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"weiterführende Links" auf dem Buko 30

Kuno 10.04.2007 23:11
Am Samstagabend saßen im großen Hörsaal Bernhard Schmid, Sebastian Voigt (BgA) und Katharina Hamann (Phase 2) auf dem Podium “weiterführende Links: zur Kritik des Antisemitismus und Antiamerikanismus”.

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Am Samstagabend saßen im großen Hörsaal Bernhard Schmid, Sebastian Voigt (BgA) und Katharina Hamann (Phase 2) auf dem Podium “weiterführende Links:
zur Kritik des Antisemitismus und Antiamerikanismus”.

Einleitend versuchte Schmid, möglichst viele historische Erzählstränge von der Entwicklung des Antiimperialismus, der antikolonialen Bewegung, der Linken in Frankreich und von proisraelischen französischen Rechten in die kurze Redezeit zu packen, weshalb er schnell, jedoch dennoch deutlich zu lang sprach. Seine Fokussierung auf heute wenig beachtete Aspekte der klassisch antiimperialistischen Position war einerseits informativ, trug allerdings kaum etwas zum Thema bei. In der Summe suchte er eine emanzipatorische Tradition im Antiimperialismus auszumachen, die jedoch durch die Etablierung neuer Nationalstaaten weitgehend marginalisiert wurde, so daß heute innerhalb der Staaten Konflikte zwischen progressiven und reaktionären Kräften ausgetragen werden, in denen jedoch zumeist deutlich die reaktionären Kräfte überlegen sind.

Erst nach diesem langen geschichtlichen Ausflug kam Schmid auf die Antideutschen zu sprechen, die er überwiegend für nicht mehr progressiv erklärte. Wäre es Anfang des 90er auch angesichts der “reaktionären Dynamik in der deutschen Gesellschaft” gut gewesen, den Dualismus von guten Beherrschten und bösen Herrschenden zu verwerfen und die Bedeutung des antisemitischen Antikapitalismus ernstzunehmen, sei man mittlerweile längst in der historischen Projektion befangen und würde sich zusammen mit dem deutschen Bürgertum für die Verhinderung vermeintlicher zweiter Holocausts einsetzen.

Wesentlich ruhiger, dafür aber auch mehr im Gestus der genervten Belehrung verlas als zweiter Sebastian Voigt eine Auflistung antideutscher Essentials. Er widerswprach Schmid, den er so verstanden hatte, daß Antisemitismus ein Rassismus unter vielen sei. Dagegen betonte Voigt, daß das Verständnis des Antisemitismus unumgänglich und zentral für Gesellschaftskritik ist. Statt sich mit Kritischer Theorie und Psychoanalyse beschäftigen, hinge die Linke weiter einem begriffslosen Bewegungsfetisch an. Die antisemitische Identifizierung des Juden mit dem personifiziert Abstrakten würde nicht ernstgenommen. Das Handeln der Subjekte würde nicht aus systemischen Zwängen verstanden, sondern moralisiert und diabolisiert. Somit sei die im globalisierungskritischen Spektrum häufig anzutreffende positive Besetzung des Konkreten, das Hochhalten von Arbeit, Scholle und Nation gegen Geld, Zins und Börse, auch keine Überraschung. Hierher rechnet Voigt auch die “antisemitisierende” Heuschrecken-Metaphorik bei Jürgen Elsässer.

Antisemitismus sei mitnichten eine “verkürzte Kapitalismuskritik”. Nazipropaganda gegen den liberalen Kapitalismus stelle keinen gezielten Versuch dar, an die Linke anzudocken, sondern sei genuine NS-Ideologie. Strukturell verwandt sei den Antiamerikanismus, wenn er mit antisemitischen Motiven aufgeladen werde, wenn etwa Bush als Strippenzieher, Rumsfeld als jüdischer Weltsheriff dargestellt würde.

Für mich verblüffend entwarf Voigt, sein Statement beschließend, ein Bild eines “positiven Internationalismus”, der - das war weniger überraschend - “antikollektivistisch” die “Individuen vor den barbarischen Konsequenzen der Kultur” beschützen müßte.

Ohne Zweifel den diskussionsförderlichsten Beitrag lieferte Katharina Hamann, die sehr viel konkreter und jargonfreier auf die im Publikum zu vermutenden Ideen und Positionen einging und die zuvor präsentierte Kritik über Beispiele aus der globalisierungskritischen Realität verhandelbar machte. Es gäbe eine in dieser Szene eine Position, die die Kritik am Antisemitismus und Antiamerikanismus einsehen würde und dennoch nach Heiligendamm fährt, als wäre nichts; auf diese Weise würde es sich zu einfach gemacht.

“Warum ist denn die globalisierungskritische Bewegung so anfällig?” fragte Hamann erfreulich direkt und strich einerseits die Fokussierung aufs Finanzkapital, auf “Auswüchse” des Kapitalismus heraus (”Da ist man ganz schnell im Antisemitismus drin”), andererseits die verbreitete Personalisierung, die dazu beitrage, daß der symbolische Protest nicht durchgehalten werden könne, die Wirkung zumeist auf eben den personalisierten Protest beschränkt bleibe.

Aus der Bewegungsgeschichte wurden die wohlbekannten Beispiele vom EU-Gipfel 2002 in Kopenhagen, aus Paris 2003 und kurz der Antisemitismus-”Streit” bei attac herausgegriffen, um die Warnung vorzubereiten, daß niemand, der nun in Heiligendamm versuchen wollte, in die Proteste “hineinzuwirken”, überrascht sein sollte, was er oder sie dort vorfindet.

