Anmerkung der Moderationsgruppe: Trotz der Bitte, de.indymedia.org zum Veröffentlichen von eigenen Berichten und selbst recherchierten Reportagen zu nutzen, wurde hier ein Text aus einer anderen Quelle, ein Flugblatt, eine Presseerklärung oder eine Stellungnahme einer Gruppe reinkopiert.
Es ist nicht das Ziel von Indymedia ein umfassendes Infoportal mit Kopien möglichst vieler vermeintlich wichtiger und lesenswerter Texte anzubieten. Indymedia will eine Plattform für engagierte MedienmacherInnen und ihre eigenen Inhalte bieten. Die strategische Zweitveröffentlichung von Texten gehört nicht zu den Zielen dieses Projektes.
Bitte lest zu diesem Thema auch die Crossposting FAQ.

Heisser Sommer in FFM

klassenkämp[f]er 11.05.2006 21:30
Artikel aus Frankfurt News und FAZ zu den gestrigen "Studentenunruhen" in der Frankfurter City
Frankfurt News, 11.05.06

City lahm gelegt: Sturm der Studenten
Französische Verhältnisse bei den Protesten gegen die Studiengebühren auf Frankfurts Straßen. Blockaden, Prügeleien, fliegende Flaschen. „Das wird ein ganz heißer Sommer“, droht ein AStA-Sprecher.


500 EURO pro Semester sollen hessische Studenten ab dem Wintersemester 2007 zahlen. So will es die CDU-Landesregierung. Gegen die geplanten Gebühren gingen gestern tausende teils vermummte Studenten auf die Straße, um ihrem Ärger Luft zu machen.
Der Vorwurf: Nur Kinder von Besserverdienenden könnten das Studium finanzieren. „Die Gebühren sind verfassungswidrig“, sagt die AStA-Vorsitzende Verena Vay und möchte juristisch gegen Studiengebühren vorgehen. Die 23-Jährige ist nicht bereit, mit Wissenschaftsminister Udo Corts auf Kuschelkurs zu gehen: „Es wird nicht bei Kaffeegesprächen verhandelt.“ Die Proteste sollen hart ausfallen, die Gebühren mit aller Macht verhindert werden.
Proteste wie in Frankreich?
Während beim Uni-Streik 2003 alles ruhig abgelaufen war, soll der Widerstand nun „zwischen den französischen Verhältnissen und stillem Protest liegen“, sagte die AStA-Vorsitzende. Beteiligt war gestern auch der Stadtschülerrat. „Die meisten Schüler wissen gar nicht, was nach dem Abi auf sie zukommt“, sagt Stadtschulsprecher Felix Glaser und fordert einen gemeinsamen Protest von Studenten, Schülern und Eltern.
Die spontane Demonstration im Anschluss an die Vollversammlung auf dem Campus Bockenheim sorgte in den Mittagsstunden für ein Verkehrschaos in der Innenstadt. Kreuzungen wurden blockiert, Pfiffe für die Polizei.
Begleitet wurden die Studentenproteste von einigen Zwischenfällen. Am Platz der Republik fuhr ein Mercedes in die Menschenmenge. Danach kam es zu Prügelszenen zwischen Studenten und dem Fahrer. Der Hauptbahnhof wurde komplett abgeriegelt. Nur durch ein Schnellrestaurant gab es noch Zugang, den einige Studenten nutzen wollten. Die Polizei ging mit Schlagstöcken dazwischen und verhinderte die Demo in der Bahnhofshalle. Vier Studenten wurden laut Polizei vorläufig festgenommen, es wird wegen des Verdachts auf Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung gegen sie ermittelt.
Bei der Abschlusskundgebung auf dem Römerberg eskalierte die Situation erneut. Nachdem ein Student von der Polizei abgeführt wurde, flogen Flaschen und Dachziegel. „Wir müssen sachlich argumentieren“, rief Mike Josef vom AStA-Vorstand über Polizeilautsprecher den Demonstranten zu und verurteilte die Krawalle, die er einzelnen Randgruppen zuordnet.
CDU: Demo ist kontraproduktiv
Die CDU-Abgeordnete Eva Kühne-Hörmann bezeichnete die Demonstration als kontraproduktiv. Mit Einführung der Gebühren erhält jeder Student Anspruch auf ein Darlehen von 500 Euro pro Semester für die Regelstudienzeit und vier weitere Semester. Benjamin Holler


