Jugendliche raus aus der Statistik

Martin Behrsing 16.08.2005 11:47 Themen: Soziale Kämpfe
Presseerklärung von Martin Behrsing (Erwerbslosen Forum Deutschland, Bonn)
Jugendliche sollen nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik geführt werden


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Presseerklärung von Martin Behrsing (Erwerbslosen Forum Deutschland, Bonn)
Jugendliche sollen nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik geführt werden

Bonn. Dem Erwerbslosen Forum Deutschland liegen Informationen vor, nach denen Jugendliche, die einen Ausbildungsplatz suchen, nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik geführt werden. Außerdem scheint die Bundesagentur für Arbeit ein schweres Imageproblem zu haben, wie es in einem Schreiben der Regionaldirektion Baden-Württemberg vom April an die Geschäftsführer der Arbeitsagenturen hieß.

Etwa 50% der als arbeitslos erfassten Jugendlichen, seien zu unrecht als arbeitslos erfasst, da diese ausschließlich einen Ausbildungsplatz suchten. In diesen Fällen läge keine Verfügbarkeit vor.

In einem Schreiben vom 08.04.2005 mahnte Jutta Driesch (Geschäftsführerin „Operativ Regionaldirektion Baden-Württemberg“) die Geschäftsführer der örtlichen Arbeitsagenturen an: „Die Leistungen der BA werden in der Öffentlichkeit an diesen steigenden Arbeitslosenzahlen gemessen. Bei der Darstellung der Arbeitslosigkeit muss es der BA ein besonderes Anliegen sein, die Zahl der Arbeitslosen korrekt darzustellen, also nur die Personen als Arbeitslose zu erfassen, die es auch tatsächlich sind.“ Dazu stellte sie weiter fest, dass entgegen den Erwartungen der Bundesagentur, die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Empfänger in Baden-Württemberg um 5,9% zugenommen hätte und bei den Arbeitslosengeld-I-Empfänger nur ein Abgang von 1,7% zu verzeichnen sei (Vergleichszeitraum Quartal I 2004 zu Quartal I 2005). An Hand von Stichproben sei festgestellt worden, dass z.B. 20% der Personen, die sich in sog. Arbeitsgelegenheiten (Ein-Euro-Jobs) befänden in der Statistik als arbeitslos auftauchten. Ebenso seien 36% der Teilnehmer in Trainingsmaßnahmen fälschlicherweise als arbeitslos erfasst worden.
Um die ungünstige Statistik möglichst schnell zu bereinigen, wurde den Geschäftsführern der Arbeitsagenturen eine Frist bis zum 15.04.2005 gesetzt, ihrerseits entsprechenden Druck auf die örtlichen Arbeitsagenturen und kommunalen Träger auszuüben. Hierzu sollten auch die sog. „Nichtleistungsempfänger“ (arbeitssuchend gemeldete Personen) konsequent überprüft werden, ob diese alle 3 Monate ihrer Meldung nachgekommen seien. Ansonsten seien diese konsequent aus den Statistiken zu entfernen. Ebenso sei eine Arbeitssuchend- oder Arbeitslosenmeldung für Jugendliche, die nur einen Ausbildungsplatz suchten, nicht mehr erforderlich.

„Entgegen anderslautenden Äußerungen von Frank Jürgen Weise (zum Beispiel gegenüber dem Hamburger Abendblatt vom 15.08.2005), ist die Bundesagentur für Arbeit anscheinend doch nur mit ihrem Imageproblem beschäftigt und bereinigt so konsequent die Statistiken. Wir gehen davon aus, dass auch in allen anderen Bundesländern ähnliche Schreiben an die Geschäftsführer der Arbeitsagenturen versandt wurden. Vor diesem Hintergrund verstehen wir die zu Zeit laufenden Telefonanrufe bei den Arbeitslosengeld-II-Empfängern. Denn es scheint der BA bislang nicht gelungen zu sein, die kommunalen Träger in ausreichendem Maße an der Imageaufbesserung der Bundesagentur zubeteiligen “, sagte Martin Behrsing, Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland in Bonn.
„Für uns entsteht der Eindruck, dass die Mitarbeiter angehalten werden jeden Menschen aus der Statistik zu drängen, der nicht voll umfänglich –im Sinne der Arbeitsagentur- verfügbar ist. Dass diese Menschen dennoch arbeitslos oder arbeitssuchend sind, scheint nicht weiter zu interessieren. Da drängt man diese Menschen lieber völlig wahl- und ziellos in irgendwelche völlig sinnlosen Eine-Euro-Jobs oder Trainingsmaßnahmen ab“, so Behrsing weiter.

Mehrheitlich äußerten Betroffene der Initiative des Erwerbslosen Forum Deutschland, dass sie seit Anfang des Jahres kaum bis gar keinen Kontakt zu Arbeitsvermittlern oder Fallmanager hätten und diese nur äußerst selten telefonisch zu erreichen seien. Stellenangebote der Arbeitsagenturen gäbe es so gut wie nie.

„Wir können nur hoffen, dass die Arbeitsagenturen die Nichtleistungsempfänger darauf aufmerksam machen, dass diese sich alle 3 Monate erneut arbeitssuchend melden müssen, da sie sonst etwaige Rentenanspruchzeiten verlieren. Besonders betroffen macht uns, dass es für die BA anscheinend wichtig ist, dass Jugendliche von 18 – 20 Jahre nach Möglichkeit gar nicht erfasst werden sollen“, so Martin Behrsing.

Zudem möchten wir auf die Berichterstattung in Frontal21 hinweisen : Dienstag 16. August 2005 - 21.00 Uhr im ZDF "Ausgebeutete Arbeitslose - Betrügereien mit Ein-Euro-Jobs"


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Ergänzungen

wo ist das problem?

statiker 16.08.2005 - 16:14
genauso wie es richtig ist das seit beginn des jahres teile der ehemaligen sozialhilfeempfänger in der statistik landen gehören ausbildungsplatzsuchende nicht wirklich rein.