KTS-Zip

Ralf Streck 02.03.2004 08:45
Freiburg sieht sich derzeit in die 70er und 80er zurückversetzt, als Hausbesetzungen und Demonstrationen in der Schwarzwaldmetropole an der Tagesordnung waren. Nun erlebt die Stadt eine kleine Renaissance. Neben Hausbesetzungen und anderen Aktivitäten sticht vor allem der Konflikt um das selbstverwaltete Zentrum (KTS) hervor der Hunderte Jugendliche mobilisiert. Der Grund: Der KTS wurde von der Deutschen Bahn AG Ende Januar plötzlich gekündigt, weil die Besucher des Zentrums Betriebsabläufe störten. Obwohl die Jugendlichen und Teile des Gemeinderats nach Lösungen des Konflikts suchen, bleibt die Bahn bisher hart. Unter Androhung der Räumung dürfen sich in dem Zentrum derzeit keine Gruppen treffen und keine Konzerte oder politischen Veranstaltungen mehr stattfinden. Deshalb haben die Jugendlichen ihre Feiern auf Freiburgs Straßen und Plätze verlegt. Weil das keine Lösung ist, drängt die KTS-Initiative nun mit einem Ultimatum, denn das 10jährige Jubiläum im März soll in den eigenen Räumen gefeiert werden. Unter dem Motto KTS bleibt! Finger weg von AZ's, Wagenburgen und Squats! finden um das Jubiläum vom 19.-21. März 2004 in Freiburg Aktionstage und ein bundesweites Vernetzungstreffen statt. Das Motto ist "KTS bleibt! Finger weg von AZ's, Wagenburgen und Squats!" Ralf Streck hat die Stimmung in Freiburg eingefangen. Audio Stream im Laufe des Tages auf  http://www.freie-radios.net
Beitrag:

(Parolen Demonstration: Autonomes Zentrum, kein Tag ohne)

Eine Nacht auf Freiburgs Straßen. Hunderte Jugendliche ziehen durch die Innenstadt. Sie demonstrieren für den Erhalt des ?Kultur Treffs in Selbstorganisation? (KTS). Im März 1994 war er durch eine Hausbesetzung entstanden. Das Gebäude wurde zwar geräumt, doch eine erneute Besetzung und ein Dialog mit der Stadt brachten 1998 eine dauerhafte Lösung für das autonome Zentrum. Die Stadt mietete von der Deutschen Bahn ein ehemaliges Betriebswerk, Ideal gelegen, ohne Anwohner zwischen den Gleisen. Dort ging die KTS-Initiative einem bunten Treiben nach, bis die Bahn Ende Januar überraschend fristlos gekündigt hat. Anna Schmitt von der KTS-Initiative erklärt, wie es dazu kam:

?Es geht da hauptsächlich eigentlich um Parkprobleme, dass also Autos und Fahrräder auf dem Gelände der Bahn geparkt werden und die sich dadurch belästigt fühlt. Da gab es in der vergangenen Zeit immer wieder Probleme, die Bahn hat sich bei der KTS beschwert. Die KTS hat ihrerseits zahlreiche Kompromissvorschläge gemacht, die auch sehr einfach zu realisieren wären: Es gab zum Beispiel den Vorschlag, das Gelände durch eine Schranke abzuriegeln, so dass da keine Leute mehr parken können. Die Bahn ist da aber überhaupt nicht drauf eingegangen eigentlich und hat keine Vorschläge akzeptiert.?

Martin Schmolke, Sprecher der Bahn, führt aber noch andere Probleme an:

?In diesem Gebäude fanden Veranstaltungen statt, zum Teil mit Hunderten Besuchern. Und im Zusammenhang mit diesen Veranstaltungen ist es also immer wieder zu Vorfällen gekommen. Das beginnt damit, dass Bahnmitarbeiter, die auf dem Weg zum Dienst waren, von den Besuchern der KTS-Ini bedroht worden sind.?

Trotz ärgerlicher Beeinträchtigungen für die Bahn setzt sich die SPD-Gemeinderätin Gabi Rolland weiter für die KTS ein, da es sich um eine wichtige kulturelle und soziale Einrichtung handele:

?Es gibt kaum eine Gruppe von jungen Menschen die so eine Integrationskraft haben, die so viele unterschiedliche Jugendgruppen unter einem Dach vereinigen können. Das ist schon ne ganz tolle Sache?.

Offiziell kennt bisher weder Rolland noch der Gemeinderat die Gründe für die Kündigung, obwohl die SPD mit den Grünen in Freiburg regiert, bedauert Rolland: (9 s)

?Sicherlich ist nicht immer alles gut gelaufen. Wir bedauern das wir erst sehr spät erfahren haben, dass es Konflikte gibt. Wir fragen uns, ob die DB nicht auch ein anderes Interesse hat.?

