Spontandemo/Schülerstreik in Berlin am Tag X

pl_acid 21.03.2003 01:24 Themen: 3. Golfkrieg
Schülerstreik oder spontane Anti-Kriegs-Demo gegen den Einmarsch der US-Truppen im Irak.

Hätte man mich vor der Demo gefragt, wie viele wohl ca. kommen würden hätte ich auf etwas mehr als 1.000 getippt. Dass es dann aber doch an die 70.000 wurden, damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet.
Fotos folgen bis hoffentlich Dienstag

Schülerstreik oder spontane Anti-Kriegs-Demo gegen den Einmarsch der US-Truppen im Irak.

Hätte man mich vor der Demo gefragt, wie viele wohl ca. kommen würden hätte ich auf etwas mehr als 1.000 getippt. Dass es dann aber doch an die 70.000 wurden, damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. [Die Zahl habe ich vom ZDF, vorher hieß es auch 50.000] Schon in der Schule habe ich bei den Lehrern gemerkt, dass sie anscheinend nix dagegen haben, wenn wir zur Demo gehen, einer war sogar total dafür und einen hab ich dann auch auf der Demo gesehen [wobei ich an dem Tag nur mit zwei Lehrern hatte =)]. Dann noch schnell nach Hause, Kamera und Diktiergerät geholt und dann zur Demo.
Bereits auf dem Weg dahin merkte ich, dass es ein paar Leute mehr werden würden, als zu der Spontandemo am Tag des Kriegsbeginn gegen Afghanistan. Die U-Bahn füllte sich langsam mit jeder Station die wir uns dem Alex näherten. Als wir dann am Alex über den Ausgang Richtung Pankow raus wollten versperrte uns und den anderen Mitdemonstranten ein fetter BVG-Beamter, der übringens sehr besoffen wirkte, den Ausgang. Alles dicht, da geht's nicht raus. Und dann wurden auch bereits die Eisengitter geschlossen.
Langsam kam in mir der Gedanke auf, dass wirklich ein paar mehr Schüler da sein mussten als beim Afghanistankrieg. Als wir dann auf der gegenüberliegenden Seite den U-Bahnhof verließen, staunte ich nicht schlecht: der ganze Alex war voll mit Schülern. Wir drängelten uns durch die Menge um noch andere Leute von unserer Schule zu finden. Und interessant war, wir konnten alles überblicken. Normalerweise kann man auf einer Demo nicht sonderlich weit gucken. Aber da hier nur Schüler waren, hatten wir einen perfekten Überblick über alles.
Nachdem wir uns mühsam bis zum Brunnen durch gedrängelt hatten, [was bei den Massen schon wirklich eine Leistung war] trafen wir am Brunnen auf Leute von unserer Schule. Der Brunnen war bis auf den letzten Platz besetzt. Der ganze Alex war ein Meer aus Menschen, gespickt mit unzähligen Schildern, Plakaten, Flaggen & Transpis. Hier und da ein Bullizeiauto [darunter auch ein Kamerawagen]. Aber auch die Herren in Grün hatten wohl nicht mit so vielen Demonstranten gerechnet.
Dann setzte sich der Zug langsam in Bewegung. Dabei haben wir nochmal etliche Leute hier und da getroffen. Der Zug schlängelte sich langsam runter vom Alex, vorbei am Forum Hotel bis vor zur Karl-Liebknecht-Str.. Da wollten wir und dann noch mit einem Kumpel treffen. Also warteten wir während der endlos lange Zug laut und bunt an uns vorbei zog. Ab und zu warfen irgendwelche Leute mit Böllern, aber die drei Polizisten die da waren, taten nix.
Der größte Teil des Zuges machte erst noch einen Bogen irgendwo hinten lang, anstatt direkt Richtung Unter den Linden zu gehen. Aufgrund unseres langen Wartens an der Ecke schlossen wir uns aber dem Zug an, der die Abkürzung nahm [da gingen inzwischen auch weitaus mehr Leute lang]. Gemütlich bewegte sich der bunte Haufen Richtung Brandenburger Tor. Die Stimmung war sehr ausgelassen. Viele Leute hatten Plakate oder sich die Gesichter angemalt.
Dann vor der US-Botschaft staute es sich. Oder besser gesagt vor der Seitenstraße in der die US-Botschaft gut bewacht liegt. Dichtes Gedränge vor der Polizeibarrikade. Und auch eine Sitzblockade vor der Bullenblockade. Dabei wollten wir uns die Ami-Botschaft nur mal angucken. Keiner von uns wäre auf Idee gekommen, etwas kaputt zu machen ;).
Sprüche wurden skandiert [wie auch schon die ganze Zeit]: USA - internationale Völkermordszentrale // Goerge Bush - Terrorist // und so weiter ... hört's euch an =).
Ich bin auf eine Ampel geklettert um die Sache besser überblicken zu können. Danach entschieden wir uns weiter zu ziehen zum Brandenburger Tor. Nachdem wir uns mühsam durch den Pulk gedrängelt hatten [hier standen die Leute noch etliche Male enger als auf'm Alex] ging's dann zum Brandenburger Tor wo die Abschlusskundgebung sein sollte. Und irgendwie sollten am Brandenburger Tor auch die beiden Züge wieder zusammentreffen. Etliche Leute gingen weiter bis zur Siegessäule. Später wurde auch noch der Große Stern besetzt, die 'Räumung' verlief aber friedlich.
Nach einer Weile kam auch ein Lautsprecherwagen am Brandenburger Tor an. Die Abschlusskungebung. Auschnitte der Rede sind auf dem mp3. Und dann wurde ein die-in iniziert. Sprich auf einmal sollten alle tot umfallen. Gesagt getan - in einem relativ großen Umkreis setzten sich alle hin [interessante Vorstellung vom Sterben =)]. Wir saßen glücklicherweise bereits.
Nach einem weiteren Song wurde die Kundgebung "öffentlich" [aha?] aufgelöst. Aber irgendwie kümmerte das nicht besonders viele. Wir standen da eine Weile rum. Irgendwelche Menschen mit Megaphon hielten ihre eigenen Abschlusskundgebungen. Nach einer Weile wurde die Demo ein weiteres Mal "öffentlich" [ähm...?] aufgelöst. Und so langsam verzogen sich auch die Massen. Wir hackten noch ein bissel und gingen dann auch zurück nach Hause.

