Zum Tode von Karl Eduard von Schnitzler

Schmuddel Ede 25.12.2001 18:08
»Aber mein Rückgrat ist ungebrochen«, verkündete der schon vom Tode gezeichnete Karl Eduard von Schnitzler, als er sich mit immerhin 81 Lenzen vor zwei Jahren auf eine große Lesetour in die Neuen Länder aufmachte, um noch einmal Tuchfühlung mit der Basis aufzunehmen.
Bei aller ideologischen Gegnerschaf: Wer kann das in dieser Zeit schon von sich behaupten, in der es bereits so weit ist, daß politische Rückgrate nicht mehr brechen können, weil man sie längst beim alles ertötenden Parteienkonsens dieser medienbestimmten Demokratur abgeschafft hat. Natürlich konnte man im Gesicht des greisen Proletariers adliger Herkunft Alterstarrsinn ablesen, der vom Starrsinn der Ideologie des Marxschen Weltbildes abgelöst worden war. Aber mit den Schmähungen, die man auf »Sudel-Ede« schon zu Lebzeiten hat niedergehen lassen, macht man es sich am Ende doch zu einfach. Eine Krähe hackt der anderen das Auge aus, möchte man in Abwandlung auf die Volksweisheit feststellen, und daran sollte gerade im Angesicht des Todes eines zu recht umstrittenen Mannes nachhaltig erinnert werden. Die Kritiker des Karl Eduard von Schnitzler geben Anlaß zum Argwohn.

Warum galt denn Schnitzler, der jüngste Sohn des Generalkonsuls und königlich-preußischen Legaten Julius Eduard von Schnitzler, vor dem Fall der Mauer als das Haßobjekt der westlichen Medien, als Hauptgegner im Kalten Krieg der Worte? Ganz bestimmt nicht, weil er blöd war. Ganz bestimmt nicht, weil über den »Schwarzen Kanal«, eine Propagandasendung von aller erster Güte, wie man wertfrei zuzugeben genötigt ist, lauter dummes Zeug gesendet worden ist. Im Gegenteil. Das westliche System fühlte sich in den reißerisch aufgemachten Berichten und Anmoderationen des Karl Eduard von Schnitzler so getroffen, weil er die Doppelzüngigkeit des kapitalistischen Systems wie kein anderer bösartig dokumentiert hat. Man erinnert sich noch lebhaft daran, wie auch dem Westbürger die neuesten Statistiken der Arbeitslosenzahlen oder der Sozialhilfeempfänger drastisch vor Augen geführt wurden. Wie man im reichsten Staat auf deutschem Boden jährlich eine Unzahl von Menschen obdachlos auf der Straße erfrieren und verhungern läßt, daß war ein für den Westen peinliches Thema, dem sich Schnitzler dankbar annahm. In Wirklichkeit war der Altkommunist einem Ronald Schill näher verwandt als einem Salonbolschewisten wie Gregor Gysi. Rechtsunsicherheit durch Drogendealer, Stacheldrahtzäune und private Wachmannschaften um Hamburger Spielplätze, das wären auch Themen für den Schwarzen Kanal gewesen. Die beengenden Kehrseiten einer »offenen Gesellschaft« – Schnitzler hätte sie ebenso gnadenlos aufgegriffen. Lebenswichtige Operationen, die nur Privatpatienten möglich sind – ein Topthema für den »Schwarzen Kanal«. Grüne Politiker, die für eine horrende Abgeordnetendiät ihren Pazifismus verschachern – der redaktionelle Mitarbeiterstab um Karl Eduard von Schnitzler wäre aus der Arbeit nicht mehr herausgekommen. Der Kommunist Schnitzler war nicht nur vom Blut ein aristokratischer Proletarier. Treffend und entlarvend gleichermaßen die Charakterdeutung eines britischen Zeitzeugens, der den Nachrichtensoldaten Schnitzler 1944 in britische Gefangenschaft brachte. »Hervorragender Klavierspieler, superdemokratische Haltung und arrogantes Benehmen«, so seine Einschätzung.

