Nazisamstag in Gräfenberg

Fränkische Schweiz 17.12.2006 15:14
Gräfenberg am 16. Dezember 2006. Seit etwa 10 Uhr läuft die Pressekonferenz eines bürgerlichen Bündnisses gegen Rechts im Rathaus der oberfränkischen Stadt. Der Bürgermeister und Bündnisvertreter informieren die Medien über ihre Pläne für den Tag. Oberfränkische Nazis meldeten bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr einen Aufmarsch in der Kleinstadt an, um ihre menschenverachtende Gesinnung zur Schau zu tragen. Gräfenberg ist zum festen Bestandteil im braunen Aufzugskalender geworden.
Während Bürgermeister und Bündnisgruppen die Presse über Luftballonaktionen und organisierten Glühweinstand informieren, fährt am Nürnberger Nordostbahnhof die Gräfenbergbahn ab. Drei Abteile sind es, die den Zug, der sonst Schüler und Pendler aus der fränkischen Schweiz Richtung Nürnberg befördert, bilden. Ein Abteil ist von Nazis besetzt. Im mittleren Abteil reist die Polizei und das dritte Abteil dient vorwiegend jungen Antifaschisten, um Gräfenberg zu erreichen. Einige Gegner der Nazis werden Gräfenberg an diesem kalten, aber sonnigen Samstagmorgen nicht erreichen. Sie hält man in Nürnberg fest. Jemand ist einem Polizisten selbstbewusst über den Mund gefahren, ein anderer wird in Gräfenberg nicht dabei sein, weil er seinen Schal zu tief ins Gesicht gezogen hat. Ein jugendlicher Antifaschist trägt eine Sonnenbrille. Er nimmt sie nicht ab, als ein Polizist dies von ihm verlangt. Auch er wird nicht im Zug dabei sein.

Im Rathaus schenkt sich ein Journalist des bayerischen Rundfunks gerade eine frisch gebrühte Tasse Kaffee ein. Am Abend wird er im Rundschau Magazin von der Pressekonferenz berichten. Vom Geschehen auf der Straße, wird der Reporter nichts erzählen. Der Bürgermeister gibt die Marschroute vor: "Wir werden den Nazis diesmal nicht hinterherlaufen, damit werten wir sie nur auf. Wir sind Demokraten und mit Eselsgeschrei wollen wir die Braunen empfangen, aber wir werden uns ihnen nicht in den Weg stellen. Sie werden auf ihrer angemeldeten Route laufen können. So gehen wir mit den Nazis angemessen um. Wir werden Geld für ein Naziausstiegsprogramm sammeln und der Erlös aus dem Verkauf von Bratwürsten und Glühwein spenden wir für einen sozialen Zweck. Auf der angemeldeten Demonstrationsroute haben wir Banderolen zwischen die Häuserzeilen gespannt. Dort können die Nazis lesen, dass Gräfenberg gegen sie ist und dass unsere Stadt bunt statt braun ist."

Es ist zwölf Uhr. Die Polizei hat Kontrollposten an den Straßen errichtet, die in die Stadt führen. Der Metzger am Bratwurststand legt die ersten groben Bratwürste auf die glühende Holzkohle. Am Glühweinstand bildet sich eine kleine Schlange. Auf dem Marktplatz arbeiten zwei Veranstaltungstechniker an einer Bühne, auf der der Bürgermeister später reden soll. Es stehen kleine Gruppen beieinander. Man unterhält sich über Nazis und ärgert sich darüber, dass der Bürger wegen den Nazis diesen Polizeieinsatz bezahlen muss, wo doch "eh kein Geld da ist." Eine Polizeigruppe kontrolliert einen Mann. Anfang Vierzig wird er sein, schwarz Kleidung trägt er und will auf den Marktplatz. Die Polizei verlangt seinen Ausweis und durchsucht ihn. Im rechten Stiefel des Mannes befindet sich ein Knallkörper. Die Beamten packen den Mann und zerren ihn in ein Polizeifahrzeug. Nebenan verteilt eine Frau ein Flugblatt des VVN. Es stehen jetzt rund 300 Bürger auf dem Marktplatz. Es sind Antifa Fahnen zu sehen.

