kundgebung gg. "tätervolk"-hohmann bei fulda

no hesse 03.10.2004 18:20 Themen: Antifa
bericht zur kundgebung gegen martin hohmann in neuhof bei fulda
Wie angekündigt, führte das Bündnis gegen Antisemitismus Rhein-Main heute, am 03.10.04, eine Kundgebung gegen die Rede des für seine antisemitischen Aussagen berüchtigten Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann durch. Die Kundgebung fand in dem Wohnort von Hohmann, Neuhof bei Fulda, statt und war mit 30 TeilnehmerInnen den Erwartungen gemäß besucht. Mit Transparenten, Parolen, Musik und Redebeiträgen wurden die über 500 BesucherInnen der Hohmannschen Veranstaltung gestört. Zu lesen war unter anderem "Antisemitismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen" sowie "Gegen Hohmann und den völkischen Wahn", Sprechchöre wie „Nie wieder Deutschland!“ und „Gegen jeden Antisemitismus – Für den Kommunismus!“ wurden gerufen.
Neben Redebeiträgen der FDJ Frankfurt und der Gruppe sinistra! aus Frankfurt wurde eine Grußbotschaft von Peter Gingold (Bundessprecher der VVN-BdA und stellvertretender Vorsitzender des Auschwitzkomitees) verlesen. Der Tenor war eindeutig: „Für mich ist es nicht das eigentliche Problem, dass es diesen Hohmann und viele Hohmänner gibt, sondern, dass solche Worte den frenetischen Beifall seiner Zuhörer hatten und er sicherlich aus dem Herzen, weiß Gott, wie vieler Menschen in diesem Lande sprach.“ (Zitat Rede Gingold) bzw. „Es darf nicht sein, dass einer wie Martin Hohmann hier ungestört eine Rede halten kann. Es darf nicht sein, dass eine sympathisierende Hörerschaft hier ungestört lauschen und Beifall klatschen kann, toleriert und unterstützt von einem ganzen Dorf.“ (Zitat Rede sinistra!) Die FDJ Frankfurt zitierte Charles de Gaulle mit den Worten: „De Gaulle sagte einmal, dass er Deutschland so gern habe, dass er am liebsten zwei davon hat.“ Die gehaltenen Redebeiträge sind untenstehend dokumentiert.

Der Pressesprecher des Bündnis gegen Antisemitismus, Marcus Engländer: "Zum ersten Mal wurde die lange Tradition des Schweigens und Zustimmens zu den antisemitischen Parolen des Herrn Hohmann in Neuhof gebrochen. Allerdings waren es abgesehen von vier Personen aus der Region um Neuhof ausschließlich Auswärtige, die ihren Protest gegen Antisemitismus kundtaten." Engländer fährt fort: „Die Polizei war sichtlich überfordert mit den wütenden DorfbewohnerInnen. Auf Gewaltandrohungen gegen die Protestierenden seitens der Hohmann-Anhänger wurde nicht reagiert, zudem versuchte ein Mensch den Lautsprecherwagen des Bündnisses zu beschädigen. Mehrere offensichtliche Neonazis, scheinbar gern gesehene Gäste bei Hohmanns Tiraden, fotografierten ungehindert die anwesenden AntifaschistInnen. Darüber hinaus mussten sich die Kundgebungs-teilnehmerInnen von ganz gewöhnlichen Bürgern als „Juden“ und „Asoziale“ beschimpfen lassen.“ Engländer weiter: „Es ist skandalös, dass Hohmann trotz der antisemitischen Äußerungen aus dem letzten Jahr seine Anhängerschaft vergrößern konnte und 500 Menschen begeistert seiner nationalistischen Hetze gegen Einwanderung und den „materialistischen Zeitgeist“ zustimmten. Das bringt die Verhältnisse in diesem Land auf den Punkt.“ Daraus lässt sich laut Marcus Engländer nur eines schließen: „Der Kampf gegen Dummheit und Antisemitismus hat gerade erst begonnen. Wir werden nächstes Jahr Neuhof wieder auf die Pelle rücken.“


