Altenburg: Auftakt zum braunen Musiksommer

Aufklärer-Staffel und Abfang-Jäger [ASJ] 15.05.2006 00:08 Themen: Antifa
Es wird wieder Sommer, kleine Kinder springen auf Hüpfburgen, Jung und Alt amüsieren sich bei Bratwurst und Bier, 13-jährige Poplolitas mit Adolf-Hitler-Smileys auf der Brust stehen neben Rechtsrockbands und Naziliedermachern auf der Bühne. In den Pausen werden rassistische und faschistische Reden geschwungen und das Fußvolk informiert sich am Tresen und an unzähligen Infoständen. Braune Volksfeste erfreuen sich seit Jahren zunehmender Beliebtheit. Hier vernetzen sich Nazis verschiedenster Couleur und knüpfen Kontakte, lose Sympathisanten werden fester in die Szene integriert. Viele dieser Nazifeste finden seit einigen Jahren in Thüringen statt, doch wird das Konzept zunehmend auch in andere Bundesländer exportiert. Den Auftakt zum braunen Musiksommer bildet der 5. "Thüringentag der nationalen Jugend" am 20. Mai in Altenburg. Weitere Veranstaltungen dieser Art folgen in Jena, Cham (?), Gera und mit dem "Pressefest der Deutschen Stimme".
Seit einiger Zeit setzt die NPD immer stärker auf das Zugpferd Rechtsrock, um die "Kameraden" und "Kameradinnen" zu ihren Veranstaltungen zu locken. Anders als die meist klandestin organisierten Bonehead-Konzerte können solche Veranstaltungen vom Versammlungsgesetz geschützt ohne Probleme auch im Freien stattfinden und mehrere hundert bis tausende BesucherInnen anziehen. Von Mai bis August 2006 sollen mindestens fünf solcher NPD-Open-Airs stattfinden, allein drei davon in Thüringen.

Nach dem so genannten "Aufstand der Anständigen" im Jahr 2000 ging für kurze Zeit die Zahl der Rechtsrock-Konzerte bundesweit beträchtlich zurück und die Polizei sorgte auf Grund der "Konzertverordnungen" dafür, dass zahlreiche Skinhead-Konzerte nicht stattfinden konnten oder abgebrochen werden mussten. Zur selben Zeit verstärkte die NPD ihre Bemühungen, im "vorpolitischen Bereich" aktiv zu werden und durch Rechtsrock anpolitisierte Jugendliche für die Partei zu gewinnen. Eines der neuen Konzepte ist, Konzerte mit Neonazi-Bands als politische Veranstaltungen der NPD anzumelden. Neben den Bands treten Redner aus dem NPD- und "Kameradschafts"-Spektrum auf, um zum einen den Veranstaltungen einen politischen Charakter zu geben und zum anderen, um die Jugendliche mit den extrem rechten Positionen und Forderungen bekannt zu machen. Das Angebot wird durch Informations- und Verkaufsstände ergänzt, bei dem sich extrem rechte Organisationen und Publikationen wie Zeitungen und Zeitschriften, aber auch Rechtsrock-Versände und Labels ihrem Publikum vorstellen und Material zum Verkauf anbieten.

Zu den ersten Versuchen, solche Veranstaltungen abzuhalten, gehören das von der NPD organisierte "Antiimperialistische Fest der Völker" am 9. Juni 2001 in Kaiserslautern mit etwa 300 TeilnehmerInnen und "Frieden für Deutschland - Ami go home!" am 31. August 2002 in Ramstein. Am konsequentesten wird dieses Konzept bislang in Thüringen und Sachsen umgesetzt. Neben dem Pressefest der NPD-Postille "Deutsche Stimme" mit bis zu 7000 BesucherInnen, das seit 2001 und mit einer Ausnahme bislang immer in Sachsen stattfand, wurden in Thüringen seit ca. 2002 mehrere solche Konzerte organisiert, die sich mittlerweile oft zu alljährlichen Veranstaltungen entwickelten und Festival-Charakter haben.

Der "Thüringentag der nationalen Jugend"

Den Auftakt zum braunen Musiksommer 2006 bildet der 5. "Thüringentag der nationalen Jugend" am 20. Mai in Altenburg. Der "Thüringentag der nationalen Jugend" fand erstmals am 1. Juni 2002 in Jena statt und wurde vom NPD-Kreisverband Jena und der "Nationalen Jugend Jena" organisiert. Die jährlich folgenden Veranstaltungen in Gotha, Saalfeld und Weimar besuchten zwischen 150 und 300 Personen aus den Thüringen und den Nachbarländern (siehe Wikipedia-Artikel). In den im Anschluss von der NPD veröffentlichten Pressemitteilungen wurden Anspruch und Zielsetzung der Veranstaltungen in erschreckender Deutlichkeit geäußert. So war der "1. Thüringentag" in Jena eine Veranstaltung, "von der man mit Recht behaupten kann, dass sie so etwas wie eine "national befreite Zone" auf Zeit im betreffenden Wohnviertel darstellte, wie Peter Borchert richtig erkannte. " (O-Ton NPD). Im Thüringer VS-Bericht 2002 heißt es hierzu: "Das gesamte Gebiet um den Hölleinplatz herum", lautete das Fazit der Initiatoren, "(war) an diesem Tag national befreit...Wir konnten in aller Öffentlichkeit unsere Kultur ausleben, neue Kontakte untereinander knüpfen und uns einen schönen Tag unter Kameraden machen. " Im darauffolgenden Jahr kommentierte die NPD die Veranstaltung: "An diesem Sonnabend wurde nun eindeutig klar, dass Gotha endgültig zur National Befreiten Zone geworden ist. ... Der nationale Widerstand und seine Jugendkultur verstecken sich nicht mehr länger in Hinterzimmern und Veranstaltungsräumen. Die deutsche Jugend hört ihre Musik jetzt auch ganz öffentlich auf den Straßen und Plätzen ihrer Städte. Und wir lassen uns von dort nicht mehr vertreiben! Wir sind die Zukunft! "



Weit weniger siegessicher klangen die Meldungen nach dem "4. Thüringentag der nationalen Jugend" am 28. Mai 2005. Im Vergleich zu den Vorjahren hatten sich Werbung und Aufwand für deutlich in Grenzen gehalten und statt der erwarteten etwa 500 BesucherInnen fanden nur etwa 150 Neonazis zum Teil mit Familie den Weg nach Weimar. Für den Nachwuchs wurde extra ein "Kinderprogramm mit Hüpfeburg" organisiert. Die Reden der obligatorischen NPDler Frank Schwerdt, Patrick Wieschke und Michael Burkert sollten durch die NSMB-Band "Asatru" aus Bautzen, "SKD" aus Gotha und die LiedermacherInnen Max (Maximilian Lemke), Barny (Gittarist von "Blutstahl" aus Jena) und Marlen (Pucknat) erträglicher gestaltet werden. Doch war das des Schlechten zu viel bzw. eher zu wenig, denn das Nazi-Festival wurde gegen 16 Uhr durch eine Verfügung der Stadt Weimar aufgelöst, "weil der Charakter einer Versammlung nicht mehr gegeben war" (Indymedia-Berichte zu den Protesten gegen das Nazifest in Jena und Weimar).

5. "Thüringentag der nationalen Jugend" am 20. Mai 2006 in Altenburg (Thüringen)

Am 20. Mai 2006 soll der 5. "Thüringentag der nationalen Jugend" im ostthüringischen Altenburg stattfinden. Der Werbeaufwand ist nun wieder höher als in Weimar und auch das Programm etwas umfangreicher, um die "Kameraden" nicht nur aus Thüringen, sondern auch aus Sachsen-Anhalt und Sachsen in die Stadt im Länderdreieck zu locken. Das Neonazi-Fest war für 12 Uhr auf dem Marktplatz von Altenburg geplant, doch scheint es wegen Bauarbeiten oder anderen Gründen von Seiten der Stadt in das Plattenbaugebiet Altenburg-Nord wegbeauflagt worden zu sein. Unklar ist, ob die NPD dagegen gerichtlich vorgehen wird.

Die angekündigten Redner

Organisiert wird das Fest in diesem Jahr maßgeblich durch den Altenburger Neonazi-Multifunktionär Thomas Gerlach von der Kameradschaft "Nationale Sozialisten - Altenburger Land", der auch als Redner angekündigt ist. Als weitere Redner vorgesehen sind vier führende Funktionäre der NPD Thüringen und zwei weitere "Freie Nationalisten", bis auf den Seniorchef Schwerdt alle zwischen ca. 20 und knapp über 30 Jahr alt, was dem Altersdurchschnitt der Thüringer NPD- und Neonaziszene und natürlich auch dem der BesucherInnen entspricht.


