Pressespiegel - NeoNazi-Aufmarsch Berlin

unabhängiger Journalist 05.12.2004 18:35 Themen: Antifa
Ein Pressespiegel zum NeoNaziaufmarsch am 4.12 in Berlin - Treptow-Köpenick der BA-SO für ein "nationales Jugendzentrum".
Der Tagesspiegel - 05.12.2004

1300 Polizisten bewachen 250 rechte Demonstranten

25 Festnahmen beim Protestzug der Kameradschaft Baso durch Köpenick. Bürgergruppen pfiffen die Marschierenden mit Trillerpfeifen aus

Von Jörn Hasselmann

Die Stimmung bei den Rechten war etwas aggressiver als sonst, vor allem, nachdem drei braune Teilnehmer von der Polizei gleich zu Beginn aus dem Demonstrationszug geholt worden waren: Sie hatten eine Parole aus der Nazizeit gebrüllt. Der Anmelder der rechtsextremistischen Kameradschaft „Berliner Alternative Südost“ (Baso), René Bethage, stoppte den Zug und verlangte ultimativ die Freilassung. Doch er verlor die Machtprobe mit Polizeieinsatzleiter Michael Knape. Dieser hatte die Auflösung der Demonstration angekündigt, wenn die Rechten die Dörpfeldstraße noch länger blockieren. Nach drei Stunden marschierten die 250 Rechtsextremisten dann weiter, anfangs noch von einigen Linken der Antifa in den Nebenstraßen begleitet.

Zu den befürchteten militanten Aktionen kam es nicht, da die Polizei gut 150 Gegendemonstranten so genannte Platzverweise erteilte und damit den Protest zerstreute. Es blieben die Anwohner, einige hundert Treptower und Köpenicker, die mit Trillerpfeifen ihren Protest kundtaten. Bezirksbürgermeisters Klaus Ulbricht (SPD) hatte dazu aufgerufen, die Neonazis entlang der Strecke auszupfeifen. Außerdem hatte er an Bewohner und Geschäftsleute appelliert, mit Plakaten an Häusern und in Schaufenstern ihren Protest zum Ausdruck zu bringen. Das war auch geschehen: Überall an den Straßen waren Plakate und grüne Luftballons zu sehen, auf denen „Gegen Nazis“ und „Nein zu Neonazis“ zu lesen war; kleine Kinder schlugen mit Löffeln auf Kochtöpfe. Ulbricht selbst beobachtete den Zug der Rechten am frühen Abend am Mandrellaplatz, in Sichtweite der NPD-Zentrale.

Die Polizei hatte wie bei der vorangegangenen Baso-Demo vor zwei Wochen Stärke gezeigt: 1300 Beamte waren im Einsatz, schweres Gerät stand in Bereitschaft. Der acht Kilometer lange Marsch vom S-Bahnhof Adlershof zum S-Bahnhof Köpenick stand unter dem Motto „Jugend braucht Perspektiven – Für die Schaffung eines Jugendzentrums“. Am Abend zog die Polizei Bilanz: sechs vorübergehende Festnahmen bei den Rechten, 19 bei den Linken. Diese hatten überwiegend gegen das Vermummungsverbot verstoßen.

____________________

Berliner Morgenpost - 5.12.04

Neonazis von Protest begleitet
Polizei sichert Demonstrationen mit 1300 Beamten

220 Neonazis sind gestern nachmittag demonstrierend durch Köpenick gezogen und haben damit rund 250 Gegner der rechten Szene zu Protesten entlang der Strecke veranlaßt. Die Veranstaltungen wurden von einem Großaufgebot der Berliner Polizei mit 1300 Beamten gesichert.

Die rechten Kameradschaften starteten gegen Mittag am S-Bahnhof Adlershof und zogen in Richtung des Zentrums von Köpenick. Mit der Demonstration wollten sich die Neonazis für "nationale Jugendzentren" einsetzen. Hauptinitiator war die "Berliner Alternative Südost", zu den Angereisten zählte der Hamburger Neonazi Christian Worch.

"Vielfalt statt Einfalt" hieß das Motto einer der Gegenveranstaltungen. Auch Bezirksbürgermeister Klaus Ulbricht (SPD) hatte sich am Aufruf zu Protesten entlang der Marschroute beteiligt. Näher als etwa 50 Meter kamen sich die Anhänger der rechten Szene und ihre Gegner nicht, da das Hauptziel der Polizei war, eine solche Konfrontation zu verhindern. Größere Zwischenfälle blieben somit aus.

