Sascha Schüler: 3 Jahre auf Bewährung

ProzessbeobachterIn des ARTV 20.05.2006 17:37 Themen: Antifa
Das Verdener Amtsgericht verurteilte am Donnerstag, den 18. Mai 2006, den ehemaligen "Heisenhofler" Sascha Jörg Schüler zu 7 Monaten Haft, ausgesetzt auf 3 Jahre Bewährung, und zusätzlich zu 200 Stunden gemeinnütziger Arbeit.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Schüler im Dezember 2004 einen Journalisten auf dem Gelände der Berufsbildenden Schulen in Verden mit "bedingter Schädigungsabsicht" mit seinem Auto angefahren hatte und so einen "gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr" begangen hatte sowie "gefährliche Körperverletzung" verursachte. Schüler nutzte sein Fahrzeug als "Nötigungsmittel und gefährliches Werkzeug", um anschließend zum Heisenhof zu flüchten. Dort wurde sein Auto dann noch in den Abendstunden desselben Tages von der Polizei beschlagnahmt und auf Unfallspuren bzw. Fingerabdrücken hin untersucht. Hintergrund der Aktion an der Schule in Verden war die im Winter 2004 gestartete "nationale Schuloffensive" von Neonazis aus Verden. Selbiges sollte höchstwahrscheinlich auch an der besagten Schule in Verden passieren, jedoch wollten die Neonazis um den ehemaligen "Stützpunktleiters" Schüler eine solche Aktion nicht vor der Kamera eines kritischen Journalisten durchführen.

Mit dieser Entscheidung wich das Gericht (Richterin und 2 Schöffen) sowohl von der Forderung der Staatsanwaltschaft ab, die 10 Monate Haft ausgesetzt auf 2 Jahre Bewährung forderte, als auch Schülers Anwalt, Jürgen Rieger, der einen Freispruch für seinen Mandanten forderte. Das Gericht hielt dem 24-Jährigen Angeklagten zu Gute, dass dieser nicht mit "Vollgas" auf den Journalisten zugefahren sei, ihn und weitere anwesende JN-Aktivisten "hartnäckig fotografiert" und so provoziert habe und "zum Glück nichts schlimmeres passiert" sei (das Opfer erlitt Prellungen und Abschürfungen am Knie sowie eine Gehirnerschütterung).

Schüler sowie seine Zeugen hatten während der Gerichtsverhandlung behauptet sie wollten nur einen "Bekannten" an der Schule abholen. Der geschädigte Journalist sei dann eigenständig auf die Motorhaube von Schülers Auto gesprungen. Wer dieser Unbekannte war und was mit ihm geschah, nachdem Schüler und seine Begleitung geflüchtet waren, wusste allerdings keiner der Zeugen. Das Gericht nahm Sascha Schüler und seinen Zeugen aufgrund der Art und Lage der Finger- und Handabdrücke auf dem Auto nicht ab, dass der Journalist absichtlich auf die Motorhaube gesprungen sei. Das angebliche Abholen einer allen(!) Zeugen unbekannten Person sei eine "Geschichte aus Grimms Märchen".

Die beiden Heisenhofler Daniel Fürstenberg und Matthias Schultz traten als Zeugen auf, ebenfalls Zeuge war Manuel Goroncy, der jedoch unentschuldigt fehlte und somit mit einem Bußgeld über 70 Euro, aufgrund einer Ordnungswidrigkeit, rechnen muss. Zudem sagten "für" Schüler die beiden Zeugen Marco Franke (30 Jahre, Frührentner!) und Sascha Miegel aus Stolzenau (28 Jahre, arbeitsloser Fleischer) aus, die nach der Tat noch zusammen mit Matthias Schultz und Manuel Goroncy an einer anderen Verdener Schule JN-Propaganda Material ("Der Rebell") versuchten zu verteilen. Der Zeuge Marco Franke konnte nach eigenen Angaben sich an nichts mehr erinnern, was an dem besagten Tag passiert sei. Zugegeben war das Geschehen lange her (anderthalb Jahre), allerdings fühlte sich die anwesende Richterin durch eine solche vollständige Amnesie "verarscht" und dem Zeugen Franke ein Bußgeld von 140 Euro auf.

Die zusätzlichen 200 Sozialstunden kann Schüler nun in seiner neuen Heimat, dem baden-württembergischen Künzelsau ableisten. Der arbeitlose Kfz-Mechaniker hat damit eine weitere Eintragung in seinem langen Vorstrafenregister: Sachbeschädigung, Tragen von verfassungsfeindlichen Symbolen, mitführen einer Waffe auf dem Weg zu einer öffentlichen Veranstaltung, das Mitführen einer Waffe auf einer öffentlichen Veranstaltung, Körperverletzung, fahrlässige Körperverletzung und dreimal "Eintragungen aufgrund fehlender TÜV-Prüfungen".