Frank Schwerdt:
Geb. 1944. Landesvorsitzender der NPD Thüringen und Bundesgeschäftsführer der NPD, mehrfach vorbestraft wegen Volksverhetzung, Gewaltverherrlichung sowie der Herstellung und Verbreitung von NS-Propagandamaterial. Er hat seit den 1990er Jahren enge Kontakte zur Neonazi-Szene der Freien Kameradschaften aufgebaut (weitere Infos).


Ralf Wohlleben:
Geb. 1975, Fachinformatiker. Er war eines der führenden Mitglieder des neonazistischen Kameradschaftsnetzwerkes "Thüringer Heimatschutz" (THS) und der Freien Kameradschaft "Nationaler Widerstand Jena" (NWJ). Mittlerweile ist er stellvertretender Landesvorsitzender und Pressesprecher der NPD Thüringen sowie Vorsitzender des Kreisverbandes der NPD Jena (weitere Infos).


Hendrik Heller:
Geb. 1985, Student. Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Wartburgkreis aus Leimbach bei Bad Salzungen und Führungskraft im "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Westthüringen" (NSAW).


Patrick Weber:
Geb. 1983, Maler. Vorsitzender des NPD-KV Nordhausen-Sondershausen und Beisitzer im NPD-Landesvorstand, Betreiber des "Germaniaversandes" bzw. -Labels aus Sondershausen.


Isabell Pohl:
Geb. 1975. Begründerin der "Aktiven Frauen Fraktion" (AFF) und der Kameradschaft "Freie Aktivisten Erfurt", Organisatorin von Neonazi-Konzerten (weitere Infos, z.B. über ihre Internet-Aktivitäten).


Patrick Paul:
"Freier Nationalist" aus Erfurt, aktiv beim "Nationalen und Sozialen Aktionsbündnis Westthüringen" (NSAM) und der "Antikapitalistischen und Antiglobalistischen Kampagne", für die er als Redner am 4. März 2006 in Ilmenau und am 1. Mai 2006 in Magdeburg auftrat.


Thomas "ACE" Gerlach:
Gründer und Führer der Kameradschaft "Nationale Sozialisten Altenburger Land" bzw. der Bürgerinitiative "Schöner Wohnen Altenburger Land". Er gehört zu den führenden Kräften beim "Freundeskreis Halbe" (FKH), der braunen Knasthilfe /a>HNG und dem "Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS). (weitere Infos und Bilder).



Die geplanten Bands

Auch die aufgebotenen "musikalischen Beiträge" stammen bis auf eine Ausnahme aus Thüringen.


"Eugenik":
Als Neonazi-Skinheadband "Oigenik" im Herbst 1996 in Gera gegründet, ist sie mittlerweile einer der bekanntesten NSMB-Bands und sicherlich das Zugpferd der Veranstaltung (weitere Infos). Der Kopf und Sänger der Band ist der Geraer Neonazi Jens Fröhlich, der auch bei der Organisation der Technik mitwirkt und neben "Eugenik" auch noch bei der NSBM-Band "Totenburg" am Mikrifon steht.

"Eternal Bleeding":
Die NS-Hatecore-Band setzt sich zusammen aus André Steiniger aus Altenburg, dem ehemaligen Sänger von "Abolition", und Leuten von "Moshpit" ("NS-Hardcore"/NSHC aus Sachsen).

"Projekt Vril":
Nebenprojekt von "Bloodrevenge" (Nazi-Rock) bzw. "Kältetod" (Black Metal) um Jan-Peter Kerstin aus Westfalen, das bereits am 28.02.06 bei einem Rechtsrock-Konzert in Greven (Kr. Steinfurt, NRW) auftrat. "Bloodrevenge" spielte schon beim "3. Thüringentag" in Saalfeld und soll auch beim NPD-Open-Air "Rock für Deutschland" am 15. Juli in Gera auftreten.


Max (Liedermacher):
Maximilian Lemke, zusammen mit Andre Kapke (und laut polizeilicher Meldung auch Frank Schwerdt und Ralf Wohlleben) Bewohner des "Braunen Hauses" in der Jenaischen Straße 25 in Jena-Lobeda. Dauergast auf den "Thüringentagen" und bei anderen Veranstaltungen der NPD und "Kameradschaften" in Thüringen und den Nachbarländern (weitere Infos).

Vorgesehene Infostände

"Nationaldemokratische Partei Deutschlands" (NPD)
(weitere Infos).

"Freundeskreis Halbe" (FKH):
Verantwortlich für die Neonazi-Kundgebungen am Waldfriedhof Halbe in Brandenburg (weitere Infos). Thomas Gerlach gehört zu den führenden Kräften und ist maßgeblich für die Koordination der nach Halbe fahrenden "Kameraden" aus Thüringen und Sachsen zuständig.

"Mädelring Thüringen" (MRT):
Eine der wenigen reinen "Mädelkameradschaften", nach eigenem Bekunden "ein Zusammenschluss aktiver nationaler Sozialistinnen, die den Befreiungskampf, speziell in Thüringen, unterstützen möchte(n) ". (weitere Infos). Führend tätig ist Marlen Pucknat aus Nöbdenitz bei Altenburg, die auch der Kameradschaft "Nationale Sozialisten Altenburger Land" bzw. der Bürgerinitiative "Schöner Wohnen Altenburger Land" angehört.

"Kampfbund Deutscher Sozialisten" (KDS):
"Querfront"-Bewegung aus führenden Alt- und Neonazis (Thomas Brehl, Axel Reitz, Otto Riehs u.a.) und früheren Funktionären der "Kommunistischen Partei Deutschlands - Ost". Er will nach eigenen Angaben einen "deutschen Sozialismus", d.h. einen auf die Nation ausgelegten Sozialismus errichten. (weitere Infos). Seit dem 4. Februar 2006 ist Gerlach Mitglied der Organisationsleitung des KDS.


KDS-"Gautreffen" am 4.2.06 (von links nach rechts Thomas Brehl, Thomas Gerlach, Andreas Kühn (?) , Axel Reitz).

Ursprünglich war auch noch ein Infostand der "Antikapitalistischen & Antiglobalistischen Kampagne" von NPD und "Freien Kameradschaften" vorgesehen, die entweder doch noch ohne Ankündigung aufbauen oder sich erst beim "Fest der Völker" am 10. Juni in Jena präsentieren werden.

Bürgerlicher und antifaschistischer Protest

In Altenburg hat sich vor einiger Zeit im Zuge mehrere Naziaufmärsche ein bürgerliches Bündnis unter dem Namen "ABGemeinsam gegen Rechts" zusammengefunden. Wie mittlerweile fast überall üblich versuchen sie auch in Altenburg, den Nazis zu zeigen, dass sie die schöneren Feste, das leckerere Bier und die deutschere Blasmusik haben. "Gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Kräften sowie couragierten Menschen aus Altenburg und dem Altenburger Land will das Bündnis an der Teichpromenade ein Zeichen für Menschlichkeit und Toleranz setzen. " Am 20. Mai werden ab 11 Uhr am Großen Teich unmittelbar beim städtischen Jugendhaus "Rote Zora" das Bündnis und verschiedene Lokalpolitiker wie Oberbürgermeister Michael Wolf die zackigeren Reden schwingen und neckische Spielchen wie "Kochen ohne braune Soße" und einen Ruderwettstreit "Wir halten Kurs - für Toleranz und Menschlichkeit" veranstalten.

Das Bündnis gibt an, dass es versucht hat, "kreative und nicht ganz ernst zu nehmende Aktionen zur Vermittlung der Botschaft unseres Aktionstages zu nutzen" bzw. es sich "um eine lustig verpackte politische Botschaft" handelt. Es bleibt jedoch offen, wie diese Botschaft lautet. Eine Auseinandersetzung mit Neonazismus in der eigenen Stadt und dem Umland findet nicht statt. Neonazis sind wieder einmal von irgendwelchen fremden Planeten hergebeamte Aliens, die angesichts der fröhlich feiernden Menschen schnell wieder ihre Raumschiffe besteigen und auf Nimmerwiedersehen verschwinden werden. Kein Wort von Thomas Gerlach, Marlen Pucknat und den "Nationalen Sozialisten Altenburger Land", erst recht kein Wort von Alltagsrassismus, Diskriminierung von "Fremden", Antisemitismus und Nationalismus.

