Attac: Der eigentliche Skandal

Attacke rückwärts 19.08.2011 00:33 Themen: G8 Globalisierung Soziale Kämpfe
Zur Erinnerung: Die europäische Attac-Akademiefand letzte Woche in Freiburg fand statt unter der Schirmherrschaft des Freiburger rechts-konservativen grünen Oberbürgermeisters Salomon. Wenige Tage zuvor ließ Salomon den Wagenplatz "Kommando Rhino" räumen und sein grün-konservativer Filz startete eine Hetzkampagne gegen alles was auf drei nicht angepasst ist, und erfand dabei sogar Molotovkocktails, wie selbst die Polizei später einräumen musste. Wohl um diese unheilige Allianz zu thematisieren, brachten Unbekannte einen Fake in Umlauf, in dem Attac mitteilte, Dieter Salomon die Schirmherrschaft über die Akademie zu entziehen. Begründet wurde das mit seiner Wohnraumpolitik und der Beschlagnahme der Instrumente der SamBastas beim deutsch-französischem Gipfel. Der eigentliche Skandal ist hierbei aber nicht, wie teilweise geschrieben, dass hier mit Attac eine linke Organisation getroffen wurde mit Kommunikationsguerilla, sondern dass eine solche Aktion überhaupt nötig ist und wie Attac darauf reagiert.
Wenn ein Kongress "European Network Academy for Social Movements" heißt, könnte mensch davon ausgehen, dass hier soziale Bewegungen zusammenkommen und überlegen wie sie sich gegenseitig unterstützen können. Dabei wäre ein sinnvolles Vorgehen auch zu schauen welche soziale Kämpfe denn vor Ort stattfinden und wie diese gestärkt werden können. Dabei hätte vielleicht auffallen können, dass verschiedenste soziale Projekte oder Bewegungen gerade gegen die unsoziale Wohnraumpolitik der Grünen ankämfen. Sei es Kommando Rhino, der Wagenplatz der inzwischen geräumt ist, die Mieter_innen in der Bachstraße, die Besetzer_innen in der Gartenstraße, oder alle Gruppen die sich in den letzten Monate zum "Recht auf Stadt" Bündnis zusammengeschlossen haben. Vielleicht hätte Attac, diese Kämpfe unterstützen können durch eine Solidaritätsaktion, mit den 1200 Teilnehmer_innen des Kongresses hätte das vielleicht etwas Öffentlichkeit gebracht. Zumindest hätte vielleicht eine Solidaritätsadresse veröffentlicht werden können mit einer klaren Kritik an der "grünen" Wohnraumpolitik. Nichts dergleichen ist passiert. Stattdessen fällt Attac allen realen sozialen Bewegungen in Freiburg in den Rücken, indem sie eben den zwangsläufigen Gegner aller sozialen Bewegungen, den OB Salomon als Schirmherren nehmen, und ihn damit dabei unterstützen nach außen hin sein weltoffenes, liberales Image zu untermalen, während er nach Innen eine repressive law and order Politik fährt, die jede CDU-Stadtregierung or Neid erblassen lässt. Und: Es ist nicht so, dass Attac einfach keine Ahnung hatte, oder keine Zeit sich damit auseinander zu setzten. Auf einem Vorbereitungstreffen wurde die Situation geschildert, aber es interessierte nicht. Nun, nach dem Fake, als Attac sich in der Presse zu der Schirmherrschaft äußern musste, ließen sie haarsträubende Argumente verlauten: Auf die Situation in Freiburg vor Ort einzugehen sei "unverhältnismäßig", weil die Menschen in Nordafrika viel stärkerer Repression ausgesetzt sind. Eine repressive Stadtpolitik, die keinen Freiraum zur Selbstorganisation lässt, wird also dann ok, wenn es anderswo noch schlimmere Tyrannen gibt. Eine solche Politik ist nicht hinnehmbar, und es stellt sich die Frage welche politische Funktion Attac inzwischen inne hat. War das globalisierungskritische Netzwerk schon während der Gipfelproteste für eine Entradikalisierung und Formalisierung des Widerstandes verantwortlich, ist es heute vollkommen als Ruhigstellungstablette für all diejenigen zu sehen, die stattdessen vielleicht einmal eins und eins zusammenzählen würden und das tun würden was in dieser Zeit ansteht...
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Ergänzungen

Arroganz von Attac

jupjup 19.08.2011 - 12:42
Leute die im Vorbereitungskreis von Attac saßen wurden aus mehreren Richtungen im Vorfeld über die Politik vom Salomon informiert. Das auch im Zuge dessen das sie nach Verbündeten bei der Vorbereitung suchten. Es scheint aber schlichtweg egal gewesen zu sein. Rhino war da noch garnicht auf dem Schirm, klarer war da die Rolle Salomons rund um die Stadtbau an Leute aus dem Vorbereitungskreis herangetragen.... alles egal. Dabei wäre es doch ein leichtes gewesen den Schirmherren wieder auszuladen. Aber wer hat auch gesagt das Attac als Ganzes unser Freunde sind, mit einzelnen läßt sich da sicher temporär und projektbezogen was machen, aber als Ganzes... forget it.

berechtigte Kritik

Mike 19.08.2011 - 18:59
Das Salomon als Schirmherr fungiert, war den meisten Mitgliedern im Koordinierungskreis von Attac vorher nicht bekannt und wurde auch leider nicht in das Gremium rückgekoppelt. Ansonsten hätte es an dieser Stelle von mehreren Seiten ein Veto gegeben. Wohl auch ein organisatorischer Fehler, der auf sich verselbstständigende Strukturen zurückzuführen ist (manche nennen es unverständlicherweise auch Professionalisierung). Andererseits wurde es leider verpasst die Sache medientechnisch zu nutzen und die Forderung des Entzugs der Schirmherrschaft einfach zu übernehmen.

Nachholen geht immernoch

Nach-Ausladung 19.08.2011 - 21:49
@ Mike: Wenn deine These stimmt und es tatsächlich nur verpasst wurde, gibt es immernoch die Möglichkeit nachwirkend eine Statement dazu wiederzugeben und zu bereuen das man nicht hinter den Forderungen des Fakes stand. Ich denke aber das wird nicht passieren. Zumindest nicht von den Funktionseliten innerhalb von attac, die werden den Grünen nicht ein Auge aushacken, die wissen wer für Sie da auf Europaebene Politik macht. Die Grünen auf einem europäischen Kongress anzukacken, wenn gleichzeitig attac-Mitbegründer und Mehrfachfunktionäre auf Europa-Ebene Politik für die Grünen machen geht für die nich. Da wird sich gegenseitig geschützt.

Was aber geht, weil beeinflußbarer: Die attac-Basisgruppen in Freiburg können ja mal nen öffentliches Statement dazu abgeben, wenn was "von oben" kommt dann wissen sie zumindest bescheid wo der Wind herweht.

Koordinierungskreis wußte bescheid

...ebenfalls 19.08.2011 - 21:52
auch der Ko-Kreis von attac war informier.

Wozu?

attacy 22.08.2011 - 14:24
Haben sich den die Besserwissenden überhaupt schon einmal gefragt, warum Attac Salomon als Schirmherren auserkoren hat?

Ganz einfach: Nichts weiter als Mittel zum (Selbst-)Zweck. Um bei den Institutionen Gehör und vor allem Räume (für die Veranstaltungen) in Freiburg zu finden, gelang es erst mit diesem rhetorischen Mittel eine solch relative große Veranstaltung überhaupt stattfinden zu lassen.

Attac hat in erster Linie einen finanzpolitischen/ökonomischen Fokus. Im Rahmen des "Think global act local"-Verständnis gibt es dann noch weitere Arbeitsgruppen, die sich dann mit praktischen Themen und lokalen Problemen befassen.

Aufgrund der konsensbasierten, direkt-demokratischen Strukturen ist es nicht möglich kurzfristig neue Themen aufzunehmen bzw. bearbeiten. Hierfür bedarf es Arbeitsgruppen, die sich dafür stark machen. (Das schützt auch vor falschen Schnellschüssen!)

Anstatt rumzumeckern, dass sich Attac nicht für lokale Probleme "vereinnehmen" lassen kann, wäre hier wohl ein Mitwirken bei Attac direkt die Lösung gewesen. Attac ist Teil des linken Spektrums. Nur aufgrund der Größe (MitgliederInnenzahl) sind wir nicht gleich mächtiger als andere! Es hängt an jeder/m selbst sich zu organisieren!

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