Baskische Wählerliste verboten

Ralf Streck 24.05.2004 01:43
Nachdem die spanische Regierung ein Verbotsverfahren gegen die neue baskische Wahlplattform Herritarren Zerrenda (HZ/Liste der Bevölkerung) eingeleitet hat, wurde die Liste verboten. Die Sonderkammer am Obersten Gerichtshof hat am Freitag in Madrid entschieden; es handele sich um die Fortführung der im vergangen Jahr verbotenen linksnationalistischen Partei Batasuna (Einheit). Die verbotene Liste hat beim Verfassungsgericht Klage eingereicht. Hoffnung dass das Verbot gekippt wird gibts allerdings nicht.
Damit ist Sonderkammer dem Antrag des Generalstaatsanwalts Cándido Conde-Pumpido gefolgt. Der hatte letzte Woche den Antrag der Regierung begründet und behauptet, die Liste, die 50.000 Menschen mit ihrer Unterschrift unterstützt haben, sei eine „Fortsetzung, mit einfachem Namenswechsel“, von Batasuna. Die regierenden Sozialisten hatten sich mit der konservativen Volkspartei (PP) auf dem ersten Treffen des „Antiterror-Pakts“ nach den Wahlen im März geeinigt, auch ein Verbotsverfahren gegen HZ einzuleiten, damit die linke baskische Unabhängigkeitsbewegung, nach dem 13. Juni keinen Vertreter mehr im Europaparlament stellen kann.

Batasuna war letztes Jahr über ein extra für ihr Verbot geschaffenes neues Parteiengesetz illegalisiert worden, weil sie die Anschläge der Untergrundorganisation ETA nur bedauert aber nicht verurteilt. Nun erklärte die mit dem Parteiengesetz geschaffene Sonderkammer, man sei zur “tiefen Überzeugung gelangt, dass es eine gemeinsame Strategie gibt, die von der Terrorbande ETA und Führern verbotener Parteien geplant, angeführt wird”. Das Ziel der Kandidatur sei; für die Strategie eine soziale, politische und ökonomische Unterstützung zu erhalten.

Besonders bemerkenswert war die Begründung von Conde-Pumpido für den Antrag der Regierung. Es sei „erhellend“, dass sich HZ „an die linken Patrioten wendet“, für ihn das „politische Klientel“ der ETA, schrieb der Generalstaatsanwalt. Die etwa 20 Prozent Basken, die klar für die Unabhängigkeit eintreten, entsprächen der ETA, weil sich die linke Unabhängigkeitsbewegung „mit der ETA identifiziert". Da der Gerichtshof diese Ansicht nun nachvollzieht ist es allein schon ein Verbotsgrund sich an eine bestimmte Wählerschaft zu wenden.

Ohnehin gab sowohl der Verbotsantrag und das Urteil viel Meinung und Überzeugungen wider, aber konkrete Beweise für die Vorwürfe werden nicht vorgelegt. So hatte der Generalstaatsanwalt angeführt, für HZ hätten sich bei der Vorstellung der Liste Rafa Díez, Gewerkschaftschef von LAB, oder die im Baskenland lebende katalanische Schriftstellerin Eva Forest, ausgesprochen. Die Tatsache dass beide 1989, also vier Jahre vor dem Verbot von Batasuna, für deren Vorgänger bei den Wahlen zum Europaparlament kandidiert hatten, war Grund genug für das Verbot.

Dabei hat auf der Liste niemand kandidiert, der schon einmal für Batasuna angetreten ist. Der Vorwurf des Generalstaatsanwalts, drei Frauen hätten im Mai 2003 für eine verbotene Kommunalwahlliste kandidiert, war schlicht falsch. Ohnehin wurden dabei über 200 Listen nur deshalb verboten, wenn eine Person darauf kandidierte, die einst für Batasuna oder ihren Vorgänger angetreten war. Nach dieser Logik reicht es, mit einem der Batasuna Kandidaten auf einer Liste gestanden zu haben, um elementarer politischer Rechte beraubt zu werden.

Die Listenführerin von HZ, Marije Fullaondo, wies die Vorwürfe zurück. HZ sei „unabhängig und ersetzt keine Partei“. Das sei ohnehin nicht möglich, da Batasuna noch existiere und im französischen Baskenland weiter legal arbeitet und bisher sogar noch einen Parlamentarier im Europaparlament hat. Das Verbot sei ein „weiterer Angriff auf die Basken“. Sie zeigte sich bestürzt darüber dass die neue sozialistische Regierung die repressive Strategie der Vorgänger weiter führt. Ohnehin kann HZ über die Kandidatur in Frankreich wieder ins Straßburger Parlament einziehen.

© Ralf Streck, Donostia-San Sebastián den 22.05.2004
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