tätern sogar der Gefahr lebensgefährlicher Verletzun-gen ausgesetzt wurden, auf der Anklagebank. Und das nur, weil die gleichen Neonazitäter sich mal irgendwo einen Antifa-Namen gemerkt oder bei den Bullen auf ein Bild gezeigt haben. Für die Staatsanwaltschaft ein willkommener Anlass, gedeckt vom bürgerlichen Gesetzbuch jener BRD, ihre Ermittlungswut gegen linke AktivistInnen zu befriedigen

Und wieder einmal bricht die Fassade der heuch-lerischer Betroffenheit und der Forderung nach einer offenbar völlig undefinierten Zivilcourage - ob von Grünen, CDU oder Gewerkschaft der Polizei -, wenn einer der täglichen Naziübergriffe, medial hoch gepuscht, mal wieder die breite Öffentlichkeit erreicht, wie ein Kartenhaus zusammen. Was stehen bleibt ist alles andere als ein antifaschistisches Selbstverständnis: Die bloße Angst, das Image des Wirtschaftsstandorts, ob nun die Nation oder die eigene Stadt, könnte Schaden nehmen. Viel gründlicher geht Vaddern Staat dagegen überall dort vor, wo Menschen damit anfangen, sich staatlicher Kontrolle zu entziehen und stattdessen selbstbestimmt und an den eigenen Bedürfnissen orientiert zu handeln.


Solidarität mit den betroffenen kieler Antifas!

Um uns gemeinsam gegen diesen staatlichen Angriff auf alle Menschen, die selbstbestimmt und richtig handeln, und sich dabei einen Dreck um das Gewalt-monopol des Staates scheren, zu wehren und den meilenweiten Unterschied zwischen konsequentem Antifaschismus auf der einen und heuchlerischer, kapitalistischer Imagepflege auf der anderen Seite, öffentlich deutlich zu machen, brauchen die Betroffenen bei dem/n anstehenden Prozess(en) Eure Unterstützung. Auch wenn hierfür noch kein konkreter Termin feststeht, kann der Prozesstermin dem Angeklagten jeden Tag ins Haus flattern. Haltet deshalb Augen und Ohren nach diesbezüglichen Ankündigungen offen, unterstützt die Betroffenen und kommt zu den anstehenden Soliaktionen!


Zusammen gegen staatliche Repression - überall!
Antifaschistischer Widerstand ist nicht kriminell, sondern notwendig!

Antirepressionsgruppe 1. April, Juli 2007
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solidarität

aber 19.07.2007 - 14:49
ihr habt da wohl "OpferInnen" vergessen. man merkt ihr eigentlich nicht wie unglaublich dämlich das ist? FaschistInnen und TäterInnen - "normalo" mädels und frauen fühlen sich dadurch verarscht und lachen drüber.

trotzdem: solidarität mit denen die repressiven maßnahmen ausgesetzt sind

@solidarisch

kigo 19.07.2007 - 16:49
btw:
Dämlich kommt vom fast nur noch im Dialekt gebrauchten Wort damisch = "schwindelig im Kopf". Das Wort ist verwandt mit dem englischen dumb, was soviel wie stumm, taub, doof, blöd, einfältig bedeutet. Von Dame kommt dämlich jedenfalls nicht.

§ 129a

Dein Name 20.07.2007 - 10:45
auch hier noch mal kurz zum § 129a:

Das Problem ist eben, dass auf Grundlage des § 129a StGB im entsprechenden Strafverfahren keine konkrete Tatbeteiligung mehr nachgewiesen werden muss, sondern die Mitgliedschaft in, bestimmte Formen der Werbung für oder die Unterstützung einer Organisation, die für bestimmte Straftaten verantwortlich gemacht wurde, sollen schon strafbar sein. Es handelt sich um sog. Vorfeldkriminalität - m.a.W., es ist noch nichts passiert.

Praktisch handelt es sich bei dem § 129a um einen Ermittlungsparagraphen, der im Prinzip dem Arsenal der Gefahrenabwehr zugeordnet werden müsste, aber in dem grundsätzlich repressiven Strafrecht angelegt wurde. In bis zu 90% der Ermittlungsverfahren kommt es nicht einmal zu einer Anklageerhebung oder Gerichtsverfahren müssen eingestellt werden. Der § 129a dient also faktisch der reinen Sachverhaltserforschung und wird dementsprechend von den Ermittlungsbehörden ge/missbraucht.

Da der konkrete Nachweis der Tatbeteilung überhaupt nicht erforderlich ist, ist gut vorstellbar wie schnell ein Ermittlungsrichter überzeugt werden kann, dass der hinreichende Verdacht bestehe, jemand "unterstützte" eine Organisation und der Beschluss für eine Durchsuchung oder verdeckte Maßnahmen ergeht.

Nun könnte man sagen: 'Na und? Auch wenn in 90% aller Mordermittlungen niemand verurteilt werden würde, müsste man daraus nicht zwingend den Schluss ziehen, den § 211 gleich abzuschaffen und Mord zu legalisieren'.

So einfach ist es nicht! Dass so viele Strafverfahren eingestellt werden, liegt nicht daran, dass die Taten so schwer nachweisbar sind und es deshalb zu keinen Verurteilungen kommt. Es ist vielmehr so, dass die Eingriffsschwelle des § 129a iVm den Instrumenten der StPO so niedrig ist und die Ermittlungsbehörden es sich sehr einfach machen können, um sog. Szene auszuforschen, zu verunsichern und zu bedrohen. Sicher kann mensch sich vor allem sein, dass es sich bei den Bedrohten mitnichten um "Terroristen" handeln muss.