Verschiedene Organisationen wie die LAG Antifaschismus/Antirassismus - Thüringen und in der "Autonomen Antifa-Koordination Thüringen" [A²KT] organisierte Gruppen mit Unterstützung von Antifas aus Sachsen planen daher eine Demonstration unter dem Motto "den kiez verlassen- die provinz erobern… antifaschistischen protest in den hinterhof tragen…". Sie soll 12.00 Uhr am Bahnhof beginnen und am Teich enden.



Vor dem örtlichen Nazi-Tätowierstudio "Maniac" in der Rosa-Luxemburg-Str. ist eine Zwischenkundgebung geplant. Der Laden wurde von dem Altenburger Neonazi Jens Rahl gegründet, dem ehemaligen Sänger der Nazi-Band "Kreuzfeuer", der 2000 durch eigene Hand nach Walhalla verschwand. Neben dem Betreiber Steffen Majewski ist der Altenburger Neonazi Sven "Otto" Pienkny im "Maniac" eingebunden, der vermutlich auch Mitbetreiber des "8mal11"-Versands ist (weitere Infos).

In dem Aufruf wird ausdrücklich auf die fest verankerte Neonazi-Szene eingegangen, die von der lokalen Politik und Presse lieber wegignoriert und totgeschwiegen wird:

"Nachdem es Neonazis aus dem Kameradschaftsspektrum am 17.08. des vergangenen Jahres bereits zum zweiten Mal gelang, eine Demonstration in Altenburg anlässlich der Jährung des Schusses auf einen Rudolf-Hess-Plakatekleber zu organisieren, soll Altenburg im Jahr 2006 gleich zweimal als Treffpunkt der rechtsextremen Szenerie dienen. Am 20.05.06 soll der "Tag der nationalen Jugend Thüringens" in Altenburg durchgeführt werden. Dies scheint angesichts der Entwicklung der letzten Jahre nur eine logische Konsequenz aus der Erstarkung der rechtsextremen Aktivitäten in Altenburg zu sein….

Altenburg und Umland….
Bereits seit geraumer Zeit existieren im Altenburger Umland funktionierende Nazistrukturen. Hierzu gehören nicht nur – bereits seit langem – überregional bekannte Bands wie "Kreuzfeuer" und "Wewelsburg". Seit ca. 2001 gründeten sich eine Reihe neuer Bands und Side-bzw. Nachfolgeprojekte aus diesem Umfeld; so z.B. "Moshpit", "Brainwash" sowie "Eternal Bleeding". Über die internationalen Kontakte speziell der Band "Kreuzfeuer" kam es gegen Mitte der 90er Jahre auch dazu, dass sich hier Teile der rechten Skinheadbewegung dem fest strukturierten Hammerskinnetzwerk zuwandten. Neben diesem subkulturellen Strang existieren im Altenburger Land auch Vertriebs- und Handelsstrukturen, über die sowohl neonazistische Musik als auch szenetypische Kleidung vertrieben und so finanzielle Mittel für die rechte Infrastruktur bereitgestellt wird. Als Beispiele hierfür gelten sowohl der ortsansässige Tattooshop "Maniac" als auch der aus Altenburg stammende "8mal11"-Versand. Bei letzterem kann davon ausgegangen werden, dass dieser durch einen der ehemaligen Betreiber des Nazishops "Outlaw", Sven "Otto" Pienkny, betrieben wird.

Daneben ist der vor einiger Zeit aus mehrjähriger Haft entlassene Meuselwitzer Neonaziaktivist Thomas Gerlach zu einer Schlüsselfigur der rechtsextremen Szene avanciert. Innerhalb kürzester Zeit baute er eine sehr aktive Kameradschaft auf. Diese trat erstmals bei Protestaktionen gegen die Arbeitsmarktreform unter dem Namen "Schöner Wohnen Altenburger Land" auf. Aktionsgebunden nutzt die Kameradschaft auch die Namen "Nationale Sozialisten Altenburger Land" und "Nationale Sozialisten Ostthüringen/Westsachsen". Der mehr oder weniger aktive Kern umfasst ca. 15 Kameraden. Immer wieder tritt Thomas Gerlach bei rechtsextremen Veranstaltungen auf, zum einen als Redner, so auch z.B. am 06.05.2006 in Delitzsch, zum anderen als Veranstalter revanchistischer Demonstrationen in Erscheinung.

