ANTIFA AKTIONEN IM RUHRGEBIET: RAUS AUF DIE STRASSE!

antifas aus nrw 02.04.2003 11:24
naziaktionen nahezu im wochenrythmus, faschokonzerte und alltäglicher terror aus den strassen.
im ruhrpott dominiert längst eine feste rechte jugendkultur aus gabbers, skins etc.
dieses wochenende wird die antifa wieder demonstrieren, im herzen des kohlenpotts!
raus nach gelsenkirchen- keine ruhe für nazis!
naziläden angreifen!
organisiert die autonome antifa!
Raus auf die Strasse!
Für eine starke Demo in Gelsenkirchen!


Treffpunkt: 12 Uhr U-Bf Fischerstrasse. Aus Essen Hbf auch bequem per U-Bahn zu erreichen!

Die Demonstrationen findet im Rahmen der we will rock you tour' kampagne gegen Nazimusik der antifa.nrw statt


Aufruf zur Antifademo am Samstag 5.4 in Gelsenkirchen gegen Naziläden

Seit mittlerweile über 5 Jahren existiert in Gelsenkirchen-Horst der Neonaziladen "Vikingship". In dem Nachfolgeladen von Reinhard Stachs "Reinhards Joppeneck" (ebenfalls in GE-Horst), der mittlerweile von Dennis Stach geführt wird, werden Acessoires für die gesamte Rechte verkauft. Neben einem umfangreichen Rechtsrock-Angebot und Propagandamaterial werden vor allen Dingen Kleidungsartikel geführt. Die hauseigene Marke "Vikingship" (als Aufdruck auf Bomberjacken, Caps und Pullovern) erfreut sich bei Neonazis, gerade in Gelsenkirchen, enormer Beliebtheit. Auch das Angebot von Pullis und Jacken mit der Aufschrift "Kampfhund" (gefolgt vom jeweiligen Städtenamen) findet im ganzen Ruhrgebiet Beachtung. Wem bis jetzt noch kein Bezug zur neonazistischen Szene aufgefallen sein sollte, dürfte ein Blick auf die Pin- und Aufnäherkollektion überzeugen. Es werden unter anderen Aufnäher mit der Aufschrift "White Power", "Ian Stuart" (der verstorbene Sänger der englischen Naziband "Screwdriwer" und Mitbegründer von "Blood and Honour") und Pins mit der Reichskriegsflagge, "My blood is my honour, my race is my pride" und der Zahlenkombination "88" (steht für "Heil Hitler") angeboten. Alles, was das nationale Herz begehrt! Neu in das Angebot aufgenommen wurden Pullover mit der Stickerei "Ruhrpott Classic". Das "Ruhrpott Classic" ist eine seit Herbst/Winter 2002 existierende Nazikneipe am Nordsternpark in Gelsenkirchen-Horst, die vornehmlich von Personen aus der Gelsenkirchener Nazi- und rechten Rockerszene besucht wird. Sowohl die Aufmachung der Kneipe, so ist unter anderem eine Hitlerbüste mit aufgeklebtem Bärtchen hinter der Theke zu sehen, als auch die deutlich als Nazis erkennbaren Gäste sprechen eine deutliche Sprache. Der "Vikingship" kann sich über regen Zuspruch freuen. Neben Gabbers, Naziskins und Rockern hat sich auch unter anderem der bekannte Dortmunder Neonazi Siegfried Borchardt schon dort eingefunden und auch Nazis aus den Niederlanden ist der Vikingship ein Begriff. Schlimm genug, dass sich Nazis aus der ganzen Region an diesem Ort sammeln, beunruhigend ist aber auch, dass viele jüngere Jugendliche, von den Videospielen im Schaufenster angezogen, mittlerweile zum Publikum dieses Laden zählen. Während ein anderer Laden Reinhard Stachs in Essen (Joppeneck II) nach erfolgreichen Protesten geschlossen wurde, regt sich gegen den Vikingship trotz des offensichtlichen rechtsextremen Hintergrund bis dato keinerlei nennenswerter Widerstand.