Interessantes Detail am Rande: Die Heisenhofler bzw. Verdener NPD/JN-Aktivisten scheinen immer noch auf Kriegsfuss mit Schüler zu stehen und wechselten vor und nach dem Prozess kein Wort mit Schüler. Auch Rieger schien nicht so recht "engagiert" wie in anderen Prozessen, bei denen er als Verteidiger schon mal anfing lautstark rumzubrüllen oder das Gericht verbal anzugreifen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Rieger schon am nächsten Tag wieder vor Gericht stehen sollte – diesmal jedoch als Angeklagter.
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Ergänzungen

frage

fragender 20.05.2006 - 17:56
wo und wegen was steht rieger derzeit vor gericht?

Gericht spricht Neonazi-Anwalt Rieger frei

Volksstimme, 20.05.06 20.05.2006 - 19:53
Als Antwort auf die Frage nach dem Prozeß gegen Rieger:

Amtsrichterin sah Vorwurf der Körperverletzung gegen Jürgen Rieger nicht bewiesen
Gericht spricht Neonazi-Anwalt frei, Opferverband kritisiert Urteil
Von Winfried Borchert

+ Jürgen Rieger wurde bereits zweimal verurteilt: 1994, weil er in einem Wehrmachtsauto mit modifi zierten SS-Runen umherfuhr, und 2003 wegen Volksverhetzung. Foto: dpa
Der deutschlandweit bekannte Neonazi-Anwalt und Geschichtsrevisionist Jürgen Rieger ( 60 ) ist gestern in einem Prozess vor dem Magdeburger Amtsgericht vom Vorwurf der Körperverletzung freigesprochen worden. Das Gericht hatte Zweifel daran, dass der Angeklagte im vergangenen Jahr einen Passanten am Rande einer Neonazi-Demonstration geschlagen haben soll.

Magdeburg. An jenem 15. Januar 2005, um den sich der Prozess dreht, glich die Landeshauptstadt einer Festung : Bekannte Funktionäre der Neonaziszene hatten einen Gedenkmarsch organisiert, wollten den 60. Jahrestag der Bombardierung Magdeburgs für sich propagandistisch nutzen. Neben Peter Naumann, Ralph Tegethoff und Thomas Wulff war Szene-Anwalt Jürgen Rieger aus Hamburg dabei. Viele Magdeburger folgten an dem Tag den Aufrufen von Landespolitikern, Flagge zu zeigen gegen Rechtsextremismus. Am Straßenrand skandierten Passanten " Nazis raus !". Außerdem störten militante Links autonome den Zug.

14. 30 Uhr : Der Zug kommt in der Otto-von-Guericke-Straße zum Stehen. Aus dem Plan, zum Rathaus zu marschieren, wird nichts. Die Polizei leitet die Rechten zum Bahnhof um. Die Stimmung der Neonazis wird zunehmend gereizt. Nach einer improvisierten " Zwischen-Kundgebung " legen sie eine Schweigeminute ein.

Demo-Gegner machen sich über die Rechtsextremen lustig, versuchen, sie zu provozieren. Auf dem Fußweg ruft ein Mann " Ä !" und " Ö !" und hüpft wie ein Hampelmann. Daraufhin stürmt der Angeklagte aus dem Zug an den begleitenden Polizisten vorbei und auf den Mann zu.

Doch was geschah danach ? Die Staatsanwaltschaft sagt, Rieger habe den Mann mit der Faust geschlagen, und verfügte einen Strafbefehl über 4500 Euro gegen ihn. Nachdem Rieger Widerspruch einlegte, sollte die Verhandlung Klarheit bringen.

Laut Anklageschrift soll Rieger den Passanten mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Rieger bestreitet die Tat. Er habe den Passanten am Revers gepackt, " um ihn der Polizei zu übergeben ". Schließlich habe der Mann die Toten beleidigt, behauptet Rieger.

Das Opfer Sören W. ( 30 ), ein Student aus Sachsen, schildert den Hergang anders. Er sei weder gesprungen (" Das war mir wegen einer Sprunggelenkverletzung gar nicht möglich. "), noch habe er gerufen, so W. Hinter ihm hätten zwei Passanten die Schweigeminute gestört. Dennoch habe Rieger ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Ärztliche Atteste bescheinigten ihm eine Schwellung im Gesicht sowie eine Operation am Sprunggelenk. W. hatte Anzeige erstattet und tritt als Nebenkläger auf.

Die Schilderung des Opfers bestätigt dessen Freundin. Auch ein weiterer Demo-Gegner, der das Geschehen verfolgte, sagt, er habe vom Angeklagten " einen Schlag gesehen ".

Als dienstlicher Beobachter verfolgte Polizist Sven Gratzik ( 36 ) das Geschehen. Gratzik leitet den Staatsschutz an der Polizeidirektion Dessau. Nach seiner Version hat das Opfer tatsächlich " einen Hampelmann gemacht und Unverständliches gerufen ". Dann sei Rieger mit nach vorn gestreckten Armen auf den Mann zugestürmt. Ob der Angeklagte zuschlug, habe er nicht gesehen, weil ihm die Sicht versperrt gewesen sei, sagt Gratzik.