Die Redebeiträge:
1. Grußadresse von Peter Gingold (Bundessprecher der VVN-BdA
[ http://www.vvn-bda.de], stellvertretender Vorsitzender des Auschwitzkomitees)
2. Rede der Gruppe sinistra! Frankfurt ( http://www.copyriot.com/sinistra)
3. Rede der FDJ Frankfurt ( http://www.fdj.de)
4. Aufruf des Bündnis gegen Antisemitismus Rhein-Main



1. Grußadresse von Peter Gingold (wurde bei der Kundgebung verlesen):

„Ich begrüße euch zu euren Protest gegen ein erneutes öffentliches Auftreten
eines Mannes, dessen rechtsextreme und antisemitische Gesinnung bekannt ist.
Gerne wäre ich bei Euch, bin aber leider durch einen anderen Termin verhindert.
Es ist wichtig, dass ihr durch euren Protest deutlich macht: Es beginnt immer
mit Worten, sie enden mit Totschlag und Massenmord. Die Worte aus dem Munde
dieses Mannes, nur durch Zufall in die Öffentlichkeit geraten - womit er in die
Schlagzeilen geriet, war die wesentliche Grundlage der Naziideologie, die
eigentliche Begründung des Vernichtungskriegs des Nazireiches, die
jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung. Denn er sprach von den Juden als dem
Tätervolk, dass die Juden in der Führung der russischen Revolution von 1917
saßen. Für mich ist es nicht das eigentliche Problem, dass es diesen Hohmann und
viele Hohmänner gibt, sondern, dass solche Worte den frenetischen Beifall seiner
Zuhörer hatten und er sicherlich aus dem Herzen, weiß Gott, wie vieler Menschen in
diesem Lande sprach. Das eigentliche Problem ist ja, dass was bis jetzt Tabu war,
nun endlich mal öffentlich geäußert werden kann, mit Zustimmung aus den Kreisen
der Bundeswehr. Das ist das eigentlich Erschreckende. Dagegen gilt es die
Wachsamkeit zu schärfen, denn es beginnt mit Worten, es endet mit Totschlag und
Massenmord. Meine Generation hat es erlebt.

Darum ist es so wichtig, dass ihr hier seid, zur Wachsamkeit beitragt. Habt
dafür herzlichen Dank.“

Peter Gingold
Bundessprecher der VVN-BdA
Stellvertretender Vorsitzender des Auschwitzkomitees


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2. Rede der Gruppe sinistra!