In der Dörpfeldstraße nahm die Polizei drei Neonazis fest, die aus der Menge heraus "Nun, Volk, steh auf und Sturm brich los" skandiert hatten. Dabei handelt es sich um ein Zitat aus der berüchtigten Sportpalast-Rede von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels aus dem Jahre 1943. Wegen der Festnahmen ließen die Veranstalter den Zug stoppen. Nach Verhandlungen mit der Polizei setzte er sich gegen 14 Uhr wieder in Bewegung. Wegen der Verwendung von verfassungswidrigen Kennzeichen folgten weitere Festnahmen. Gegen 17 Uhr ging am Bahnhof Köpenick der rechte Aufzug zu Ende; zur Erleichterung vieler Köpenicker, die seit den Morgenstunden unter Absperrungen und Umleitungen zu leiden hatten.
plet/tz


_______________________

Inforadio Berlin-Brandenburg - 4.12.2004

Drei Festnahmen bei Neonazi-Demonstration in Berlin
Bei einer Neonazi-Demonstration mit rund 220 Teilnehmern in Treptow-Köpenick sind am Samstag drei Rechtsradikale vorübergehend festgenommen worden.

Den Männern wurde das Verbreiten von Parolen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen, wie ein Polizeisprecher sagte. Insgesamt wurden sieben Personen aus dem rechten Spektrum festgenommen. Die Sicherheitskräfte waren nach seinen Angaben mit rund 1300 Beamten vor Ort.

Mehrere hundert Menschen hatten entlang der Demonstrationsroute gegen den Aufmarsch der Rechten protestiert. Auf Plakaten und Luftballons der Gegendemonstranten war unter anderem zu lesen "Gegen Nazis" und "Nein zu Neonazis".

Auf der geplanten Route der Rechtsextremen hatten linksgerichtete Gruppen drei Mülltonnen angezündet. Vier Gegendemonstranten kamen wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot in vorübergehenden Gewahrsam.

Die rechtsradikale Kameradschaft "Berliner Alternative Südost" wollte vom S-Bahnhof Adlershof zum S-Bahnhof Köpenick ziehen und damit die Schaffung eines Jugendzentrums fordern.

Die Initiatoren der Protestaktionen gegen den braunen Aufmarsch wehrten sich dagegen, dass ihr Bezirk immer häufiger zum Aktionsfeld von Rechtsextremisten wird.
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen

es wär ja schön gewesen wenn ...

uzt 05.12.2004 - 19:11
es wär ja schön gewesen wenn die sich dem druck der bullen gebeugt hätten.
leider war dem aber nicht so. und ich weiß nicht ob es so effektiv ist, wenn man das jetzt einfach mal so sieht wie man möchte.
sprich, es wurde irgendwie abgestimmt und die mehrzahl war für bleiben (eben da bei kaisers, hat man ja alles mitbekommen). bla bla aufforderungen der bullen. nach der 2., etwa 10 minuten später, wurde durchgesagt, dass die betroffenen kameratten sich gemeldet hätten und dazu aufforderten den gang fortzusetzen. das deckt sich auch mit nem erlebnisprotokoll auf dem berliner infoportal (wer url wissen will, wird se finden).

Polizeiaufwand zu Ehren der Nazis

noch'n unabhängiger Journalist 05.12.2004 - 20:35
was noch so von Systempresse kolportiert wird..


Gut behütet
Adlershof und Köpenick wurden zu einem Heerlager / 250 Neonazis demonstrierten, 1 300 Polizisten beschützten den Aufmarsch

Andreas Kopietz


So gut behütet waren Neonazis wohl noch nie: 1 300 Polizisten beschützten am Sonnabend den Aufmarsch von knapp 250 Rechtsextremisten. Die Beamten verwandelten an diesem Tag Adlershof und Köpenick in ein grün-weißes Heerlager. Den Aufmarsch mit der Forderung nach einem rechten Jugendzentrum hatte die rechtsextremistische "Berliner Alternative-Südost" angemeldet. Die Route verlief vom S-Bahnhof Adlershof über Wendenschloss- und Seelenbinderstraße zum S-Bahnhof Köpenick.

Tatsächlich hatte es schon im Vorfeld des Aufmarsches nach einer Konfrontation zwischen Linksautonomen und Rechtsextremisten ausgesehen: Linke hatten ein paar Tage zuvor die Fassaden von Häusern beschmiert, in denen Neonazis wohnen. Auf einem Mieterparkplatz in Neukölln ging der Renault Espace eines Neonazis in Flammen auf. Hierzu bekannte sich die Antifa mit der Parole "Den Nazi-Aufmarsch am 4.12. in Treptow verhindern!". Auf dem Bahnhof Lichtenberg wurden bei der Anreise zwei Neonazis von acht Linken mit Knüppeln krankenhausreif geprügelt. In Reinickendorf verprügelten Neonazis dagegen einige Linke. Zu eskalieren drohte die Situation am Vorabend, als Mitglieder von PDS, Grünen, SPD und Jusos in Köpenick Plakate gegen den Naziaufmarsch an Laternen anbrachten. Minuten, nachdem sie befestigt waren, hatten Rechte sie wieder abgerissen. Am Bahnhof Köpenick seien Plakatkleber von Neonazis mit Baseballknüppeln erwartet worden, erzählen die Aktivisten. Polizisten hätten die Rechten abgedrängt.

Gründe genug also für die Polizei, lieber ein paar Beamte mehr als zu wenig zu schicken. Allerdings hatten sie es nur mit knapp einhundert "autonom" gestylten Jugendlichen zu tun, darunter viele alkoholisierte Punks, die schon etliche Flaschen Sternburg-Pils gekippt hatten. Einige versuchten sich im Barrikadenbau, indem sie mit Bauzäunen oder alten Sofas den Naziaufmarsch blockieren wollten. Als einige Punks einen Müllcontainer anzündeten, löschte eine Frau den Schwelbrand mit einem Eimer Wasser. Wenig Gefahr für die Demonstrationsfreiheit der Rechtsextremisten dürfte auch von den genehmigten Gegendemonstrationen ausgegangen sein, die verschiedene Initiativen mit dem Bezirksbürgermeister an der Spitze veranstalteten. Die Polizei selbst spricht von 250 Gegendemonstranten. Ihre Kundgebungen durften nur fernab der Demoroute stattfinden und waren mit quer gestellten Polizeiwagen abgeschirmt. Dennoch schickte die Einsatzleitung der Polizei keinen ihrer 1 300 Beamten nach Hause. An der Wendenschloßstraße schauten Bewohner aus den Fenstern und machten Fotos von dem riesigen Polizei-Fuhrpark. "Es war skurril", beschreibt ein Mann kopfschüttelnd. "Erst kam eine Kolonne Polizeiwannen, dann noch eine. Dann kam ein Räumpanzer und noch eine Kolonne, dann dieses verlorene Häufchen Neonazis, dann noch eine Kolonne Polizeiwagen." Die Polizei verteidigte den Aufwand. Auftrag sei es, den störungsfreien Verlauf der Versammlungen zu gewährleisten - unabhängig von der politischen Meinung.

Fast hätte es so ausgesehen, dass es ein kurzer Neonazi-Aufmarsch werden würde. Weil drei Teilnehmer eine Goebbels-Parole gebrüllt hatten, wurden sie von Polizisten festgenommen. Der Versammlungsleiter der Rechten verkündete: "Wir bleiben hier aus Solidarität solange stehen, bis unsere Kameraden wieder bei uns sind." Als die Polizei damit drohte, den Aufzug aufzulösen, gaben die Rechten ihre "Solidarität" auf. Sie wollten lieber noch einige Stunden lang beachtet werden.

jw zum aufmarsch

paula 06.12.2004 - 00:28
Tageszeitung junge welt, 06.12.2004

Inland
Markus Bernhardt

»Berlin gegen Nazis«

Protest gegen neofaschistische Provokation in Treptow/Köpenick

Berlin. Über 200 Neofaschisten aus dem Spektrum der sogenannten
Freien Kameradschaften haben am vergangenen Sonnabend im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick für ein »nationales Jugendzentrum« demonstriert. Sogar der bundesweit aktive Neonaziführer Christian Worch aus Hamburg war eigens für den Aufmarsch der extrem Rechten angereist.

Mittlerweile hat bei den politisch Verantwortlichen des Bezirks Treptow-Köpenick, der als Hochburg der Neonazis gilt, anscheinend ein Umdenken begonnen. Während die Aktivitäten der örtlichen »Kameradschaft« in der Vergangenheit eher verharmlost worden waren, riefen Politiker aller Parteien die Bevölkerung am Sonnabend zu Protesten gegen den Aufmarsch der Rechtsextremisten auf. Bereits im Vorfeld waren auf der Demonstrationsroute der Neofaschisten Hunderte von Plakaten mit der Aufschrift »Berlin gegen Nazis« angebracht worden.

Zudem hatte der Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, Dr. Klaus Ulbricht, die Bürger in einem offenen Brief zu »aktiven und lautstarken« Protesten aufgerufen und gefordert, »den Neonazis keinen Fußbreit Boden« zu überlassen. Der Aufruf des SPD-Politikers, dem am Sonnabend mehrere hundert Menschen gefolgt waren, war sowohl von linken Gruppierungen als auch von den örtlichen Kirchengemeinden und sogar der CDU unterstützt worden.

Die Polizei, die mit insgesamt 1300 Beamten im Einsatz war, um Zusammenstöße zwischen Neonazis und Antifaschisten zu verhindern, nahm im Rahmen der Proteste drei Neofaschisten wegen »Verbreitens von Parolen verfassungswidriger Organisationen« fest. Auch mehrere Antifaschisten wurden aufgrund angeblicher Vermummung kurzzeitig in Gewahrsam genommen und erst nach Ende des Naziaufmarsches wieder freigelassen.

Unterdessen kündigten die Neonazis neue Aktionen an, um ihrer Forderung nach einem »nationalen Jugendzentrum« weiterhin Gehör zu verschaffen.

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

Zeige den folgenden Kommentar an

WICHTIG — egal