Am Gräfenberger Bahnhof hält der Zug aus Nürnberg. Achtzig Nazis sitzen im Zug. Rund fünfzig Antifaschisten steigen aus und lassen Personenkontrollen über sich ergehen. Mindestens drei Nazigegner werden festgehalten. Zwei behandelt die Polizei im Laufe des Tages in Bamberg erkennungsdienstlich. Über einen Fußweg erreichen die mit der Bahn angereisten Antifaschisten den Marktplatz. Einige von Ihnen ziehen es vor, andere Treffpunkte in der Stadt aufzusuchen. Gerade redet der Bürgermeister. Er wird von bürgerlichem Beifall übertönt als die jungen Nazigegner den Marktplatz betreten. Die Gruppe wird von USK Einheiten der bayerischen Polizei begleitet. Auf der Kundgebung des Gräfenberger Bündnisses spricht jetzt ein lokal bekannter Schauspieler. Er redet von der Notwendigkeit des kreativen Widerstandes gegen Rechts. Er fordert die Leute dazu auf, die Rechten mit Eselsgeschrei zu empfangen. Er bittet die Kundgebungsteilnehmer eindringlich die Nazis nicht zu blockieren. "Dies wird die Nazis nur bestätigen", meint er. Viele Leute kann er nicht davon überzeugen. Später wird sich kaum einer an seinen Aufruf halten.

Am Bahnhof formiert sich die eingekesselte Nazibande. Gegen 13.15 Uhr erreichen die Nazis die Innenstadt. Die Gruppe wird von Pfiffen und Nazis raus rufen am Marktplatz unter Polizeischutz vorbeigeleitet. Einige Bürger bewerfen die Gruppe aus einem Haus heraus mit bunten Papierfetzen und farbigen Luftballons. Nachdem die Nazigruppe den Marktplatz passiert hat, löst sich die bürgerliche Veranstaltung weitgehend auf. Die Teilnehmer gehen den Nazis hinterher. Am Gräfenberger Stadttor bleiben die Nazigegner stehen. Schnell spricht sich herum, dass hier der strategisch beste Ort ist, um die Nazis auf ihrem Rückweg zu blockieren. Antifaschisten überzeugen Bürger aus Gräfenberg davon, dass es besser ist, hier eine Blockade durchzuführen, als tatenlos darauf zu warten, bis die Nazis planmäßig den Ort wieder verlassen.

Der Bürgermeister versucht sichtbar irritiert die Blockade zu verhindern. Unter Mithilfe von Polizei will er die Menschen zur Einsicht bewegen. Immer wieder sagt er, dass das Demonstrationsrecht auch für Nazis gilt. Davon wollen die Nazigegner und Bürger zu diesem Zeitpunkt nichts hören. Es kommt zu Rangeleien zwischen USK Truppen und Gräfenberger Einwohnern. Die Einsatzleitung und Staatsschützer mischen sich unter die Leute im Stadttor. Immer mehr junge Antifaschisten unterstützen jetzt die Sperre des Tors. Mittlerweile sind es etwa 150 Menschen, die verhindern, dass die Nazis auf ihrer erlaubten Demonstrationsroute den Ort verlassen werden. Inzwischen steht für Polizei und Bürgermeister fest, dass die anfänglichen Pläne der Behörden nicht haltbar sind. Es wird beschlossen, den Nazis den Weg nicht frei zu räumen.

Die Nazis befinden sich an ihrem Kundgebungsort, eingekesselt von Bereitschaftspolizei und USK Einheiten. Aufgebracht brüllen sie Naziparolen. Es hat sich herumgesprochen, dass die genehmigte Demonstrationsroute nicht mehr begehbar ist. Die verantwortlichen Nazis werden von den Beamten der Polizei aufgefordert, ihre Kundgebung zu beenden und die Stadt über einen Fußweg in Richtung Bahnhof zu verlassen. Dort steht ein Sonderzug bereit, der die Nazis abtransportiert. Die Szene wird von Antifaschisten beobachtet. Später werden Nazigegner eine umfassende Bilddokumentation im Internet veröffentlichen aus der hervorgeht, welche bayerischen Nazikader am Naziaufzug in Gräfenberg teilgenommen haben.


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Ergänzungen

Nürnberg Nordost - Gräfenberg

alerta 17.12.2006 - 15:38
Ein Großteil der Antifas wurde in Nürnberg am Nordostbahnhof von der Polizei daran gehindert, den 10:30 Uhr-Zug nach Gräfenberg zu nehmen. Sie mussten in den 11:30er steigen, mit dem auch die Nazis nach Gräfenberg fuhren. Scheinbar wollte die Polizei beide Gruppen gleichzeitig abfertigen und festhalten, um so die Lage besser im Griff zu haben und die Nazis besser schützen zu können. Da der Zug sehr klein ist, mussten sowohl Antifas als auch Nazis am Nordostbahnhof in Nürnberg auf den 12:30-Zug warten, sodass sich die Kontrollen am Bahnhof in Gräfenberg ewig hinzogen. So liefen die Nazis dann um ca. 13:30 vom Bahnhof aus los.

Razzien gegen Rechtsextreme im Südwesten

Presseartikel 17.12.2006 - 17:30
Die Polizei in Baden-Württemberg will der Skinheadszene Grenzen aufzeigen.

Stuttgart/Gräfenberg - Die Polizei in Baden-Württemberg ist in der Nacht zum Samstag an 44 Orten mit Razzien und Kontrollen gegen Rechtsextreme vorgegangen. Dabei seien 277 Menschen sowie 159 Fahrzeuge kontrolliert worden, teilte das Innenministerium in Stuttgart mit.

Ziel der Polizeiaktion war es, der rechtsextremen Szene die Grenzen aufzuzeigen und zu verhindern, dass sich deren Strukturen verfestigen, wie Innenminister Heribert Rech (CDU) sagte.

Besonders hatten es die Fahnder nach Darstellung des Ministers auf die Skinheadszene abgesehen. "Ihr Gewaltpotenzial ist unberechenbar und sehr ernst zu nehmen", sagte der CDU-Politiker. Im Südwesten seien im vergangenen Jahr 1200 rechtsextreme Skinheads registriert worden. Zugleich wurde in Baden-Württemberg mehr als die Hälfte der politisch motivierten Gewaltdelikte der rechten Szene angelastet: 76 von 146 Fällen.

Im bayerischen Gräfenberg haben am Samstag 300 Menschen unter dem Motto "Gräfenberg ist bunt" gegen einen rechten Aufmarsch der Jungen Nationaldemokraten demonstriert. Die Polizei sorgte für eine Trennung beider Gruppen, die Veranstaltungen liefen insgesamt friedlich ab.

ist ganz gut gelaufen

meine meinung 17.12.2006 - 18:47
immerhin haben die leute es geschafft, dass die nazis kein zweites mal über den marktplatz latschen konnten. insofern war die sache ein erfolg. das die bürger bei der bunt statt braun sache nicht brav mitgespielt haben, sondern ungehorsam waren, war auch ganz nett.... mehr halt aber auch nicht.

Merkel gegen Thor Steinar Video

Bandit 17.12.2006 - 20:11

Fränkischer Tag

Leser 18.12.2006 - 07:04
Im Fränkischen Tag heißt es am 18.12.2006

Kein Durchkommen für die "Jungen Nationalen"

Gegenkundgebung "Den Faschisten die unverhüllten Gesichter der Demokratie entgegenhalten" wollte der Schauspieler Jan Burdinski, wie er in einer Pressekonferenz zu Beginn der Veranstaltung im historischen Rathaussaal sagte.

Gräfenberg - Über 300 Gegendemonstranten mit Landrat Reinhardt Glauber, Bürgermeister Werner Wolf, der Grünen-Landtagsabgeordneten Christine Stahl, Angelika Limmer und dem DGB-Kreisvorsitzenden Werner Schnabel in ihren Reihen hatten sich auf dem Marktplatz von Gräfenberg zu einer von Karin Bernhart und ihrem Bürgerforum ins Leben gerufenen Gegendemonstration gegen den Aufmarsch der „Jungen Nationalen“ eingefunden. Es spielte die Nürnberger Klezmer-Musik „Nächama 2“, „Zwei Braune im Weckla“ wurden von Ernst Seckendorf, Bürgermeister und Metzgermeister Hans Derbfuß verkauft, ebenso Holzscheiben für die Köpfe der Rechten. Dabei wollte man den Faschisten die „unverhüllten Gesichter der Demokratie entgegenhalten“, so Burdinski in einer Pressekonferenz zu Beginn der Veranstaltung im historischen Rathaussaal. Demokratie sei eine durchaus lustige Angelegenheit. Während des Aufmarsches wurden die mit vielstimmigen Eselsrufen begleiteten, rund 100 Rechten mit fünf Euro multipliziert, um den Betrag dann dem Neonazi-Aussteigerprogramm „EXIT“ zu spenden. Nur gegen Ende der Kundgebung am Fuße des Treppenaufganges, der dieses Mal nicht mehr durch einen Bauzaun, sondern nur noch mit einem Verbotsschild versperrt war, kam es vor dem Hiltpoltsteiner Tor zu einem Handgemenge mit Gegendemonstranten, die sich vom Marktplatz zu dem historischen Stadttor begeben hatten, um so den Rückweg für die Rechten zu versperren. Nach eingehenden Gesprächsrunden zwischen der Polizeiführung und den Rechtsradikalen erklärten sich diese bereit, nicht mehr auf dem genehmigten Rückweg durch das Hiltpoltsteiner Tor zu bestehen, sondern den Rückmarsch über das Friedhofsgässchen zum Gräfenberger Bahnhof anzutreten und so drohende Tumulte mit den Gegnern zu vermeiden. Bürgermeister Werner Wolf zeigte sich dann auch am Ende der Demonstration sehr zufrieden darüber, dass sich so viele Bürger zu der Demonstration einer intakten Demokratie versammelt hatten, um gegen die rechte Zurschaustellung in Gräfenberg friedlich und beschwingt zu protestieren.

Anzahl der Bürger

Sham 69 18.12.2006 - 09:19
Wiedermal stellt sich mir die Frage, wieviele Einheimische tatsächlich vor Ort waren und wieviele "Demo-Touristen" sich eingefunden hatten. Meiner eigenen Einschätzung nach befanden sich unter den Demonstranten einige Ortsvereine demokratischer Parteien, viel Gräfenberger Bevölkerung war aber leider nicht vor Ort. Den Bürgern selber scheint der Aufmarsch und auch die Gegendemonstration eher lästig zu sein.

Nürnberger Nachrichten

RURIK SCHNACKIG 18.12.2006 - 21:53
Nürnberger Nachrichten, 18.Dez.06

„Die Demokratie ist doch eine fröhliche Angelegenheit“
Mit Klezmer-Musikern und Schauspielern setzten Gräfenberger den Rechtsextremisten ein buntes Programm entgegen

Auf einer Bühne jauchzt die Klarinette, Bürger tanzen auf dem Marktplatz und ein Schauspieler unterhält mit einer besserwisserischen Handpuppe: Familienfest-Laune in Gräfenberg. Einen farbigen Anstrich will sich das Oberland-Städtchen damit geben — und einen neuen Weg beschreiten: Kreativität und Humor gegen dumpfe Parolen der Rechtsextremisten, die das Städtchen immer wieder heimsuchen.

GRÄFENBERG - „Gräfenberg ist bunt“, steht auf einem Transparent, quer über den Marktplatz gespannt. Köpfe sind darauf, Menschen verschiedener Herkunft. Darunter wird gefeiert, gegessen, getanzt. Lukas (7) kommt lachend mit seinem Vater aus dem Rathaus. Eine Weihnachtsgeschichte hat er dort gehört, jetzt hat er Hunger. Als die beiden auf den Bratwurststand zusteuern, zupft Lukas seinen Vater an der Jacke und fragt: „Papa - und wo sind jetzt die Nazis?“

Es ist kurz nach 13 Uhr an diesem Sonntag. Angekündigt hat sich ein Demonstrationszug von Rechtsextremisten. Wieder einmal. Seit 1999 pilgern Anhänger rechtsgerichteter Gruppierungen zum Kriegerdenkmal in Gräfenberg, üblicherweise am Totensonntag. Nach dem jüngsten Marsch am 12. November (wir berichteten) kündigten die Extremisten an. Gräfenberg nun monatlich aufzusuchen.