Wie weit das Podium jedoch von großen Teilen des Publikums entfernt war, stellte sich dann während der Diskussion heraus, die mit einem Beitrag eröffnet wurde, der den Begriff “Zivilisationsbruch” für den Holocaust wütend mit der Begründung zurückwies, daß vorher begangene Verbrechen des Kolonialismus “dasselbe” gewesen seien, “genau dasselbe”. Dafür bekam er gleich in zwei Wellen starken Applaus. Es folgten Rettungsversuche Leipziger Diskutanten, die die globale Bedeutung des Holocaust und die Notwendigkeit der Solidarität mit Israel herausstrichen, doch bei jedem ihrer Beiträge verließen neue Gruppen aus dem Publikum teils mit erhobenem Mittelfinger und Beschimpfungen den Saal.

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Ergänzungen

was ist der Buko

leer 11.04.2007 - 09:17

Quatschplatsch, zurück zum wichtigen

an-archo DD 11.04.2007 - 11:09
BuKo30: Ist ein Kongress der einmal im Jahr, glaub ich, statt findet. Es werden verschiedene Schwerpunkte gesetzt und Workshops organisiert von Blockadetraining über Clown Army Rekrutierung bis Sanikurs von den Demosanitätern.
Wie gesagt ich war auch dort und hoffte in der Veranstaltung „Weiterführende Links“ (erstmal komischer Name) dieses ganze Antideutsche quatschplatsch zuverstehen. Meines achtens wollte der große Teil in meiner Ecke dies auch. Als von dem ersten Redener die Gaslieferung von Deutschland an den Irak einen „deutschen Drang zum Antisemitismus nannte“ war es für meine Nerven schon zuspät.
Vielleicht kann ja auch mir mal jemand erklären was das überhaupt soll. Like Sendung mit der Maus, z.B. unter dem Titel: „Antideutsch...hä...wie jetzt?“
Es wär zu schön wenn das Thema einfach untergeht und man wieder über wirkliche Sachen diskutieren kann und Gemeinsam was erreicht.
Keine Kirche, Kein Staat, kein Vaterland.

ein subjektiver Bericht

Josepheros 11.04.2007 - 16:07
Hier kommt ergänzend noch ein kleiner subjektiver Bericht dieses Abends:

Der zweite Redner Sebastian Voigt erklärte, daß linksradikale Politik sich in keiner Weise auf Bewegung(en) orientieren dürfte.
Statt dessen müsse mensch ausschließlich nur theoretische Analyse betreiben. Und es sei nur eine solche Gesellschafts-Analyse zulässig, die alle gesellschaftlichen Probleme vom Anstisemitismus ableitet.
Es gibt nur eine Art, gegen Antisemitismus zu sein, die zulässig ist, nämlich die, die Antisemismus so zur zentralen Analysekategorie mache. Alle anderen Ansätze gegen Antisemitismus sind nicht genug anti-antisemitisch, und deshalb unzulässig.
Eiskalt vorgetragen in elegant gesetzten Worten. Rhetorisch Perfekt. Adorno-Zitate, Horkheimer-Zitate, Benjamin-Zitate. Alle Arten von akademischem Geblubber und Imponiergehabe.

Katharina Hamann als dritte Rednerin trat geringfügig freundlicher auf. Mit allerlei Zitatenschnipseln und Akenkdoten, wer wann was gesagt haben solle, gab sie Beispiele für antisemitische Rhetorik und Verhalten. Diese Beispiele stellte sie in irgendwelche Zusammenhänge, die irgendwie nicht richtig verständlich waren. Der Sinnzusammenhang war veworren, unverständlich, und machte irgendwie keinen richtigen Sinn.
Nur: die Referentin machte keineswegs einen verworrenen Eindruck. Im Gegenteil, sie wirkte klug, klar und rhetorisch geschickt. Ich hatte den Eindruck, Unklarheit ihres Vortrages wurde planvoll eingesetzt, um
ein unklares Argumentieren zu verschleiern.
Was sie uns sagen wollte: Linksradikale Politik dürfe sich auf ziemlich keine Bewegung orientieren, weil irgendwie alle Bewegungen Dreck am Stecken haben, und offen sind für Antisemitismus.

Allgemein herrschte höfliche Gesittetheit. Niemand griff jemand anderes
direkt an Der Ton war stets ruhig und freundlich. Da die nicht-Antideutschen nur eine Rolle als ZuschauerInnen hatten, blieb
ihnen nur noch die Möglichkeit, in unvorbereiteten kurzen Wortmeldungen
Gegenpositionen zu äußern. Die wurden dem höflichen Tom entsprechend nicht mit offenen, sondern nur mit angedeuteten Beschimpfungen beantwortet.

Als der erste Wortmelder eine Gegenpsoition zum Thema "Zivilisationsbruch" äußerte, musste er sich vom Posium sagen lassen, daß das wohl nur ein Lippenbekenntnis gegen den Antisemitismus sei. Will sagen: kein richtiger Anti-Antisemitismus, eigentlich schon selber ein Antisemitismus. So deutlich wurde das zwar nicht gesagt, aber alle konnten sich ihren Teil denken.

Leider konnte ich die interessante Diskussion dann nicht mehr weiterverfolgen, da ich unter heftigem mich-an-den-Kopf-schlagen den Saal verlassen musste. Den Mittelfinger habe ich dann erst eine halbe Stunde später sehen lassen.

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