FAZ, 11.05.06

Studentenproteste
Keinen Bock zu bezahlen
Von Thomas Thiel

10. Mai 2006
Noch sind es vereinzelte Grüppchen, die sich eine halbe Stunde vor Beginn der „Vollversammlung“ auf dem Platz vor dem Juridicum verlieren, noch werden die Meinungen über Studiengebühren differenziert geäußert. Wenigstens Langzeitgebühren finden manche sogar richtig.
Als die Versammlung um Punkt zwölf Uhr beginnt, ist die kritische Masse erreicht. Mehrere tausend Studenten füllen dicht aneinandergedrängt den Platz und folgen einer offiziellen Rhetorik, die schnell ins Parolenhafte übergeht: „Wir haben keinen Bock zu bezahlen“, verkündet der erste Sprecher und hofft auf eine „schöne“ Vollversammlung. Richtig laut soll es werden.
Es wird richtig laut. Aber vorher klärt die AStA-Vorsitzende Verena Vay über die Befürchtungen auf, die mit den geplanten Studiengebühren verbunden sind. Die Gebühr von 500 Euro pro Semester erscheine zwar niedrig, sei jedoch nur ein erster Schritt, dem, habe man ihn einmal hingenommen, bald weitere Erhöhungen folgen würden. Es sei absehbar, daß sich das Land Hessen nach Einführung der Gebühren aus der Finanzierung der Universitäten zurückziehen werde.
Landesverfassung verbietet Studiengebühren
Das Geld für die in Aussicht gestellten Darlehen werde hauptsächlich in die Verwaltung fließen, so Vay. Amin Benaissa, Geschäftsführer des Aktionsbündnisses gegen Studiengebühren, weist darauf hin, daß die hessische Landesverfassung Studiengebühren verbiete. Alle Redner sehen in den Gebühren einen Schritt zu einer Zwei-Klassen-Bildung.
„Die wunderbare Welt des Widerstands“ preist ein von der Balustrade hängendes Plakat, das auf kommunistischem Rot das Konterfei der französischen Filmheldin Amelie zeigt. Diese Wunderwelt vermuten die Frankfurter Demonstranten in Frankreich, wo der öffentliche Widerstand gegen das neue Arbeitsvertragsgesetz zum Einlenken der Regierung geführt hatte. Eine Beteiligte der französischen Proteste legt die Strategie dar, die dem französischen Widerstand zum Erfolg verhalf.
Nur mit der Blockade von Institutionen, die das wirtschaftliche Funktionieren des Staates garantieren, seien die Ziele durchsetzbar gewesen. Diese Logik wollen sich die Demonstranten auf dem Bockenheimer Campus eher zu eigen machen als die Aufforderungen einiger Sprecher, die in Ansätzen das Party-Vokabular der Studentenstreiks der Jahre 2003 und 1997/98 reaktivieren und die Proteste mit Feiern und Tanzen verbinden wollen.
Umherfliegende Bierflaschen
Daß man die Lage für ernster hält, wird klar, als sich nach einstimmiger Annahme der AStA-Resolution gegen Studiengebühren ein spontaner Protestzug in Bewegung setzt. Den Drohungen mit Gewalt, die in den Reden vereinzelt lautgeworden waren, folgen jetzt Taten. Umherfliegende Bierflaschen, in Brand gesteckte Müllcontainer und mit Metallschienen verbarrikadierte Straßen beweisen, daß die lautstark skandierte Parole „Bildung für alle - sonst gibt's Krawalle“ mehr als Rhetorik ist.
Am Hauptbahnhof droht die Situation für einige Minuten zu eskalieren, als Angehörige der autonomen Szene gegen einen Polizeikordon anstürmen. Nachdem die Bahnhofstüren versperrt worden sind, zieht die Menge weiter, vorbei an den in langen Reihen stehenden blockierten Straßenbahnen in Richtung Opernplatz. Die Strategie der Aktivisten ist klar: Der Protest soll offensichtlich sein und „weh tun“.
Die Frankfurter Polizei spricht dennoch von einer weitgehend friedlichen Demonstration mit rund 2000 Teilnehmern, bei der wenige Gewaltbereite begrenzten Schaden angerichtet hätten. Vier Festgenommene wurden wieder auf freien Fuß gesetzt.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen