Heimholung der Ehemaligen

Marcus Hammerschmitt 12.06.2005 12:17
Wenn Deutsche mit den Zuständen Frieden schließen, die sie einst als Linke bekämpft haben, dann geht das nicht ohne ein Manifest ab. Schließlich muss irgendwie belegt werden, dass wahre Treue in der Selbstveränderung liegt - das war bei den Grünen so, das ist bei den "Freunden der offenen Gesellschaft" nicht anders. Aber ihr Gründungspamphlet dokumentiert vor allem die geistige Klemme, in die bestimmte linke Kleingruppen geraten sind.
Nichts ist ja so gruselig im politischen Diskurs wie ein Proselyt, der sich seine neuen Überzeugungen noch selbst einpauken muss, und dazu die Missionierung von anderen als Vehikel benutzt. Und nirgendwo wird diese Technik brachialer gehandhabt als in Deutschland, wo sie auf eine solide Tradition zurückblickt, die mindestens bis zum Polit-Sektenzirkus nach der Pleite der 68er-Revolte zurückreicht. Man sollte meinen, dass Erfahrung ein wenig klüger macht, aber das scheint nicht der Fall zu sein, vor allem bei intelligenten Leuten, die in der Lage sind, ihre neueste Überzeugung jeweils mit gehörigem rhetorischem Aufwand vom Stapel zu lassen.

"Freunde der offenen Gesellschaft"

Und so ist denn auch das "Gründungspamphlet"

 http://fdog-berlin.de/index.php/einladung-zu-einem-ersten-treffen-der-freunde-der-offenen-gesellschaft/

der "Freunde der offenen Gesellschaft"

 http://fdog-berlin.de/

ein Dokument des sich selbst hinters Licht führenden Intellekts - geistig arm und schlau zugleich, wie es bei Propaganda oft der Fall ist, die hauptsächlich den eigenen Selbstwert verteidigen soll. Als Tagebucheintrag wäre der Text vollkommen gerechtfertigt, als politische Verlautbarung ist er dürftig, als Manifest würde er zum Lachen reizen, wenn er in seiner Symptomhaftigkeit nicht so durchaus traurig wäre. Belastet mit dem Anspruch, den er sich zuschustert, versagt er auf so vielen Ebenen - gedanklich, politisch, moralisch und dann eben auch sprachlich - dass man kaum weiß, wo man ansetzen soll.

Zunächst einmal wird uns ein kleiner Entwicklungsroman erzählt, der sich kurz wie folgt zusammenfassen lässt: "Früher waren wir links, dann entdeckten wir, dass unsere Überzeugungen Lücken aufwiesen, dann lasen wir die richtigen Bücher, und nun sind wir gerettet." Der Rest des Texts verteidigt dieses Halleluja noch mit ein wenig theoretischem Kriegsgerät, und fertig ist der Salat, zusammen mit der unvermeidlichen Einladung an den Leser, doch auch in den liberalistischen Zug nach nirgendwo einzusteigen.

Mehr unter:

 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20278/1.html

Viele Grüße,

M. Hammerschmitt

 http://www.cityinfonetz.de/homepages/hammerschmitt/high.html
 http://www.cityinfonetz.de/homepages/hammerschmitt/low_linkskurve.html
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

Reaktionen im Telepolisforum amüsant

T.T. 12.06.2005 - 12:39
Im Telepolisforum wollen die meisten gar nicht glauben, daß diese Sekten ihre Pamphlete ernst meinen. Teilweise wird sogar angenommen, daß alles wirklich nur Humor ist und der Autor die Ironie nicht versteht.