Graffiti IS a Crime

Jens Steiner 09.04.2005 11:15
"Den gehören die Hände abgehackt". Wer hat diesen Ausspruch noch nicht gehört? Wer weiß nicht, auf welche Gruppe von Menschen sich diese Rückbesinnung auf prerechtsstaatliche Werte und Normen bezieht. Am vergangen Freitag beherrschte das Thema Graffiti die deutsche Medienlandschaft. Gutes Timing, fand doch gerade der Nofitti-Kongress im Roten Rathaus statt. Gestern stellte sich heraus, dass der Lobby-Verband "Noffiti" für seinen Stadtrundgang bezahlte Statisten anheuerte, um nicht ganz allein da zu stehen.
Verhältnismässigkeit scheint im Innenministerium keine Rolle mehr zu spielen. Der sozialdemokratische Innenminister Otto Schily hat in Graffiti sein neues Lieblingsverbrechen gefunden. Das soll nun mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden, auch wenn sie übertrieben und unnütz oder gar unnötig sind.

Deutschlands strenges Emminssionsschutzgesetz hat ausgedient. Bald sollen nachts Hubschrauber der Bundespolizei, ausgerüstet mit Wärmebildkameras, Streife fliegen. Sicher werden sie nicht nur einen Blick auf vermeintliche "Sprayer" werfen.

Sicherlich sind nicht alle auf Tags und Pieces an Hauswänden gut zu sprechen. Ob Hubschrauber, die eigentlich ihren teuren Einsatz bei Katastrophen und Unglücksfällen finden sollen, das angemessene Mittel sind, um gegen Verunreinigungen vorzugehen, ist höchst zweifelhaft,

Juristisch gesehen sind es allenfalls Verunreinigungen, nicht aber Angriffe auf die Sicherheit des Flugverkehrs underst recht keine Notstands- und Verteidigungsfälle. Wäre es nicht billiger und sinnvoller, die Betroffenen aus der Staatskasse zu entschädigen statt diese Pläne zu verwirklichen.

Das Yellow Press Blatt Kölner Stadtanzeiger zitierte den Bundesgrenzschutz mit der Angabe, daß pro Flugstunde eines Hubschraubers Kosten in Höhe von 1.190 Euro anfielen. Da andererseits beispielsweise die Polizei Steinfurt die Kosten einer Flugstunde des "günstigsten, weil kleinsten Hubschraubers" mit 2.100 Euro angibt und dieser sicherlich nicht vorgeworfen werden soll, daß sie diese bei absichtlichen Fehlalarmen in Rechnung gestellten Kosten bewußt zu hoch ansetzt, scheint diese Angabe des Bundesgrenzschutzes äußerst niedrig. Es ist zu vermuten, daß hier nur die direkten Kosten für Treibstoff und Wartung berücksichtigt wurden, die Personalkosten wie auch die Abnutzung der Hubschrauber aber außer Acht gelassen wurden.

Geht man aufgrund Schilys Aussage, die Graffitis verursachten jährlich Schäden von "vielen hundert Millionen" von einer Summe von 500 Millionen Euro aus, so würde dies bei vorsichtig geschätzten Gesamtkosten pro Flugstunde von 2.000 Euro dazu führen, daß bei gleichem finanziellem Aufwand bundesweit 684 Flugstunden täglich, also etwa 85 Maschinen, zu finanzieren wären.

Es ist offensichtlich, daß über großen Städten zahlreiche Hubschrauber für eine erfolgversprechende Beobachtung eingesetzt werden müßten. Tatsächlich bezeichnete der Kölner Stadtanzeiger diese Maßnahme als "pure Luftnummer". Während außer zwei Bahnbediensteten keine "Verdächtigen" gefunden wurden, beschwerten sich hingegen zahlreiche Bürger über die nächtliche Lärmbelästigung durch den Hubschrauber. Bei realistischer Betrachtung liegt hier sicherlich auch der Grund für das vorprogrammierte Versagen dieser Aktion. Auch wenn es am Montag mit dieser Unterstützung des Bundesgrenzschutzes gelungen ist, vier "Täter" festzunehmen, so ist doch zumindest mittelfristig klar, daß jeder halbwegs klar denkende Sprayer beim Klang eines Hubschraubers seine Sprühdose fallen lassen und gemütlich von dannen schlendern wird.

Schilys Vorstellung nach sollen die Hubschrauber ihre Überwachung aus einer Höhe von 300 Metern vornehmen, in der sie im Schwebeflug mit ausgeschalteten Blinklichtern "kaum auszumachen" seien. Das mag nachts zwar sicherlich zutreffen, allerdings nur, solange der Sprayer nicht annähernd taub ist oder versucht, die Lärmschutzwand einer Autobahn zu "verzieren".

Daß angesichts dieses neuen Aufgabenbereichs "traditionellere" Aufgaben des Bundesgrenzschutzes wie die "Bekämpfung der Schleuserkriminalität, des Menschenhandels, der Kfz-Verschiebung und der Rauschgiftkriminalität" zweifellos an Priorität einbüßen müssen, scheint Schily nicht zu stören.

Inwieweit dies durch seinen persönlichen politischen, aber damit auch letztlich auch finanziellen Aufstieg verbunden sein mag, wäre sicherlich reine Spekulation, ebenso wie die Vermutung, daß hier mitnichten tatsächlich Graffiti-Sprayer Ziel dieser flächendeckenden Überwachungsaktion wären.

Letztlich stellt sich sicherlich allerdings auch die Frage, inwieweit das nächtliche Plazieren eines Hubschrauber ohne - vorgeschriebene - Leuchtsignale in 300 Meter Höhe über einer Großstadt - also mit großer Wahrscheinlichkeit innerhalb der Einflugschneise eines örtlichen Flughafens - einen "gefährlichen Eingriff in den Luftverkehr" darstellt.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

S(D)achschaden.

saul 09.04.2005 - 15:25
Das mit den Kosten ist ohnehin ein Propagandahype. Hier werden Kosten zusammengerechnet die niemand bezahlt. Wenn Betonbrücken besprüht werden kümmert sich niemand drum. Dann kommt der nächste Writer und macht n Going Over, immer noch interessiert sich niemand dafür. Solang also niemand den Maler beauftragt da mit der Farbrolle drüberzugehen, entstehen keine Kosten und damit kann auch nicht von einen Schaden gesprochen werden.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Verstecke die folgenden 10 Kommentare

Eigentlich...

Maria R. 09.04.2005 - 12:16
ist das eine sauteure Vernichtung einerseits von Kunstwerken -soagr nach von gespendeten - und von Steuergeldern.

Aber ich verstehe das wohl wieder falsch: Arbeitsplätze haben erste Priorität.
Da haben wir die Hubschrauberhersteller, die Krankenhäuser, die die Verletzten aufnehmen werden im Falle eines Absturzes, die Psychiatrien, die sich um die Bürger kümmern müssen, die um ihren Nachtschlaf gebracht werden.

Der Staat hat kein Geld? Dass ich nicht lache!

was

besseres 09.04.2005 - 12:29
kanns doch nich geben

man kann mit 3,50 pro flasche ein loch von 2000 euro in die staatskasse reissen ;D

leuchtspur

nix gefallen lassen 09.04.2005 - 12:47
in die rotorblätter hilft im notfall auch

kollateralschaden

rasender bulle 09.04.2005 - 16:14
schön mit blauchlicht sprüher jagen und dabei motorrad fahrer töten.
wo gehobelt wird fallen späne...

Früh wird der ordnugswahn eingetrichtert

toni 09.04.2005 - 19:21
Fight crime from the air with this powerful police helicopter! Keep your "eye in the sky" out for high-speed car chases or escaping crooks."
 http://www.lego.com/worldcity/default.asp?prodId=7031

Titel der Ergänzung

Dein Name 09.04.2005 - 21:48
Lieber Jens Steiner,
nächstes Mal die Quelle des Artikels angeben oder einfach nur einen Link posten, ich glaube der Original-Autor veröffentlicht nicht unter »Creative Commons«…

 http://www.freace.de/artikel/200504/080405b.html

@ Dein Name

Frage 09.04.2005 - 22:21
Was bist Du denn für ein Troll? Der Link von Dir führt zu der Seite, die den Artikel von Steiner übernommen hat. Wenn die keine Quelle angeben, sollte man denen mal eine kritische Mail schicken.

@ Frage

Dein Name 09.04.2005 - 23:06
Ach, von freace.de wird am 8. April ein Artikel geklaut der angeblich am 9. auf de.indymedia.org original gepostet wird? Das ist ja interessant, wenn Du herausgefunden hast wie das geht schreibs mir, Du Sparhirn.

@ Dein Name

Frager 09.04.2005 - 23:16
www.freace.de ist, sowei ich weiss, eine interessante Webseite, die aus dem Netz Artikel zusammenträgt, die anderswo untergehen. Solltest Du Dir absolut sicher sein, daß Jens Steiner (der hier bei Indy eigentlich regelmässig Artikel selbst schreibt) den Artikel nicht selbst verfasst hat, solltest Du eine Mail an die Mods schicken. Vielleicht lässt sich das dann irgendwie klären.

Aufklärung

Pete 10.04.2005 - 11:33
Nur die Zusammenfassung war selbstgeschrieben. Der Rest ist von freace.de übernommen worden. Jens Steiner bat darum, den Artikel deswegen aus dem Newswire zu nehmen.