Wir protestieren heute nicht nur aufgrund der antisemitischen Rede von Martin Hohmann im letzten Jahr, sondern auch um uns gegen den antisemitischen Konsens in der Gesellschaft zu stellen, der es Martin Hohmann so einfach gemacht hat, mit seiner Rede Einvernehmen und Schulterklopfen zu erreichen. Nicht zuletzt gehen wir davon aus, dass Hohmann mit seiner diesjährigen Ansprache zum Thema „Patriotismus“ erneut deutschnationales Gedankengut verbreiten wird. Diese Kundgebung soll dazu beitragen, dass dies nicht ungestört geschehen wird. Nicht erst in der Rede zum Tag der deutschen Einheit 2003 ist Martin Hohmann mit Äußerungen aufgefallen, die von vielen Journalistinnen und Politikerinnen als rechtsradikal eingestuft wurden.
Hier seien einige Beispiele angeführt:
1. Gegen den Antrag der PDS, den 8. Mai als Feiertag einzuführen, argumentierte er, der 8. Mai 1945 sei nicht als Freudentag zu assoziieren. Er sieht in dem Tag keinen Grund zur Freude, der die Befreiung der Konzentrationslager, das Ende des von Deutschland begonnenen Weltkrieges und des Nationalsozialismus symbolisiert. Er verbindet andere Ereignisse mit dem Datum: die Enteignung und Umsiedlung, sowie die angebliche Zwangsarbeit von Deutschen.
2. Die Entschädigung deutscher Zwangsarbeiter ist Hohmann ein wichtiges Anliegen. Mit einer unglaublichen Unverfrorenheit verdreht er Tatsachen, in dem er behauptet, die Zwangsarbeiterinnen im Nationalsozialismus hätten nun genug Geld bekommen und fordert die Bundesregierung auf, sich ab sofort für die Entschädigung der deutschen einzusetzen.
Jüdische und andere Zwangsarbeiterinnen, die im Nationalsozialismus von deutschen Firmen versklavt wurden, warten bis heute auf eine angemessene Entschädigung, ja im überwiegenden Falle wurden ihnen noch nicht einmal ihre Löhne ausgezahlt. Wie sich NS-Profiteure und deutsche Firmen um ihre Pflicht der Entschädigung drücken, sieht man beispielweise an Flick oder den IG Farben, die fast 60 Jahre ihre sogenannte Auflösung betreiben konnte, ohne jemals nennenswerte Summen an die Opfer zu überweisen.
Bereits im Sommer 2001 beschwerte sich im Zusammenhang mit der Entschädigungsdebatte Karl Brozik von der Jewish Claims Conference beim damaligen Fraktionsvorsitzenden der CDU, Friedrich Merz: "Herr Hohmann benutzt Formulierungen und Stereotypen, die bereits in der Weimarer Republik von Rechtsradikalen benutzt worden sind". Merz ignorierte den Inhalt des Schreibens.
3. Martin Hohmann spricht sich für die Abschaffung der Benes-Dekrete aus, die die Umsiedlung von deutschen Tätern aus Tschechien regelten und verhindern, dass Deutsche ihre ehemaligen Grundstücke zurückfordern können.
4. Wie Hohmann in einem Interview mit der Jungen Freiheit verlauten lässt, ist er überzeugt, dass der Zentralrat der Juden in Deutschland eine einzigartige, ja vordemokratische Rolle einnimmt. Der Arbeitskreis Konservativer Christen, mit dem Hohmann engen Kontakt pflegt, sieht in dem Bau des Holocaust-Denkmals die "Zementierung der Rache und Demütigung des Deutschen Volkes für immer."
5. Auf einer rechtskonservativen Linie ist Hohmann auch in Fragen der Sexualität. Er will das Sexualstrafrecht verschärfen und Frauen dazu zwingen, ungewollte Schwangerschaften zu Ende zu bringen und ihnen das Recht auf Abtreibung absprechen. Das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare führe zu einer "Denaturierung des Leitbildes der Familie". Indem er dazu aufruft, dem mit "aktiver Zivilcourage" entgegenzutreten, spricht er sich gegen eine Tolerierung von Homosexualität in der Gesellschaft aus.
Bereits lange bevor es also zur skandalträchtigen letztjährigen Rede Hohmanns kommt, konnte ein Weltbild erkennbar sein, das sich aus antisemitischen Stereotypen, Geschichtsrelativismus, Homophobie und Frauenfeindlichkeit zusammensetzt.
Das meist diskutierte Thema in der öffentlichen Debatte war der antisemitische Gehalt, der immer wieder nicht nur von Hohmann selbst, sondern auch von zahlreichen Parteifreunden verneint wurde. Hohmann zog in seiner Rede, nachdem er sich seitenlang in Phantasien über die angebliche Beteiligung von Juden an historischen Verbrechen erging, den Schluss, wenn die Deutschen als Tätervolk bezeichnet würden – was de facto niemand tut – dann träfe dieser Begriff mindestens genauso auf Juden zu.
Hervorgehoben werden muss, dass Hohmann kontinuierlich das Judentum nicht als Religion, sondern als Volk ansieht, womit er nebenbei ausschließt, dass es deutsche Juden geben kann. Man kann sich an dieser Stelle fragen, inwieweit er darin dem nationalsozialistischen Rassenantisemitismus nahe steht, der ebenfalls eine blutsmäßige Definition des Judentums propagierte. Auch die von Hohmann unter Bezug auf Klassiker der antisemitischen Literatur peinlich genau aufgelistete, angebliche jüdische Beteiligung an der Oktoberrevolution wurde bereits in der nationalsozialistischen Propaganda herausgestellt. Die Massenvernichtung der Juden wurde von den Deutschen u.a. durch deren „bolschewistische Umtriebe“ legitimiert. So phantasierte beispielsweise Goebbels 1941 von den Juden, die den Marxismus erfanden und damit die Welt revolutionieren wollten.
Wie in einem Artikel zur Rede Hohmanns hervorgehoben wird, propagiert er ebenfalls die Volksgemeinschaft und stellt die Prinzipien des Rechtsstaates in Frage, wenn er von Sozialhilfeempfängern, Arbeitslosen, Flüchtlingen und anderen Leistungsempfänger als „Schmarotzern“ spricht. Hohmann beruft sich auf volksgemeinschaftliches Denken, in dem nicht jede und jeder ein Recht auf Leistungen seitens des Staates besitzt. Bezug nehmend auf die Parole „Gemeinnutz vor Eigennutz“ scheint hier gemeint zu sein, dass diejenigen, welche nicht für die Gemeinschaft nützlich sind – also im kapitalistischen Sinne produktiv wirken - auch nichts von der Gemeinschaft bekommen sollen. Hohmann kann hier an einen breiten gesellschaftlichen Konsens anknüpfen, der durch die Auseinandersetzungen um Hartz 4 noch stärkere Zustimmung zu bekommen droht: Geld soll es nur für Arbeit und Arbeit nur für Deutsche geben.