Für Gräfenberg ist dies das Stichwort für einen Aufbruch, einen neuen Schachzug gegen die unerwünschten Gäste: Mit dem Aktionstag „Gräfenberg ist bunt“, soll weithin sichtbar werden, welcher Geist hier weht. So steht über diesem Tag die Überschrift „Spaß und Unterhaltung“. Ein Ergebnis des neu gegründeten Bürgerforums. In nur vier Wochen haben sich 30 Bürger Gedanken gemacht, wie sich ein Farbklecks auf das Ritter-Wirnt-Städtchen setzen lässt - mehr noch: wie sie ihm dauerhaft einen bunten Anstrich geben können.

„Wir sollten den Ewiggestrigen mit Ironie begegnen“, sagt Karin Bernhart, Initiatorin des Bürgerforums. Schon als sie dies das erste Mal geäußert hat, haben ihr viele zugestimmt. Schnell waren Mitstreiter auf ihrer Seite: Für Sigrid Meier, Zweite Bürgermeisterin von Gräfenberg, war dies ein Signal, auf das sie gewartet hatte: Endlich kommt der Widerstand gegen Rechts aus den Reihen der Bürger. Sie schloss sich sofort dem Bürgerforum an, ebenso wie Bürgermeister Werner Wolf, weiteren Stadträten und dem Kreisjugendring Forchheim.

Bissiger, bisweilen sogar schwarzer Humor soll der Farbe braun in Gräfenberg keine Chance geben: Da verkaufen Stadträte verschiedener Couleur Bratwürste unter dem Motto: „Wir quetschen die Braunen in ein Weckla.“ Gegenüber davon steht ein Mitglied des Bürgerforums als Hitler-Karikatur vor Baumstämmen und schneidet den Bürgern auf Wunsch ein Scheibchen ab. Als Brotzeitteller. „Andere tragen so was als braunes Brett vor dem Kopf“, sagt er.

Vor allem aber der Schauspieler Jan Burdinski trifft den Nerv der friedlichen Gegendemonstranten. „Demokratie ist eine fröhliche Angelegenheit“, ruft er ins Mikrofon. Und mit einem Blick auf die geschlossenen Fenster am Marktplatz: „Kommt raus und zeigt eure Gesichter, damit wir diesen historischen Analphabeten etwas Nachhilfeunterricht geben können.“

Im Vergleich zum großen Festprogramm ist es nur ein Augenblick — dann sind die Rechtsextremisten auch schon vorbeigezogen. Begleitet von grellen Pfiffen, und - unter Regie von Burdinski - lauten „Iaahh“-Rufen. Ein Fenster hat sich geöffnet, und bunte Luftballons sind auf die Gruppe Schwarzgekleideter herabgesegelt.

97 Teilnehmer zählt Michael Helmbrecht. Der Weißenoher sitzt auf einem Tennis-Schiedsrichterstuhl und übt sein Amt als „Aufmarschierer-Zähler“ aus. 97 Menschen, denen geholfen werden muss, sagt er. Pro gezähltem Marschierer werden fünf Euro an „Exit!“ gespendet - ein Programm, das Neonazis beim Ausstieg aus der rechten Szene hilft.

Sieben Personen mussten festgenommen werden, meldet die Polizei. Sie hatten sich nicht an Absperrungen gehalten. Ansonsten kann die starke Polizeipräsenz schlimmeres verhindern: Es gibt keine Ausschreitungen.

Pfiffe und Rufe der rund 350 Gegendemonstranten sind noch nicht verklungen, da setzt die Klezmer-Musik wieder ein. Wie nach einem kurzen Regenschauer. Die Klarinette jauchzt und die Menschen auf dem Marktplatz tanzen wieder. Für Freiheit, für Demokratie und für ein buntes Gräfenberg.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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mal so sehen — crocodil

@crocodil — antifa