"Wir sind das Volk!" - Moschee in Heinersdorf

Einige Antifaschist_Innen 31.03.2006 00:39 Themen: Antifa
Volkszorn in Weißensee-Heinersdorf...

Bericht zur Volksstimmung während der Bürger_Innen-Versammlung am 30.3.2006, anlässlich des Moschee-Bau-Projektes in Heinersdorf.
Heute, am 30. März fand in der Schule am Wasserturm in Weißensee-Heinersdorf eine Bürgerversammlung anlässlich des Moschee-Bau-Vorhabens der islamischen Ahmadiyya-Gemeinde statt. Wie auf einer Bauauschutzsitzung der Bezirksverordnetenversammlung am 9. März bekannt gegeben wurde, möchte die Gemeinde in Heinersdorf innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Moschee errichten. Da die bisherigen Räumlichkeiten in Reinickendorf nicht mehr genügend Platz für die Gemeindemitglieder bieten, kaufte die Ahmadiyya-Gemeinde in der Tiniusstraße ein Grundstück. Dieses lässt sich laut der Gemeinde von ihren Mitgliedern, welche meist in Reinickendorf, Köpenick und Kreuzberg wohnhaft sind, über die Autobahn leicht erreichen.
Schon im Vorfeld der heute stattfinden Bürgerversammlung kam es auf der BVV-Versammlung am 9.März, wie auch im öffentlichen Heinersdorfer Stadtbild zu vielerlei Entgleisungen seitens der Heinersorfer Bürger_Innen. Während der BVV-Sitzung wurde angekündigt, mit allen Mitteln den Bau der Moschee zu verhindern und in Heinersdorf selbst tauchten in letzter Zeit Plakate und Flugblätter gegen den Bau der Moschee auf. Sich gegen den Bau von Gotteshäusern im allgemeinen zu wenden ist an sich nicht falsch, jedoch ist die Ablehnung der Heinersdorfer_Innen gegen die Moschee durch einen starken strukturellen Rassismus geprägt.

Klar wenden sich Bürgerbewegte und die lokale evangelische Gemeinde gegen Rechtesextremisten, ihre Argumentation bleibt jedoch weiterhin rassistisch. Als Gegenargumente werden „Ausländerkriminalität“, Verfall der Grundstückspreise um das Moschee-Gelände oder der „Zerfall der deutschen Schulklassen“ in Heinersdorf genannt. Islamophobie und durch Medien geprägte Bilder von Migrant_Innen sind es, die hier das Hauptelemet des Rassismuses, der Mehrheits-Bevölkerung prägen.