Mit dem Thema Antisemitismus konnte Hohmann jedoch auch in der Öffentlichkeit erstaunlich gut anknüpfen. Wie gut, dass hat sich in einigen Berichte und Fernsehreprotagen über den Ort Neuhof und seine Umgebung im letzten Jahr gezeigt. Bürger und Bürgerinnen sprechen offen auf der Strasse von einer jüdischen Weltverschwörung, von der unheimlichen Macht der Juden und deren Inszenierung einer medialen Hetzkampagne gegen die „verfolgte Unschuld“ Hohmann. Sie sehen sich einem Redeverbot ausgesetzt, dass allzu gut mit Hohmanns Reden kompatibel ist, wonach die Deutschen im „eigenen Land“ gegenüber Migrantinnen benachteiligt würden und stets die „Erschlagung“ mit der „Antisemitismuskeule“ befürchten müssten. Angesichts der Furcht vor allerlei Tabus artikulieren sie sich allerdings recht lauthals, die Antisemiten in der Region. In Leserbriefen in lokalen Medien scheuen sie noch nicht mal ihren Namen unter einschlägige Hasstiraden zu setzen. Jetzt traut man sich wieder, kein Wunder wo man sich doch des Rückhalts der überwiegenden Mehrheit sicher weiß. So stimmten bei einer Umfrage der Fuldaer Zeitung 88% gegen einen Ausschluss Hohmanns aus der CDU-Fraktion.
Lokale Politiker wie bspw. Landrat Fritz Kramer äußern sich denn auch eher besorgt um den Ruf der Region, als über die Inhalte der Hohmannschen Reden. Sie stellen vor allem ihr eigenes, durch das Medienspektakel ausgelöste Leiden in den Mittelpunkt und heben hervor, die Einwohnerinnen der Gemeinde seien sicher nicht als rechtsextrem einzustufen. Dem steht die Aussage eines örtlichen Spd-Politikers entgegen, der meinte, dass Kritik gegenüber Martin Hohmann in der Region äußerst ungern gesehen wurde. "Aber man steht da nicht einfach auf, mitten im Saal, und beschwert sich. Da bist du gebrandmarkt im Dorf. Da sagen die Leute doch nur: ,Der hat s nötig, so gegen unseren Martin zu reden. " Nicht nur in der Region ist sich Hohmann der Zustimmung sicher, auch in der CDU vermutet er nach eigenen Aussagen, dass sich seine Position inhaltlich bei der Parteimehrheit wiederfindet. Sich selbst sieht er als Opfer von political correctness, der sich einige Mitglieder der CDU unterwerfen (müssten). Das schwerfällig in die Gänge gekommene Ausschlussverfahren gegen seine Person könnte ihm in der Frage nach heimlichen Sympathien durchaus recht geben.
Was wird Hohmann wohl heute im Schützhaus über Patriotismus zu sagen haben? Hat man die letztjährige Rede gelesen, scheint es ziemlich klar. Zentrales Anliegen ist ihm die Entlastung der Deutschen, die er um jeden Preis von einer besonderen historischen Schuld reinwaschen will. Momentan diagnostiziert er allerdings eine „nationale Ich-Schwäche“, die durch die immer wieder vorgebrachten Schuldzuweisungen und das „Übermaß an Wahrheit“ über die Verbrechen des Nationalsozialismus entstanden sein soll. Er wird gegen die herbeihalluzinierte Benachteiligung der Deutschen reden und die Leute dazu aufrufen, Pflichtbewusstsein gegenüber und Stolz auf ihr Vaterland zu zeigen, ein Aufruf der offenbar untrennbar mit antisemitischen Implikationen verbunden ist.
Deshalb stehen wir hier, auf der anderen Seite. Es geht uns damit keinesfalls darum, das gute Deutschland zu repräsentieren und damit die breite Zustimmung von Hohmanns Rede zu verschleiern. Und dennoch: Es darf nicht sein, dass einer wie Martin Hohmann hier ungestört eine Rede halten kann.Es darf nicht sein, dass eine sympathisierende Hörerschaft hier ungestört lauschen und Beifall klatschen kann, toleriert und unterstützt von einem ganzen Dorf.

