[Nordhausen] ...zu Dr. Franz Alt

AANDH // PuRAANDH 06.05.2010 11:33 Themen: Antifa Blogwire Medien
Ein kritischer Beitrag zu Dr. Franz Alt, Gast des Nordhäuser Aktionstag »Woche der Sonne« am 08. Mai vor dem Rathaus. - Die Sonne scheint nicht für Antisemiten
Auf den ersten Blick scheinen die Aussagen des geladenen Gastes Dr. Franz Alt genau hierher zu passen. So macht er sich doch bspw. für die Nutzung von Sonnenenergie stark und fordert eine Abkehr von der »alten weltweiten Energiewirtschaft« sowie den Atomausstieg. Solche Aussagen und sein Beruf als jahrelanger Moderator der Sendung »Report« und die Leitung der »Zukunftsredaktion« beim SWF lassen Ihn als kompetenten Gesprächspartner erscheinen.

Doch der erste Blick genügt, wie bei so vielen Personen und Inhalten, meist nur dazu, um die Oberfläche wahrzunehmen. Erst ein zweiter, dritter … Blick bringt zum Vorschein, was es mit Person und Inhalt auf sich hat. – So verhält es sich auch mit Franz Alt.

Die Sonne scheint nicht für Antisemiten

Vertreter des jüdisch-christlichen Dialogs beziehungsweise Juden kritisieren seit den 1980er Jahren, dass Alts Werke antijudaistisches bzw. antisemitisches Gedankengut enthalten würden. Denn Alt spiele den neutestamentlichen »Gott der Liebe« gegen den »Gott der Rache und des Krieges« des Alten Testaments aus, was eine Abwertung des Judentums beinhalte. Selbst Theologen und Bibelwissenschaftler kritisierten Alts einseitiges Jesusbild, das nur eine wohlfeile Projektion aktueller ideologischer Vorstellungen sei.

Heinz Gess stellte in diesem Zusammenhang bereits heraus: »Alt seine Interpretation von Jesus ist nur eine Neuauflage des Jung’schen Antisemitismus und des christlichen Anti-judaismus. Bedenkenlos projiziert Alt […] alle Übel der Welt auf »den Juden«, so dass dieser schlechthin zum Übel der Welt, zum negativen Prinzip wird, das der »wahren Ordnung« entgegensteht. [...] Hieß es bei Jung seinerzeit, keine Verwischung – jede Verwischung ist »Gift« für die »im Innersten anständigen Menschen«, so hieß es bei Alt 1989 beinahe gleich lautend: »Keine Vermischung« – »jede Vermischung ist Gift für die lebendige Religion«.«

Jesus war Jude. – Sein Handeln ist nur aus seinem jüdischem Glauben und in der Tradition dieses Glaubens zu verstehen. Was bei vielen Christen heute noch schwer ankommt, da sie »[...] im »Juden« lieber den Christusmörder und in Christus den Gegensatz zum Juden schlechthin, das feindliche Andere des Judentums sehen wollen.
Als erklärter »universaler Sündenbock«, dessen Denken Gift sei, darf »der Jude« nicht unschuldig sein, auch dort nicht, wo er selbst Opfer ist. Das sieht Alt auch in Bezug auf die Massenvernichtung des 20. Jahrhunderts einschließlich der nationalsozialistischen der europäischen Juden und auch in Bezug auf den drohenden atomaren Holocaust nicht anders. Schließlich drohe das Schlimmste, ein globales Auschwitz: »So wie Himmler Europa ‘judenfrei’ machen wollte, so können die Atombomben die Welt irgendwann ‘menschenfrei’ machen«. […] Also sind, folgt man Alt seinen Gedankengängen und ihren Unterstellungen, die Juden an dem Unheil, das über sie gekommen ist, letztlich selber schuld. Sie sind Opfer des eigenen jüdischen Denkens geworden, und die NS-Mörder und deren Ideologen fein heraus, hatten sie doch in der NS-Propaganda ihre Maßnahmen stets als Vergeltung und Rache – nach Alt etwas zutiefst Jüdisches – dargestellt und legitimiert.« (Heinz Gess)

Weitere interessante Einblicke gewährt Alt in seinem Aufsatz über »Frieden durch Gerechtigkeit«. Dort sinniert er über das »alt testamentarische ‘Auge um Auge, Zahn um Zahn’« und macht sich so seine Gedanken über »zionistische Kreise« und »heilige Kriege«. Das Beste aber kommt zum Schluss: Franz Alt fordert ein Ende des Nahost-Konflikts, einen »gerechten Ausgleich zwischen Israel und Palästina«. Das wäre noch nicht verkehrt, wenn er nicht gleich dazu setzen würde: »Ohne Nahost-Lösung kein Weltfrieden!« – Und das klingt dann doch irgendwie vertraut. Hieß es früher, als die deutsche ‘Friedensbewegung’ noch unter dem Namen »NSDAP« firmierte: »Ohne eine Lösung der Judenfrage keine Erlösung der Menschheit!«, heißt es heute: »Ohne Nahost-Lösung kein Weltfrieden!« (H.M.Broder)