In Gelsenkirchen ist für jeden Platz... Diese Situation läßt sich auf ganz Gelsenkirchen übertragen. Immer wieder kommt es vor allem in den nördlichen Stadtteilen zu Naziübergriffen. Erst vor einigen Wochen griffen mehrere Nazis in Hassel Schüler der Realschule Mühlenstrasse an. Dieser Fall sorgte auch in der Presse für Aufsehen, da Strafanzeige gegen die Rektorin erstattet wurde, weil diese die Betroffenen nicht mehr ins Schulgebäude gelassen hat. In Scholven und Westerholt fallen rechtsextreme Jugendliche dadurch auf, dass sie wahllos Leute zusammenschlagen, in der Innenstadt wurden Punks aus Häusern heraus mit Steinen beworfen. Auch eine Elterninitiative, die sich aufgrund der Vorfälle gegründet hat, wurde massiv bedroht. Nur wenige Fälle von rechter Gewalt werden in der Presse veröffentlicht, beziehungsweise als solche dargestellt. Als zum Beispiel am 1.Mai 2002 ca. 20 Nazis am Bueraner Ehrenmal alternative Jugendliche, welche zum Teil erhebliche Verletzungen erlitten, überfielen, wurde der Übergriff, so wie auch vermehrte Auseinandersetzungen im Gelsenkirchener Stadtgarten, als eine "normale Prügelei" zwischen "Punks" und "Skins" dargestellt. Auch, dass sich im Oktober 2001 ca. 200 Nazis (darunter bekannte Neonazis aus dem gesamten Ruhrgebiet) in Gelsenkirchen aufhielten, um an einem als Geburtstagsfeier getarnten Nazikonzert teilzunehmen, störte anscheinend nicht. Eine neuere Entwicklung zeigt sich anscheinend bei den "organisierten" Nazis. So zeigten sich letztes Jahr schon rund 10 Nazis bei einer Wahlveranstaltung der SPD und nach langer Zeit wurde am 1.9.2003 auch wieder ein NPD-Stand in der Innenstadt organisiert. Auch bei Friedenskundgebungen in der Gelsenkirchener Innenstadt anlässlich des evt. anstehenden Irakkriegs waren die hiesigen Nazis vor Ort. So entrollten ca. 10-15 Nazis am 10.2. und am 15.2. ein Transparent mit der Aufschrift "Frieden für Deutschland ­ Keine Stimme den Kriegsparteien" welches ihnen durch das beherzte Eingreifen von AntifaschistInnen entrissen werden konnte. Die vielen rechten "Fans" und Hooligans die man bei Spielen des FC Schalke 04 antrifft, werden nur noch peripher wahrgenommen, für die meisten GelsenkirchenerInnen ist es mittlerweile normal Sprüche wie "Wir bauen eine U-Bahn von Dortmund bis nach Auschwitz..." zu hören. Zwar versucht der Verein "Problemfans" des Stadions zu verweisen, doch dürfte das nur den geringsten Teil treffen und diese keineswegs davon abhalten sich am Bueraner Busbahnhof oder am HBF aufzuhalten und ihre rassistischen, sexistischen und antisemitischen Parolen zu grölen. Von Seiten von Stadt und Staat kann man keine Hilfe erwarten. Zwar existiert eine "Demokratische Initiative gegen Diskriminierung und Gewalt, für Menschenrechte und Demokratie - Gelsenkirchen", von einem Bündnis, bei dem es nach eigenen Angaben in Gelsenkirchen "für jeden Platz" gibt, ist allerdings kein nennenswerter Widerstand gegen die neonazistischen Strukturen in Gelsenkirchen zu erwarten. Man muss damit rechnen, dass sich auch in Gelsenkirchen immer stärker eine rechte Jugendkultur etabliert, dem gilt es entgegenzutreten.

