Endlich wieder: Großdemo im Berliner Umland!! 15.06. Rathnow

antifa 29.05.2002 11:03
Die AAB und andere Gruppen moblisieren in ein kleines braunes Drecksnest namens Rathenow. Wir sagen fahrt hin!
Antifa Aktion Berlin am 23.05.2002



Demo: Wegsehen war schon immer Scheisse



Antifademo: Wegsehen war schon immer Scheiße - Gegen den rassistischen
Konsens vorgehen! Nazistrukturen zerschlagen!

Nach einem gesamteuropäischen Rechtsruck, bei dem in vielen Ländern
sozialdemokratische Regierungen von Mitte/Rechts-Koalitionen abgelöst
wurden, stehen in Deutschland die Bundestagswahlen vor der Tür. Regierung und
Opposition führen nur noch Scheingefechte, die politische Mitte ist rechts
angekommen. Forderungen und Parolen von Rechtsextremen wurden von den
etablierten Parteien aufgegriffen und haben dabei in erheblichem Maß zum
Legitimationsgewinn rechtsextremer Orientierungen beigetragen. Die Beispiele
eines rechten Populismus in der Politik und einer gegenüber MigrantInnen
abwertenden Rhetorik sind nach den Debatten um ein NPD-Verbot nicht weniger
geworden. Erinnert sei hier z.B. nur an die rassistische Kampagne der CDU/CSU
gegen die doppelte Staatsbürgerschaft, die vom CDU- Fraktionschef Merz
initiierte Debatte um die Notwendigkeit einer "deutschen Leitkultur", den
Wahlkampf des nordrhein-westfälischen Spitzenkandidaten der CDU Rüttgers,
der mit der Parole "Kinder statt Inder" gegen hochqualifizierte Immigranten
Stimmung machte und nicht zuletzt an den unbefangenen Umgang der rot-grünen
Regierung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit.

Es ist abzusehen, dass PolitikerInnen aller Couleur rassistische Ressentiments
in der Bevölkerung aktivieren und ihren Wahlkampf im Zuge der Debatte um
innere Sicherheit auf Kosten von ohnehin schon entrechteten Gruppen, wie z.B.
Flüchtlingen, führen werden. Das "Einwanderungsbegrenzungsgesetz" und
Schilys "Antiterrorgesetze" dürften nicht die letzten Maßnahmen bleiben, mit
denen Nichtdeutsche diskriminiert werden. Durch diese Gesetzespakete wird es
für Flüchtlinge noch schwieriger, in Deutschland Asyl zu erhalten;
Familienzusammenführungen z.B. sind inzwischen fast unmöglich. Wer rein darf
bestimmen ökonomische Kriterien: Nur "nützliche" AusländerInnen sind
willkommen, für alle anderen soll die Festung Europa unerreichbar bleiben. Die
sogenannten Antiterrorgesetze, die schon seit Jahren in den Schubladen
deutscher Sicherheitspolitiker schlummerten und nach dem 11. September
endlich hervorgezaubert werden konnten, machen den Weg frei für Hetze und
staatlich geförderten Rassismus: Mit der bundesweit praktizierten
Rasterfahndung wurden per se alle arabischen Männer zwischen 15 und 35 zu
potentiellen Terroristen gemacht.

Und was hat das alles mit Rathenow zu tun ???
Lokalpolitisch sieht die Lage noch schlimmer aus als landes- oder
bundespolitisch. Parteiübergreifend sind rassistische Denkweisen,
Ausländerfeindlichkeit und Gleichgültigkeit gegenüber rechtsextremen
Strukturen die Regel. Beispielhaft dafür steht die Kreisstadt Rathenow in
Brandenburg.

Nicht genug damit, dass Flüchtlinge kaum Hoffnung darauf haben dürfen, legal in
Deutschland zu bleiben, und ihnen täglich Abschiebung in Mord und Folter droht
- weit außerhalb des Stadtzentrums untergebracht, ist es für sie kaum möglich,
am sozialen und kulturellen Leben teilzunehmen. Potentielle BesucherInnen des
Wohnheims werden vom Wachschutz abgeschreckt, bei dem auch Mitglieder der
Rathenower Kameradschaft arbeiten: Diese selbsternannten Ordnungshüter
kontrollieren jeden Personalausweis und führen genau Buch, wer besucht wird.
Auch hier gelten diskriminierende Sondergesetze wie die Einschränkung der
Bewegungsfreiheit durch die "Residenzpflicht", die es verbietet, den Landkreis zu
verlassen. Flüchtlinge erhalten keine Arbeitserlaubnis und gerade mal 40 Euro
Bargeld pro Monat; einkaufen können sie nur mit Gutscheinen (im Wert von 70%
des normalen Sozialhilfesatzes) in bestimmten Läden.

Die Bevölkerung Rathenows reagiert ablehnend bis offen rassistisch;
rechtsextreme Gewalttaten werden in der Öffentlichkeit ignoriert und Widerstand
dagegen diffamiert. Als die Flüchtlingsinitiative im Februar 2000 ein
Memorandum veröffentlichte, in dem sie die Verlegung in eine andere Stadt
forderte und PolitikerInnen anklagte wegen ihrer Unfähigkeit, an der
unerträglichen Situation etwas zu verändern, war man sich schnell klar, wo der
Feind steht: Der Vorsitzende der Flüchtlingsinitiative Brandenburg, Christopher
N´So, wurde massiv angegriffen und als Drogendealer und Krimineller
hingestellt.

Seit dem Mauerfall ist eine gewaltbereite Neonaziszene in Rathenow aktiv.
Mehrfach im Jahr werden Nichtdeutsche, Linke oder unangepasste Menschen
angegriffen. Für die Opfer enden diese Zusammentreffen meist im Krankenhaus;
die wenigsten davon kommen jedoch zur Anzeige. Einer der schwersten
Übergriffe im Land Brandenburg fand 1998 im nahegelegenen Rhinow statt: Ein
ausländischer Türsteher verweigerte einer Gruppe Rathenower
Rechtsextremisten den Eintritt zum Reiterball. Daraufhin prügelten ihn die
faschistischen Schläger mit einer Eisenstange ins Koma.

Ab 2000 ist eine zunehmende Politisierung und Organisierung der Neonaziszene
in Rathenow zu beobachten: Die ursprünglich vier existierenden
Kameradschaften "White Warriors Rathenow", "Kameradschaft Rathenow",
"Arische Kämpfer" und "Kameradschaft Hauptvolk" schlossen sich zusammen
und nannten sich "Hauptvolk". Ihr Lieblingstreffpunkt ist die Nazikneipe "Don
Promillos Pony Bar" in der Großen Milower Straße. Es werden ideologische
Schulungen abgehalten, ein Kameradschaftsrundbrief herausgegeben und
Aktionen zu rechtsextremen Kampagnen wie dem "Rudolf-Hess-Gedenktag" oder
dem "Heldengedenktag" durchgeführt. Auch am NPD-Aufmarsch am
01.12.2001 in Berlin nahmen 30 Rathenower Kameraden teil. Verstärkt setzen
die Neonazis nun auf die Verbreitung ihrer Propaganda und Agitation unter
Jugendlichen; ihre Öffentlichkeitsarbeit zielt zudem darauf ab, Sympathien in der
Bevölkerung zu wecken.

Die regionale Presse spielt seit über 10 Jahren die Situation herunter.
Rassistisch und faschistisch motivierte Taten wurden und werden als von
frustrierten, gelangweilten Jugendlichen verübte Einzeltaten bagatellisiert. Als
aber im Jahr 2000 das ARD-Magazin "Kontraste" einen Report über
Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in Rathenow drehte, in dem unter
anderem ein Schuldirektor und ein Neonazi interviewt wurden, kam es zum Eklat:
Der Direktor leugnete hartnäckig die Existenz von Rechtsextremismus an seiner
Schule, obwohl der Großteil der Kameradschaft "Hauptvolk" offensichtlich
Schüler bzw. Ex-Schüler seiner Schule war. Ein Mitglied der Kameradschaft
agierte z.B. im Schülerrat und trainierte eine Volleyballmannschaft. Unter den
LehrerInnen war er trotz seiner rassistisch- faschistischen Gesinnung sehr
beliebt. Hier wurde die fremdenfeindliche Einstellung vieler Jugendlichen
genauso deutlich wie die Ignoranz und stillschweigende Sympathie der
Erwachsenen. Die Bevölkerung reagierte prompt: Die ARD-JournalistInnen
wurden massiv angegriffen, ihre Recherchen als unwahr dargestellt. Rathenow
gegen den Rest der Welt... Eine reflexartig organisierte Kundgebung gegen rechte
Gewalt und für Toleranz mutierte schnell in eine Anti-Kontraste-Demo, bei der
sich die Volksgemeinschaft mal wieder auf die Schultern klopfte.

