Antisexistische Praxen - die Konferenz

Sonja Brünzels 06.05.2007 19:02 Themen: Gender
Am Wochenende fand in Berlin die Konferenz "Antisexistische Praxen" statt und bot mit ihren Workshops und Plenas Menschen aus allen Teilen der BRD einen Rahmen für Austausch und Diskussion.
Aus dem Konzept der Koferenz:
"Antisexistische Praxis findet statt, jeden Tag, im alltäglichen Widerstand, der alltäglichen Reaktion und Intervention Einzelner. Antisexistische Praxis ist Unterstützungsarbeit von Betroffenen von Sexismus und sexualisierter Gewalt, parteilich und mit Definitionsmacht der Betroffenen. Ebenso Präventionsarbeit und Kampagnenarbeit, sei es gegen sexistische Medien oder für eine Stärkung antisexistischer Politik. Die Konferenz soll einen Ort des Austausches und der Reflektion schaffen. Austausch über all die täglichen Sexismen denen wir begegnen, damit, wie wir mit ihnen umgehen, wie wir uns weiter stärken und die Verhältnisse angreifen können. Ein Ort des Austausches über den Stand antisexistischer Praxis, wie findet Unterstützung von Betroffenen statt, wie gut läuft die Arbeit, wie reagiert das Umfeld und wie stark wirkt die sexistische Öffentlichkeit darauf ein? Wie steht die Debatte um Parteilichkeit und Definitionsmacht? Wie stark sind antisexistische Haltungen verbreitet, gesamt gesellschaftlich und in der Linken oder inwieweit sind es „nur“ Lippenbekenntnisse?
Die Konferenz möchte einen Ort der Reflektion vorrangegangener Arbeit schaffen. Wie haben sich Debatten, Haltungen, Organisations- und Interventionsformen in den letzten Jahren entwickelt und wie wirkt race und die alltäglichen Lebensbedingungen von Flüchtlingen/MigrantInnen zusammen mit antisexistischem Widerstand?"

Am Sonnabend begann die Konferenz mit einem gut besuchten Auftaktplenum. Ca. 100 Menschen aus Berlin, Hamburg, Marburg, Dresden, Leipzig, Göttingen, Münster,... hatten sich versammelt. Nach der Vorstellung des weiteren Ablaufes und einigen einleitenden Worten ging es in die erste Workshop-Phase und nach einer Pause, die durch einige Zeitplan-verschiebenden Diskussionen verkürtzt wurde, ging es in die zweite Runde. Die Themen an diesem Tag waren:
-Zum Umgang mit sexueller Gewalt: „Wie kann konkrete Unterstützungsarbeit aussehen?“
-Workshop zu feministischem Antimilitarismus und antimilitaristischem Feminismus
-Rassismus-Sexismus, verschränkte Betroffenheiten in Bündnissen
-Die antisexist_contact and awareness_group auf dem G8-Protestcamp im Juni 2007 stellt sich vor
-»Antisexismus_reloaded« Buchvorstellung und Diskussion: mit re_action münster
-„Geschichtswerkstatt“ Antisexistische Praxis der 80er und 90er

Der Abend endete mit der "Widerstand de Luxe"-Party im Suberversiv, bei guter Musik und mit netter Stimmung. Am Sonntag ging es weiter mit der Dritten Workshop-Phase und einem Abschlußpleum auf dem sich allgemein für eine weitere Konferenz ausgesprochen und der Grundstein für eine Vernetzung gelegt wurde. Die Themen der Workshops an diesem Tag waren:
-Kleine Autonome Männergruppen - Patriarchatskritik und oder individuelle Lebensplanung?
-Captians und Action Girls - Die Inszenierung von Frauen, Macht und Gewalt in Science-Fiction-Fernsehserien
-Definitionsmacht.tk - eine Kampagne stellt sich vor

