Volker Weil (Fuxbau) ist tot!

Hans-Jürgen Lutz 27.11.2006 13:44
Der Lorsbacher "Fuxbau" unter der Regie von Volker Weil war jahrzehntelang der Treffpunkt vieler alternativer Strömungen des gesamten Rhein-Main-Gebietes. Anläßlich seines Todes in Gestalt eines spektakulären Selbstmords formuliert Hans-Jürgen Lutz einen Nachruf, da sich sonst offenbar niemand gefunden hat.
Die Kneipe "Fuxbau" im hessischen Lorsbach, einem Stadtteil der Kreisstadt des Main-Taunus-Kreises, Hofheim, war und ist weit über die Grenzen des Rhein-Main-Gebietes bekannt. War sie doch über Jahrzehnte hinaus aktiver Treffpunkt der bunten und alternativen Szene, geleitet und begleitet von dem legendären Volker Weil.

Es sprach sich Anfang November wie ein Lauffeuer herum - Volker Weil ist tot! Klar, der "Fuxbau" lief nicht mehr so wie früher. In Zeiten von Hartz IV, der staatlich verordneten Armut per Gesetz, kann sich nicht mehr jeder ein Bier oder gar einen Whisky leisten, auch wenn man die Getränke im Fuxbau zu fairen Preisen erstehen konnte. Und dann kam bei Volker noch dazu, daß man eine Krebserkrankung diagnostizierte. Das war ihm, dem eigentlich Lebenslustigen, zuviel. Er stürzte sich von einem Krankenhaus in München in den sicheren Tod. Spektakulär. Und auf seiner Website waren noch in dicken Lettern zwei Worte zu lesen: "Schnauze voll!"

Zu seiner Beerdigung am Donnerstag, dem 15. November 2006 (ab 14.00 Uhr) auf dem ehemals schönen Alten Friedhof* neben der Post (Breslauer Straße) im ehemals schönen Kelkheim kamen fast 200 Leute aus seinem Freundes-, Bekannten- und Verwandtenkreis. Es war der wärmste Novembertag seit Jahrzehnten, als die Trauergemeinde verblüfft feststellen mußte, daß die Trauerfeier inklusive der Urnenbeisetzung flugs zu einer Art Werbeveranstaltung für fundamentalistische Christen umfunktioniert wurde. Einziger Redner war ein Cousin von Volker, ein katholischer Pastoralreferent aus Freiburg: "Ich lade Sie alle ein, ein Weizenkorn in die bereitstehende Schale von Schwarzwalderde zu stecken". Eine nette Idee, jedoch über das Leben und Wirken Volkers erfuhr man kein Wort. Enttäuschungen und Entrüstungen bei der Trauergemeinde, aber Volker hätte wahrscheinlich geschmunzelt oder hellauf gelacht.

Nichts davon, daß sich seinerzeit die berühmte Band "Dropouts" (u.a. Hans Georg Deutscher, Albert Scholz [jetzt Oberarzt in München], Volker Weil) nach den meist ausverkauften Veranstaltungen bei Volker traf! Nichts davon, daß sich die ehemaligen legendären Dammbesetzer (siehe de.indymedia.org/2005/05/116797.shtml ) des B 8-Dammes (war bis heute die längste Besetzung in der Geschichte der BRD!) und Startbahn-18-West-Gegner bei ihm trafen! Nichts davon, daß der Fuxbau auch Heimat der Vogeljagdbekämpferin von TUN e.V., Beryl Koch, war (siehe z.B.  http://symposium.abschaffung-der-jagd.de/2002/Hans-Juergen_Lutz_Vogelmord.html )! Nichts davon, daß die jüngste Bundestagsabgeordnete, Anna Lührmann (Grüne, wohnt in Lorsbach; siehe z.B. www.anna-luehrmann.de ), ebenfalls oft im Fuxbau zu sehen war. Und, nebenbei, daß der Verfasser dieser Zeilen manchmal nach dem abendlichen VHS-Mathematikunterricht ("Von der Arithmetik über die Differential- und Integralrechnung bis zu Differentialgleichungen") mit seinen Schülern und Studenten dort gerne verkehrte und manchmal auch nicht davor zurückschreckte, auf Bierdeckeln weiter zu unterrichten.

Und und und ... !!!

Noch auf dem Weg von der Trauerhalle zum Grab von Volkers Eltern, wo seine Urne beigesetzt wurde, kam nicht nur vereinzelt Unmut und Enttäuschung auf. Ist man hier wirklich der Person und dem Leben Volkers gerecht geworden?

Der Schreiber dieser Zeilen will jedenfalls nicht unter Folterinstrumenten (Kreuze) beerdigt werden, begleitet von pharisäerischen Gutmenschen, die salbungsvoll-betuliche Jesus- und Gottesreden halten. Aber hier soll es schließlich "nur" um Volker Weil gehen.

Ein Lichtblick war die bis in die späte Nacht dauernde Nachfeier im Lorsbach-Kelkheimer Wald-Restaurant "Gundelhardt". Zwar waren hier ebenfalls christlich-fundamentalistische Bezeugungen zu vernehmen, aber auch nette und inhaltsreiche Gespräche. Wohl die weiteste Strecke hatte der bekannte deutsch-amerikanische Schauspieler Norbert Grosser ("Schindlers Liste" von Stephen King) zu bewältigen - er kam eigens aus Hollywood bzw. Los Angeles, flog am nächsten Tag wieder in die USA zurück.