Am Ende spricht das Gericht unter Vorsitz von Richterin Konstanze Nolte Rieger frei. Die Aussagen der Belastungszeugen hatten sie nicht überzeugt. Zuvor hatte die Staatsanwältin zwar die Aufrechterhaltung des Strafbefehls beantragt, aber auch erklärt, sie nehme es dem Opfer nicht ab, Rieger keinen Anlass zum Schlag gegeben zu haben.

Das Urteil dürfte ein Nachspiel haben. Die Vertreterin der Nebenklage kündigte an, alle Berufungschancen zu prüfen. Unterdessen kritisierte die mobile Opferberatung Magdeburg den Freispruch. Leiterin heike Kleffner sagte : " Das Urteil hat die fatale Signalwirkung, dass Neonazis in Sachsen-Anhalt am Rande von Aufmärschen zuschlagen können, wie sie wollen. "

Kleine Verwechslungen..

egal 20.05.2006 - 21:33
Der Zeuge Sascha Miegel war derjenige, der sich angeblich an nichts mehr erinnern konnte (wollte) und dementsprechend ein Ordnungsgeld von 75 Euro zahlen musste.
Marco Franke war der, der tierisch Angst davor hatte, seinen Wohnort laut zu sagen oder sein Bild im Internet zu sehen.

Gegen den geladenen Zeugen Manuel Goroncy (Heisenhof-Umfeld) wurde ein Ordnungsgeld von 150 Euro verhängt, weil er unentschuldigt fehlte.

Rieger 3mal verurteilt

Recherche-West 21.05.2006 - 15:28
Rieger ist dreimal verurteilt worden

Das letzte Mal wegen Bedrohung. Er bedrohte einen Journalisten mit den Worten."Dich röste ich langsam durch auf meinen Grill..Du wirst bald brennen"! Verurteilung war im Jahr 2005, Amtsgericht Rotenburg Wümme.

@ Mods plz ändern!!!

ARTV 21.05.2006 - 15:44
Der Kommentarschreiber hat leider recht, eine Verwechslung:
Die Namen und Geldbeträge müssten geändert werden! Daher den Text-Absatz bitte wie folgt ändern:

...Die beiden Heisenhofler Daniel Fürstenberg und Matthias Schultz traten als Zeugen auf, ebenfalls Zeuge war Manuel Goroncy, der jedoch unentschuldigt fehlte und somit mit einem Bußgeld über 150 Euro, aufgrund einer Ordnungswidrigkeit, rechnen muss. Zudem sagten "für" Schüler die beiden Zeugen Marco Franke (30 Jahre, Frührentner!) und Sascha Miegel aus Stolzenau (28 Jahre, arbeitsloser Fleischer) aus, die nach der Tat noch zusammen mit Matthias Schultz und Manuel Goroncy an einer anderen Verdener Schule JN-Propaganda Material ("Der Rebell") versuchten zu verteilen. Der Zeuge Sascha Miegel konnte nach eigenen Angaben sich an nichts mehr erinnern, was an dem besagten Tag passiert sei. Zugegeben war das Geschehen lange her (anderthalb Jahre), allerdings fühlte sich die anwesende Richterin durch eine solche vollständige Amnesie "verarscht" und dem erlegte dem Zeugen Miegel ein Bußgeld von 75 Euro auf...

DANKE, wiegesagt einfach den ganzen Absatz durch diese Text oben ersetzt. Falsche Namen und Geldbeträge wurden ausgetauscht.

Die Überschrift ist falsch

. 21.05.2006 - 18:15
7 Monate, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung wird weder in Fachkreisen noch im Sprachgebrauch als "3 Jahre auf Bewährung" bezeichnet.

Insbesondere da Bewährungsstrafen eh nur auf 3 oder 4 Jahre ausgesetzt werden können, würde mit solch einem Sprachgebrauch doch jegliche Differenzierung entfallen.

Skandal

Leser 21.05.2006 - 19:20
Man beachte die Feinheiten: dem Täter wird zugute gehalten, dass der Fotograf ihn "hartnäckig verfolgt" habe. Journalisten, die über Neonazis berichten, werden also als Stalker verdächtigt. Und da es nicht sehr viele Journalisten gibt, die Neonazis regelmäßig beobachten, schlägt das Urteil in dieselbe Kerbe wie die Anti-Antifa: sehr euch vor, wenn Neonazis euch als Freiwild betrachten, schützen deutsche Gerichte euch nicht. Schönen Dank an die Freisler-Nachfolger vom AG Verden. Wer braucht noch Faschisten, wer solche Richter hat?

Geldstrafe von 70 bzw. 75 Euro

Red Nose Day 01.07.2010 - 00:56
Der Herr Miegel musste keine Geldstrafe von 70 bzw. 75 Euro zahlen!

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