Einblicke gewähren nicht nur seine Aufsätze. So finden sich ohne Probleme seine Weltanschauungen und der dazugehörige Antisemitismus z.B. in Artikeln und Interviews der extrem rechten »National Zeitung« von Gerhard Frey (ehem. DVU-Vorsitzender) oder in Texten bzw. Interviews, die er der extrem rechten »Jungen Freiheit« (JF) bereitwillig zur Verfügung stellte. – Darüber hinaus setzte er sich für einen Stopp der Observierung der extrem rechten JF durch den Verfassungsschutz ein. Im Jahr 2000 taucht Alt als Einer der Erstunterzeichner auf der Unterschriftenliste zum Stopp der Beobachtung durch den VS auf und beruft sich mit ca. 1.600 anderen UnterzeichnerInnen auf die Pressfreiheit für das extrem rechte Blatt.

Dem nicht genug, findet sich z.B. im Internet ein Auszug aus einem Interview, wo er das Gesetz, welches die Verleugnung des Holocaust unter Strafe stellt als »illiberal« bezeichnet. Noch deutlicher forderte er im TV, in seiner eigenen Sendung »Report« vom 12. 11. 1991, dass Israel Reparaturzahlungen an Deutschland zu tätigen habe. In der »Report«-Sendung wollte Franz Alt nachweisen, dass nicht etwa Deutschland dem jüdischen Staat, sondern umgekehrt, dass der Staat Israel dem vereinten Deutschland im Zusammenhang mit dem NS-Völkermord Geld schulde, und zwar eine Milliarde DM. Heinz Galinski (der erste und vierte Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland) erhielt daraufhin »eine Flut von antisemitischen Zuschriften der schlimmsten Art, in denen Bezug auf diesen TV- Beitrag genommen wurde«.

Eine Stellungnahme zu alldem lässt er bis Heute vermissen.

Verwundern mag Alt seine Einstellung nicht, denn innerhalb einer teilweisen pseudo-intellektuellen Ökologie- und Friedensbewegung und des erstarkenden christlichen Fundamentalismus (aktuelles Bsp. ist die Pius-bruderschaft), wessen Franz Alt jeweils ruhig benannt werden kann, gelten die Juden/Jüdinnen nach wie vor als die Mörder Jesus, das Judentum wird als eine inhumane, rigide (strenge) Gesetzesreligion diffamiert. Gemein ist allem ein gegen das Judentum gerichtetes Sündenbockdenken.

Moderner Antisemitismus ist mehr als ein politisch-programmatisches Phänomen, er ist ein Denkmuster, das unsere komplex erscheinende Welt auf eine Personifizierung gesellschaftlicher Entwicklungen reduziert.

Für Alt wird somit z.B. die »alte weltweite Energiewirtschaft« ganz klar in Amerika verortet. Zu der Zeit von G. W. Bush und dem Anschlag des 11. September wusste Alt auch gleich eine vermeintlich einfache Lösung zu benennen. Das Ende eben jener Energiewirtschaft und eine Abkehr vom Öl würde den Terrorismus beenden. Amerika verkörpere das »Böse in der Energiewirtschaft« und führe ausschließlich wegen dem Öl Krieg im Irak, dieser Krieg wiederum befördere den Terrorismus und ließe darüber hinaus einen Friedensprozess im Nahen Osten durch Amerikas Unterstützung für Israel nicht aufkommen. Hinter einem solchen Anti-Amerikanismus versteckt sich, wie bei der »neuen Rechten«, der extremen Rechten und Teilen der Ökologie- und Friedensbewegung der Antisemitismus, der bei Alt das Existenzrecht Israels als Schutzraum für Jüdinnen und Juden in Frage stellt.
Und wer in den 90ern schon Reparaturzahlungen von Israel für Deutschland forderte zeigt in diesem Zusammenhang ganz klar seine judenfeindliche Einstellung.

Mit dieser Einstellung steht Alt aber nicht alleine da. Wie ein roter Faden ziehen sich antisemitische Denkweisen und Einstellungsmuster durch Teile der Globalisierungs-, Friedens-, Ökologie-, und sozialkritischen Bewegung, wie sie meist nur bei Konservativen, Erz-katholischen und der extremen Rechten vermutet werden.

Gegen jeden Antisemitismus! - Keine Plattform für Antisemiten, egal welcher Bewegung sie angehören!

[AG Kritisches Denken] der AANDH, Mai 2010
Creative Commons-Lizenzvertrag Dieser Inhalt ist unter einer
Creative Commons-Lizenz lizenziert.
Indymedia ist eine Veröffentlichungsplattform, auf der jede und jeder selbstverfasste Berichte publizieren kann. Eine Überprüfung der Inhalte und eine redaktionelle Bearbeitung der Beiträge finden nicht statt. Bei Anregungen und Fragen zu diesem Artikel wenden sie sich bitte direkt an die Verfasserin oder den Verfasser.
(Moderationskriterien von Indymedia Deutschland)

Ergänzungen