Naziaufmarsch in Celle - der vierte Versuch

Antifaschistische Aktion Lüneburg / Uelzen 02.11.2006 12:30 Themen: Antifa
Für den 9. Dezember 2006 kündigt der bundesweit aktive Naziaktivist Christian Worch aus Hamburg einen Aufmarsch in Celle an. Dies ist der vierte Versuch der Neonazis in diesem Jahr in Celle aufzutreten. Die drei vorhergehenden Aufmarschversuche wurden entweder verboten oder abgesagt.
Am 28. Januar 2006 wollten die Neofaschisten - einen Tag nach dem weltweiten Auschwitz-Gedenktag - gegen den § 130 des Strafgesetzbuches (Volksverhetzung) und für ihr "Recht" auf die Verherrlichung des Nationalsozialismus demonstrieren. Da es der Anmelder Christian Worch es damals versäumte fristgerecht Klage gegen ein Verbot der Stadt Celle einzulegen, konnte der Aufmarsch dort nicht stattfinden und wurde kurzfristig nach Lüneburg verlegt. Dort konnten knapp 120 Neofaschisten am Stadtrand einen Aufmarsch durchführen. Abgeschirmt von über 2500 Polizeibeamte zogen sie durch menschenleere Straßen, während gleichzeitig 2000 Menschen gegen den Naziaufmarsch protestierten.

Für den 8. April 2006 meldete dann Adolf Dammann aus Buxtehude einen Aufmarsch in Celle an. Der stellvertretende Landesvorsitzende der niedersächsischen NPD und seit der letzten Kommunalwahl auch Mitglied im Kreistag von Stade, sagte diesen Aufmarsch aber kurzfristig wieder ab. Die Neofaschisten entschieden sich dafür, da sie an einer Demonstration am selben Tag in Mannheim teilnehmen wollten. Dort sollte für mehrere inhaftierte Holocaustleugner auf die Straße gegangen werden. Ein Verbot der Veranstaltung verhinderte dieses Vorhaben.

Der nächste Versuch der Neofaschisten in Celle aufzumarschieren, scheiterte am 28. Oktober 2006. Der vom NPD-Mitglied Hans-Gerd Wiechmann aus Lüneburg angemeldete Aufmarsch, wurde ebenfalls von der Stadt Celle verboten. Obwohl Wiechmann zunächst großspurig ankündigte, dass er gegen das Verbot klagen wolle, legte er schlussendlich nur einen Eilantrag für einen "vorläufigen Rechtsschutz" ein. Dieser wurde vom zuständigen Verwaltungsgericht zurückgewiesen. Unter anderem deswegen, weil es versäumt wurde, gleichzeitig eine nötige Klage gegen das Verbot einzulegen. Am 28. Oktober 2006 demonstrierten in Celle über 400 Menschen auf zwei Veranstaltungen gegen Neofaschismus. Ungefähr 250 AntifaschistInnen gelang eine Spontandemonstration auf der Route, auf der eigentlich die Neofaschisten laufen wollten.

Unter dem Motto: "Gegen Repressionen - Für Demonstrationsfreiheit" hat Christian Worch jetzt den nächsten Versuch gestartet. Scheiterten ihre ersten Versuche auch an ihrem organisatorischen Unvermögen, setzen die Neofaschisten nun vermutlich alles daran, nicht wieder ein Debakel zu erleben. Ihr Ziel ist es, unter allen Umständen einen Aufmarsch in Celle durchzusetzen.

Bisher gelang es den örtlichen Neofaschisten nur durch das absolute Stillschweigen der Celler Stadtverwaltung und mit Hilfe der Polizei, überhaupt angemeldete und öffentliche Aktionen durchzuführen. So konnten am 4. Februar 2006 weniger als 50 Neofaschisten eine Mini-Kundgebung auf dem Lauensteinplatz durchführen. Am 24. Juni 2006 und 1. Juli 2006 konnte die sog. "Bürgerinitiative zur Schließung des Bunten Haus" Infostände durchführen. In allen drei Fällen weigerte sich die Stadtverwaltung - auf Weisung des Celler Oberbürgermeisters und der Polizei - die Öffentlichkeit über die Naziaktivitäten zu informieren. Diese wohlwollende Behandlung und Ignoranz lässt dann doch verwundern, dass Christian Worch auf "Demonstrationsfreiheit" für sich und seine Kameraden pocht.


Worch´s Wanderzirkus zu Gast in Celle ?