Dass die Stadt, allen voran der ehemalige Bürgermeister Lünser (Pro Rathenow)
sowie sein damaliger Stellvertreter und jetzige Bürgermeister Seeger (CDU)
zuerst gar nicht und danach nur sehr halbherzig reagierten, ist symptomatisch
für die neuen Bundesländer. Die schließlich von LokalpolitikerInnen und
verschiedenen ortsansässigen Betrieben initiierte Kampagne "Tolerantes
Rathenow - miteinander füreinander" stellt ein Projekt dar, das wohl nur dazu
dient, die Beteiligten gut schlafen zu lassen, und null Ergebnisse vorzuweisen
hat. Kein Wunder - wer sollte sich auch daran beteiligen? Durch Schweigen und
Verharmlosen hat kommunale Politik Rechtsextremisten jahrelang ermutigt,
nicht selten erfolgte der Aufbau ihrer Strukturen mit staatlicher Unterstützung.
Die Opfer wurden vertrieben und ausgegrenzt, die wenigen engagierten Antifas
kriminalisiert; als angebliche "Nestbeschmutzer" müssen sich Linke anhören,
dass sie den Ruf der Stadt in den Dreck ziehen.

Bis dato hat sich an der Situation wenig geändert. Zu der bereits seit längerem
eingesetzten Polizeisondereinheit "Mega" (Mobile Einsatzeinheit gegen Gewalt
und Ausländerfeindlichkeit) kam die experimentelle Sondereinheit "Tomeg"
(Täterorientierte Maßnahmen gegen extremistische Gewalt), die sich auch im
Kampf gegen Links hervortut. Im Rahmen der Bürgermeisterwahlen im Februar
2002 wollten LokalpolitikerInnen die braune Stadt zum Toleranzzentrum
verklären. Offensichtlich kann aber die Bevölkerung Toleranz nur in eine
bestimmte Richtung aufbringen: Rathenow ist nach wie vor eine Nazihochburg.

Organisiert den antifaschistischen Widerstand!
Durch verschiedene Aktionen, wie z.B. antirassistisches Einkaufen (also Tausch
von Wertgutscheinen gegen Bargeld) und eine Spontankundgebung nach dem
Angriff auf zwei Sudanesen im November 2001, versuchen linke Jugendliche, auf
die rechte Dominanz in Rathenow und den rassistischen Konsens zwischen
Neonazis, PolitikerInnen und Bevölkerung aufmerksam zu machen.

Mit unserer Demonstration wollen wir zeigen, dass wir nicht bereit sind, diesen
Normalzustand länger zu ertragen und hinzunehmen. Kommt alle!

Für eine emanzipierte und antifaschistische Jugendkultur in Rathenow und
anderswo!

15. Juni 2002 · 14:00 Uhr
Dunckerplatz (am Hauptbahnhof)
Rathenow

Treffpunkt für Berlin:
12:00 Uhr, Alexanderplatz, Bahnsteig (RE 38170, Abfahrt 12:13 Uhr)

Es rufen auf: Jungdemokraten / Junge Linke Rathenow, Antifaoffensive
Westhavelland, Flüchtlingsinitiative, Antifaschistische Aktion Berlin
Unterstützt von: Antifaschistische Aktion Potsdam
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Ergänzungen

kritik

kritiker 30.05.2002 - 02:59
wenn ich solche begriffe, wie "drecksnest" lese, frage ich mich, ob es sich hier wieder um einen versuch der mittelstandskinder handelt, einem kleinen ort zivilisation und politische korrektness beizubringen.

dann gute nacht, wenn es aber wirklich um eine demo geht, wo die menschen vor ort ermutigend werden sollen, gegen faschistische tendenzen anzugehen, ist es eine begrüssenswerte idee.

Die Demo verfolgt vor allem

antideutscher Antifa 30.05.2002 - 11:57
den Zweck, den paar linken AktivistInnen und MigrantInnen vor Ort den Rücken zu stärken ;-)!

Rathenow aufmischen

Robert 14.06.2002 - 00:06
Die Demo soll zeigen, dass es Menschen gibt, die sich gegen rechte Strukturen wehren. Den Nazis in Rathenow sollte gezeigt werden, dass sich Widerstand regt und das sie Angst haben müssen, dass der Widerstand wächst und sie irgendwann weggetreten werden. Am Samstag sollte ein Anfang gemacht werden indem an diesem Tag sich kein Nazi traut auf die Straße zu gehen. Dann wäre die Demo sinnvoll und hätte etwas gebracht. So würde ich es mir wünschen, dass die Demo abläuft. FIGHT NAZIS (RPF)

War gut reichte aber nicht!

Unbekannt!! 19.12.2002 - 23:27
Leute die Demo war gut hat aber leider nicht gereicht! Die Nazis sind jetz schon einen Schritt weiter gegangen. Jeden Tag werden wir hier zusammengeschlagen. Wir können uns aber nicht wehren! Irgentwie ist keine Organisation mehr da. Wir sind demoralesiert. Wir brauchen hier langsam hilfe von außen!