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organisierte nazis in chemnitz

y 07.09.2004 09:26
ES IST NICHT NUR ?BACKSTREET NOISE? ? ES IST DAS KLIMA - RECHTSROCK IN CHEMNITZ
Als am 22. Dezember 2003 der 2. Strafsenat des Berliner Kammergerichts gegen Michael Regener, André Mörike und Christian Wendorff die Urteile sprach, ging ein in Deutschland bisher wohl einzigartiger Gerichtsprozess gegen die Mitglieder einer Musikgruppe zu Ende. Die Mitgleider der Berliner Band Landser wurden u.a. wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung nach § 129 verurteilt.

Regener, Bandleader und Rädelsführer, bekam eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und vier Monaten, Schlagzeuger Wendorff wurde zu einem Jahr und zehn Monaten und Bassist Mörike zu einem Jahr und neun Monaten Haft verurteilt. Die beiden letzteren Strafen setzte der Senat zur Bewährung aus. Zudem haben sie jeweils 90 Stunden gemeinnütziger Arbeit in einer jüdischen oder in einer Ausländer integrierenden Einrichtung abzuleisten.

Die Geschichte der selbsternannten "Terroristen mit E-Gitarre" begann 1992 im Judith-Auer-Jugendclub im Ostberliner Stadtteil Lichtenberg. Nach einigen Konzerten und Demoaufnahmen war es 1995/96 soweit, der erste musikalische Erguss wurde in Form der CD "Republik der Strolche" aufgenommen und vertrieben. Aufgenommen wurde die CD im Tonstudio des Naziclubs Walhalla im südschwedischen Helsingborg. Verkauft wurden die Tonträger über den dänischen Versand NS 88 (2000 Stück) und über deutsche Händler (5000 Stück). Für das zweite Album "Rock gegen Oben" (1998) wurde mit Hilfe der US-amerikanischen Neonaziband Bound For Glory in deren Studio in St. Paul/Minnesota eingespielt und anschließend in Paketen zu 50 Stück an den holländischen Zwischenhändler Viking-Sounds verschickt. Dort wurden sie letztlich von deutschen Kurieren abgeholt. Der Vertrieb in der Bundesrepublik wurde direkt von Blood & Honour sowie durch "vertrauensvolle" CD-Händler vorgenommen.

Die dritte und letzte CD "Ran an den Feind" (2000) wurde in Großbritannien in einem professionellen Londoner Studio aufgenommen. Maßgeblich beteiligt an der Produktion war der Chemnitzer Jan Werner (Movement Records/Wilsdruff bei Dresden).

Da Landser vorab 10.000 DM pro Bandmitglied haben wollten, wird hier deutlich, dass es auch in dieser Szene um Geld, viel Geld, geht. Dies wurde auch Jan Werner im Jahre 1998 zum Verhängnis, als ihm von Blood & Honour vorgeworfen wurde, keine Erträge aus dem Vertriebs- und Labelgeschäft abgeführt zu haben. Darauf hintrat ein Teil der Leute aus der B & H Division Sachsen aus.

Dass auch Jan Werner ein ganz Großer in der Neonazi-Musikszene ist, zeigen nicht nur seine langjährigen Aktivitäten, sondern auch seine guten Kontakte ins Ausland. Vor allem in die USA, wo für das Nazilabel Panzerfaust-Records die letzte Landser-CD "Best of Landser" produziert wurde. Im Zuge der Ermittlungen gegen die Mitglieder von Landser wurde auch Jan Werner 2001 mit verhaftet und zu einer mindestens 6-monatigen Haftstrafe verurteilt. Mittlerweile hat er diese verbüßt und wurde auch schon auf Konzerten im Chemnitzer Raum gesehen.

Rechtsrock ist in Chemnitz leider kein neues Problem. Schon Mitte der 90er Jahre existierten in Chemnitz mehrere Fanzines (Foier Frei als das Bekannteste, Der Wachturm aus Hohenstein-Ernstthal sowie Der Henker und Brauner Besen von denen Ausgaben indiziert wurden, genau wie von dem Zine Alex Company) Zur Zeit ist kein Chemnitzer Fanzine aktiv, jedoch erschien mittlerweile die erste Ausgabe des White Victory-zine aus Penig (25 km nördlich von Chemnitz), welches jedoch vornehmlich aus Konzertberichten bestand.

Die erste größere regionale Band war Mitte der 90er Jahre AEG (Auf Eigene Gefahr) aus Chemnitz. Der Herausgeber des Foier Frei Jens Schaarschmitt stand bei ihr am Mikro. Zwar kam die Band nicht über ein paar Demotapes hinaus, sie stellte jedoch eine feste Größe im deutschen Rechtsrock dar. Auch konzertmäßig war in den 90er Jahre die Gegend um Chemnitz sehr beliebt. Zu Konzerten in Penig waren mitunter bis zu 600 Leuten anwesend, wenn Bands wie Noie Werte, Brutal Attack oder auch Celtic Warrior aufspielten. Im Annaberger Chicago-Club waren neben NS-Black-Metal-Bands wie Barad Dür auch die US-amerikanische Hatecoreband Blue Eyed Devils mehr als einmal zu Gast. Gegen ein Konzertverbot mit Thorshammer und Proissenheads am 19. 10. 1996 klagte der Wirt sogar.

Die Besitzer der Örtlichkeiten in Penig (Kulturhaus) und in Annaberg-Buchholz waren wie so oft dem Reiz des schnellen Geldes erlegen, was auch reichlich floss. In Penig kam es jedoch auf öffentlichen Druck von Seiten der Stadt als Vermieter zu einem baldigen Ende der Nazikonzerte. Auch in Annaberg-Buchholz war es Ende der 90er Jahre aus mit Konzerten, jedoch lag es daran, dass der Clubbesitzer in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verschwand.

Bezeichnend für anhaltende Aktivitäten vor Ort dürfte auch sein, dass die einzigen vollständig durchgeführten Blood & Honour-Konzerte nach dem Verbot im Jahr 2000 im Chemnitzer Umland stattfanden. Es liegt die Vermutung nahe, dass das Anfang Oktober 2001 als Geburtstagsfeier getarnte Nazikonzert in der Gartensparte Sommerlust in Chemnitz-Bernsdorf im Zusammenhang mit dem Verbot von Blood & Honour von der Polizei aufgelöst wurde. Bei dieser Auseinandersetzung gab es laut Presse einige Verletzte beiderseits.

Auf Rechtsrockkonzerten treten neben internationalen Bands auch oftmals lokale Chemnitzer Gruppen auf. Aktiv sind zur Zeit vor allem Blitzkrieg und ? wieder ? Might Of Rage. Blitzkrieg veröffentlichten 2001 eine Split-CD ("German-British-Terrormachine II") mit Warhammer aus England auf Movement Records. Blitzkrieg ist eh eine sehr aktive Band, fast jedes Wochenende wird zu Konzerten geladen, so dass dem interessierten Rechtsrockfan immer was geboten wird.

Erst vor kurzem kam es nach drei Jahren Ruhe wieder zu einem Rechtsrockkonzert in Chemnitz. Am 29. Februar 2004 spielten die erwähnten Blitzkrieg zusammen mit Radikahl vor ca. 250 bis 400 Leuten im sonst als Technoclub bekannten 8. Mai. Der Inhaber bekam eine Anfrage, ob es wohl möglich wäre, sich zu einer Veranstaltung einzumieten.

Als Grund wurde diesmal keine sonst so beliebte Geburtstagsfeier gewählt, sondern ein Konzert mit Fußballmusik. Unterschrieben hat den Vertrag ein gewisser Enrico ?Malte? Malt, unter anderem zeitweise über die Cobra-Security als Security im 8. Mai an der Tür, genauso wie zwei Bandmitglieder von Blitzkrieg. Hinter der ganzen Sache steckt vermutlich ein weiterer bekannter Chemnitzer Rechtsaktivist, der ehemalige Inhaber des Nazi-Ladens Backstreet Noise und Labelbetreiber (PC-Records) Hendrik Lasch.