Die politische Stossrichtung der Faschisten besteht darin, mit ihren Aufmärschen Freiräume für sich zu reklamieren, in denen sie scheinbar legal ihr Unwesen treiben, Menschen einschüchtern und die politische Kultur in ihrem Sinne beeinflussen können
Christian Worch meldet fast jedes Wochenende irgendwo in der Bundesrepublik Aufmärsche an. Mit diesem Wanderzirkus versucht Worch die Rechtssicherheit für Demonstrationen und andere Versammlungen der Neofaschisten zu verbessern, da er jeden Aufmarsch mit höchstrichterlichen Urteilen durchzusetzen versucht. Daneben soll auch der Spielraum für Nazistrukturen ausgebaut werden. Im Windschatten von Christian Worch können lokale Nazistrukturen die eröffneten Freiräume für sich nutzen und sich verfestigen. Auch die neofaschistische NPD, der Christian Worch zumeist ablehnend gegenüber steht, profitiert von seinen langjährigen Bemühungen. Das Naziaufmärsche heute in der BRD zumeist genehmigt werden, liegt zu großen Teilen an Worch´s diversen Klagen bei den Gerichten der Bundesrepublik.

Jeder störungsfrei durchgeführte Aufmarsch der Faschisten stärkt ihre Anerkennung als "normale" gesellschaftliche Kraft und darüber hinaus das Selbstbewusstsein ihrer Anhänger und Anhängerinnen. Das sie dabei auch "staatliche Repression" oder angeblich fehlende "Demonstrationsfreiheit" beklagen, ist mehr als ein schlechter Scherz. Ohne den Schutz der Polizei würden ihre Aufmärsche nicht durchführbar sein.
Das die Faschisten fehlende "Meinungsfreiheit" beklagen ist nicht neu. Was von ihrer vermeintlichen Forderung nach Meinungsfreiheit zu halten ist, zeigt ein Blick in die deutsche Geschichte: Ihr historisches und geistiges Vorbild, die NSDAP, hat jede Form von Meinungsfreiheit abgeschafft und alles Verboten was in Opposition zu ihrer menschenverachtenden Ideologie stand.
Heute wollen die Faschisten demokratische Rechte in Anspruch nehmen, die sie aber eigentlich abschaffen wollen. Gestern wie Heute gilt: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen.


Gemeinsam die Nazis stoppen !!

Durch die Arbeit verschiedenster politischer Akteure in Celle, wie dem Forum gegen Rechtsextremismus, dem DGB oder der Antifaschistischen Aktion Celle und fehlender Polizeikräfte, kam es am 28. Oktober 2006 zu einer Situation, in der der Naziaufmarsch undurchführbar wurde und die Stadt Celle ein Verbot aussprach. Dieser "Aufstand der Anständigen" hat mal wieder bewiesen, das Nazis dort zurückgedrängt werden können, wo es Widerstand gibt.
Die Erfahrungen in verschiedensten Regionen Deutschlands belegen, dass dort, wo es entschlossenen, organisierten Widerstand gegen Neofaschisten - gerade auch auf der Straße - gibt, öffentlicher Raum gehalten werden konnte. Öffentlicher Raum in dem Menschen nicht ständig mit Nazipropaganda konfrontiert werden. Raum, in dem sich Flüchtlinge und MigrantInnen ohne ständige Gefahr für Leib und Leben bewegen können. Raum, in dem faschistische Parteien - wie die NPD - nur schwer Fuß fassen können.
Dies sollte Ausgangspunkt für eine weitere kontinuierliche antifaschistische Praxis sein und es ist zu hoffen, dass die verschiedenen Initiativen in Celle sich in Zukunft zu einer engeren Zusammenarbeit entschließen. Mit dem Ziel, nicht nur dann aktiv zu werden, wenn die Neofaschisten sich mal wieder ankündigen. Sondern vielmehr eine Situation zu schaffen, in dem es den Faschisten nicht möglich ist im öffentlichen Raum in Erscheinung zu treten. Dabei bedarf es auch der Perspektive, eine Veränderung des gesellschaftlichen Klimas herbeizuführen. Neofaschistische Gruppierungen und Naziaufmärsche sind der extreme Ausdruck einer Gesellschaft, in der rassistische, antisemitische und sozialdarwinistische Tendenzen innewohnend sind. Es gilt nicht nur Christian Worch oder der NPD entschieden entgegenzutreten, sondern sich jedem rassistischen und nationalistischen Denken zu widersetzen - egal wo und wie es sich zeigt. Eine sich immer weiter verschärfende Abschiebepraxis ist Wasser auf die Mühlen der Neofaschisten; sie knüpft nahtlos an deren rassistischen Politikvorstellungen an. Nationalismus und Rassismus entstehen aus der Mitte der Gesellschaft heraus.

Kein Durchkommen. Kein Fußbreit den Faschisten !
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen