Zum Tod von Paul Michalowicz

Hagener 08.04.2005 17:26 Themen: Antifa
Unser Genosse und Freund, der Hagener Kommunist Paul Michalowicz ist in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag, im Alter von 79 Jahren verstorben. Im Folgenden findet ihr eine Veröffentlichung seiner Freunde, im Anhang einen Zeitungsartikel der Westfälischen Rundschau.
Paul Michalowicz war Kommunist, Gewerkschafter, Antifaschist. Er starb in den Vorbereitungen der Aktivitäten zum 60. Jahrestags der Befreiung Hagens vom Faschismus völlig unerwartet.
Nach seinem Austritt aus der DKP Ende der 80er Jahre war Paul war unter anderem im Autonomen Zentrum Wuppertal und in der Antifa Hagen aktiv. Auf vielen linken Demos in NRW trat er als Redner auf, zuletzt beteiligte er sich u.a. in der bundesweiten Kampagne "Agenturschluss".
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Da war nicht viel, wovor er Respekt hatte – am wenigsten vor seinem
zunehmenden Alter und seiner zunehmend angegriffenen Gesundheit. Gar keinen Respekt hatte er vor Obrigkeiten und Machthabern. Paul Michalowicz ist tot – und mit ihm starb einer der letzten aufrechten, niemals gebeugten Klassenkämpfer. Eine unanfechtbare Respektsperson für die Anleitung suchende Linke, der personifizierte Schrecken für das satte, gedankenlose Bürgertum, der erklärte Feind aller menschenverachtenden Umtriebe.

"Paul ist da" – dann war alles gut. Die Demo wurde ein Erfolg. Dann konnte
das Megaphon ausfallen, dann konnte die Lautsprecheranlage kaputt gehen.
Paul machte sein Wort. Laut, sehr laut – für viele zu laut sagte, rief und
schrie Paul Unangenehmes, nämlich Wahrheiten. Das Leise, Unaufgeregte, das
vorsichtige Taktieren, das Kompromisse Eingehen – das war nicht sein Ding.
Paul marschierte manches Mal vor die Wand, aber manche Wand aus Ignoranz und Gleichgültigkeit, aus Dummheit und profitgeilem Kalkül hat er eingerannt.

Von der Jugend an Kommunist und damit verfolgt und verleumdet bis zum
letzten Atemzug, und stolz darauf – verstellt hat sich Paul nie. Das hatte
er im Gegensatz zu manchem anderen selbsterklärten Linken, zu allen
Salon-Revolutionären nicht nötig. Er hatte sein Bewusstsein, seine Meinung, er hatte seine Erfahrung – daraus resultierte sein Auftrag: Solidarität mit denen, die sich nicht so frei und frech gegen Unterdrückung und Bevormundung wehren konnten wie er. Krieg gegen den Faschismus und Nationalismus, Kampf dem Rassismus und Kapitalismus.

Paul hat schon Flugblätter gegen den die Menschlichkeit erstickenden,
weltumklammernden Imperialismus verteilt, als die Eltern seiner letzten
Mitstreiter noch nicht geboren waren. Er hat die Nazi-Gräuel als schon
politisch denkender junger Mensch miterlebt und hatte damit das Mandat, in
Frieden alt gewordene NS-Verbrecher zu jagen und gestrig-geifernde Neo-Nazis zu verfolgen. Als streitbarer Gewerkschafter hat er einstecken müssen, fand sich oft allein gelassen und ungehört, bestenfalls an- und manchmal sogar ausgelacht. Aber Paul hat niemals aufgehört, seine Ideale auch zu leben: Wenn irgendjemand das Recht hat, sich demokratischer Sozialist nennen zu dürfen, dann Paul Michalowicz.

Statt eigenbrötlerisch zu werden und zu resignieren in Zeiten, in denen für seinen Sozialismus immer weniger Platz auf der Welt zu sein scheint, hört Paul nicht auf, Andere zu motivieren, immer wieder zum Kampf, zum Auflehnen, zum Demonstrieren und Solidarisieren aufzustacheln. Paul starb sozusagen "in vollem Lauf", mitten in der Arbeit an seinen Zielen. Wer mit Paul Michalowicz gearbeitet, gestritten und an seiner Seite gekämpft hat, muss stolz darauf sein. Und muss weiterkämpfen, für Paul und seine Ideale. Für die Solidarität. Wir haben ein Vorbild.

Hagen, 8. April 2005



Seine Freunde

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WR-Artikel


Paul Michalowicz ist tot

Hagen. Die Nachricht macht viele Menschen traurig - inklusive der WR-Redaktion: Paul Michalowicz ist tot. Er starb in der Nacht zu gestern im Alter von 79 Jahren.


Buchstäblich bis zum letzten Moment seines Lebens setzte er sich für Gerechtigkeit, Frieden und gegen Faschismus ein. Die Einladung zur Gedenkveranstaltung für die in der Donnerkuhle ermordeten Menschen am nächsten Dienstag trägt seine Unterschrift.

Streitlustig im positiven Sinne war er. Wenn er eine Meinung hatte - und das war eigentlich immer der Fall - dann sagte er sie auch und stand dazu. Seine Stimme brauchte kein Megaphon, sie war erprobt von ungezählten Demonstrationen und Mahnwachen.

Seine politischen Wurzeln hat er im tieflinken Lager und in der Arbeiterbewegung rund um die Hasper Hütte. Von der KPD wechselte er zur DKP, befürwortete auch die Politik der DDR - korrigierte sich jedoch, nachdem 1989 das System dieses Überwachungsstaates offensichtlich wurde. Er war Mitorganisator der ersten Friedensmärsche und einer ihrer treusten Teilnehmer.

In den 70-er Jahren wurde er Betriebsratsvorsitzender des Schrauben-Großhandels Kuhlhoff & Fressel. In der Wehringhauser Szene war er als Antifaschist eine feste Größe. Ebenso auf der WR-Leserbriefseite. Auch wer seine Meinung nicht teilte, muss seine Gradlinigkeit und Ehrlichkeit bewundern.

07.04.2005
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Ergänzungen

Kundgebung am 12.04.

Hagener Antifaschist 08.04.2005 - 17:55
Am 12.04. gibt es in der Hagener Innenstadt eine Kundgebung anlässlich der Erschiessung von 12 Widerstandskämpfern, Deserteuren und Zwangsarbeitern zwei Tage vor dem Einmarsch der Alllierten am 12.04.1945. Eigentlich hätte Paul die Kundgebung moderiert. Nun wird die Kundgebung wohl auch eine Gedenkkundgebung für Paul sein.

12.04.2005
17 Uhr Ecke Hochstr./Prenzelstr.

Kommt zahlreich!!

Paul ist tot

Ein paar Anarcho-SyndikalistInnen ausm Pott 09.04.2005 - 08:48
Machs gut Paul! Man trifft nicht oft GenossInnen, die ein ganzes Leben nach der Maxime gelebt haben, dass wir dieser Welt nur in dem Maße angehören, wie wir uns gegen sie auflehnen. Während die meisten um dich rum immer starrköpfiger wurden, hast du dich vom leninistischen Wadenbeisser hin zu einem freiheitlichen Kommunisten entwickelt. Aber während viele deiner neuen GenossInnen spöttisch auf die "Normalos" und die "Prolls" herabsehen, hast du stets darauf bestanden, dass nur diejenigen dieses System zerstören können, die es täglich reproduzieren müssen. Und bei alledem konntest du reden wie kaum ein anderer. Wir werden deine Stimme vermissen, wenn wir uns auf der nächsten Demo wieder einschläfernde abgelesene Traktate anhören müssen. Wirst uns fehlen, möge die Erde dir leicht sein!

es geht weiter...

Silvio 09.04.2005 - 15:42
Der Genosse paul hat es mit dem Foto auch auf eine Broschüre zu Nazistrukturen in Berlin-Treptow geschafft.

Bestimmt in seinem Sinne...

zum download unter: freeweb.dnet.it/treptow/zeitung.htm

Deine Stimme wird uns fehlen!

Hagener 10.04.2005 - 04:20
Hier eine Anzeige in Form eines Nachrufes vom 9.04.05

Paul ist tot

Er fehlt uns.
Wir vermissen
seinen kämpferischen Mut,
seine Ideen,
seine Unermüdlichkeit,
seinen Humor.


Paul starb mitten in der Vorbereitung einer Aktion zum
60. Jahrestag der Befreiung Hagens vom Faschismus.
Die Erfahrungen aus der Zeit der Naziherrschaft haben
ihn geprägt. Er hat uns vieles weitergegeben: Gegen
Krieg und Faschismus müssen wir kämpfen.

Paul, deine laute Stimme wird uns fehlen!

Allerwelthaus Hagen
Antifa Hagen
Attac Hagen
Hagener Friedenszeichen
Kulturzentrum Pelmke
Quadrux-Buchladen

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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Machs gut, Paul! — Antifas aus NRW

So long... — Matt Hooper

habs heute erst erfahren... — neoberliner