Über dieses subkulturelle und kommerzielle Netzwerk ist es den Neonazis in der Gegend in den letzten Jahren augenscheinlich verstärkt gelungen, Jugendliche mehr oder weniger offen an nationalsozialistische Ideen heranzuführen. Dies hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass seit einiger Zeit entsprechende rechtsorientierte Lifestylemarken a la "Thor Steinar" über Läden, die keineswegs dem rechten Spektrum zuzuordnen sind, vertrieben werden. Shops wie der - auch als US-Center bekannte - "Like Fun" am Weibermarkt pflegen einen völlig unreflektierten Umgang mit dem problematischen Hintergrund solcher Labels, solange der Umsatz stimmt. Das hier zutage tretende Verhalten gegenüber der Entwicklung rechtsextremer Strukturen und Kultur lässt sich auch in Kreisen der Stadtpolitik nachvollziehen: So erklärte der Bürgermeister Michael Wolf auf einer Sitzung des örtlichen Bündnisses gegen Rechts, dass er ein tatsächliches Naziproblem in Altenburg und Umland nicht ausmachen könne. Parallel dazu verortete er das Problem z.B. beim Verlauf der Nazidemo am 17.08.2005 eher auf Seiten der wenigen Gegendemonstranten als bei den bundes- und teilweise sogar europaweit angereisten FaschistInnen. Angesichts der Tatsache, dass diese nach regulärer Beendigung ihres Demonstrationszuges in Südost in größeren Gruppen durch die Stadt zogen und schlussendlich die angemeldete Kehr-Aus-Aktion des Gegen-Rechts-Bündnisses offensiv störten, scheint diese Einschätzung die tatsächlichen Vorgänge auf den Kopf zu stellen. Eine Ansicht, die scheinbar von Anfang an auch die Basis des polizeilichen Handelns an diesem Tag darstellte: Während ca. 15 AntifaschistInnen auf Höhe des Jugendclubs "Rote Zora" von einer halben Hundertschaft PolizistInnen darin gehindert wurden, ihrer Wut über die vor dem Club stattfindende Zwischenkundgebung der Nazis lautstark Ausdruck zu verleihen, wurden die Nazis in keiner Weise an der Störung auf dem Markt gehindert. Die Taktik der Polizei an diesem Tag hat diese Entwicklung sogar begünstigt. "

Der Text endet mit dem deutlichen Aufruf:
"gesicht zeigen gegen nazis - kein platz für antisemitismus, rassismus und nationalismus in altenburg und anderswo !!!
Vor diesem Hintergrund ist es unser Ziel, mittels einer Demonstration Gegenöffentlichkeit in Altenburg zu erzeugen und auf die rechtsextreme Entwicklung der letzten Jahre ausdrücklich hinzuweisen. Also: Am 20.05.2006 nach Altenburg kommen und den antifaschistischen Protest in den Hinterhof tragen!!!! "

Fortsetzung folgt .... in Jena, Cham, Gera und ???


Während der "Thüringentag der nationalen Jugend" eher regional ausgerichtet ist, soll nur drei Wochen später am 10. Juni 75 km weiter westlich in Jena das internationale Neonazi-Treffen "Fest der Völker 2" mit voraussichtlich um die tausend BesucherInnen aus ganz Europa steigen (Infos unter "Operation Voelkerball" ( http://www.voelkerball.de.vu ), http://www.nazis-stoppen.tk/ und JG-Stadtmitte Jena.

