"Heftiger Rückschritt für demokratische Freiheiten" Zip-FM Beitra

Ralf 11.02.2003 07:53
Anmod:Schon vor etwa genau zwei Jahren wurde das liberale Ausländergesetz von der konservativen Volkspartei geschliffen, obwohl dass Gesetz erst wenige Monate in Kraft war. Statt einer liberalen Politik die auf Integration von Einwanderern und Legalisierung von illegal ins Land gekommenen Menschen gesetzt hat, wurde ein restriktives Ausländergesetz in Kraft gesetzt, dass auf Abschiebung und Illegalisierung setzt. Dieses Gesetz raubte den Einwanderern sogar Grundrechte wie die Versammlungs- und Organisationsfreiheit. Derzeit kommt es erneut zu Strafverschärfungen und einer rassistischen Einwanderungspolitik die auf einer reaktionären Blut und Boden Ideologie beruht. Während Afrikaner demnächst sogar abgeschoben werden, wenn sie nur eines Deliktes beschuldigt werden, öffnet Spanien die Tore für die Nachfahren spanischer Auswanderer, um weiter für billige Arbeitskräfte zu sorgen. Was sich da zusammenbraut, weiß Ralf Streck
Beitrag:
Mit der Reform des Ausländergesetzes wollte die konservative Regierung unter Jose Maria Aznar vor zwei Jahren die Einwanderung in die EU stoppen. Wir fragten jemanden, der sich in der Materie auskennt, welche Effekte die Gesetzesverschärfungen tatsächlich hatten. Wir sprachen mit Omer Oke. Der Schwarzafrikaner kommt aus Benin und lebt seit 12 Jahren im spanischen Baskenland. Vor zwei Jahren wurde er Generalsekretär für Einwanderung in der baskischen Regionalregierung, als diese neue Institution geschaffen wurde.

Das Ausländergesetz war die Reform eines liberalen Gesetzes, dass auf die Integration gesetzt hatte. Das neue Gesetz hat sein Ziel nicht erreicht, die Einwanderer abzuhalten. Die Menschen strömen weiter über die Meerenge. Dass dieses Gesetz elementare Menschenrechte für Einwanderer abschafft, wie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit, ist sehr negativ. Die Einwanderer, die sich schon im Land sind, bleiben illegalisiert, weil keine Möglichkeiten zur Integration geboten werden, denn das Gesetz setzt darauf diese Menschen rauszuschaffen.

Fast täglich werden an südspanischen Küsten Leichen derer angeschwemmt, die beim Versuch scheitern mit Booten nach Spanien zu kommen. Hat das Gesetz jemanden davon abgehalten auf die gefährliche Reise zu gehen?

Nein, es hat dass tägliche Sterben auf dem Meer noch ausgeweitet. Denn das Gesetz hat alle anderen Möglichkeiten ins Land zu kommen beschnitten oder abgeschafft, deshalb fallen die Menschen der Mafia in die Hände. Die bieten ihnen einen sehr risikoreichen Weg. Es ist eine dramatische Situation. Täglich müssen wir hier Leute beerdigen, von denen wir keine Namen kennen, die als eine Nummer beerdigt werden. Es gibt eine Menge Leute, wo die Angehörige nichts von deren Tod erfahren

Unter diesen Namenlosen bleibt auch die Mehrzahl der sieben Einwanderer, die Ende des letzten Jahres unter obskuren Umständen in einer Polizeiwache in Malaga verbrannt sind. Sie waren zur Ausschaffung verhaftet worden. Werden wir je die Wahrheit darüber erfahren, was in Malaga vor sich gegangen ist?

Nein. Wir werden wohl nicht erfahren, was passiert ist. Schon vor vier Jahren hat das spanische Innenministerium Einwanderer festgenommen, unter Drogen gesetzt und in einem Flugzeug nach Nigeria gebracht, ganz egal welcher Herkunft sie waren. Niemand wurde bisher dafür zur Verantwortung gezogen. Die Vorgänge in Malaga zeugen erneut davon, wie elementare Rechte verletzt werden. Angeblich sind auch sie zur Abschiebung festgenommen worden, warum und wie das Feuer ausgebrochen ist, wurde nicht einmal untersucht.