sinistra!

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3. Rede der FDJ Frankfurt

„Unsere Ehre ist die Treue“ – scheint das Motto dieses provinziellen Häufleins zu sein,
dass dem eigenen Bundestagsabgeordneten eben diese hält – wie ein deutscher Schäferhund seinem Herrchen.
Und dieser Herr mimt die verfolgte Unschuld – wie so viele Antisemiten vor ihm.
Ein Betrachter dieses erbärmlichen Szenarios, welches sich vor unseren Augen abspielt,
könnte sich vom äußeren Schein blenden lassen und schlussfolgern:
Bei den Besuchern handelt es sich um eine isolierte Minderheit, um einen Hinterbänkler
plus Anhang und ein paar dahin siechende älterer Herren des Stahlhelm-Flügels der
von Alfred Dregger geprägten hessischen CDU.
Neuhof alleine? Und isoliert?
Also als eine Art negatives Gegenbild des „unbeugsamen gallischen Dorfes“,dass den Belagerern widerstand leistet, mit debilen Einwohnern und einem antisemitischen Majestix an der Spitze? Dann wäre es ja wohl kaum der Rede wert – doch wer die Lage so einschätzt irrt.
Denn Antisemitismus und Geschichtsrevisionismus sind keine Überbleibsel der schwarz-braunen Ränder der Bonner Republik, sondern weitgehend gesellschaftlicher Konsens in der
Berliner Republik und Regierungspolitik.
Alle Deutschen seien Opfer gewesen, zuerst wurden sie von den Nazis unterdrückt, dann von den Amis bombardiert und schließlich von den Russen vergewaltigt – so lautet das Glaubensbekenntnis der Berliner Republik. Das spiegelt sich wieder in der
Diskussion über das so genannte „Zentrum gegen Vertreibung“, die Darstellung der Deutschen als Opfer der Bombardierungen u.a. durch das Buch „Der Brand“ von Jörg Friedrich, oder dem neuen Buch von Martin Walser welches die Botschaft enthält:
Ein Deutscher heute könnte noch nicht mal über La Mettrie philosophieren, ohne von den
Amis Auschwitz unter die Nase gerieben zu bekommen. Die Täter werden zu Opfern stilisiert, dass deutsche Kollektiv trauert – endlich darf es das wieder.
Um zu wissen das es sich bei den Juden um ein Tätervolk handelt, dazu braucht der deutsche Michel weder Martin Hohmann noch seinen – durch einen Unfall zum frühen Ableben genötigten - Kollegen Möllemann, es reicht wenn man den Fernseher anschaltet und einen Bericht der deutschen Medien über Israel ansieht – gibt’s Tote: war der Jude dran Schuld, die Mitglieder der antisemitischen Mörderbanden von Hamas und Hisbollah hingegen werden als Widerstandskämpfer bezeichnet.
Wie barbarisch müssen die Zustände in einem Land, wenn der Satz eines ZDF-Kommentatoren über die Geiselnehmer in Beslan: „Glücklicherweise haben die Geiselnehmer
diesmal Kinder als Geiseln genommen, das wird es Putin schwer machen, stürmen zu lassen.“ – nicht auf öffentliche Empörung stößt, sondern für normal gehalten wird.
Es bleibt allerdings nicht bei der geistigen Mobilmachung und Kriegsvorbereitung. Deutschland wurde zum zweitgrößten Truppensteller der Welt, der Kanzler droht er werde finster entschlossen einen Sitz im UN- Sicherheitsrat anstreben, einer Organisation die im Kampf gegen Deutschland gegründet wurde und die Feindstaatklausel nicht rückgängig gemacht hat.
Die EU-Verfassung schreibt eine Verpflichtung zur Aufrüstung den einzelnen Mitgliedern vor und gleicht damit eher einem Militärdiktat als einer Verfassung, der Oberbefehlshaber der europäischen Armee – ein deutscher General Schuwirt. Auf militärischem Gebiet ist die Vereinigung Europas unter deutscher Führung also schon weit fortgeschritten.
Und diese Entwicklung hat eine materielle Grundlage. Ohne den Tag der heute in Neuhof, wie in Erfurt gefeiert wird – der 3. Oktober, ohne die Einverleibung eines souveränen Staates, wäre ein deutscher Sonderweg, wie z.B. die Anerkennung Kroatiens und Sloweniens, gegen den erklärten Willen der 4 Siegermächte, kaum denkbar gewesen.
Auch ein kollektives Beweinen der Bombenopfer, wie es im März diesen Jahres in Frankfurt durchgeführt wurde – fand vor 89/90 – einem Radiobericht zu folge aus „Rücksichtnahme gegenüber den hier stationierten US- Amerikaner“ nicht statt. Martin Hohmann feiert diesen Tag also zu Recht, denn er symbolisiert das Ende der Nachkriegsordnung. Es handelt sich um einen deutschen Sieg über die Alliierten. Der 20. April z. B. eignet sich nicht als Feiertag, da er ja die Erinnerung an den 8. Mai 1945 beinhaltet.
Martin Hohmann unterscheidet sich von anderen Nationalisten und Antisemiten eben dadurch, dass er nicht in der Lage oder willens war, den Geist der Berliner Republik zu transportieren ohne das die Rede wirkt, als sei sie direkt von Joseph Goebbels abgeschrieben worden.
De Gaulle sagte einmal, dass er Deutschland so gern habe, dass er am liebsten zwei davon hat.
Ob es möglich ist, den 3. Oktober wieder rückgängig zu machen, weiß ich nicht, als Ziel wäre es sicherlich erstrebenswert – vielleicht wäre auch eine polnisch-französische Grenze
eine angemessene Alternative. Beide Lösungen würden Europa wahrscheinlich ein wenig sicherer machen.
Neuhof ist überall -
Antisemiten und Deutschnationalen auf die Pelle rücken!

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4. Aufruf zur Kundgebung vom Bündnis gegen Antisemitismus Rhein-Main

Antisemitismus ist keine Meinung sondern ein Verbrechen –
Kundgebung gegen den Auftritt von Martin Hohmann am 3.10.2004!
Martin Hohmann will „einer guten lokalen Tradition standhaft treu bleiben“ und am diesjährigen „Tag der deutschen Einheit“ erneut in Neuhof bei Fulda eine Rede halten, dieses mal zum Thema Patriotismus. Erst letztes Jahr machte seine Rede zum „Nationalfeiertag“ Schlagzeilen, da er unter anderem über das „Tätervolk“ der Juden schwadronierte. Seine damalige Rede war zunächst weder bei den über 100 Zuhörern noch bei dem Mitarbeiter der „Fuldaer Zeitung“ auf Kritik gestoßen, Wochen später machte ein jüdisches Internetprojekt Journalisten auf ihren antisemitischen Gehalt aufmerksam. Ebenso wenig wurde der Ausschluss Hohmanns aus CDU-Bundestagsfraktion und Partei freiwillig vollzogen, erst medialer und internationaler Druck ermöglichte diese Entscheidung. Roland Koch etwa hatte seinen Parteifreund noch am 9. November 2003 in der Frankfurter Synagoge verteidigt, woraufhin etliche anwesende Juden und Jüdinnen buhrufend den Saal verließen.
Die zu Beginn der Debatte entschuldigenden und beschwichtigenden Kommentare von einem Ausrutscher oder Irrtum Hohmanns erweisen sich schon bei oberflächlichem Studium seiner Vita als Verharmlosung, hatte doch bereits 2001 die Jewish Claims Conference in einem Brief an den CDU-Fraktionsvorsitzenden erklärt: „Herr Hohmann benutzt Formulierungen und Stereotypen, die bereits in der Weimarer Republik von Rechtsradikalen verwandt worden sind und von dieser Seite bis heute instrumentalisiert werden."
Der in seinem Wahlkreis liebevoll als „unser Martin“ titulierte Politiker pflegt ein Weltbild, welches sich durch die positive Besetzung alles „Deutschen“ einerseits und der damit einhergehenden Abwertung alles Abweichendem und Fremden andererseits auszeichnet. Zuallererst richten sich seine Ressentiments gegen die Juden, die er als Volk begreift und in die Nähe des Stalinismus rückt, letzten Endes gar mit den Nationalsozialisten gleichstellt. Daneben hetzt er in ähnlich ungehemmter Weise gegen angeblich kriminelle MigrantInnen, verunglimpft Sozialhilfeempfänger als „Parasiten“ und verteufelt Homosexualität als „Sünde“. Damit bestätigt er unfreiwillig das Wort Jean-Paul Sartres, wonach der Antisemitismus primär die Attacke auf die Juden reitet, sich darüber hinaus jedoch als „Furcht vor dem Menschsein“ erweist.
Dass solcherlei Einstellung eine weite Verbreitung in der Gesellschaft finden, zeigte sich durch die letztjährige Unterstützung für Hohmanns Person, die sich nicht nur auf hohe CDU-Funktionäre beschränkte. Große Teile der hessischen Christdemokraten wie auch der Bevölkerung der Region Fulda stellten sich hinter den Abgeordneten und wähnten sich in Einklang mit dem über Nacht zu Prominenz geratenen Redenschwinger als Opfer einer Medienkampagne. In Neuhof selbst war Verbrüderung und Zusammenrücken statt Distanzierung angesagt, Reporter fingen Stimmen von „ganz normalen BürgerInnen“ ein, die vor der Macht der „reichen Juden“ warnten. Auch der in den letzten Wochen geäußerte öffentliche Unmut bezüglich der kurz bevor stehenden Rede Hohmanns wollte nichts von dessen ressentimentbeladenen Ansichten wissen und beschränkte sich auf die Warnung vor einem „erneuten Medienspektakel“ sowie dem möglichen „Schaden für die Region“.
Wir rufen deshalb zu einer Protestkundgebung gegen die Veranstaltung des unbelehrbaren Wiederholungstäters auf, nicht weil wir das Ansehen des Ortes, der Region oder Hessens retten wollen, sondern weil es ein Gebot der Vernunft ist, Antisemiten, Rassisten und Deutschnationalen an jedem Ort, zu jeder Zeit entgegenzutreten!

Kundgebung:
03. Oktober 2004 um 10 Uhr vor dem Schützenhaus in Neuhof bei Fulda
Treffpunkt für Anreise ab Frankfurt mit dem Zug: 8.15 Uhr Infopoint Hauptbahnhof, Abfahrt 8.26 Uhr RE nach Fulda
Bündnis gegen Antisemitismus Rhein-Main
Info:  gegenantisemitismus@gmx.net
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Ergänzungen

ergänzungen

ahja 03.10.2004 - 18:46
- die hohmann-homies waren superaggro. sie meinten "wenn der nochmal von "ekligem dorf" redet frisst der das mikro", "nimm deine brille ab und komm her", "die fahne (udssr) gehört verbrannt", "ihr arschlöcher" etc
- die polizei beschlagnahmte ein transpi "gegen antisemitismus und antizionismus - nieder mit deutschland"
- in neuhof zeigt man mehr empathie mit holzpfosten oder tieren als mit juden. autoaufkleber "stoppt tierversuche - nehmt kinderschänder", schild "zum gedenken an die vier holzpfosten, die hier in den vergangenen jahren von lkw`s umgelegt wurden. nur einer davon wurde bezahlt!"
fuck this kaff!

mal eine juristische sicht

Völlig unwichtig 03.10.2004 - 23:10
Aus der Finanancial Times Deutschland(Datum weiss ich leider nicht mehr):



Hohmanns ´Tätervolk´-Rede fällt unter Meinungsfreiheit

Die berüchtigte "Tätervolk"-Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann bleibt straflos. Die hessische SPD forderte die CDU auf, dennoch an ihrem Parteiausschlussverfahren festzuhalten.