Wiederum eine Woche, am 17. Juni, später möchte die NPD den Thüringentag nach Bayern exportieren. Vermutlich in dem durch Uwe Meenen neu erworbenen Gelände in Cham soll der "Bayerntag" der NPD stattfinden. Hierfür sind der NPD-Parteivorsitzende Udo Voigt, der NPD-Parteivorstand und stellvertretende bayerische NPD-Landesvorsitzende Sascha Roßmüller und Ralf Ollert, NPD-Landesvorsitzender und Nürnberger Stadtratsmitglied für die "Bürgerinitiative Ausländerstopp" sowie Volker Torn von der österreichischen Neonazi-Organisation "Bund freier Jugend" angekündigt. Extra aus den USA einfliegen sollen zwei kleine Mädchen, die in der letzten Zeit in Presse und Fernsehen allgemeine Beachtung erfuhren: die Zwillinge Lamb und Lynx Gaede von "Prussian Blue". Mit Gitarre und Violine und Versen wie "Aryan man awake / How much more will you take / Turn that fear to hate / Aryan man awake" sollen Lamm und Luchs die Herzen der harten "Kameraden" erweichen (IDGR über "Prussian Blue" - die Olsen-Zwillinge des Hasses). Nicht unwahrscheinlich, dass auch ihre kleine Schwester, die auf den schönen Namen Dresden hört, mit ins Land der nationalsozialistischen Träume reisen wird. Härtere Kost bieten da schon die Kasseler Band "Hauptkampflinie", die lokalen Rechtsrocker "Burning Hate" "sowie weitere Rockbands und Liedermacher des nationalen Widerstands". Einer von ihnen ist "Edei", der ehemalige Bassist von "Kraftschlag". Die NPD rechnet wohl mit mindestens 800 TeilnehmerInnen.

Am 15. Juli soll in Gera (Ostthüringen) das 4. NPD-Open Air "Rock für Deutschland" über die Bühne gehen. Außer Frank Schwerdt stehen die Redner noch nicht fest und damit wird einmal mehr klar, wo der Schwerpunkt dieser "politischen Veranstaltung" liegt. Als Hauptact ist die finnische Neonazi-Band "Mistreat" angekündigt, die aus dem Umfeld von "Blood and Honour" stammt. Sie ist in Thüringen keine Unbekannte und spielte zuletzt am 19.11.2005 im Menfis in Neustadt/Orla zusammen mit "Die JungZ" aus Saalfeld. Der Verfassungsschutz übersah dieses Konzert in seinen Berichten geflissentlich. Im letzten Jahr sollte zum NPD-Open Air die Neonazi-Band "Kraftschlag" spielen, die aber wegen der von der Stadt Gera erteilten Auflagen absagte. Nun kommt "Kraftschlag" zumindest in Teilen nach Gera, denn "Mistreat"-Gitarist Miika ist seit dem 1990er Jahren auch bei "Kraftschlag" aktiv und beide Bands haben eine am 30.10.1997 indizierte Split-CD mit dem aussagekräftigen Titel "Waffenbrüder". (Beleg). Die Neonazi-Band "Thor" aus Schneeberg/Erzgebirge bekommt in Gera ihre zweite Chance, nach dem sie zum "Thüringentag der nationalen Jugend" in Saalfeld nicht angereist war und die Organisatoren im Regen stehen lies. Nach Saalfeld gekommen war dagegen die Rechtsrock-Band "Bloodrevenge" aus Westfalen und so wird auch sie wieder eingeladen, um das Publikum mit Liedern wie "We defend our race", "", "Fighting for Germany", "Der Tod erwartet Euch!" oder "Völkermord" und "Wir bleiben treu" zu erfreuen. Ebenfalls eingeladen sind "Nordfront" aus Hannover (Niedersachsen), die in ihren bisher vier Veröffentlichungen relativ offen dem NS-Regime huldigen.
Kaum Fragen offen lässt auch das Motto der Veranstaltung in Gera: "Jede Note eine Waffe, jedes Lied ein Dolchstoß, jede Rede ein Brandherd im morschen Gebälk der BRD."

