Freiheit für Petra Elser

fritz 18.06.2002 21:00 Themen: Repression
ZUR ENTSCHEIDUNG DER AUDIENCIA NACIONAL
ÜBER DIE FREILASSUNG VON PETRA ELSER
Nach monatelanger Verzögerung wird am 14.06.02 vor der 4. Kammer der spanischen Audiencia Nacional die vorläufige Freilassung der zur Zeit in Soto del Real bei Madrid inhaftierten Deutschen Petra Elser verhandelt.
Der Widerspruch gegen den Haftbefehl wegen Mitgliedschaft in der bewaffneten Organisation ETA war bereits im Dezember 2001 eingelegt worden, seine Bearbeitung wurde jedoch von der Staatsanwaltschaft bis jetzt verzögert.
Die zweite Anklage gegen Petra Elser wegen 19-fachen Mordversuchs musste dagegen von der spanischen Staatsanwaltschaft vor Kurzem bereits wegen mangelnder Beweise eingestellt werden.

Petra Elser wurde 1996 zusammen mit ihrem Lebensgefährten, dem mutmaßlichen ETA-Mitglied Juan Luis Agirre Lete und in Begleitung ihres gemeinsamen, damals 1 1/2 jährigen Sohnes in Frankreich festgenommen. Dort wurde sie im Februar 2000, nach 39 Monaten Untersuchungshaft, wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu 30 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Aufgrund zweier Auslieferungsanträge seitens des spanischen Staates blieb sie jedoch auch nach diesem Urteil in Auslieferungshaft, bis die französischen Gerichte am 18. Oktober 2000 ihre bedingte Freilassung anordneten. Bis zu ihrer endgültigen Auslieferung verging über ein Jahr, in dem Petra Elser in Paris lebte und arbeitete.

Am 9. November 2001 wurde Petra Elser in Paris festgenommen und nach Madrid ausgeliefert. Seitdem befindet sie sich in der Haftanstalt von Soto del Real bei Madrid. Hier stand sie nun zwei Verfahren gegenüber. Auf der einen Seite der Vorwurf des 19-fachen Mordversuchs, für den es keine fundierten Beweise gab. Die Anklage beruhte einzig und allein auf den Aussagen eines ETA-Mitglieds während des Verhörs durch die Guardia Civil, Aussagen, die dieser nie vor Gericht bestätigte sondern vielmehr widerrief, weil er sie unter Folter und Mißhandlungen gemacht hatte. Dieses Verfahren musste inzwischen von der Staatsanwaltschaft wegen mangelnder Beweise eingestellt werden.
Das zweite anhängige Verfahren bezieht sich auf die Mitgliedschaft von Petra Elser in der bewaffneten Organisation ETA. Petra Elser hat stets bestritten, Mitglied von ETA gewesen zu sein oder diese Organisation unterstützt zu haben. Außerdem wurde sie wegen dieses Vorwurfs bereits in Frankreich verurteilt, so dass eine erneute Verurteilung einer Doppelbestrafung gleichkäme, was unzulässig ist.

Gegen diesen Haftbefehl haben die Anwälte Petra Elsers bereits im Dezember 2001 Widerspruch eingelegt. Dieser hätte von Rechts wegen innerhalb weniger Tage bearbeitet werden müssen. Durch die skandalöse Verzögerungstaktik der Staatsanwaltschaft kommt es jedoch erst am 14. Juni 2002 zu der entsprechenden Verhandlung.

Aufgrund der gegebenen Umstände hätte Petra Elser von Rechts wegen längst freigelassen werden müssen. Neben internen Problemen an der Audiencia Nacional kann das Vorgehen in diesem Fall nur auf die allgemeine und spezifische "Anti-Terrorismus Hysterie" zurückgeführt werden.

Es ist derzeit kaum vorstellbar, dass sich Petra Elser der spanischen Justiz entziehen könnte. Sie ist sich nicht nur ihrer Unschuld und der Unmöglichkeit, zwei Mal für das gleiche Vergehen verurteilt zu werden, bewusst, sondern hat auch feste Bindungen in Spanien, so dass eine Fluchtgefahr praktisch auszuschließen ist.
Petra Elser verfügt im Moment über keine familiären Bindungen in Deutschland. Ihr einziger Sohn, mit dem sie ein gemeinsames Leben aufbauen möchte, lebt im Baskenland, wo sie für den Fall einer Freilassung auch über Arbeitsangebote verfügt.
Andererseits ist erwiesen, dass Petra Elser weder in Spanien noch in Deutschland oder Frankreich jemals unter falschem Namen oder in der Klandestinität gelebt hat. Vielmehr hat sie während der mehr als dreizehn Monate ihrer bedingten Freilassung in Frankreich vor der Auslieferung nach Madrid nicht nur keinerlei Fluchtversuch unternommen, sondern ist ordnungsgemäß allen Bedingungen und der wöchentlichen Meldepflicht nachgekommen, die ihr von den französischen Behörden auferlegt worden waren.

Derartige Auflagen, die ausreichten, ihre Übergabe an die spanische Justiz sicherzustellen, hat Petra Elser nun auch der Audiencia Nacional angeboten, um so, unabhängig von dem möglicherweise noch ausstehenden Verfahren, ihre bedingte Freilassung zu erreichen.

Die Entscheidung der IV Kammer der Audiencia Nacional über die bedingte Freilassung von Petra Elser fällt in der kommenden Woche.
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Ergänzungen