Klar ist mittlerweile nur, dass insgesamt 15 Menschen in nur eine Zelle gesperrt wurden, obwohl alle weiteren Zellen in der Polizeistation leer waren. Wie fühlt sich der schwarzafrikanische Einwanderer Omer Oke, angesichts der Tatsache dass Menschen wie Vieh behandelt werden, sterben und es wird nicht einmal vernünftig untersucht?

Es ist empörend, dass so etwas in einer weit entwickelten Gesellschaft geschieht, die angeblich so weit entwickelte demokratisch Rechte hat. Da sterben auf diese Weise Menschen, die in vielen Fällen auf der Suche nach Freiheit und Demokratie waren, die es in ihren Ländern nicht gibt. Und dann werden sie hier wie Menschen dritter, vierter Klasse oder wie Sklaven behandelt. Wir müssen uns fragen, welche Gesellschaft in Europa auf den Leichen derer aufgebaut wird, die die Freiheit suchen.

Wahlen stehen an, die regierende Volkspartei (PP) ist durch die Ölpest, die hohe Arbeitslosigkeit und Wirtschaftsflaute enorm unter Druck. Da bieten sich den Hardlinern erneut Strafverschärfungen an, um die Misere zu überdecken. Ana Botella, die Frau des spanischen Ministerpräsidenten kandidiert in Madrid und macht Stimmung gegen Ausländer. Die seien für die gestiegene Kriminalität verantwortlich. Ihr Mann als Chef des Landes bereitet deshalb neue Gesetzesverschärfungen vor. Wie werden die Einwanderer treffen?

Es geht der Regierung um die erneute Verschärfung des Gesetzes, die Anhebung der Strafen und um die Abschiebung derjenigen, die ein Delikt begangen haben. Wenn ein Einwanderer zu sechs Jahren Haft verurteilt wird, sollen er nach Verbüßung der Strafe abgeschoben werden, wenn ich das noch recht in Erinnerung habe. Die Einwanderer die keine gültigen Papiere haben, sollen bei einer bloßen Beschuldigung abgeschoben werden. Statt auf den Rechtstaat wird auf einfache Lösungen gesetzt, ohne rechstaatliche Urteile oder Garantien. Das ist die Ausländerpolitik die uns die Rechte anbietet. Für das Wesen der Demokratie bedeutet das einen weiteren heftigen Rückschritt demokratischer Freiheiten.

Auf der anderen Seite braucht Spanien aber Zuwanderung. Billige Arbeitskräfte als Erntehelfer und Menschen die in das Sozialsystem einer überalterten Gesellschaft einzahlen. Während Oke und die baskische Regierung an einer Politik zur Integration von Immigranten gleich welcher Herkunft arbeiten, hat die Zentralregierung ein neues Zivilrecht geschaffen, dass am 9. Januar in Kraft trat. Auf der Basis einer reaktionären Blut und Boden Ideologie wird Nachkommen spanischer Auswanderer die Rückkehr geebnet und sofort die Staatsangehörigkeit angeboten. Vor allem in Lateinamerika herrscht großer Andrang und es bilden sich lange Schlangen vor spanischen Vertretungen, weshalb die personell verstärkt werden mussten. Eine Million Menschen könnten Spanier werden, deren Eltern noch im spanischen Vaterland geboren wurden, schätzt Madrid. Selbst die Enkel von Auswanderern können Spanier werden, müssen allerdings, ein Jahr in Spanien gelebt haben. Zur Probe sozusagen.

Wer kein Nachfahre spanischer Auswanderer und noch dazu dunkler Hautfarbe ist, für den wird es immer schwieriger ins Land zu kommen oder drin zu bleiben. Sicher gelingt dies nur denen, der sich in der spanischen Berufarmee verpflichten, wenngleich auch hier ein tödliches Risiko eingegangen wird. Aber in die Schlacht darf für Spanien noch jeder ziehen.


© Ralf Streck den 10.02.2003
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