Dies vermuten in Freiburg einige, denn selbst der Bahn-Sprecher bestätigt, vor der fristlosen Kündigung seien nicht einmal Abmahnungen für die Störungen ausgesprochen worden. Dass ökonomische Gründe etwas mit der aktuellen Situation zu tun haben, konnte er nicht ausschließen.

Inzwischen hat sich die Lage weiter zugespitzt. Die Bahn hat die Duldung zurückgezogen, die der KTS trotz fristloser Kündigung eingeräumt worden war und droht nun mit der Räumung, wie Artur Schäfer von der KTS-Initiative erklärt:

?Die Begründung war, dass eine weitere Störung des Bahnbetriebs stattgefunden hat und zwar durch Menschen die auf der Demonstration, die nicht einmal von der KTS veranstaltet wurde, sondern eine KTS-Solidemo war, dass sich da Menschen auf die Schienen gesetzt haben?.

Da Veranstaltungen unter dem gemeinsamen Dach derzeit nicht erlaubt sind, trifft sich Freiburgs Jugend bei Kälte und Regen unter freiem Himmel in der Innenstadt erklärt:

?Wir haben jetzt beschlossen, dass alle Veranstaltungen, nicht nur Konzerte und größere Veranstaltungen, Volksküchen, der Infoladen, Umsonstladen und was es sonst noch an regelmäßigen Terminen gibt, nach draußen zu verlegen.?

Ausstellungen, Punk-Konzerte und Feuertonnen finden sich nun zwischen Bächle und Gässle, vor dem Theater oder der Universität wieder. Selbst beim Karnevalsumzug blieb niemand vor den KTS-Aktivisten verschont, die sich mit einem Wagen am närrischen Umzug beteiligten.

(O-Ton Lautsprecherdurchsage)

?Letzte Woche gab es ein Konzert mit fast 700 Leuten auf dem Augustinerplatz, letzten Samstag gabs ne Demo mit fast 1000 Leuten zum Hauptbahnhof. Die ganze Woche über gab es diverse Veranstaltungen in der Innenstadt. Wir sind sichtbar?.

Wegen der großen Solidarität verwundert viele in der Stadt die Haltung ihres grünen Bürgermeisters Dieter Salomon. Er stellte sich bisher hinter die Bahn und schrieb in einem Brief an die KTS: ?Die von der Deutschen Bahn vorgetragenen Gründe für die fristlose Kündigung sind aus unserer Sicht nachvollziehbar und verständlich?. Jede weitere Störung werde zu einem Räumungsverfahren führen, drohte der Bürgermeister.

Bürgerstimmen:

1. Stimme: ?Es ist erstaunlich, was für Bürgermeister wir haben und das der von den Grünen ist. Der könnte viel besser von der CDU sein.?
2. Stimme: ?Ich habe fast das Gefühl als wollte er noch mehr law und order sein, um ja nicht den Verdacht aufkommen zu lassen, dass er irgendwas schleifen lässt?.

So fordern die Jugendlichen vom Bürgermeister Unterstützung statt Drohungen. Die Stadt solle alle Rechtsmittel ausschöpfen, und gegen die Kündigung vorgehen und zwar noch vor dem 10jährigen Jubiläum im März.

(O-Ton Lautsprecherdurchsage)

?Wir haben der Stadt ein Ultimatum gestellt, bis zum 12. März, um unsere Forderungen zu erfüllen. Die Forderungen sind an die Bahn, dass sie die Kündigung zurücknimmt. Von der Stadt fordern wir, dass sie sich endlich öffentlich für den Erhalt der KTS einsetzt. Eine Woche nach Ablauf gibt es eine Bundesweite Demo hier zum 10jährigen Bestehen der KTS. KTS bleibt, wie sie ist und wo sie ist.?

?Aber es hat sich ja gezeigt, dass alles auch ganz ruhig ablaufen kann und dass die Verantwortlichen bei der KTS die Sache im Griff haben. Also, von daher ist ja erst mal eine friedliche Situation, davor hatten alle Angst, dass es ein bisschen eskalieren kann. Ich hoffe das wir jetzt in Gespräche kommen mit der Verwaltung und ich hoffe, dass wir dann auch die Deutsche Bahn umstimmen können und den Mietvertrag wieder erneuern.?
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Ergänzungen

Solierklärungen

jeff jones 03.03.2004 - 13:34
Solierklärungen für die KTS können jetzt unter www.kts-freiburg.org heruntergeladen werden und an die entsprechenden Stellen geschickt werden, entwerder per mail oder per Fax oder als Brief.

Autoorganistaion

Pet 03.03.2004 - 13:46
Viliehct sollten die Gruppen die, für, mit, in, und um die KTS aktiv sind sich möglicherweise mal gedanken darüber machen das sich ihr (also auch unser) Kampf mit der internationalen Woche für Hausbesetzungen in Verbindung bringen ließe wenn man denn zu den Vorbereitungsgruppen in Berlin oder Hamburg Kontakt aufnehmen würde.Die Woche ist Anfang April

Es geht immer weiter...

Besetz@ntifA 07.03.2004 - 05:04