Da sich der Verfasser dieser Zeilen nicht genügend informiert (und auch nicht genügend berufen) fühlt, über das vielfältige Leben und Wirken Volker Weils zu schreiben, seien alle hiermit aufgefordert, diesen Nachruf mittels zahlreicher "Ergänzungen" zu vervollständigen.

Weder der Fuxbau als alternatives Zentrum, noch Volker dürfen je der Vergessenheit anheim fallen! Der neue Wirt (ist schon aktiv) führt das Lokal hoffentlich im Sinne Volkers weiter!


Das Zitat (sinngemäß):

"Nicht Gott hat den Menschen erschaffen - der Mensch hat Gott erschaffen!"

(Ludwig Feuerbach, deutscher Philosoph)


URL: www.fuxbau.tv


* Warum "ehemals schöner" Alter Friedhof in Kelkheim? Die Stadtverwaltung ließ zahlreiche alte Bäume - teilweise sogar Baumreihen - abholzen, Efeu entfernen, ganze Hecken dem Erdboden gleichmachen, ein von Grün umrahmtes Urnenfeld vernichten. Außerdem "zieren" dicke Reifenspuren Wege und Rasen; Wege sind nach dem Regen aufgeschlämmt (weil das stabilisierende Efeu und die Hecken großteils beseitigt wurden); das an der Frankenallee befindliche Eingangstor war wochenlang defekt und stand offen, usw. usf. - Kein Ruhmesblatt für die Stadt Kelkheim.

Und das, obwohl der unermüdliche Kelkheimer Kämpfer Ulrich Schmidtke seinerzeit feststellte, daß Kelkheim die höchsten Friedhofsgebühren Deutschlands (womöglich sogar Europas) erhebt! Schmidtke selbst zog den Friedhof von Hofheim-Langenhain als seine Grabstätte vor.
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Ergänzungen

Danke Volker

Lorsbacher 27.11.2006 - 18:09
Muss einfach mal sagen das der Volker ein ganz großartiger Mensch war!
Ich selbst, und meine Jungs, sind seit Jahren regelmäßig in den Fuchsbau gegangen. Wir haben in Volker immer einen weltoffenen, toleranten sowie stets lebensfrohen Ansprechpartner gehabt. Es gab so viele schöne Abende, die unvergessen bleiben werden. Dafür sind wir Ihm alle sehr dankbar! Ich persönlich werde die Zeit im Fuchsbau mit Volker nie vergessen, da sie einen erheblichen Teil meiner Jugend geprägt hat!

Volkers Cousin heißt Weisser, NICHT Grosser!

Hans-Jürgen Lutz 27.11.2006 - 20:52
Natürlich heißt dergroße Schauspieler - und Cousin von Volker Weil! - Norbert WEISSER, nicht Grosser! Wer mehr über Norbert Weisser wissen will:  http://www.imdb.com/name/nm0919256

...nur ein paar Worte

Chris 28.11.2006 - 15:06

Ich möchte nicht viel Worte machen, nur sagen, das ich unendlich traurig bin, das Volker nun nicht mehr da ist.
Er war ein wichtiger Mensch in meinem Leben und ich habe so viel von ihm gelernt. Er war ein wirklich toller Typ, ein guter Mensch, der anderen viel gegeben hat. Die Zeiten, die wir zusammen im Fuxbau gearbeitet haben, waren mit die besten in meinem Leben, das hatte auch viel mit ihm zu tun. Immer, wenn ich ihm begegnet bin, habe ich mich einfach gefreut und so manche Schlechtlaunigkeit war sofort verflogen. Seine besondere menschliche Ausstrahlung war immer spürbar, ich habe mich in seiner Nähe immer wohl und vertraut gefühlt. Es tut mir so leid, das es Volker in der letzten Zeit vor seinem Tod nicht mehr gut ging, ich wünschte, ich hätte mehr darüber gewußt und mehr für ihn tun können.


Volker wird immer in meinem Herzen und in meinen Gedanken bleiben..... er wird mir auf immer fehlen.

Mein Herz ist schwer.

Chris

WAS spielte Weisser in "Schindler's Liste?

Hans-Jürgen Lutz 07.01.2007 - 17:36
Mehrere telefonische Anfragen veranlassen mich dazu, hier die Antwort auf die Frage zu posten, welche Rolle Norbert Weisser in Steven Spielbergs mehrfach preisgekrönten Film "Schindler's Liste" (1993) spielte:

Er spielte die Rolle des ALBERT HUJAR.

Remember

Trauer 27.11.2007 - 20:34
Volker wir vermissen dich sehr!
Für mich wirst du in ewiger Erinnerung bleiben!

Auch der Fuxbau ist nun tot.

M. 16.03.2012 - 14:06
Nun ist auch der Fuxbau gestorben. Jeder, der durch Lorsbach fährt, kann sich sein Bild machen.
Es wird nicht mehr so, wie es früher einmal war.
M.

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