Wunsiedel; Demokratie verteidigt

Riotbunny 24.08.2005 11:08
Eigentlich ein ganz erfolgreicher Tag, da draussen in Bayern- Nazis konnten Ihren bundesweit wichtigsten Aufmarsch nicht durchführen und werden dies mit der entsprechenden rechtlichen Handhabe auch in Zukunft nicht können.
Dennoch schafften es die Nazis aber, mit einem dezentralen Aufmarschkonzept erfolgreieh oder zumindestens teilweise erfolgreiche Demonstrationen in der gesamten BRD- Peine,Nürnberg,Berlin,Celle,Altenburg (bei Leipzig) sowie Kleinstaufmärsche u.a. in München, Ingolstadt.
Zu Beginn sei folgendes vorweggenommen; es steht ausser Frage, das die Antifaschistische Bewegung gerade extrem erfolgreich ist; sei es durch eigens offensives Auftreten in Leipzig am 1.Mai, den unermüdlichen Einsatz gegen den NPD-Wahlkampf, oder durch Outings und Hacks einschlägiger Seiten (bspw. Heimatschutznetzwerk durch Katjusha Infomartion Warfare).

Bereits am 8.mai in Berlin zeichnete sich das neue Problem ab; die mediale Vermarktung antifaschistischen Protestes zur Reinwaschung des deutschen Gewissens. Wunderbar lies sich alibisieren (wenn es das Wort gibt ;) ) und selbst feiern, ja, sogar wieder bisschen das Gefühl haben zu dürfen, das Deutschland und seine Demokratie ja doch irgendwie okay ist und das stolz in diesem Kontext nichts schlechtes sein kann.
Es stellt sich die Frage, wie es dazu kommen kann, das das Transparent der Kampagne NS-Verherrlichung stoppen bei N-TV mit dem Kommentar
"Tag der Demokratie" gegen Rechtsextremismus in Wunsiedel" unterschrieben ist.
Doch sehen wir uns zunächst ein paar Artikel an.

-Bildunterschrift des Fränkischen Tag unter dem Bild demonstrierendener Antifas;
"Wunsiedel ist bunt – nicht braun“: Unter diesem Motto beteiligten sich am Samstag mehr als 2000 Menschen am „Tag der Demokratie“"

-Die Amberger Zeitung kommt aus der Freude nicht mehr heraus; "Wunsiedel wirkt wie befreit"

-Die Frankenpost;
„Dieser Tag ist ein Meilenstein der Demokratie.“
„Wir haben die Stadt zurück erobert mit den Werten der Freiheit und Demokratie“, freute sich Versammlungsleiterin Andrea Heußner, deren Engagement es zu verdanken ist, dass mittlerweile viele Wunsiedler kreativ und mutig an einem Strang ziehen, um sich den braunen Mob vom Leib zu halten, der alljährlich aufmarschiert und Wunsiedel in einen Ausnahmezustand versetzt.
(...)"Dass es dazu nicht gekommen ist, hat die Stadt einem weiteren Kämpfer gegen Rechts zu verdanken: Matthias Popp, der Sprecher der Bürgerinitiative „Wunsiedel ist bunt, nicht braun“. Er zögerte am Samstag auch nicht, mehrmals einzugreifen, als Krawallmacher aus der linken Szene – es waren gut 2000 schwarz Gekleidete aus der ganzen Republik angereist – pöbelnd die Reden auf dem Podium störten. „Wir stellen uns weiterhin der Herausforderung, dass Heß hier begraben ist“, kündigte Popp an, dass Rechtsextremisten das Leben in Wunsiedel weiterhin schwer gemacht wird."
Auch patriotische Töne kann man sich nicht verkneifen; Manfred Stolpe, im selben Artikel; "Mit der voraus gegangenen Friedens-Demonstration mit gut 1000 Bürgern und ebenso vielen bunten Luftballons hätten die Menschen gezeigt, wie das wirkliche Wunsiedel ist, „und nicht das, was andere daraus machen“

-Die absolute Ausnahmekünstlerin, Sängerin jeanette Biedermann, stellt gar fest; «Alle sollten in Deutschland gegen Nazis sein», die neben Extrabreit in Wunsiedel auftrat. Es handelt sich hier um eine bürgerlich-patriotische Kampagne mit Namen «Laut gegen Nazis>>
Schirmherren sind so verdiente Antifaschisten wie Moderator Johannes B. Kerner, Schauspieler Peter Lohmeyer, der ehemalige Tagesschau-Sprecher Jo Brauner sowie Smudo von der Gruppe Die Fantastischen Vier.
«Laut gegen Nazis» soll nach Plänen des Initiators zu einem gängigen Begriff auch während der Fußball- Weltmeisterschaft 2006 werden.

