Aktion zum Muttertag am 8.Mai

xyz 10.05.2005 16:28 Themen: Gender
Am 7. und 8.Mai wurden in Berlin bei der Gala "Deutschland, Du Opfer!
Gegen Opfermythen, Geschichtsrevisionismus & Kapitalismus" am Alex und der "Spasibo"-Demo tausende klitzekleine Flyer mit dem Aufdruck "Oma war ein Nazi" und "8.Mai: Gegen Muttertag und Geschichtsrevisionismus! www.gender-killer.de" in die Menge geworfen.
Das war unser kleiner Beitrag zum 8.Mai, der in diesem Jahr nicht nur für die Erinnerung an die bedingungslos Kapitualtion Deutschlands vor 60 Jahren stand, sondern auch Muttertag war.
Oft wird auch bei denen, die zu recht darauf hinweisen, das Opa ein Nazi war vergessen, dass auch ohne die ganz gewöhnliche Deutsche der Vernichtungskrieg und die shoa nicht möglich gewesen wären.
Die Tradition des Muttertages in Deutschland steht beispielhaft für eine Funktion, die "deutsche Frauen" in diesem menschenverachtenden System inne hatten.


kurze Geschichte des Muttertages:

Bereits 1644 wurde in England zum ersten Mal vom "Mothering Day" berichtet. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er verstärkt in England gefeiert, um 1900 wurde der Muttertag dann in Amerika als offizieller Feiertag eingeführt.
Nach dem ersten Weltkrieg setzte sich dieser Brauch ganz allmählich auch in ganz Europa durch. In Deutschland wurde der Muttertag 1923 zum ersten Mal offiziell gefeiert. Der "Brauch" wurde von Blumenhändlern aus kommerziellen Gründen importiert, zum Feiertag aber wurde der Muttertag in Deutschland erst, als der Mutterkult eine ideologisch zentrale Rolle zu spielen begann, als Frauen nach der Ideologie des NS überhaupt nur noch als Mütter gesehen werden sollten. Nämlich 1933, als richtige Frauen außerdem gebärfähig und -willig zu sein hatten, andernfalls sie diskriminiert wurden - und rassisch korrekt, anderfalls sie vernichtet wurden.
Bereits seit 1925 hatte in Deutschland die „Arbeitsgemeinschaft zur Volksgesundung“ die Idee des Muttertages jenseits kommerzieller Interessen verbreitet. In diesem 1919 gegründeten Verein hatten sich VertreterInnen stattlicher Behörden, konservativer Wohlfahrtsverbände und der Kirchen zusammen gefunden. Wie der Name schon sagt, war „Rassenhygiene“ oberstes Ziel des Vereins und die Idee des Muttertages ein perfektes Instrument zur Verbreitung ihrer menschenverachtenden Ideologie.
Das der Muttertag nach 1945 nicht wieder abgeschafft wurde, liegt daran, daß er sich bis heute für kommerzielle und politische Interessen treffsicher nutzen läßt. Am Muttertag feiern nicht nur die Blumenhändler, sondern auch der Antifeminismus.
Der Muttertag war von Beginn an politisch motiviert. Er wurde oft von Propagandastrategen gebraucht um die ideale Gesellschaftsordnung zu postulieren - um die "erfüllende'" Mutter/Hausfrau-Rolle zu manifestieren. Ein Aspekt der durch die zunehmende Kommerzialisierung keineswegs aufgehoben wurde, mensch denke nur an die typischen Muttertagsgeschenke.


weiter zitiert aus:
Irmgard Weyrather, Muttertag und Mutterkreuz, Frankfurt/M. 1993

„Das nationalsozialistische Frauenbild war im Grunde kein Frauen-, sondern ein Mutterbild: Ein weiblicher Mensch wurde fast nie als ”Frau” gesehen, sondern immer gleich als ”Mutter”, denn nach den Vorstellungen der NS-Ideologen war die Frau ein naturbestimmtes Wesen. […] Wenn Frauen in der NS-Ideologie ausgezeichnet wurden, dann unter der doppelten Reduktion auf die ”deutsche Mutter”; denn eine Frau, die keine ”Deutsche” im rassenideologischen Sinn war, wurde nicht als Mensch anerkannt. […]

Auf die Seite der ”geburtenfördernden” Maßnahmen gehören neben rein ”ideellen” Anreizen wie dem Mutterkreuz die Ehestandsdarlehen für junge ”deutsche” und ”erbgesunde” Familien, […] die starke Einschränkung von Verhütungsmitteln und die Todesstrafe für aktive Abtreibung sowie die ständige Werbung an ”deutsche”, ”erbgesunde” Männer und Frauen, Familien zu gründen und viele Kinder zu bekommen.