Die Veranstaltung war auf 19.30 Uhr angesetzt. Schon rund eine Stunde zuvor hatten sich Menschen vor der Grundschule in Heinersdorf versammelt. Weder die Leiterin der Grundschule, die Veranstalter_Innen, noch die anwesende Polizei hatte mit solch einem Andrang gerechnet. Rund 300 Menschen mussten vor der Schule stehen, da sie keinen Platz mehr fanden. Unter ihnen auch viele lokale Rechtsextremisten und aus anderen Berliner Bezirken. Neben Mitgliedern der „Jungen Nationaldemokraten“-Pankow und weiteren NPD-Mitgliedern war auch der NPD-Parteivorsitzende Jörg Hähnel , sowie die Neonazis Andreas Thürmann (Märkischer Heimatschutz) und René Bethage (ex-Berliner Alternative Südost) anwesend.
Vor der Schule herrschte eine sehr aufgeladene und aggressive Stimmung. Viele der Anwesenden Bürger beschimpften Lokalpolitiker auf übelste Art und Weise und riefen immer wieder „Wir sind das Volk! Wir sind das Volk!“. Diese Stimmung weitete sich auf fast alle 300 Anwesenden aus. Laut Informationen von Mitgliedern der JUSOS soll die Stimmung in der Aula der Schule ebenfalls sehr unangenehm gewesen sein. Es war erschreckend mit anzusehen, wie einig sich die Mehrheit der Heinersdorfer_Innen in ihrem Hass auf die Moschee sind. Als die Stimmung kurz vor dem Überkochen war, mussten behelmte Polizisten anrücken. Zu einer Eskalation kam es zum Glück jedoch nicht. Nach einer Stunde wurde die Veranstaltung abgebrochen, da die Veranstalter_Innen nicht mehr für die Sicherheit der Veranstaltung garantieren konnten. Es wurde angekündigt, die Bürger_Innen-Versammlung zu einem anderen Zeitpunkt, an einem anderen Ort zu wiederholen. Danach machten sich einige Heinersdorfer_Innen auf den Heimweg. Am Rande der Veranstaltung gab es vereinzelt Beschimpfungen gegen Menschen mit „nichtdeustcsh“ Aussehen. Dies ist mit Sicherheit noch lange nicht das Ende der Auseinandersetzung über Rassismus in der Heinersdorfer Bevölkerung, sondern lediglich der Anfang.
Besonders in den Weißenseer Ortsteilen Heinersdorf, Blankenburg und Karow, wo konservative und rechte Parteien traditionsgemäß hohe Wahlergebnisse erlangen, gilt es für lokale Antifas zu intervenieren. Dies darf allerdings nicht nur den Rassismus der extremen Rechten treffen, sondern muss sich auch gegen den der bürgerlichen Mitte richten. Denn dieser ist in Weißensee-Heinersdorf zur Zeit die prägende Kraft.

Den rechten Konsens durchbrechen!
In Heinersdorf und überall!


Einige Antifaschist_Innen


Den Naziaufmarsch am 1.4.2006 gegen den Moschee-Bau verhindern!
Ab 11.00 Uhr S-Bhf. Wollankstraße.
Soderseite gegen den Aufmarsch >>>  http://afa-reisen.antifa.de/W/Index.html


KONTAKT ZUR LOKALEN ANTIFA:
Antifa Weißensee:
 weissensee.antifa@web.de
Schwarze Risse, Kastanien-. allee 85, 10435 Berlin

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VIDEO:
Beim RBB (bereich „Suche) gibt es ein Video von der Versammlung:
 http://www.rbb-online.de/suche/suche.jsp?text=heinersdorf+&submit.x=10&submit.y=17
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Ergänzungen

Besser 10 Uhr

Bruno 31.03.2006 - 00:59
Besser ist, wenn man sich schon um 10 am S-bhf wollankstraße
(bzw. bei der Kundgebung Wollank/Florastr.) einfindet, da die Nazis ebenfalls um 11 Uhr zum Sbhf Wollankstr. mobilisieren.

Lage...

Beobachterin 31.03.2006 - 11:18
Team Green ist bereits dabei Absperrgitter aufzubauen. Laut direkter Information der Cops soll die Gegendemo an der Florastr./Ecke Wollankstr. enden. Das wollen wir doch mal sehen...

Anwohner wollten den Saal stürmen

HeinersdorferKrug 31.03.2006 - 12:33
Anwohner wollten den Saal stürmen
Protest gegen Moschee-Bau

Stefan Strauß

Die Polizei hat eine Bürgerversammlung gegen den Bau einer Moschee in Heinersdorf gestern Abend vorzeitig beendet. "Es gab Drohungen von Anwohnern, den Saal gewaltsam zu stürmen", sagte ein leitender Beamter. Etwa 1 700 Bewohner waren gegen 19.30 Uhr zu der Versammlung in die Turnhalle der Heinersdorfer Grundschule am Wasserturm gekommen. Viele Besucher schrien laut "Wir sind das Volk!" und beschimpften Gäste. "Wir wollen hier kein zweites Kreuzberg oder Neukölln", riefen sie.

In der Turnhalle wollte die Ahmadiyya Muslim Gemeinde über den Bau der Moschee an der Tiniusstraße informieren. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) hatte den Info-Abend organisiert, weil viele Heinersdorfer gegen den Neubau mit einem zwölf Meter hohen Minarett sind. Auf der Versammlung sollten Anwohner ihre Fragen zur islamischen Gemeinde und zum Bauprojekt stellen.

Dazu kam es nicht. Kurz vor 20 Uhr rief die Polizei die Gäste in der völlig überfüllten Halle auf, den Saal zu verlassen. Zuvor waren Vertreter der Ahmadiyya Muslim Gemeinde sowie Kommunalpolitiker unter Polizeischutz zu ihren Autos gebracht worden. Eine Hundertschaft der Polizei stand bereit. Zivilpolizisten beobachteten die Lage. "Wir konnten die Sicherheit der Gäste nicht mehr garantieren", sagte ein Polizeibeamter.

Viele Heinersdorfer waren verärgert, weil die Turnhalle viel zu klein war. Etwa 700 Leute hatten sich hinein gezwängt, etwa 1 000 standen davor. Die Polizei ließ sie nicht mehr rein. Anwohner versuchten, die Türen zu stürmen. "Wir haben nicht mit solch einem Andrang gerechnet", sagte BVV-Vorsteher Jens-Holger Kirchner.

"Das ist keine Sternstunde für Heinersdorf", sagte Bezirksbürgermeister Burkhard Kleinert (Linkspartei-PDS). "Die Atmosphäre ist hier nicht so, dass man in Ruhe Gedanken auszutauschen kann", sagte der Vorsitzende der Ahmadiyya Muslim Gemeinde in Berlin, Imam Abdul Basit Tariq.

Die frühere Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John, die die Veranstaltung moderieren sollte, zeigte Verständnis für die aufgebrachte Menge. "Heinersdorf ist ein ziemlich abgeschlossener Stadtteil." Kaum jemand kenne dort persönlich Muslime. "Der Dialog hat noch nicht begonnen", sagte sie.

Die BVV will jetzt erneut eine Bürgerversammlung organisieren. Im Gespräch sind die Max-Schmeling-Halle oder das Velodrom. (str.)

 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/berlin/538917.html

FAZ

Antideutsch 31.03.2006 - 18:41
 http://tinyurl.com/hsryb

Da rast der Saal
Von Klaus Ungerer

31. März 2006 Um sieben ist die Turnhalle voll, und einen größeren Saal hat Heinersdorf nicht. Mehr Volk drängt nach: die Jungspunde mit den schräggeschnittenen Hubschrauberlandeplätzen auf den Schädeln, die Damen im Gesteppten, die grauhaarigen Herren mit Meinung und sich überschlagender Stimme, die kregelen Gräfin-Dönhoff-Lookalikes sowie die vielen Hinguckbeauftragten, die sich am Ende des Abends erkennen werden im Getümmel, und die zwischen aufgeputschten Grüppchen und grünen Einsatzkommandos einander ansprechen werden und fragen: „Do you speak English? I am from French Television. Do you know where to get a taxi here?” und denen man wird antworten müssen: Man selbst ist auch mit Notizblock vom Himmel gefallen. Hierher, Heinersdorf, Berlin-Pankow.

Auf ihrer Homepage wirbt die deutsche Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde mit Koranzitaten für Religionsfreiheit. Seit 1958 hat sie in Deutschland achtzehn Moscheen gebaut, und für die neunzehnte hat sie gerade ein Grundstück gekauft. Aber nicht dort, wo der Fußballkumpel in der B-Jugend Ümit heißt; nirgends dort, wo man Döner ißt, ohne dabei über Religion nachzudenken. Sondern in Heinersdorf an der Tiniusstraße. Kürzlich wurde das Vorhaben im Bauausschuß des Bezirksamts vorgestellt. Mit großem Erfolg für die Bürgerbeteiligung im Land, diesen schlafenden Zyklopen: Hundert Heinersdorfer kamen und protestierten gegen den Neubau. Die NPD hat für den heutigen Samstag zum Marsch geblasen. Zur friedlichen Gegendemonstration werden sich die Kräfte des Guten an der Kirche Alt-Pankow versammeln, Bezirksamt, Bezirksparlament, Kirchengemeinden und das Netzwerk gegen Rassismus. Vorher aber hatte man die Bürgerversammlung anberaumt. Für Donnerstag abend.

Man tritt sich auf die Füße

Um halb acht soll sie beginnen. Viertel nach sieben sind auch die Bänke an den Hallenwänden voll, im Mittelgang tritt man sich auf die Füße. Von draußen klopft es an die Scheiben, da steht noch einmal eine Turnhallenladung Menschen - in der Moschee hätten die jetzt Platz, denkt man und behält es für sich. Gedankenaustausch ist geplant. Die in ganz Berlin hochangesehene ehemalige Ausländerbeauftragte steht bereit; Religionswissenschaftler sollen noch einmal erklären, daß eine Moschee keine Atomfabrik ist; geduldig warten zwei dunklerhäutige Herren mit Bücherstapeln auf die Eröffnung des Abends.

Zwei Stellungnahmen kursieren im Saal. Der Bezirksbürgermeister teilt in Kopie mit: Die Freiheit des Glaubens sei gemäß Grundgesetz unverletzlich, Berlin sei eine Metropole und die Heimat vieler Kirchen und Glaubensrichtungen; gerade heute sei es wichtig für Muslime, eine Moschee zu haben, in der dann „Berlinerinnen und Berliner muslimischen und nichtmuslimischen Glaubens zusammenkommen und sich austauschen” könnten. Anonyme Heinersdorferinnen oder Heinersdorfer haben ebenfalls Papier mitgebracht. Unter den Schlagworten „Gewalt im Koran” und „Verhältnis zum Christentum” werden blutdurstige Suren gezückt, wird die Website der Ahmadiyya-Gemeinde als Quelle genannt. Und das ist auch schon das Ende der Debatte. Weiter wird sie heute abend nicht mehr kommen.

Ihr Problem wird heute rausgehen

Denn jetzt kommt nur noch der Rückzug. Diejenigen Mächte, welche Zugang zum Saalmikrophon haben, geben einander Deckung gegen den wabernden Saal: Man könne ja eine zweite Versammlung einberufen für alle, die nicht mehr reingekommen sind (Aufschreie, Hohngelächter). Man könne die Versammlung aufheben und einen größeren Saal an anderer Stelle organisieren („Buuuh!” - „Olympiastadion!”). Man sei vom RBB und habe eine Liveschalte ab 19.47 Uhr: „Ihr Problem wird heute rausgehen, viele Menschen werden es sehen und hören” (Heisere Beschwerden. Anschwellender Beifall für man weiß nicht was. Interviews. Zetersoli). Um acht steht schließlich ein Polizist am Mikrophon: „Der Veranstalter”, sagt er, „kann für die Sicherheit in diesem Objekt nicht mehr garantieren. Daher bitte ich Sie, diese Turnhalle und die Schule zu verlassen.”

Fäuste werden gereckt, geschrieen wird, Trillerpfeifen trillern; Sprechchöre melden: „Wir bleiben hier! Wir bleiben hier!” Die Interessen der Bürger würden in diesem Land überhaupt nicht mehr vertreten; „baulich” sei die Moschee „nicht passend”; der Bürgermeister solle rauskommen! Ein Mann sein! Man sei das Volk, man sei das Volk, man sei das Volk.

Der Heimweg ist ein schlechter Film. Überall schwappt's. „Ich habe nichts gegen Religion, aber bitte jeder in seinem Land.” „Die können ja hier wohnen. Aber man muß doch keine Moschee bauen.” „Unsere Schüler sind ohnehin schon so gewaltbereit.” Da sucht man sich zur U-Bahn hin, finster schauen die Einsatzkräfte, und ein ganzer Fuhrpark an Mannschaftswagen hat sich über die Straßen verteilt, auf dem Parkplatz und auf Gehwegen, um die Grundschule herum in Heinersdorf, Pankow.

Text: F.A.Z., 01.04.2006, Nr. 78 / Seite 37

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das hat — jetzt zwar