Neben den Workshops gab es auch einen super Verpfelgungsstand für die Teilnehmer_innen, einen Information- und Merchandisestisch und die Möglichkeit viele Flyer, Plakte, Aufkleber,... aus anderen Städten zu bekommen und zu tauschen. So gab es die Plakate der Definitionsmacht.tk-Kampagne ( http://definitionsmacht.tk/), die "Nein heißt Nein."-Plakate des Antisexismusbündnis.Berlin ( http://antisexismonline.tk/), die mehr-geschlechter.de-Plakate ( http://mehr-geschlechter.de/) und die Marburger Regional-Plakte und - Aufkleber der budesweiten "Kampagne gegen sexuelle Belästigung an der Uni" ( http://www.asta-marburg.de/modules.php?op=modload&name=PagEd&file=index&topic_id=34&page_id=1328).
Außerdem wurde natürlich das neu erschienene Buch »Antisexismus_reloaded« ( http://www.unrast-verlag.de/unrast,2,253,8.html) nicht nur vorgestellt, sondern auch vor Ort verbreitet.

Alles in allem war die Konferenz mal wieder ein sichtbarer Lichblick, was antisexistische Poltik betrifft. Vielen Dank an die Veranstalter_innen und alle die sich beteiligt haben.
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Ergänzungen

Erklärungen zur Kampagne

.tk 06.05.2007 - 19:22
Warum diese Kampagne?

Dies ist eine Kampagne für das Empowerment von Menschen, die sexuelle Gewalt, Vergewaltigung erlebt haben. Auch für diejenigen, die sich gefährdet fühlen und vor sexueller Gewalt Angst haben. Dies ist ein Aufruf an alle nicht direkt Betroffenen, sich mit der Lebenrealität der Betroffenen oder bedrohten Menschen aueinander zu setzen und sich vor Augen zu führen, wie viele Menschen damit kämpfen eine solche Erfahrung zu überleben während die Freund_innen, die Familie, das Gericht, die Gesellschaft schweigt und verleugnet, oder zum Schweigen zwingt. Wir sprechen hier von einer marginalisierten Erfahrung, nicht aber von einer Minderheit.

[ist] sexuelle Gewalt [ist] normal?!

In einer mündlichen Direktbefragung aus 2005, durchgeführt vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sagte jede siebte der befragten Frauen zwischen 16 und 85 Jahren, dass sie sexuelle Gewalt erlebt hat, welche nach der engen juristischen Definition als Straftat gilt. Die Bundesriminalstatistik der Polizei registrierte für das Jahr 2004 8.831 Vergewaltigungen. Der Bundesverband autonomer Frauennotrufe geht aus der Erfahrung ihrer Arbeit davon aus, dass jede Fünfte während ihres Lebens Vergewaltigung erlebt. Viele Betroffene werden aber als solche gar nicht erst sichtbar, da sie einen Täter niemals angezeigt haben, sie nicht in ein Frauenhaus geflüchtet sind. Diese Informationen sind nicht neu! "Neu" ist höchstens, dass seit 1998 Vergewaltigung in der Ehe als Straftat gilt. Auch dafür haben Feminist_innen lange und hart kämpfen müssen.

Sexuelle Gewalt wird fast auschließlich von Männern gegen Jungen und Mädchen im Kindesalter und gegen Frauen im Jugend- und Erwachsenenalter ausgeübt. Täter_innen und Mittäterinnenschaft durch Frauen schließen sich dabei nicht aus. Sie sind jedoch in Wirklichkeit so selten, dass es sich nicht verleugnen lässt, dass Männlichkeit und potentielle Täterschaft in unserer Gesellschaft strukturell zusammengehören. In der medialen Inszenierung weniger Präzendenzfälle erscheinen die Täter als fremde Psychopaten, als "Monster" die mit den "normalen" Männern nichts gemein hätten. In einer solchen Skandalisierung wird nicht nur die Identität der meisten Täter verzerrt, sondern auch die Alltäglichkeit solch menschenverachtender Taten verschüttet. Die vermeintliche Entrüstung über Vergewaltigung verstummt sofort, wenn ein sozial integrierter, vermeintlich "normaler" Mann als Täter angezeigt wird. Dann erscheint die Anklägerin als "Monster", die aus niederen Gründen ein unschuldiges Leben zu zerstören trachte. Die Solidarisierung mit Betroffenen weicht hier einem Menschenbild, in dem die Intergrität tausender von Frauen viel weniger wert und wichtig ist, als der bedingungslose Schutz eines ehrenhaften Lebens der Männer.

Gerade Feminist_innen haben immer wieder stark gemacht, dass Geschlechterbilder auch veränderbar sind. Männer müssen nicht sexistisch handeln. Sie müssen Sexualität nicht agressiv und gegen die Interessen und den Widerstand von Frauen ausleben und durchsetzen. Sie tun es aber immer wieder!!! Jungen, Mädchen (in größerem Ausmaß) werden von Vätern ausgenutzt. Frauen als Männern verfügbar und verführbar gedacht. Und die Gesellschaft übernimmt genau diese Perspektive. Das Übergriffige Verhalten der Männer wird gerechtfertigt ("Trieb", ihre Kleidung war zu knapp, sie hat ihn "verrückt" gemacht) und sie wird für das Vorgefallene, verantwortlich gemacht. Sie wird als "Schlampe", oder als hinterlistig bezeichnet. Wir fordern Sie dazu auf, mit dieser Perspektive zu brechen und Männer/sich selbst als Mann für solches Verhalten in Verantwortung zu ziehen. Damit sexuelle Gewalt nicht als "Frauen-Problem" an die Betroffenen deligiert wird, sondern als Problem dieser Form von Männlichkeit diskutiert und angegriffen wird. Wir wollen dass Sie sexuelle Gewalt als sexistischen Normalzustand beenden! Vergewaltigung ist nicht objektiv beweisbar!

Vergewaltigung ist nicht objektiv beweisbar!

Im Gerichtssaal gilt für alle Angeklagten zunächst die Unschuldsannahme. So lange Angeklagten eine Straftat nicht nachgewiesen werden kann, gilt sier als unschuldig. Über den ausreichenden Nachweis der Schuld entscheiden die Richter_innen, nach "objektiven" Kriterien mit Hilfe von Zeug_innen und Beweisstücken. Nun ist es in den meinsten Fällen von Vergewaltigung nicht möglich, die Tat zu beweisen. Es gibt selten dritte, die dabei waren und bezeugen können, was die Betroffene sagt. Und was kann schon ein Beweis dafür sein, dass ein Mann gegen den Willen einer Frau mit ihr "Sex" hatte? So stehen in der Regel Aussage gegen Aussage. Neben der formellen Situation herrscht im Gerichtsaal auch ein Machtvorsprung seitens der Täter, welcher im hierarchischen Menschenbild von Männern und Frauen verankert ist. Nicht selten wird Frauen, die sich nach einer Vergewaltigung einer Gerichtverhandlung aussetzen ihre Rationalität und Glaubwürdigkeit abgesprochen. Sie muss ihre Aussage dann gegen eine Wand des Misstrauens durchsetzen, während er meistens von der Familie, und dem sozialen oder medialen Umfeld geschützt wird. Daher fühlen sich die Männer, die sich zu einer Vergewaltigung entschließen so sicher. Daher haben Frauen alles, und die Täter nichts zu befürchten.

Definitionsrecht für die Betroffenen - sofort und überall!!!

Auf dem Rechtsweg ist eine betroffene Person dazu gezwungen, die erlebte Erfahrung in aller Öffentlichkeit in allen Einzelheiten darzulegen. Dabei werden ihre persönlichen Grenzen erneut ignoriert. Es ist bekannt, dass dies in vielen Fällen bedeutet, dass sich die Tat traumatisch wiederholt. Außerdem outet sie sich in aller Öffentlichkeit: vor Freund_innen, Familie, Kolleg_innen als Opfer einer Vergewaltigung mit den verschiedenen sozialen Konsequenzen. Dies bedeutet oft Jahre der Anstrengung zusätzlich zur Verarbeitung der Gewalterfahrung. Dann werden in der Regel die Täter freigesprochen. Darin sehen viele Betroffene keinen Sinn und so müssen die wenigsten Täter für ihre Gewalt gerade stehen und Verantwortung übernehmen. Im schlimmsten Fall wiederholen sie, was ihnen so sicher ist.

Darum fordern wir das "Definitionsrecht" für die Betroffenen. Das heißt es soll ihnen das Recht eingeräumt werden, einen Täter zu markieren ohne für die Beweislast verantwortlich zu sein. Ihrer Aussage muss Glauben geschenkt werden, da sie nicht beweisbar ist! Ihre Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden und er die Verantwortung übernehmen! Denn nur wenn Täter endlich geoutet werden können, erscheinen ihnen Frauen, oder auch Jungen und Mädchen nicht mehr unbegrenzt verfügbar. Nur so kann die männliche Definitionsmacht und Gewalt über die Sexualität von Frauen entkräftet werden.

Entwickelt Konzepte jenseits der Täter(schutz)justiz!

Damit Menschen auf einer Augenhöhe miteinander Lust und Begehren leben können, damit nicht ständig aus Angst vor Gewalt oder wegen konkreter Erfahrungen Lust getötet wird, ist jeder und jede einzelne gefragt, den Normalzustand sexueller Gewalt anzugreifen. Vielen ist das egal, bis sie eine Betroffene kennengelernt haben.

"Nein", "ich weiß nicht", "ich mag Dich, aber", "...", - heißt Nein! Wer ein Nein nicht akzeptiert, ist ein Vergewaltiger!! Damit aber gar nicht erst so viele Menschen derartig tief verletzt werden, fordern wir einen Perspektivwechsel weg vom Täterschutz und der Verteidigung/Rechtfertigung übergriffiger Sexualität.

eine Broschüre zum Thema

gibts hier: 06.05.2007 - 19:24
zur Kampagne gegen sexuelle Belästigung an der Uni vom 3.- 17.Mai - "Sexistische Diskriminierung und sexuelle Belästigung – Informationen und Gegenstrategien"

Termine in Marburg

Luther Blissett 06.05.2007 - 19:29
Im Rahmen der Kampagne gegen sexuelle Belästigung an der Uni finden in Marburg noch folgende Veranstaltungen statt:

Mo. 7. Mai 20:30 Uhr Cafe Trauma: Konzert mit Bernadette La Hengst anschliessend Party mit DJ Glooma (Riotgrrl, Electroclash, Alternative) +++ Austellung: Wegbereiterinnen der Frauenrechte

Mi. 16. Mai 15:30 Uhr Mensavorplatz: Demonstration gegen sexuelle Belästigung und den sexistischen Normalzustand

break the silence!

Nur so gehts!

Julie U U H 06.05.2007 - 19:32

Macht Tausende "Ich wehre mich!" Buttons!

Und n Öffentliches "Ich wehre mich!" Diskussions Web Board oder Blog, wo der Betreffende Mobber die Vorwürfe gegen sich, kommentieren, klären, sich entschuldigen, und oder Zukünftige Besserung versichern kann!

Veranstaltungen an Hochschulen

Studi 06.05.2007 - 19:33
Veranstaltungen im Rahmen der Kampagne an den teilnehmenden Hochschulen:

Siegen
7. Mai 2007
Wo.Men Uni Siegen: Stand im Foyer der Mensa, mit Informations- und Beratungsangebot.

Leipzig
9. Mai 2007
Referat für Gleichstellung und Lebensweisenpolitik des StuRa Leipzig: "War dein Rock auch zu kurz?", 17 Uhr in der Frauenkultur, Windscheidstraße 51.

Podiumsdiskussion zu Sexismus an Hochschulen" mit der Gleichstellungsbeauftragten der Uni Leipzig, Frau Dr. Benedix, Weitere folgen, Moderation: Franziska Förster (StuRa)

Marburg
Vortrag zu "was bedeutet sexuelle belästigung an der hochschule"

7. Mai 2007
Konzert mit Bernadette la Hengst im "trauma" mit anschließender Party

WenDo-Selbstverteidigungskurs

Chemnitz
9. Mai 2007
Podiumsdiskussion "Mehr Professorinnen und mehr Studenten in die PhilFak?" u.a. mit Prof. A. Rothkegel (Gleichstellungsbeauftragte der Philosophsichen Fakultät), Prof. Banks (angefragt), Moderation: Jana Hoffmann (StuRa Tu Chemnitz, fzs), 17.15 Uhr im Neuen Hörsaalgebäude auf der Reichenhainer Strasse

Eindrücke vom Kongress

Teilnehmerin 07.05.2007 - 13:01
Ergänzend zu der Kritik einiger Ergänzer hier noch meine Eindrücke vom Kongress:

Das überwiegend sehr äußerst Publikum wirkte sehr zurückhaltend und erschreckt. Ich hatte den Eindruck, dass das Propagierte einer freien, schönen Sexualität, die ich allen Menschen wünsche, fundamental entgegensteht. Das finde ich gefährlich, weil es dazu führt, Sexualität zu verdammen oder sie nicht mehr ausleben zu können. Und das wäre doch ein Verlust auf dem Weg zu einer befreiten Gesellschaft.

In den Flurgesprächen gab es auch Gerüchte. Stimmt es, dass eine Frau rausgebeten wurde, weil die das Definitionsrecht der Frau in Frage gestellt hat? Das fände ich nicht richtig. Das muss diskutiert und darf nicht verschwiegen und ausgeschlossen werden, meiner Meinung nach.

Geschichtswerkstatt

Wir sind die Guten 07.05.2007 - 13:10
Ich hab noch ein paar gute Texte gefunden, die vor fünf Jahren im Rahmen der antirassistischen Grenzcamps entstanden sind. Ich kannte sie gar nicht und war sehr begeistert. Fürs nächste Mal...

 http://www.nadir.org/nadir/kampagnen/landinsicht/debatte/sexualitaet/index.html

Reifer und Klüger

bin ich 07.05.2007 - 13:39
Es waren vor allem Personen auf dem Kongress, die bald volljährig werden oder gerade geworden sind. Wenn die alle etwas älter sind und sich mit der Gesellschaft als ganzes auseinandergesetzt haben, denken sie auch anders. Da bin ich mir sicher.

Hier noch ein Hinweis auf eine gute Broschüre zu Sexismus in der Schule:

Ergänzung für die Verschwiegenen

raus-aus-dem-Kreislauf 07.05.2007 - 14:43
Hallo, bei allem Respekt und bei aller Notwendigkeit für antisexistisches Handeln frage ich mich trotzdem auf welcher Quelle diese Aussage beruht:
"Sexuelle Gewalt wird fast auschließlich von Männern gegen Jungen und Mädchen im Kindesalter und gegen Frauen im Jugend- und Erwachsenenalter ausgeübt"
Wenn jetzt jemand das Pech hat eineR dieser "Ausnahmen" zu sein bei dem eine Frau die Täterin war und liest das, denkt, er oder sie vielleicht, "ach ne, kann ja nicht sein wär ja ein riesen Zufall.."
Damit meine ich das viele Betroffene sich nicht trauen an die Öffentlichkeit zu gehen, weil Frauen durch solche Aussagen, ziemlich per se als "unschuldig" gelten und das bei vielen Opfern von Täterinnen zu möglicher Weise folgenschwerer kognitiver Dissonanz führt, da ihnen niemand glauben würde.
Bevor das Thema sexuelle Gewalt endlich mal durch Feministinnen angegangen wurde, haben auch viele Frauen sich nicht getraut zu reden und mit der erkämpften öffentlichen Sensibilität für das Thema, stiegen die Zahlen derer die sich trauten, die Misstände und ihre eigenen Erlebnisse anzuprangern.
So verhält sich das auch bei der Frage über den Anteil der Täterinnen.
Als z.B. Anfang der 90er erstmals von MissbrauchsforscherInnen wie U. Enders das Thema der Täterinnen auf den Podien diskutiert wurde, wehrten sich einige Feminstinnnen aggressiv verbal und drohend gegen die, die herausfanden das die Bereitschaft zum Ausüben sexueller Gewalt, kein männliches, sondern ein menschliches Problem ist.
So geschehen steigt seitdem der Anteil der Täterinnen, nicht unbedingt weil es mehr werden, sondern weil Menschen und vor allem Männer sich eher trauen, vor sich selbst und anderen anzuerkennen dass sie Opfer durch die Mutter/Babysitterin/Freundin/Frau... wurden.
In aktuellem Büchern ist immer wieder zu lesen dass sexuelle Gewalt durch Frauen eines der letzten grossen Tabus in diesem Bereich stelllen, und ein Tabu zeugt für eine hohe dunkelziffer.
Wer es ehrlich meint mit der Bekämpfung sexueller Gewalt(und generell mit dem Respekt von "Minderheiten") muss also auch die Türen für die bisher noch schweigenden Opfer öffnen, auch und gerade deswegen, wenn es Männer sind.
Aktuelle deutsche Studien gehen z.B. bei sexuellen Kindesmisshandlungen von einem Täterinnenanteil von 10 bis ungefähr 30% aus, in den USA sind bei manchen Studien 50/50 Werte zu finden.
Klar ist das dies alles mehr oder weniger spekulative Zahlen sind, genau wie immer klarer wird dass es sich bei Täterinnen nicht mehr um Ausnahmen, sondern um ein bisher verschwiegenes grösseres Problem handelt.
Also der Anfangs zitierte Satz ist in der Formulierung "fast ausschließlich Männer(sind täter)" falsch, das wäre vielleicht bei einem Verhältnis von 99 tätern zu 1 täterin so, aber da es nicht so ist, wird das Tabu auf Kosten derer die sich noch nicht trauen, aufrechterhalten und die Täterinnen so indirekt geschützt.
Also Men&Boys, ihr habt auch Grenzen, und das Recht Euch zu wehren. Lasst Euch nicht erzählen dass ihr es wollt, oder sogar müsst, weil ihr ja ein "mann" seit.
Konfrontiert die TäterInnen und wenn ihr Opfer seit oder welche kennt, sucht Hilfe und redet darüber, das ist wichtig und das dürft ihr.
Zwischenmenschliche Sexualität soll schön sein, Spass und Lust machen und ohne Zwänge ablaufen, dazu ist drüber-Reden wichtig, wenn das noch nicht klappt, dann können Geduld und Reflektion sehr heilsam sein und anonsten: love yourself.-)

zu einigen ergänzungen

egal 18.05.2007 - 21:32
hier stehen ein paar ergänzungen, bei denen die verfasser_innen so tun, als wären sie vor ort gewesen. wer wirklich da war, wird aber mit den beschriebenen sachen nicht viel anfangen können. stellt sich die frage, warum ihr hier sowas schreibt, was ganz offensichtlich nicht der wahrheit entspricht?

bsp." Eindrücke vom Kongress" von "Teilnehmerin"
dort steht u.a. "Das überwiegend sehr äußerst Publikum wirkte sehr zurückhaltend und erschreckt. Ich hatte den Eindruck, dass das Propagierte einer freien, schönen Sexualität, die ich allen Menschen wünsche, fundamental entgegensteht. Das finde ich gefährlich, weil es dazu führt, Sexualität zu verdammen oder sie nicht mehr ausleben zu können."
mal abgesehen davon, das eh schwer zu verstehen ist, was überhaupt ausgedrückt werden soll, waren die teilnehmer_innen alles andere als "zurückhaltend und erschreckt". und zu behaupten, dass das was dort diskutiert wurde "einer freien, schönen sexualität" entgegensteht ist total absurd. das ist die übliche verleumdung, antisexistische politik würde sich gegen sexualität wenden und das ist großer blödsinn. es ging nicht darum sexualität zu verdammen, aber sexualität ist nunmal eine soziale handlung und damit auch wie alle anderen durch macht- und unterdrückungsverhältnisse geprägt. das zu ignorieren oder gar sexualität ins reich der natur zu packen und damit jeder kritik zu entziehen ist heterosexistischer scheiß und führt genau dazu, das sex keinen spaß macht. denn so denken die meisten, es geht um eine frau und einen mann und penetration - langweilig und eben oft auch noch gewaltförmig!

auch "Reifer und Klüger bin ich" schreibt komische sachen. "Es waren vor allem Personen auf dem Kongress, die bald volljährig werden oder gerade geworden sind. Wenn die alle etwas älter sind und sich mit der Gesellschaft als ganzes auseinandergesetzt haben, denken sie auch anders." das ist einfach falsch. es wäre schön gewesen, wenn noch mehr junge leute da gewesen wären und zu behaupten, die wären alle um die 18 gewesen kommt der realität nicht mal nahe. warum das behauptet wird, kommt aber auch gleich gut raus. den leuten soll damit abgesprochen werden zu wissen was überhaupt geht und was politisch wichtig und sinnvoll und richtig ist. das so ein plumper diss-versuch hier so lange stehen kann, liegt hoffentlich nur an dem sehr guten link, der dabei ist...

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