Die Staatsanwaltschaft Fulda lehnte am Donnerstag die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ab. Hohmanns weithin als antisemitisch aufgefassten Äußerungen zur Rolle der Juden während der Russischen Revolution sind nach Einschätzung der Ermittlungsbehörde durch die Meinungsfreiheit gedeckt und erfüllen keinen Straftatbestand.

Hohmann war von mehreren Privatpersonen und Verbänden wegen seiner am 3. Oktober in Neuhof bei Fulda gehaltenen Rede angezeigt worden, darunter auch vom Zentralrat der Juden in Deutschland. Dem Bundestagsabgeordneten waren auf Grund der Rede Beleidigung, üble Nachrede und Volksverhetzung vorgeworfen worden. Die Staatsanwaltschaft teilte nun mit, es seien keine Straftatbestände erfüllt.

und am

antifa 04.10.2004 - 02:34

30.10, in Frankfurt gegen die reaktionäre Formierung - deutscheuropäische Realitäten angreifen!

www.autonome-antifa.com

gng

gng 04.10.2004 - 13:01
die fdj ist aus dem arbeiterbund für den wiederaufbau der kpd entstanden, glaube ich, hat auf jeden fall eine seltsame binnenstruktur und eine ziemlich bescheurten namen ("das war kein sozialismus, das war spießerkram!" - knarf rellöm). die fdj'ler sind in vielerlei hinsicht bescheuerte ml'er, haben aber gerade in letzte zeit einige gute entwicklungen durchgemacht. sie vertreten einen antideustchen antiimperialismus (liebknecht), haben aber auch hierbei ein wenig dazu gelernt und machen im moment in den bereichen antisemitismus, antizionismus, geschichtsrevisionismus und neuer deutscher miltarismus eine akzeptable politik. zudem rekrutieren und bekehren sie nicht wie die trotzkistischen antisemiten vom linksruck. insgesamt lässt sich mit ihnen auf dieser eben gut zusammenarbeiten.

ach ja, ist "jude" ein schimpfwort? naja, ist ja egal, ist ja klar, was damit gemeint ist und der neuhofer antisemit hat es ja wohl auch durchaus als schimpfwort gemeint.

@ gng

hui 04.10.2004 - 13:21
ich kann dir nur zustimmen.
deine bedenken bezüglich "jude als schimpfwort" sind auch berechtigt, der satz wurde in der eile falsch formuliert. aber andererseits hat er auch wieder seine richtigkeit: in den augen der dorfdeppen ist jude sicher eine beleidigung.
die redebeiträge sind jetzt bei hagalil nachzulesen und können im dortigen forum, wo sich leider allerlei antisemiten herumtreiben, diskutiert werden.

@ bla

gng 04.10.2004 - 15:33
die fdj pflegt ein ziemlich bescheuertes ddr-fandom (ich erwähnte das schon), das in seinem anachronismus allerdings schon fast wieder süß ist. und unter anderem (siehe redebeitrag) begründet sie dies damit, dass ein geteiltes deutschland weniger gefährlich ist als ein vereinigtes (was sich ja in den letzten 10 jahren z.b. im jugoslawischen bürgerkrieg und im kosovo durchaus erwiesen hat).

du benutzt in deinem beitrag, der im grunde ein nichts an argumenten enthält, die methode der unterstellung. inwiefern ist denn die fdj "extrem nationalistisch"? erläuter das doch einfach mal, statt es einfach zu behaupten.

und dann in einem aufwasch auch noch sämtliche antideutschen mit abzuwatschen, ist ja wohl etwas billig. warum soll die fdj denn so gut zu den antideutschen passen? weil alle antideutschen die ddr toll finden, marxisten-leninisten sind und dazu "extrem nationalistisch"? wo lebst du denn?

Beiträge die keine inhaltliche Ergänzung darstellen

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gut das ihr dort wart — dorfproll

? — antinatpatsem

Zur FDJ — Bla