The kids are not alright... ,Nazi‘ zu sein ist in Städten wie Gelsenkirchen, Dortmund, Herten einfach in. Subkultur ist längst nicht mehr automatisch links codiert, gegen das System oder die Gesellschaft zu rebellieren bedeutet gegen Linke, MigrantInnen, Homosexuelle zu sein. Nationalismus hat den entscheidenden Coolnessfaktor. Nicht zuletzt tatkräftig unterstützt durch das ,neue‘ deutsche Selbstbewusstsein, welches beispielsweise durch Debatten um alliierte Kriegsverbrechen, oder einer deutschen, oder alt-europäischen, Friedensbewegung an die Oberfläche des gesellschaftlichen Sumpfes gespült wird. Rechte Jugendkultur ist ein Zeichen der Zeit. Immer häufigere, von der Polizei gegen AntifaschistInnen durchgesetzte Nazi-Demonstrationen und Konzerte, auch im Ruhrgebiet, bieten hierbei den nötigen Erlebnispark um die Attraktivität der Szene sicherzustellen. Nazishops wie "Vikingship" befriedigen die nationalen Konsumbedürfnisse, Kneipen wie "Ruhrpott Classic" garantieren soziale Treffpunkte. Die Szene gleicht einer typischen, etablierten Subkultur, welche sich genauso aus normalen Jugendlichen mit Baggy-Jeans und Landser Shirt, zu den ,Zillertaler Türkenjägern‘ schunkelnden Prolls, und uniform gestylten Gabbergirls zusammensetzt. Diese rechte Hegemonie wird jedoch nicht systematisch hergestellt, sondern basiert eben auf einem Konsens zwischen diesen verschiedenen jugendlichen Ausdrucksformen. Mit ihrem rebellischen Gehabe, Rassismus und ‚Sozialdarwinismus‘, unterscheiden sie sich allerdings, bis auf ihren offenen Gewaltfetisch, kaum vom Rest der deutschen Gesellschaft. Soziale Ausgrenzung wird durch Aktivierungskonzepte gegen sogenannte Sozialschmarotzer popularisiert, sämtliche Pläne zur weiteren Diskriminierung von MigrantInnen erlangen in der Gesellschaft Akzeptanz. "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht fressen", so tönt es aus sozialdemokratischer, konservativer und faschistischer Ecke. Man ist sich einig, dass nur die am gesellschaftlichen Reichtum teilhaben dürfen, die ihn verdient haben - die schaffenden, arbeitenden Deutschen. Rechtspopulisten wie Schill in Hamburg müssen gar nicht auf Dauer Erfolg haben, der Rechtsruck der Mitte der Gesellschaft ist genauso wenig zu kaschieren, wie er ein neues Phänomen wäre, auch wenn Entwicklungen in Ausländer- Sicherheits- oder Arbeitsmarktpolitik das suggerieren könnten. Nazis sind dabei keine Fremdkörper in dieser Gesellschaft, sondern Avantgarde wie Abfallprodukte zugleich. Zumindest seit dem Antifasommer 2000 ist es sogar bis in die tiefsten zivilgesellschaftlichen Kreise durchgedrungen dass "Nazis" irgendwie scheiße sind. Antifaschismus wurde, zumindest kurzzeitig, staatliche Doktrin. Demonstrationen gegen Naziaufmärsche zum Beispiel erlangten Volksfestcharakter und etablierten sich zum Happening der "anständigen" Teile der Deutschen. Dass Staat und Gesellschaft in seltenen Fällen, wie dem "Aufstand der Anständigen", auch mal mit aller rechtsstaatlichen Härte gegen Neonaziorganisationen vorgehen und sich zu Protesten gegen Naziaufmärsche hinreißen ließen, hängt lediglich damit zusammen, dass man es nicht gut findet, dass Nazis gegen das staatliche Gewaltmonopol verstoßen und so gänzlich undemokratisch morden. Man ist besorgt über das Bild von den Deutschen im Ausland, doch schon kurz darauf die moralische Empörung verpufft. Das Ende der Staatsantifakampagne dürfte mit der Blamage im NPD-Verbotsverfahren eingeläutet worden sein, nachdem bekannt wurde das zahlreiche Kader der Nazipartei bezahlte Angestellte des Verfassungsschutzes waren. Das Konzept Antifa, ehemals aufgestellt um durch Antifaschismus ,revolutionäre Politik‘ zu machen stürzte spätestens jetzt in eine Sinnkrise, so wurde doch deutlich dass Nazis ohne Umstände ins Visier des, in diesem Fall keineswegs scheinheiligen, Staatsantifaschismus gelangten. Antifaschismus als Agitationsfeld für die radikale Linke wird trotzdem, als hätte es das alles nicht gegeben, auch weiterhin als einfache, aufklärerische ,Anti-Nazi‘ Arbeit begriffen, immer weiter in der Hoffnung breite Bündnisse gegen Nazis zu erhalten. Dabei zeigt sich an beispielsweise der Debatte um alliierte Kriegsverbrechen im ,Bombenkrieg gegen Deutschland‘ oder der Begeisterung mit der Bücher, wie Kommentare von Autoren wie Grass oder Walser derer revanchistischen Potentials zu Vertreibung und Antisemitismuskeule aufgenommen werden, wo Intervention eigentlich notwendig wäre. Passende Gegenstrategien sind also einzig und allein im Bündnis mit solchen Gruppen zu suchen, welche sich nicht blind einer nationalistischen Friedensbewegung oder anderen Deutschland-Apologeten gegenübersehen, und eben nicht Aufklärung da fordern, wo Angriff die beste Verteidigung wäre, wie im Fall ,Vikingship‘ bzw. ,Ruhrpott-Classic‘. Hier ist in erster Instanz direkte Gegenwehr gegen den braunen Straßenmob notwendig.

Mit der Demonstration in Gelsenkirchen wollen wir ein deutliches Zeichen für eine linke Bewegung setzen, die sich gegen jeden nationalen Konsens abzugrenzen weis. Wir demonstrieren gegen die rechte Hegemonie und für ein selbstbestimmtes Leben ohne Volk, Staat und Kapitalismus, weil wir wissen, dass das eine nicht ohne das andere abzuschaffen ist. Linke Gegenkultur und radikale Kritik der kapitalistischen Zustände sind das beste Konzept, Deutschland ins Visier zu nehmen und die Verhältnisse zum Tanzen zu bringen.

Revolution is the only solution! Faschistische Strukturen aufdecken und angreifen - "Vikingship" versenken, "Ruhrpott Classic" dichtmachen! Für eine starke und kritische, linke Jugendkultur ohne Deutschland!
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Ergänzungen