FAZIT
Die Demo war sehr emotional und trotzdem wirkte sie irgendwo auch ausgelassen. Und es ist erstaunlich, wie viele Schüler auf der Straße waren um zu sagen: Bush, we don't want your fucking war! Get your ugly ass outta iraq!

Zu dem mp3. Es ist so'ne Art Versuch. Ich habe einfach mal mein Diktiergerät mit auf die Demo genommen, da munter aufgenommen und das dann zusammen geschnitten. So als eine Art zusätzliche Möglichkeit die Eindrücke von der Demo rüberzubringen. So ab der Mitte sind Ausschnitte aus der Rede (leider etwas undeutlich). Dieses Fiepen mitten in der Rede war der Signalton für das die-in.
Postet mal bitte ob ihr das lustig oder scheiße findet mit dem mp3. Das Ding ist übrigens 2,35mb groß und ca. 5:30 lang.
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Ergänzungen

Ende der Illusionen über die USA

Warlook 21.03.2003 - 03:24
Die US-amerikanische Regierung wird den Krieg gegen den Irak führen, zur Not auch ohne Zustimmung des Weltsicherheitsrates. Das hat Außenminister Colin Powell klar gemacht. Sie verfolgen eine feste strategische Planung, die sie auch durchsetzen werden: eine Neuordnung im Nahen Osten. Neuordnung heißt für die USA: verläßliche Vasallenstaaten, die den Wirtschaftsinteressen der Supermacht dienlich sind. Die Befreiung von einem Diktator und die Bedrohung anderer Staaten durch ihn sind billige Vorwände, an die allein hiesige CDU-Politiker glauben.

Amerikanische Bomben über Bagdad bedeuten aber auch das Ende des amerikanischen Jahrhunderts, das Ende der westlichen Wertegemeinschaft. Das Verfolgen eiskalter Wirtschafts- und Machtinteressen kann keine Werte begründen. Der Hort der Freiheit, der Menschlichkeit und der Moral schlechthin sind die USA nun nicht mehr. Was in der Vergangenheit ohnehin nur Fassade war, wird jetzt mehr als deutlich.

Der Widerstand gegen die Rücksichtslosigkeit Amerikas wächst ständig. Er macht sich nicht nur durch Massendemonstrationen bemerkbar. Wichtiger sind die politischen Entscheidungsträger, die sich der Vorherrschaft der Supermacht entziehen. Allen wird klar: Die unumschränkte Herrschaft der USA schafft nur Sklavenstaaten. Wer will schon Sklave sein ?

Der amerikanische Krieg fordert die europäischen Staaten heraus, eine wirksame Gegenmacht zu bilden. Mit der sich abzeichnenden Achse Paris – Berlin – Moskau könnte der Grundstein dafür gelegt sein. Die NPD unterstützt insofern die Außenpolitik dieser drei Staaten. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Teilnehmer nicht wieder mit kleinlichen Interessengegensätzen herumschlagen. Die US-Administration reagiert und sie reagiert, wie man es gewohnt ist von ihr: Sie droht mit Wirtschaftssanktionen. Die Aufgabe aller nationalen Partein in Europa muß es sein, den Trend weg von Amerika, weg von der amerika - zentrierten Außenpolitik unumkehrbar zu machen.

Eines aber steht schon jetzt fest: Die USA werden durch ihren Krieg Hunderttausende, wenn nicht Millionen Menschen umbringen. Das die Herren Bush, Rumsfeld, Powell und andere damit vor das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag gehören, steht außer Frage. Die politische und militärische Führung hat aber aus dem Vietnam-Desaster nicht gelernt. Sie werden im Nahen Osten genauso kläglich untergehen wie damals. Überzeugungen und Gefühle ganzer Völker können nicht durch Bomben kaputt gemacht werden. Die Amerikaner werden sich in der arabischen und in der islamischen Welt zwischen alle Stühle setzen und sich einen jahrelangen blutigen und verlustreichen Partisanenkrieg einhandeln. Das macht sie moralisch immer fragwürdiger und wird sie entscheidend schwächen.