Den Höhepunkt all dieser Veranstaltungen dürfte jedoch das "Pressefest" der NPD-Postille "Deutsche Stimme" am 5. August 2006 darstellen, wenn auch momentan weder der Ort noch das Programm bekannt gegeben worden sind. Einmal im Jahr veranstaltet das Blatt das "Pressefest" an wechselnden Orten, zumeist in Ostdeutschland. Die Veranstaltung hat sich mittlerweile zu einer der größten Treffen der extrem rechten Szene entwickelt, bei dem neben den NPD-Funktionären und anderen Rednern wie dem Rechtsterroristen Peter Naumann oder ausländischen Rechtsextremisten wie David Duke (USA) und Nick Griffin (GB) auch zahlreiche bekannte Rechtsrock-Bands und extrem rechte Liedermacher wie Frank Rennicke, Annett Moeck oder Michael Müller auftreten. Die Teilnehmerzahlen stiegen in den letzten Jahren kontinuierlich an von etwa 1500 am 8. September 2001 in Grimma über 1800 am 3. August 2002 in Königslutter (Niedersachsen) auf etwa 3.800 am 9. August 2003 in Meerane an. Der bisherige Höhepunkt war das Pressefest am 7. August 2004 im ostsächsischen Mücka mit etwa 7000 Besuchern, darunter überwiegen Neonazi-Skinheads. Im Jahr 2005 fiel das Pressefest wegen der Wahlkampfvorbereitungen zur Bundestagswahl aus, als Ersatzveranstaltung wurde das NPD-Open-Air in Gera "Rock gegen Krieg" mit etwa 500 BesucherInnen genannt. In Neonazi-Kreisen wird vereinzelt die Hoffnung geäußert, in diesem Jahr die Zahl von 10 000 BesucherInnen zu knacken. Wenn dieses Ziel auch unwahrscheinlich erscheint, so handelt es sich bei dem DS-Pressefest trotzdem um die größte Zusammenkunft von Alt- und Neonazis seit Ende des Zweiten Weltkriegs. Anders als der Heß-Gedenkmarsch in Wunsiedel steht das Pressefest weniger für die Verherrlichung des Nationalsozialismus als vielmehr für das Erproben der "Volksgemeinschaft". Völlig ungestört kommen tausende Nazis zusammen und berauschen sich an der Vorstellung, "viele" zu sein und von Jahr zu Jahr "mehr" zu werden: Vom Altnazi aus dem Seniorenheim über den hippen Nazihool mit Carhartt-Look bis zum politischen Nachwuchs im Kinderwagen. Bei Bier und Wurst, Brauchtumspflege und Volkstanz, Konzerten, Lesungen und diversen Unterhaltungsmöglichkeiten treffen sie sich, um "Motivation und Kraft für ihre politische Arbeit im Kampf für ein besseres Deutschland zu tanken" (Holger Apfel).

Fazit

Die Gefahren und Probleme, die von all diesen Neonazi-Treffen ausgehen, müssen ernst genommen werden. Neonazis versuchen damit auf aggressive Weise, in den Zentren größerer und kleinerer Städte "national befreite Zonen" auf Zeit zu errichten, in denen sie sich ungehindert bewegen, ihre Ansichten propagieren und rechten Lifestyle vorleben können. Die Gefahr reicht weit über die konkrete Bedrohung von Linken, MigrantInnen und Andersdenkenden an dem jeweiligen Tag und in der jeweiligen Stadt hinaus. Bei diesen Treffen einen sich Alt- und Neonazis und rücken NPD, andere Neonazi-Organisationen und "Freie Kräfte" näher zusammen. Sie ermöglichen bundesweiten und sogar internationalen Kontakt, lassen neue Netzwerke entstehen und bestärken die Naziszene in ihrem politischen Bewusstsein. Gleichzeitig sollen insbesondere Jugendliche angesprochen und für die extrem rechte Propaganda gewonnen werden.
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Ergänzungen

Prima

** 15.05.2006 - 00:40
Das ist mal ein guter, informativer Artikel. Lob.

"Scheint die Sonne auch für Nazis…?"

Kölscher Jung 15.05.2006 - 01:00
Infoveranstaltungen "Scheint die Sonne auch für Nazis…?"

.. Die Veranstaltung versucht Einblick in Hintergründe und Ziele aktueller Nazievents zu geben und informiert über antifaschistische Gegenaktivitäten.

Montag 22.5. - Beginn 20h
Alte Feuerwache Köln, Melichiorstr.3
Infos:  http://antifa-cafe.tk

&

Dienstag 6.6 - Beginn 19h30
Kulturausbesserungswerk Leverkusen Opladen
Infos:  http://aalev.tk &  http://kulturausbesserungswerk.de

FC Carl Zeiss Jena

reclaim the game 22.05.2006 - 18:37
Gute Aktion der Jena Fans gegen Fortuna.

" Wir sind die Kinder der Stadt - Kein Fest der Völker in Jena! "

Patrick Weber aus Sondersausen

el barto 30.05.2006 - 20:45
Patrick Weber aus Sondershausen ist unteranderem E-Gitarrist in der in der der Band -SCHWARZBURGIA SONDERSHAUSEN- !

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Das Buch zur Nacht — noreader

Bravo ASJ — .

Super! — Tom

lernt mal davon — elvira

RESPEKT — WurzelSEPP

Glückwunsch...? — Egal