-Am amüsantesten ist dann die Berichterstattung der grünen Jugend;
"Heute hat die GRÜNE JUGEND in Wunsiedel bei der "Meile der Demokratie" gegen Nazis demonstriert. In der kleinen bayerischen Stadt in der Nähe der tschechischen Grenze fand bisher jedes Jahr der "Rudolf-Hess-Gedenkmarsch" statt. In diesem Jahr ist es erfolgreich gelungen, den Nazi-Marsch zu verhindern.
Ein fulminanter Start für die Aktion "Bunte Beats gegen braune Bässe"! Sogar eine Anhängerin der APPD verfiel Claudias Charme und reihte sich in den Chor ein. Ein rundum erfolgreicher Tag für die GRÜNE JUGEND - die Rechtsextremismusbroschüre und die Postkarten kamen extrem gut an und wir haben gute Kontakte zu antifaschistischen Initiativen geknüpft. Nur der Regen - der hätte fernbleiben können.

Was finden wir also in der Berichterstattung?

-Freude über eine Wehrhafte Demokratie, die erfolgreich in Wunsiedel agiert hat
-lokalpatriotisches "Unser Wunsiedel ist nicht braun"
-Profilierung aller möglichen Parteien "wir haben den Aufmarsch verhindert"
-Vereinnahmung eines antifaschistischen Protestes als Teil der bürgerlichen Protestbewegung und doch
-manchmal böses schielen auf die "Linksautonomen"

Hier stellt sich also ein massives Problem dar, das nur mit einer klar abgrenzenden, dezidierten, antideutschen Position beantwortet werden kann- damit Antifas nicht zum Alibi für deutschen Nationalstolz werden können.
Weiterhin ist es zu überlegen, in wie weit Präsenz notwendig ist, wenn gesetzliche Rahmen Naziaufmärsche einschränken- es scheint sich abzuzeichnen, das das Konzept der dezentralen Aufmärsche auch in Zukunft weitergeführt werden wird. Die Reaktion kann letzen Endes nur ein hohes Maß an Flexibilität sein.



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 http://www.fraenkischer-tag.de/nachrichten/index.php?MappeCID=c9a53d79eeouy6~9sj9g1&Hierarchie=afcyc1pguv1xiudde5vo6&Seite=Regionales&SeiteSub=Franken
 http://www.zeitung.org/onetz/758651-100,1,0.html
 http://www.frankenpost.de/nachrichten/regional/fichtelgebirge/resyart.phtm?id=840962
 http://www.n-tv.de/569485.html

Die Scheisse geht weiter; Nazis am 4.9. in Wunsiedel?  http://www.de.indymedia.org/2005/08/126027.shtml
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Ergänzungen

Tolle Analyse eines 12 Jährigen

rrrrriot 24.08.2005 - 11:29
"Hier stellt sich also ein massives Problem dar, das nur mit einer klar abgrenzenden, dezidierten, antideutschen Position beantwortet werden kann- damit Antifas nicht zum Alibi für deutschen Nationalstolz werden können."

Hättest du wohl gern. Hier stellt sich ein Problem dar, das nur wegen abgrenzerischer Kindergartenpolitik entstanden ist. Wenn die Antifabewegung in Zukunft ernst genommen werden will und in den Medien als eigenständiger politischer Akteur mit eigenen politischen Inhalten wahrgenommen werden will, dann muss sie sich auch so präsentieren.

Wenn 1000 schwarz gekleidete durch Wunsiedel rennen und "Hess in Stücke sägen" rufen kann man das leider nicht ernst nehmen.

Wenn man als grundsätzlich antagonistisch wahrgenommen werden will, dann muss man eine klassenkämpferische Position einnehmen und nicht nur so tun und in Wahrheit überall die Vorreiter des Nationalsozialismus entdecken (z.B. im ach so grausamen Lokalpatriotismus).

Gibt es überhaupt noch "echte" Antifas?

Pessimist 24.08.2005 - 11:46
Irgendwie scheint es generell so zu sein, daß progressiver Antifaschismus als Bewegung nicht mehr existiert. Die meisten der Leute, die sich heute als "Antifas" bezeichnen, sind vielleicht gegen Nazis - aber nicht unbedingt gegen Faschismus an sich oder andere reaktionäre Tendenzen in der Gesellschaft. Teilweise werden Militarismus und Faschismus sogar als "Notwendigkeit" bezeichnet (siehe die Antifa Nordorst oder die KP Berlin)... Positive Alternativen oder libertäre Ideale sind die Ausnahme und werden in der Regel abgelehnt. Dieser "Antifaschismus" erinnert eher an den CDU-"Antifaschismus".
Hinzu kommt, daß die Auseinandersetzung mit Nazis mehr und mehr irgendwelchen Gangkriegen spätpubertierender Jungmänner ähnelt. Nicht wenige Antifas sind außerdem in bizarren Politsekten organisiert, die jeden, der auch nur 1% von ihrer Gruppenideologie abweicht, zum Feind(=Nazi) definiert. Antideutsche sind da vielleicht ein extremes Beispiel, aber diese Eigenschaften sind bei fast allen Antifagruppen zu beobachten.
Solange es keine bemerkbare Strömung gibt, die Faschismus generell (und vor allem politisch, gesellschaftlich und kulturell) bekämpft und eine lebenswerte Alternative entgegensetzt, kann weder von einer erfolgreichen Antifabewegung, noch überhaupt irgendeiner Antifabewegung gesprochen werden.
Antifaschismus, der nicht humanistisch und freiheitlich ist, ist keiner.

Demokratie und Antifaschismus

... 24.08.2005 - 12:47
Noch viel schlimmer als die Vereinnahmung durch Köhler und Jeanette Biedermann sind die irrsinnigen Debatten darüber, wer nun Antifaschist sein darf und wer nicht. Antifaschisten sind alle Menschen, die sich ehrlich gegen den braunen Dreck stellen, das kann die Oma sein aber auch der aktive Antifa- Aktivist.
Hier mal wieder antideutschen Unsinn als Definitionsmacht für den "wahren" Antifaschisten zu bringen ist Schwachsinn. Viel wichtiger ist es, die Verlogenheit der "Demokratiefeste" mit ihren Würstchenbuden und Luftballons aufzuzeigen. Ein schönes Beispiel ist der Vergleich zwischen dem 8. Mai und dem 20. August (Berlin). Am 8. Mai, wo die Weltpresse in der Stadt versammelt war, waren die Bullen doch tatsächlich freundlich und kannten sogar Recht und Gesetz. Man wurde höflich aufgefordert, doch hinter die Absperrung zu treten weil man halt vergessen hatte, die Gitter vorher aufzustellen. Die Antifafraktion wurde zumeist mit netten Dorfpolizisten bedacht, während man die Berliner Schläger auf die Fleischmützenträger ansetzte.
Ganz anders am 20.8. Hier fehlte wohl die Legitimation durch Köhler und die Demokratieschwafler. Keine Kameras von BBC, dies bedeutet, daß auch gegen alles Linke wieder mit äußerster Brutalität vorgegangen werden durfte. Diesen Zusammenhang gilt es aufzuzeigen. Hier wieder Lokalpatriotismus als Wurzel allen Übels aufzuzeigen, ist ziemlich schwachsinnig, kleinbürgerlich und spießig wie alles "antideutsche". Wenn die Leute in Wunsiedel ihr Örtchen gern haben, dann soll es so sein, dies mit Faschismus in Zusammenhang zu bringen, ist das Niveau eines Pubertierenden.

Ausweg

Nicht vereinsamen lassen 24.08.2005 - 15:31
Es gibt einen Ausweg: Gegen Bürgerlichen Antifaschismus vorgehen! Gegen Nazis kämpfen!
Und für eine Radikale Linke kämpfen die alle Verhältnisse umstürzten will!
Ich empfähle die Texte: zum ``8. Mai ``, ``Flaschenpost`` und ``die reaktionäre Formierung durchbrechen``.
In dem Moment in dem klar würde das die Nazis nicht laufen würde hatte man denn Bürgerlichen pseudo-Antifaschismus( ich sag nur tausende Abschiebungen ) angehen sollen.

Scheiß Nazis
Scheiß Staat
Scheiß Kapitalismus


Kein Naziaufmarsch in Celle

Kalle 25.08.2005 - 15:57
Ihr müßt nicht jeden Scheiß glauben der in der Zeitung steht, in Celle jedenfalls gab es keinen Naziaufmarsch.

Ce

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@rrrrrioooottt — antz

zu antz — ...

@rrrrrioooottt — antz

Inhalte!? MLer!? — RRRRRRRIIIIIIIIIIOOOOOOTTTTT