Schnitzler blieb zunächst im Westen, baute den Nordwestdeutschen Rundfunk mit auf und wechselte schließlich auf die andere Seite der Elbe, als er merkte, daß man mit Sozialismus im Westen nichts werden konnte. Sein Weg im DDR-Rundfunk war dann journalistisch eine Geschichte von persönlichem Erfolg. Schnitzler war ein Krieger des Wortes. Das erregt Anstoß in einer Zeit, in der man vorgibt, sich ausschließlich lieb zu haben. In der Stunde des Todes mag man an eine gute abendländische Tradition erinnern, nach der man den Toten ein würdiges Andenken bewahrt. Es verwundert nicht, daß die Medien so eine Art von Ritterlichkeit einfach nur lachhaft gefunden haben – nicht nur im Falle von Schnitzler. Und so waren dann auch die Nachrufe. Da wünscht man sich als Selbstdenker, daß es im Gesäusel des erzwungenen politischen Konsenses doch irgendwo noch eine Stimme wie die Schnitzlers auch in Zukunft geben wird. Ein neuer Schwarzer Kanal hätte genug Themen.

Vor wenigen Wochen wurden die Manuskripte des »Schwarzen Kanals« vom »Deutschen Rundfunkarchiv« ins weltweite Netz gestellt. Das Hereinschauen lohnt sich.
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Ergänzungen

Ruhe in Frieden Schmuddel Ede

Sympathisant 26.12.2001 - 00:10
Ja,ja der Ede war schon gut drauf aber ein richtiger Linker war das nicht.Was ist das überhaupt ein richtiger Linker?
Gibt es die überhaupt noch?

Meistenr Bioer

Mann 26.12.2001 - 01:00
Oh schnitzler du elender sudel-Ede, ich glaube dir nicht kein eiziges Wort... So Biernmann

Ich sach lieber Nix!

Nina 26.12.2001 - 11:03

Ede

Würmchen 26.12.2001 - 16:08
Eins dürfen wir nicht vergessen. Ede hat seinen Hintern in einem "Mercer" durch die Gegend gefahren, für den er bestimmt nicht zehn Jahre gewartet hat. Er besaß ein Haus in Berlin-West und wurde von seinem Bruder, einem Kapitalisten und Fabrikbesitzer aus Wolfenbüttel unterstützt.

Genau und Fischer und Ströbele gehen zu Fuß .

Oranus 27.12.2001 - 05:17
Du Spinner!
Wer von unseren Linken die es in Machtpositionen geschafft haben gönnt sich denn nicht den Luxus des Wohlstandes?
Nenne mir nur einen oder eine!
Oder bist du der Meinung das uns unsere linken Politiker alle verraten und verkauft haben?
Wenn das so sein sollte dann haben die Nazis ja Recht mit dem was sie über Linke schreiben.Was willst du überhaupt?

sach bloss, du bist ML-anhänger

schnitzler war übrigens nie links 27.12.2001 - 05:32

Schnitz

Anna 27.12.2001 - 16:47
Wer hat den Artikel geschrieben? Ein "(Besser)wessi"? Wuerde mich nicht wundern. (Pseudo)Intellektuelle idealisieren DDR-"Kultur", nur weil sie antikapitalistisch und anti-BRD war. Deshalb aber kein bisschen "freier", gerechter, menschlicher oder sonstwas Positives. Sondern Diktatur. Kapitalismus und Sozialismus (a la Ostblock) sind BEIDE GLEICHERMASSEN keine Loesung, und nostalgisch auf die "guten alten Ostzeiten" zurueckblicken, wo es keine Arbeitslosigkeit, Wettkampf und angeblich noch nicht mal Egoismus gab, bringt nix.

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Jürgen Elsässer 10.02.2002 - 08:31
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