Auschwitz-Gedenktag

Bernd Kudanek alias bjk 27.01.2004 17:02 Themen: Antifa
Auschwitz-Gedenktag - - - und kaum jemand weiß oder nimmt Notiz davon.
Auch ich bin erst durch einen Artikel aufmerksam geworden,
der unter  http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=47931&IDC=4 zu finden ist.
kopiert aus:  http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum/5/1265629-0-30115


Seit einigen Jahren ist der 27. Januar zum Auschwitz-Gedenktag erklärt worden. Am 27. Januar 1945 ist die grauenhafte Fabrik zur Vernichtung menschlichen Lebens von der Roten Armee befreit worden. Auf der SEITE DREI des "Neues Deutschland" schildert Birgit Gärtner die bewegende Lebens- und Leidensgeschichte der Esther Bejarano, geb. Loewy, die heute in Hamburg lebt. Ihr Lebensweg verlief bis 1945 ähnlich grauenhaft wie das vieler ihrer LeidensgefährtInnen, z. B. das von Pavel Stránský, von dem ich vor Wochen hier schon mal kurz berichtet hatte.

Esther Bejarano und Pavel Stránský haben Furchtbares, für uns heute kaum Vorstellbares an Grausamkeiten von Deutschen erleiden und erdulden müssen - - - und sind dennoch ohne blinden Haß und Rachegefühlen uns Deutschen gegenüber. Nur besonders starke Persönlichkeiten sind hierzu imstande - können über ihren eigenen Schatten springen. Sicher gibt es noch viele Bejaranos und Stránskýs - - - aber die Biographien dieser beiden bewundernswerten Menschen stehen für all das, was das Wesen des Humanitätsgedankens - was die Würde des Menschen, des wahren homo sapiens, ausmacht.

Doch lest selber:  http://www.nd-online.de/artikel.asp?AID=47931&IDC=4

Pavel Stránskýs Broschüre "Als Boten der Opfer" werde ich demnächst wie versprochen in meinem Forum Seite für Seite einstellen. Die Biographie von Esther Bejarano wird voraussichtlich ab Mai im Handel erscheinen.

bjk

Forum:  http://www.carookee.com/forum/freies-politikforum
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Ergänzungen

Von Erzählen und von fortwährenden Schanden

[fwd] Worte eines Überlebenden 27.01.2004 - 19:52
'Was einmal geschehen ist, kann immer wieder geschehen.'

(Primo Levi)

Primo Levi wurde 1919 in Turin geboren. Er war Chemiker und wurde in Zusammenhang mit seiner Auschwitz-Erfahrung zusätzlich Schriftsteller. 1944 wurde er als Jude und Mitglied der Resistenza verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Er war Zwangsarbeiter im IG-Farben-Lager Monowitz.


Am 10. Januar 1946 schrieb der Auschwitz-überlebende Primo Levi folgendes Gedicht:



Ihr, die ihr sicher wohnt,
In Euren warmen Häusern
Ihr, die ihr beim abendlichen Heimkehren
Ein warmes Essen und die Gesichter von Freunden vorfindet

Denkt darüber nach, ob das ein Mensch ist
Der im Schlamm arbeitet
Der keinen Frieden kennt
Der kämpft um ein Stück Brot
Der stirbt, auf ein ja oder auf ein nein

Denkt darüber nach, ob das eine Frau ist
Kahlgeschoren und ohne Namen
Ohne Kraft mehr, sich zu erinnern
Leer die Augen und kalt der Schoß
Wie eine Kröte im Winter

Denkt tief nach über das, was gewesen ist
Ich übergebe euch diese Worte
Meißelt sie in eure Herzen
Wenn ihr zu Hause seid oder unterwegs
Wenn ihr euch hinlegt und wenn ihr aufsteht
Sprecht sie immer wieder zu euren Kindern
Mögen sonst eure Häuser zerfallen
Krankheit euch beeinträchtigen
Die von euch Geborenen das Gesicht von euch abwenden.


Einen Tag später, am 11 Januar 1946, schrieb er:


Wir träumten in den entsetzlichen Nächten
Schwere Träume voller Gewalt,
wir träumten mit der Seele und mit dem Körper:
Heimkehr, Essen, Erzählen.
Bis der krze, leise
Befehl der Frühe ertönte:

"Wstawac!"

Und uns das Herz in der Brust zersprang.

Jetzt haben wir unser Haus wiedergefunden
Unser Bauch ist gesättigt,
Wir sind mit dem Erzählen am Ende

Es ist an der Zeit
Bald hören wir wieder
den fremden Befehl:

"Wstawac!*"


Als er im Februar 1944 nach Auschwitz kam, war Levi 25. Nach seiner Rückkehr aus dem KZ schrieb er erschütternde Zeugnisse der Holocaust-Periode und weitere Werke. Primo Levi hat die grausamen Geschehnisse dieser Zeit nie wirklich verwinden können und nahm sich 1987 das Leben.

Am 14. Januar 1985, 40 Jahre nach Auschwitz schrieb er:

Gesang der vergeblich verstorbenen

Setzt euch und verhandelt
Nach eurem Gutdünken, ihr alten Silberfüchse.
Wir mauern euch ein, in einen herrlichen Palast,
Mit Essen, Wein, guten Betten und behaglichem Feuer,
Sofern ihr nur das Leben unserer Kinder
Verhandelt und wiederverhandelt, wie auch das eure.
Die ganze Weisheit der Schöpfung
Möge mit euch sein, um euren Scharfsinn zu segnen
Und euch durchs Labyrinth zu leiten.
Doch draußen, in der Kälte, warten wir auf euch,
das Heer der vergeblich gestorbenen
Wir von der Marne und von Montecassino,
Von Treblinka, Dresden und Hiroshima:
Und bei uns werden sein
Die Lepra- und Trachomkranken,
Die Desaparecidos von Buenos Aires,
Die Toten von Kambotscha und die Sterbenden von Äthiopien,
Die Verhandelten von Prag,
Die Entkräfteten von Kalkutta,
Die unschuldig Zerfetzten von Bologna.
Wehe euch, wenn ihr uneins herauskommt:
Ihr werdet von unserer Umarmung erdrückt.
Wir sind unbesiegbar, denn wir sind die Besiegten.
Unverwundbar, denn wir sind schon tot:
Wir lachen über eure Raketen.
Setzt euch hin und verhandelt,
bis euch die Zunge vetrocknet:
Wenn der Schaden fortwährt und die Schande,
Ertränken wir euch in unsrer Verwesung.


* =Aufstehen!