Solingen Gestapomorde

VVN-BdA HA 17.04.2005 17:39 Themen: Antifa
Wie u.a. in der Bittermark bei Dortmund am Karfreitag, in Hagen am 12.04. und anderswo fand auch in Solingen, a, 17.04., ein Gedenken an vor 60 Jahren Ermordete statt... einige Eindrücke
I didn´t speak German. But I understood his words: “komm, komm“.

In der Wenzelnbergschlucht, Stadtgrenze Solingen zu Langenfeld, wurden in den letzten Kriegstagen in einer abgeschirmten Aktion 71 Leute von der Polizei, d.h. der Gestapo, erschossen.

Die Gedenkstunde dazu, heute, 17. April, Beginn 11 Uhr, war ergreifend: der Mann, der als erster der einrückenden US-Soldaten die Ermordeten fand auf Grund der Hinweise eines älteren Deutschen, der ihn mit den zitierten Worten bat, mitzukommen, berichtete selbst darüber, ein Zeitzeuge par excellence.

Mit seinen 79 Jahren war Dudley Straßburg deshalb extra aus Cleveland/Ohio angereist und hielt eine sachlich – nüchterne Rede, die deshalb an Eindringlichkeit kaum zu überbieten war und den Anwesenden das Grauen der damaligen Zeit sehr nahe brachte.

Von seinen 115 Kameraden hatten nur wenige den Einmarsch bis Solingen-Ohligs überlebt, und die sollten sich eigentlich erst etwas erholen vor dem weiteren Vorrücken, aber die Nachricht von 71 mit Draht aneinander Gefesselten und per Genickschuss ermordeten Zivilisten ging dann wie ein Lauffeuer durch die ganze amerikanische Armee und war den Befreiern zusätzlicher Ansporn, die faschistische Bestie, mit anderen Worten die Generation unserer Großeltern “at gunpoint“, d.h. mit der Waffe im Anschlag, sozusagen von Angesicht zu Angesicht, so schnell als möglich zu bezwingen.

Noch mehr solcher Verbrechen, die mit Kriegshandlungen nichts zu tun hatten, kamen den Siegern zu Gesicht: Solingen-Ohligs war kein Einzelfall. Abertausende der Leute, die von den Hitleristen eigentlich nach dem Endsieg in Schauprozessen hätten abgeurteilt werden sollen, wurden, einem Befehl aus dem Reichssicherheitshauptamt folgend, nun auch ohne ein Urteil einfach aus dem Weg geräumt – aus dem Weg nämlich, den die Faschisten nach der, wie sie hofften, nur kurzen Besatzungszeit wieder beschreiten wollten.

Die Feier war gut besucht und nicht nur die Städte Wuppertal, Langenfeld, Remscheid und Solingen sorgten mit blumengeschmückten Kränzen dafür, dass der Ort der Untat wenigstens vorübergehend einen feierlichen Touch bekam, sondern auch viele Organisationen aus dem linken Lager taten es ihnen gleich, hatten mit ihren beschränkten Mitteln ebenso für eine würdigen Rahmen gesorgt.

Gedenken in solcher Form muss sein. Es gilt, neben dem Bewusstsein auch das Fühlen zu erreichen, um über das damit bei den Einzelnen hervorgerufene Betroffensein zur Tat zu animieren; an der Wenzelnbergschlucht ist es gelungen.

Die Schlussfolgerung war denn auch: Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!, obwohl, wie der amerikanische Veteran traurig sagte, seit 1945 bisher um die 230 Kriege stattgefunden hätten, davon seien an diesem heutigen Tag noch etwa 35 voll im Gange. Aber es gelte, die Hoffnung auf ein endliches Ende aller Kriege nicht aufzugeben.

Wer außer ImperialistInnen sollte da widersprechen.

VVN-BdA Hagen
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

stimmt

Erweiterer 20.04.2005 - 04:48
"die faschistische Bestie, mit anderen Worten die Generation unserer Großeltern"

So kannst du pauschalisierend schreiben, aber du solltest bei so einer ungeheuerlichen Anklage unbedingt immer die nennen, die zu dieser Generation gehörten, jedoch eben NICHT mitmachten oder von denen so manche, so gut es möglich war, z.B. durch Sabotage in meist kleinem Rahmen, die Gefolgschaft verweigerten:

- die auf Grund der Nürnberger Rassegesetze sowieso Ausgegliederten und in der Mehrzahl Ermordeten, die Behinderten, die sexuell nicht Angepassten

- die gesamte Linke, angefangen bei der SPD bis zur KPD und anderen K-Gruppen und auch bis hin zu den Anarchisten, den Gewerkschaften

- (geringe) Teile der Kirchen; Sekten (Bibelforscher etwa)

- bewußt sich als "unpolitisch" Betrachtende, wie Georg Elser, der fast den ganzen Nazi-Vormarsch ins Stocken gebracht oder sogar abserviert hätte

Allerdings waren sie, alle zusammen, nicht mehr als 30% bis höchstens 40%, wie es die letzten, der "Machtergreifung" vorangegangenen Wahlen nahelegen.

Die Mehrheit, d.h. 60% - 70% bestand aus Aktiven und nichtmal im Traum opponierenden MitläuferInnen.

Diese Mehrheit konnte tatsächlich, wie du schreibst, sozusagen nur mit vorgehaltener Pistole bzw. Fliegerbomben abgebremst werden, und sie war der bei Weitem größte Teil unserer Großelterngeneration.

Scheiß Geschichte, darf nie vergessen werden, schon damit es nicht wieder passieren kann.

Erweiterer