Einzigartig in Chemnitz ist, dass seit fast vier Jahren ein Ladengeschäft inklusive Versandhandel (Backstreet Noise) in der Robert-Siewert-Str. 34 besteht, ohne dass es jemals zu öffentlichen Protesten kam. Der momentane Inhaber ist Silvio Strauch, welcher Hendrik Lasch ablöste. Strauch hat seine Hauptadresse in Dresden, wo er einen zweiten Laden betreibt. Lasch besitzt jedoch noch das Patent auf den Namen Backstreet Noise und betreibt vermutlich nur noch das dazugehörige Label PC-Records. Er bestellte zeitweise indizierte Nazimusik, beispielsweise die Produktionen der in den 90er Jahren führenden Berliner Neonaziband Macht und Ehre. Die erste CD "Neue Zukunft" von deren Nachfolgeprojekt Schwarzer Orden wurde als Kopie bei PC-Records aufgelegt. (Nahkampf/Schwarzer Orden: "Ehre, Freiheit, Vaterland", PC-Records 002)

Zwar wird die Polizei öfters im Laden vorstellig und verursacht allein durch ihre Anwesenheit kurze Zeit später hektische Telefonanrufe, ob den irgendwas anstößiges gefunden wurde. Zwar mag im Laden offiziell nichts Verbotenes angeboten sein, allerdings kann man sich selbst zusammenreimen, was eventuell "unter dem Ladentisch" den Besitzer wechselt.

Veröffentlicht wurden auf dem Label (Backstreet Noise sowie PC-Records) bisher ca. zehn CDs, u.a. von Atria, Betrayed Blood sowie der Bremer Hooligan-Band Kategorie C, welche selbst in Hool-Kreisen mehr als umstritten ist.

Ein weiterer Versandhandel ist der N-Versand, welcher seine Homepage auf Oliver Reh, Paul-Bertz-Straße 60 in 09120 Chemnitz, angemeldet hat. Das interessante dabei ist, dass die Zustelladresse, Paul Bertz Straße 56, die selbe wie eines gewissen Herrn Laschs ist ? Zufälle gibt?s!

Aber auch das Chemnitzer Umland ist mit einigen Läden und Versänden bestückt, wo zum Teil alte Szenekameraden ein neues Standbein sich geschaffen haben. Ein gutes Beispiel ist dafür der Sonnentanz-Versand mit Sitz in Limbach-Oberfrohnah (PF 34, 09207 Limbach/Oberfrohna). Inhaber ist der ehemalige Foier Frei-Herausgeber und AEG-Sänger Jens Schaarschmidt, welche auch einen weiteren Laden in Aue hat ( PF 34, Goethestr. 18, Aue).

Unter der selben Adresse in Aue ist auch der Endzeit-Versand (www.stv88.de,  info@ez-versand.de) zu finden, welche auch als Label fungiert. So wurden dort Tonträger folgender Bands veröffentlicht: AEG (Chemnitz), Before God (USA-Nebenprojekt von Bound For Glory, einer der führendsten us-amerikanischen Neonazibands), Confident Of Victory (Senftenberg), Kreuzfeuer/Kroizfoier (Leipzig/ Altenburg), Keine Reue/Might Of Rage (Chemnitz), Solution (Leipzig) und Sturm & Drang (Senftenberg).

Im November/Dezember 2003 hat ein letztlich ein weiterer Laden in Chemnitz mit Namen Ragnarök in Chemnitz/Sonnenberg (Ecke Ziethen-/Sonnenstraße) eröffnet. Dieser Laden zeichnet sich durch schwarz-weiß-rote Schrift auf den Schaufenster und stets geschlossener Tür (obwohl innen Licht brennt) aus.

Wie gezeigt wurde, ist Chemnitz leider ein gutes Pflaster für neofaschistische Geschäftemacher und Aktivisten. Besonders durch den erwähnten Backstreet Noise Laden wurde eine Anlaufstelle geschaffen, wo immer öfters nicht nur rechte Szenegänger anzutreffen sind. Auch die politisch unmotivierte Jugend aus dem Umland hat den Laden als "Einkaufsparadies" für Markenkleidung entdeckt. Von da kann es ein kleiner Schritt sein, bis auch die ersten Tonträger gekauft werden. Da die Stadt bisher noch nicht eingegriffen hat, liegt es an einem selbst, dagegen etwas zu tun. Es ist leider nicht nur Backstreet Noise und Blitzkrieg ? es ist das Klima.
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Ergänzungen