Zu den ”geburtenverhindernden” Maßnahmen gehörten die hunderttausend Zwangssterilisationen und die Zwangsabtreibungen an als ”erbkrank” angesehenen ”Deutschen” und an Jüdinnen und Zigeunerinnen, die Morde an angeblich ”erbkranken” psychisch Kranken, die ”Nürnberger Rassegesetze” und schließlich auch die millionenfachen Morde an den europäischen Juden. […]

Das Frauen- bzw. Mutterbild des NS-Kults blieb von der Wirklichkeit der Frauenarbeit weitgehend unberührt. In den Kult-Texten kommt Arbeit von Frauen nur als direkte Arbeit für die Familie vor oder als Ersatzarbeit für den in den Krieg gezogenen Mann. Im letzteren Fall ist die Frau dann allerdings meist Bäuerin und geht statt ihres Ehemanns aufs Feld, übt also eine Arbeit aus, die sich gut mit dem NS-Frauenbild, dessen Ideal die ”deutsche” Bäuerin mit zehn Kindern war, vereinbaren ließ.

Erst gegen Ende des Krieges wird in den Reden der ”Mütterehrungsfeiern” auch der ”arbeitenden Frau” bzw. der ”Frau im Rüstungseinsatz” gedankt, die natürlich auch dann noch nebenbei viele Kinder bekommen sollte. In den Kult-Texten selbst, in den Liedern und Gedichten der Muttertagsfeiern, kommt Frauenarbeit weiterhin nur als Familienarbeit bzw. als Bäuerinnenarbeit vor. […]

Der NS-”Mutterkult” war nicht ein Aspekt der NS-Frauenideologie unter anderen, sondern ihr Zentrum, er entsprach der bestimmenden Vorstellung, die die Nazis von (”deutschen”) Frauen hatten. […] Eine Frau, die keine Kinder hatte oder wollte, galt nicht als richtige Frau, deshalb brauchte sie im Kult nicht berücksichtigt zu werden.“
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

ganz schwach ..

der mit dem hirn tanzt 11.05.2005 - 13:05
wie ihr bereits in euere geschichtlichen (verknappten) ausführung dargelegt habt, hat der muttertag eine lange tradition und wurde von den nazis 'missbraucht' - allerdings zieht ihr daraus die falschen rückschlüsse. wieso sollte man den muttertag verbieten, er wurde nicht von den nazis erfunden. die sozialversicherung für rentnenversicherung wurde hingegen von den nazis eingeführt, warum lauft ihr dann nicht durch die fußgängerzone und verteilt an alle über 60 jahren flyer mit 'du lebst nach nationalsozialistischen strukturen', das wäre wenigstens konsequent.
'Honig ist Mord' war zwar schon zeitverschwendung, aber das hier ist auch nicht schlecht. gratulation.

grüße

ganz stark

tanzen gegen das patriarchat 11.05.2005 - 18:24
ok, da die mods seid 12.05 uhr der ansicht sind, das von dir wäre eine inhaltliche ergänzung, werd ich jetzt mal was dazu schreiben.
dein vergleich ist absurd. mal ganz abgesehen davon, das keine_r den muttertag "verbieten" will, wurde er von den nazis auch nicht 'missbraucht'.
das sexistische frauenbild, was schon immer im muttertag gesteckt hatt, bot in deutschland einen perfekten anknüpfungstpunkt für die ns-ideologie. das heißt aber auch nicht, das eine_r behauptet alle die den muttertag begehen würden "nach nationalsozialistischen strukturen leben", wie du hier unterstellst. das heißt einfach nur, guckt euch mal an welche tradition dieser tag in diesem land hat und überlegt euch wie ihr damit umgeht.
im übrigen sind auch heute in deutschland überlegungen, über deutschen und v.a. auch gesunden nachwuchs recht dominat auf der tagesordnung. wenn es um renten usw. geht, fordern immer alle mehr "deutsche" kinder...
das dann hier leute gleich mit absurden farbbeutelwürfen auf großeltern kommen, zeigt nur das sie sich wohl noch nie ernsthaft mit der ns-vergangenheit ihrer großeltern auseinandergesetzt haben und deshalb versuchen das ganze thema lächerlich zu machen.
schönen abend noch.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige die folgenden 10 Kommentare an

Egal — Egal

@ egal — ebenfalls

aber Hallo — Piet

Wie lächerlich! — qwertz

??? — antifa

@ antifa — ich

(muss ausgefüllt werden) — (muss ausgefüllt werden)

schwachsinn — sa

Frauen in der NS Ideologie — muss nicht ausgefüllt werden